L 7 KA 259/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 32/01 KZA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 259/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14.Mai 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung vertragszahnärztlichen Honorars für die Zeit vom ersten Quartal 1997 bis zum vierten Quartal 1999.

Der Kläger ist seit 1994 mit Arztsitz in Berlin-W ... zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er versorgte 1997 Versicherte der AOK Berlin mit Sachleistungen (konservierend-chirurgische [ohne IP neu], PAR- und Kieferbruch-Leistungen) in einem Umfang von 61.525 Punkten, Versicherte des BKK-Landesverbandes Ost in einem Unfang von 16.078 Punkten, Versicherte des IKK-Landesverbandes Brandenburg und Berlin in einem Umfang von 10.400 Punkten, Versicherte des VdAK in einem Umfang von 62.663 Punkten und Versicherte des AEV in einem Umfang von 11.316 Punkten. Im Jahre 1998 erbrachte er die genannten Sachleistungen für Versicherte der AOK Berlin in Höhe von 63.452 Punkten, des BKK-Landesverbandes Ost in Höhe von 8.051 Punkten, des IKK-Landesverbandes Brandenburg und Berlin in Höhe von 10.669 Punkten, des VdAK in Höhe von 67.383 Punkten und des AEV in Höhe von 11.723 Punkten; 1999 erreichten die genannten Leistungen einen Umfang von 63.361 Punkten für die AOK Berlin, 11.217 Punkten für den BKK-Landesverband Ost, 8.204 Punkten für den IKK-Landesverband Brandenburg und Berlin, 43.953 Punkten für den VdAK und 4.598 Punkten für den AEV.

Die Beklagte vergütete dem Kläger diese Leistungen 1997 und 1998 unter Beachtung der Ziff. 4.3 und 4. 4 S. 2 des am 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Honorarverteilungsmaßstabes - HVM 1994 - i.V.m. der am 12. August 1996 beschlossenen und durch Rundschreiben vom 21. August 1996 bekannt gemachten Anlage 1 Ziff. III. 2.1 ff. zum HVM 1994, und für 1999 auf Grund der Ziff. 4.3 und 4.4 des am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen, am 16. Februar 1999 beschlossenen und durch Rundschreiben vom 1. März 1999 bekannt gemachten Honorarverteilungsmaßstabes - HVM 1999 - i. V. m. der mit der Anlage 1 zum HVM 1994 im Wesentlichen übereinstimmenden Anlage 1 Ziff. III 2.1 ff zum HVM 1999 im Rahmen einer Einzelleistungsvergütung auf der Grundlage der mit den Kassenverbänden wirksam vereinbarten Punktwerte. Der Kläger erhielt die von ihm erbrachten Sachleistungen mit einem Punkwert von 1,4173 DM für die AOK Berlin für die Jahre 1997 bis 1999, für den BKK-Landesverband Ost mit einem Punkwert von 1,39 DM für das Jahr 1997 und einem Punktwert von 1,43 DM für die Jahre 1998 und 1999, mit einem Punktwert von 1,40 DM für den IKK-Landesverband Brandenburg und Berlin für die Jahre 1997 bis 1999, mit einem Punktwert von 1,451 DM für den VdAK für die Jahre 1997 bis 1999 und einem Punktwert von 1,4360 DM für den AEV für den genannten Zeitraum vergütet. Die Beklagte behielt jedoch von der sich unter Beachtung der genannten Punktwerte ergebenden Honorierung zahnärztlicher Leistungen im Sachleistungsbereich 10% bei der Auszahlung der Abschlagszahlungen nach Ziff. III 3. der Anlagen 1 zu den HVM 1994 und 1999 zur Deckung von Überzahlungen bei absehbarer bzw. möglicher Überschreitung der rechtlich zulässigen Gesamtvergütung ein. Rechtsgrundlage der Auszahlungspunktwerte waren entweder die mit den Kassenverbänden abgeschlossenen Gesamtverträge für das Jahr 1995, Schiedssprüche des Schiedsamtes für die streitigen Jahre oder Vereinbarungen einer vorläufigen Gesamtvergütung mit den Kassenverbänden für die Jahre 1997 bis 1999, weil es bis zum Jahr 2000 nicht mit allen Kassenverbänden zum Abschluss verbindlicher Gesamtverträge für den streitigen Zeitraum gekommen war. Ursache dafür waren in erster Linie die unterschiedlichen Standpunkte der Vertragspartner der Gesamtverträge darüber, ob die Kassenverbände auch nach Ende des Jahres 1995 eine Begrenzung der Gesamtvergütung verlangen konnten.

Die Beklagte erteilte dem Kläger für die Quartale I/97 bis IV/99 Honorarbescheide, die sie jeweils mit dem folgenden Zusatz versah:

"Vorbehalt und Rechtsbehelfsbelehrung zum Honorarbescheid

Der Honorarbescheid gemäß Honorarkonto erfolgt unter dem Vorbehalt -nachträglicher Berichtigungen, wie z.B. aufgrund von - Wirtschaftlichkeitsprüfungen - sachlichen und rechnerischen Berichtigungen - Regressen - nachträglichen Degressionsberechnungen - Degressionskontokorrekturen - rückwirkenden Änderungen des Honorarverteilungsmaßstabes - und ähnlichem sowie -nachträglich erforderlich werdender Berichtigungen der für Sie an eine andere Stelle abgeführten bzw. abzuführenden Beträge ...”

Darüber hinaus unterrichtete sie die Berliner Vertragszahnärzte durch die "Rundschreiben Nr. 4 vom 21. August 1996, Nr. 1 vom 13. Januar 1997, Nr. 7 vom 15. Juli 1998, Nr. 9 vom 17. September 1998, Nr. 10 vom 2. November 1998, Nr. 2 vom 19. Februar 1999, Nr. 3 vom 1. März 1999, Nr. 4 vom 16. April 1999, Nr. 7 vom 24. Juni 1999 und Nr. 3 vom 25. Februar 2000”, gleich lautende Briefe des Vorstandes an die Berliner Vertragszahnärzte vom 26. März 1997, vom 29. August 1997, vom 20. Januar 1998, 11. Mai 1998, 29. Juni 1999, 3. Juli 2000 und 19. Juli 2000 sowie die "Sonderrundschreiben” vom 5. November 1997, 3. Dezember 1997 und 30. März 1998 über ihre Verhandlungen mit den Kassenverbänden über die Gesamtvergütung und zur Honorarsituation der Jahre 1996 bis 2000. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Schreiben Bezug genommen. Außerdem teilte sie den Berliner Vertragszahnärzten durch Schreiben vom 15. Juli 1996 die ihre Praxis betreffenden Daten für die Richtgrößen- und Umsatzregelung gemäß Ziff. III 2.2 ff Anlage 1 zum HVM für das Jahr 1996 mit, soweit sie zu diesem Zeitpunkt schon bekannt waren; entsprechende Informationen gab sie für die Jahre 1997, 1998 und 1999 mit Schreiben vom "Juli 1997”, "September 1998” bzw. vom "August 1999”, jeweils unter Beifügung einer Beispielsberechnung.

Im Hinblick auf den Abschluss eines Teils der zur Honorarberechnung erforderlichen Gesamtverträge für den streitigen Zeitraum berechnete die Beklagte das vertragszahnärztliche Honorar des Klägers im Sachleistungsbereich für die Jahre 1997 und 1998 vorläufig neu und forderte von dem Kläger einen Teil der für diese Jahre gezahlten Vergütung vorläufig zurück. Das gegen einen ähnlichen Bescheid von einer Berliner Vertragszahnärztin angestrengte Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hatte Erfolg (Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 1999 - S 79 KA 23/99 KZA ER -, Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Berlin vom 25. Januar 2000 - L 7 B 37/99 KA ER -). Daraufhin hob die Beklagte am 15. März 2000 den Bescheid vom 7. Juli 1999 auf, wies den Kläger aber zugleich darauf hin, dass er zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Rückforderung für die Jahre 1997 und 1998 in etwa gleicher Höhe rechnen müsse.

Nachdem es im Jahr 2000 zum Abschluss von verbindlichen Gesamtverträgen mit allen Kassenverbänden gekommen war, ermittelte die Beklagte für 1997 eine Überschreitung der an die Berliner Vertragszahnärzte gezahlten Vergütung gegenüber der erhaltenen Gesamtvergütung für alle Kassenverbände von insgesamt 16.366.605,47 DM, für 1998 eine Überzahlung von 17.130.924,93 DM und für 1999 eine Überzahlung von 7.055.281,76 DM. Sie berechnete mit Bescheid vom 18. Oktober 2000 auf der Grundlage der Ziff. III Nrn. 2.2 der Anlagen 1 zu den HVM 1994 und 1999 nach den darin enthaltenen Richtgrößen- und Umsatzregelungen die dem Kläger zustehende vertragszahnärztliche Vergütung für die oben genannten Sachleistungen für die Jahre 1997 bis 1999 neu (Mitteilung der HVM-Kürzungen für 1997, 1998 und 1999 vom 13. September 2000, 21. September 2000 bzw. 10. Oktober 2000 sowie Quartalsabrechnungen für die Quartale IV/97, IV/98 bzw. IV/99 vom 16. Oktober 2000, 13. Oktober bzw. 12. Oktober 2000), kürzte den sich daraus rechnerisch ergebenden Rückzahlungsbetrag durch die Berücksichtigung eines Anpassungswertes und forderte von ihm insgesamt 49.824,97 DM - nach Abzug der zu verrechnenden Einbehalte aus gekürzten Abschlagszahlungen bis einschließlich 1999 in Höhe von 31.620,00 DM noch 18.204,97 DM - zurück. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2001 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus: Die Beklagte sei nach dem Abschluss verbindlicher Vereinbarungen über die höchstzulässigen Gesamtvergütungen im Sachleistungsbereich mit sämtlichen Krankenkassen berechtigt, die für die Jahre 1997 bis 1999 vorläufig errechneten und ausgezahlten Honorare nachträglich zu berichtigen und überzahltes Honorar nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V- i.V.m. der Anlage 1 zum HVM der Beklagten zurückzufordern, weil die Honorarbescheide unter dem Vorbehalt der nachträglichen Änderung oder anderweitigen Festsetzung der Vergütungsansprüche erteilt worden seien. Die darin liegende Neuverteilung des Honorars sei rechtmäßig; sie halte sich in den Grenzen der Satzungsautonomie und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Denn die Verteilung der Gesamtüberzahlung durch das im HVM geregelte Richtgrößen- und Umsatzmodell entspreche dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, weil dieses Verfahren gewährleiste, dass jeder Zahnarzt entsprechend seines damaligen Leistungsumfanges gekürzt werde. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, weil schon aus Rechtsgründen kein Vertrauensschutz bestehe; davon abgesehen hätte er auf Grund der ausreichenden Informationen durch die Beklagte sowie den monatlich vorgenommen 10%igen Einbehalten nicht erwarten können, dass Honorarrückforderungen für die Vergangenheit unterblieben. Die Vergütungskürzung sei deshalb für ihn absehbar gewesen, zumal er auch über die Änderung des HVM im August 1996 unterrichtet worden sei.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Mit Urteil vom 14. Mai 2003 hat das Sozialgericht Berlin den Bescheid vom 18. Oktober 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2001 aufgehoben. Die Beklagte habe die Bescheide weder auf §§ 32, 45 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch -SGB X- stützen können noch die Vergütung auf der Grundlage der Anlage 1 zu ihrem HVM unter Auswechselung der Verteilungsgrundsätze neu berechnen dürfen. Die Regelung der Anlage 1 zum HVM 1996 verletze §§ 81 Abs.3, 82, 85 Abs. 4 SGB V sowie § 19 a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) sowie § 12 Abs. 1 Zahnarzt-Ersatzkassen-Vertrag (EKV-Z). Die Beklagte hätte die Honorarbescheide nur im Wege der rechnerischen Richtigstellung korrigieren dürfen und dann die Vergütung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern können. Die überhöhten Honorare für die Jahre 1997 bis 1998 hätten alle Berliner Zahnärzte in gleicher Weise begünstigt. Deshalb sei eine Ungleichbehandlung durch behördliche Einzelfallentscheidung ebenso ausgeschlossen wie eine ungleiche Rückforderung auf der Grundlage eines für diesen Fall geschaffenen HVM. Die Beklagte dürfe bei der sachlich-rechnerischen Richtigstellung keine anderen als die ursprünglich rechtmäßigen Verteilungsgrundsätze zu Grunde legen. Eine Umdeutung des angefochtenen Bescheides in eine sachlich-rechnerische Richtigstellung scheitere daran, dass die vorgenommene Neuverteilung des Honorars nicht auf dasselbe Ziel gerichtet sei wie eine sachlich-rechnerische Richtigstellung.

Gegen das ihr am 5. September 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. Oktober 2003 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass eine Korrektur der Honorarbescheide nur im Wege einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfolgen könne. Diese Auffassung finde weder im Gesetz noch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Stütze, weil das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen nur die Anwendung der §§ 32 und 45 SGB X ausgeschlossen habe. Dagegen sei eine Korrektur unrichtiger Honorarbescheide durch Regelungen des HVM auch nach der Rechtsprechung des entscheidenden Senats gerade nicht ausgeschlossen worden. Nach § 85 Abs. 4 SGB V obliege der Beklagten die Honorarverteilung an ihre Mitglieder; es sei nahe liegend und sachgerecht, dass hierzu auch die Schaffung von Regelungen für den Fall der Honorarüberzahlungen gehöre, wie sie die Anlagen 1 zu den HVM 1994 und 1999 enthielten. Diese sähen vor, dass eine nachträgliche Begrenzung des den Zahnärzten zustehenden Honorars nach der Richtgrößen- und Umsatzregelung vorzunehmen sei, wenn dass ausgezahlte Honorar eine begrenzte Gesamtvergütung überschreite. Diese Kürzungsmechanismen könnten nur dann angewendet werden, wenn die Höhe der Gesamtvergütung und die Menge der von allen Vertragszahnärzten abgerechneten Leistungen feststünden. Daraus folge, dass die Anwendung der in der Anlage 1 zu den genannten HVM genannten Regelungen immer erst nach Ablauf eines Rechnungsjahres möglich sei, da frühestens zu diesem Zeitpunkt auch die zweite Größe, nämlich die Summe aller abgerechneten Leistungen, feststehe. Über § 37 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Erstes Buch - SGB I- schließe diese Honorarkorrektur eine Anwendung der §§ 32 und 45 SGB X aus. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass eine Korrektur der ursprünglichen Honorarbescheide nicht auf der Grundlage der HVM 1994 und 1999, sondern allein nach den Grundsätzen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfolgen könne, sei der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung zwinge die Beklagte nicht, die Richtgrößen- und Umsatzregelungen der maßgeblichen HVM bei der Rückforderung überzahlten Honorars unberücksichtigt zu lassen. Das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Anlage 1 zu den HVM 1994 und 1999 um für den Rückforderungsfall geschaffene HVM handele; denn sie seien in erster Linie als Honorarverteilungsregelungen für Zeiträume mit begrenzter Gesamtvergütung ergangen. Die Beklagte habe weiterhin keine nachträgliche Regelung ihrer Honorarverteilung vorgenommen, weil die Anlage 1 zum HVM 1994 bereits am 12. August 1996 beschlossen worden sei; die Beklagte sei lediglich aufgrund der noch ausstehenden Vergütungsvereinbarungen nicht in der Lage gewesen, das Richtgrößen- und Umsatzmodell anzuwenden. Entscheidend sei jedoch, dass die bundesmantelvertraglichen Bestimmungen keine Anhaltspunkte für die Durchführung und den Inhalt einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung böten. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der ursprünglichen Honorarbescheide müsse deshalb nur darauf abzielen, das den Vertragszahnärzten zuerkannte Honorar in Übereinstimmung mit der tatsächlich zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung zu bringen. Dieser Vorgabe werde der angefochtene Bescheid gerecht. In der Anwendung der Anlage 1 zu den genannten HVM liege auch keine unsachgerechte Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Zahnärzten. Die Beklagte habe durch die nachträgliche Anwendung der Anlage 1 zu den HVMs lediglich den Zustand hergestellt, der bestanden hätte, wenn für die Jahre 1997 bis 1999 von vornherein ersichtlich gewesen wäre, dass lediglich eine begrenzte Gesamtvergütung zur Verfügung gestanden habe. Außerdem gehöre die Honorarverteilung zu den wichtigsten Aufgaben der Beklagten; in diesem Bereich verfüge sie über eine weitgehende Entschließungsfreiheit. Wäre es der Beklagten verwehrt, Honorarverteilungsregelungen in der hier umstrittenen Art vorzunehmen, hätte sie in Fällen wie dem vorliegenden keine Möglichkeit, auf das Abrechnungsverhalten der Zahnärzte Einfluss zu nehmen. Sie könnte insbesondere weder eine übermäßige Ausdehnung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit verhindern noch über den Honorarverteilungsmaßstab Begrenzungsregelungen für das Honorarvolumen und damit Kostenersparniseffekte vorsehen, wenn eine schnelle Einigung über die Gesamtvergütung mit den Krankenkassen nicht hergestellt werden könne. Deshalb sei die Satzungsautonomie der Beklagten auch im Rahmen der sachlich-rechtlichen Richtigstellung zu beachten mit der Folge, dass nicht nur eine Korrektur der Honorarbescheide durch eine generelle Verringerung des Punktwertes, sondern auch durch abweichende Honorarverteilungsmechanismen möglich sein müsse. Durch das Modell der Richtgrößen- und Umsatzregelungen habe bei Budgetüberschreitungen eine Gewichtung vorgenommen werden sollen. Diejenigen Vertragszahnärzte, die vor allem durch ihr Abrechnungsverhalten zu einer Budgetüberschreitung beigetragen hätten, hätten stärker belastet werden sollen als die Vertragszahnärzte, die ein zurückhaltendes Abrechnungsverhalten an den Tag gelegt hätten. Das Richtgrößenmodell beruhe auf einer individuellen Praxisrichtgröße, das den vom BSG in seiner Rechtsprechung zu den Individualbudgets aufgezeigten Anforderungen gerecht werde. Das Umsatzmodell begünstige unterdurchschnittlich abrechnende Praxen zu Lasten der überdurchschnittlich abrechnenden Vertragszahnärzte. Es diene dazu, Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern und die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren. Hierbei handele es sich um in der ständigen Rechtsprechung des BSG anerkannte Zielsetzungen. Das BSG habe durch seine Rechtsprechung auch klargestellt, dass bei Regelungen, die auf das Abrechnungsverhalten der Ärzteschaft insgesamt abstellten und die den Zwängen des begrenzten Umfanges der Gesamtvergütung Rechnung tragen müssten, die vorherige Festlegung von Grenzbeträgen nicht erforderlich sei. Denn Anknüpfungspunkt des Umsatzmodells der Beklagten sei nicht das Abrechnungsverhalten des einzelnen, sondern vielmehr das aller Zahnärzte, weil es nur Anwendung finden sollte, wenn mit den Krankenkassenverbänden eine budgetierte Gesamtvergütung vereinbart und diese durch das Abrechnungsverhalten aller Berliner Vertragszahnärzte überschritten werde. Jedenfalls sei das Umsatzmodell unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung als rechtmäßig anzusehen. Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass mit Ablauf des Jahres 1995 die gesetzlich angeordnete Budgetierung geendet habe und zu Beginn des hier streitbefangenen Zeitraumes noch nicht absehbar gewesen sei, ob es in den Vergütungsvereinbarungen mit den Kassenverbänden wieder zu einer unbegrenzten Einzelleistungsvergütung oder aber zu einer Vereinbarung von Budgets kommen würde. Dies habe für die Beklagte erst mit der Beilegung der Vergütungsstreitigkeiten im Jahre 2000 festgestanden. Zudem habe die Beklagte nur wenig praktische Erfahrungen mit der Verteilung einer budgetierten Gesamtvergütung besessen. Aus diesem Grund sei es der Beklagten nicht möglich gewesen, verlässliche Grenzwerte festzusetzen; sichere Prognosen seien auf Grund der zahlreichen Reformen im Bereich des Vertragszahnarztrechts nicht möglich gewesen. Schließlich habe die Beklagte sowohl durch die den Honorarbescheiden beigefügten Vorbehalte als auch durch die Information durch ihre Rundschreiben einen Vertrauensschutz des Klägers in die Beständigkeit der Honorarbescheide zerstört. Der angefochtene Bescheid könne auch ohne weiteres gemäß § 43 SGB X in eine sachlich-rechnerische Richtigstellung umgedeutet werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat im Ergebnis zu Recht den angefochtenen Bescheid vom 18. November 2000 aufgehoben; denn dieser Bescheid, mit dem die Beklagte die dem Kläger für die Quartale I/97 bis IV/99 zustehenden Honorare aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit im oben näher umschriebenen Sachleistungsbereich neu berechnet und von ihm einen danach überzahlten Betrag von 49.824,97 DM zurückgefordert hat, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

A.) Die Rechtswidrigkeit ergibt sich allerdings noch nicht aus dem Fehlen einer Anhörung des Klägers gemäß § 24 Abs. 1 SGB X. Dem Verwaltungsvorgang der Beklagten ist zwar nicht zu entnehmen, dass diese den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 18. Oktober 2000 auf die konkret vorgesehene (reduzierte) Honorarfestsetzung und Rückforderung hingewiesen hat. Die erforderliche Anhörung ist insoweit aber im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X; vgl. BSG SozR 3-2500 § 82 Nr. 3).

B.) Der angefochtene Bescheid ist aber materiell rechtswidrig. Die Beklagte hat sowohl der Neuberechnung des Honorars des Klägers für die Erbringung der oben näher beschriebenen Sachleistungen als auch der Rückforderung überzahlten Honorars Ziff. 4.3 und 4.4 jeweils in Verbindung mit den im August 1996 bzw. im Januar 1999 in Kraft getretenen Anlagen 1 Ziff. III. 2.1 ff. zu den HVM 1994/1999 zugrunde gelegt. Diese Honorarverteilungsregelungen sind jedoch (zumindest teilweise) wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.

1.) Wie der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 18. September 2002 (vgl. z. B. - L 7 B 126/02 KA ER - veröffentlicht in juris) entschieden hat, stellen die genannten HVM keine geeignete Rechtsgrundlage zur Korrektur fehlerhafter Honorarbescheide und zur Rückforderung überzahlten Honorars dar. Zwar sehen die HVM 1994/1999 in ihren Ziff. 5.1 das Recht der Beklagten vor, die angemeldeten Leistungen - soweit gesetzlich oder vertraglich vorgesehen - rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Nach Anlage 1 Ziff. 2 der HVM erfolgen die Honorarbescheide und Auszahlungen der Beklagten bei Anwendung dieser Anlage unter dem Vorbehalt der nachträglichen Änderung oder anderweitigen Festsetzung der Vergütungsansprüche für jeden abrechnenden Vertragszahnarzt, insbesondere durch Schlussabrechnung für die Leistungszeiträume mit begrenzter Gesamtvergütung. Honorarüberzahlungen sind an die Beklagte zurückzuerstatten. Diese Bestimmungen, die zur Regelung u.a. des hier streitigen Falles von der Beklagten geschaffen worden sind und ihr Vorgehen decken, werden durch die §§ 19 a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) und 12 Abs. 1 Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Z) verdrängt. Danach obliegt es den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV), die Honoraranforderungen bzw. Abrechnungen der Vertragszahnärzte rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen bzw. richtig zu stellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 42; SozR 3-2500 § 82 Nr. 3; Urteile vom 26. Juni 2002, - B 6 KA 26/01 R - und - B 6 KA 29/01 R -) zum Vertragsarztrecht berechtigen die in den Bundesmantelverträgen enthaltenen Vorschriften über die sachlich-rechnerische Berichtigung die Kassenärztlichen Vereinigungen generell zur Rücknahme unrichtiger und rechtswidriger Honorarbescheide. Dies gilt unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die Unrichtigkeit des Bescheides fällt. Denn im Hinblick auf die Besonderheiten der Honorarverteilung kann der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erlassenen Honorarbescheids nicht vertrauen. Diese Besonderheiten bestehen vor allem darin, dass die Grundlagen der Honorarverteilung - hierzu zählt auch die Höhe der Gesamtvergütung - nicht selten auch in einem längeren Zeitraum nach Ende des betroffenen Honorarquartals nicht abschließend geklärt sind; andererseits entspricht es dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen, wenn die in einem bestimmten Quartal erarbeiteten Honorare möglichst schnell und umfassend ausgekehrt werden. Insbesondere dann, wenn im Zeitpunkt der Honorarverteilung noch Ungewissheit über die generellen (Rechts-)Grundlagen der Honorarverteilung bestehen, kann dem durch die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden Rechnung getragen werden, so dass die Honorarbescheide im Regelfall später berichtigt werden können, wenn sich ergibt, dass die der Honorarverteilung zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen fehlerhaft und rechtswidrig waren (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 42; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Juni 2003 - L 3 KA 349/02 ). Die gesamtvertraglichen Regelungen des Vertragszahnarztrechts sehen zwar im Unterschied zu den Regelungen im ärztlichen Bereich (§ 45 Abs. 2 S. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) sowie § 34 Abs. 4 S. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä)) nicht ausdrücklich die Möglichkeit vor, sachlich-rechnerische Richtigstellungen auch noch nachträglich, d.h. nach erfolgter Auszahlung der Honorare durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen vorzunehmen. Jedoch gehen auch die Vertragspartner des BMV-Z wie des EKV-Z von der Zulässigkeit nachgehender Honorarberichtigungen aus. Die an die Vertragszahnärzte geleisteten Zahlungen haben, wie die der Kassenärztlichen Vereinigungen an die Vertragsärzte, zunächst nur vorläufigen Charakter. Rechtswidrige Honorarbescheide können deshalb grundsätzlich bis zum Ablauf der für das Vertragszahnarztrecht maßgeblichen Verjährungsfristen korrigiert werden. Der Vertragszahnarzt muss bis zum Ablauf dieser Fristen mit der Möglichkeit einer nachträglichen Prüfung und Richtigstellung rechnen und kann auf den Bestand des vorab erteilten Honorarbescheides nicht vertrauen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2004 - B 6 KA 34/03 -). Dieser Rechtsprechung, der sich der Senat in seiner Beschlusspraxis bereits angeschlossen hat, ist zu entnehmen, dass die nachträgliche Korrektur und Richtigstellung fehlerhafter Honorarbescheide ausschließlich nach den Bestimmungen der gesamtvertraglich vereinbarten sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfolgen darf. § 19 a BMV-Z und § 12 Abs. 1 EKV-Z enthalten danach die alleinige Rechtsgrundlage zur Korrektur fehlerhafter Honorarbescheide, auch wenn diese ihre Ursache im Bereich der generellen Grundlagen der Honorarverteilung haben, ohne danach zu differenzieren, auf welcher Ebene der Fehler liegt. Daraus folgt, dass sie auch bei Fehlern auf der Ebene des HVM Anwendung finden. Denn als bundesrechtliche Rechtsnormen gehen die Bestimmungen der Gesamtverträge den landesrechtlichen HVM vor; die §§ 82 Abs. 1 und 2, 83, 85 Abs. 1 i.V.m. 81 Abs. 3 Nr. 1 SGB V, die die gesetzliche Rechtsgrundlage zur Vereinbarung der gesamtvertraglichen Regelungen enthalten, schließen die Kompetenz der Beklagten nach § 85 Abs. 4 SGB V zum Erlass eigener - erst recht von der gesamtvertraglichen Rechtslage abweichender - Korrektur- und Berichtigungsbestimmungen im HVM aus. Nur auf diese Weise wird auch dem Bedürfnis Rechnung getragen, fehlerhafte Honorarbescheide ohne Rücksicht auf die Fehlerquelle nach den gleichen rechtlichen Grundsätzen korrigieren zu können.

2.) Die Voraussetzungen, unter denen nach § 19 a BMV-Z und § 12 Abs. 1 EKV-Z Honorarbescheide korrigiert werden können und überzahltes Honorar zurückverlangt werden kann, sind vorliegend erfüllt. Denn die Beklagte hat die von dem Kläger erbrachten, hier betroffenen Sachleistungen nach Ziff. 4.3 und 4.4 der HVM 1994/1999 i.V.m. Ziff. 2.1 ff der Anlage 1 zu diesen HVM nach Einzelleistungen auf der Grundlage der von der Beklagten mit den Kassenverbänden für 1995 abgeschlossenen Gesamtverträge bzw. der für den streitigen Zeitraum ergangenen Schiedssprüche oder Vereinbarungen mit den Kassenverbänden über eine vorläufige Gesamtvergütung honoriert. Die hierfür erlassenen Honorarbescheide sind unrichtig geworden, weil die für den streitigen Zeitraum an alle Berliner Vertragszahnärzte verteilte Gesamtvergütung nachträglich auf einen niedrigeren Betrag vereinbart worden ist als von der Beklagten bei der ursprünglichen Verteilung zugrunde gelegt. Die Höhe des einzelnen Honoraranspruchs des Vertragszahnarztes ist aber von der Höhe der Gesamtvergütung unmittelbar abhängig. Wie sich aus § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V ergibt, geht das Gesetz nicht davon aus, dass den Vertragszahnärzten im Hinblick auf die Honorierung ihrer Tätigkeit ein von vornherein feststehender Vergütungsanspruch zusteht, zu dessen Deckung die Beklagte Verträge mit den Kassenverbänden abschließen muss. Die Vergütung der von den Vertragszahnärzten erbrachten Leistungen ist vielmehr auf ihren Anteil an der zwischen den Partnern der Gesamtverträge vereinbarten Gesamtvergütung beschränkt, so dass die Summe aller vertragszahnärztlichen Honorare nicht höher sein kann als die vereinbarte und tatsächlich gezahlte Gesamtvergütung.

3.) Die Befugnis der Beklagten, auf der Rechtsgrundlage des § 19 a BMV-Z und des § 12 Abs. 1 EKV-Z unrichtige und rechtswidrige Honorarbescheide auch dann zurückzunehmen, wenn die die Rechtswidrigkeit begründenden Fehler nicht in den Verantwortungsbereich des Vertragszahnarztes fallen, besteht allerdings nicht uneingeschränkt. Sie ist durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Die Interessen des einzelnen Vertragszahnarztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der Beklagten auf die Weitergabe von nachträglichen Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragszahnärzte andererseits müssen zu einem Ausgleich gebracht werden. Das schließt zunächst aus, dass die Beklagte ihre Honorarbescheide unter einen pauschalen Berichtigungsvorbehalt für den Fall stellt, dass der in einem Quartal zu Grunde gelegte Punktwert sich gegenüber den Annahmen, die der ursprünglichen Honorarverteilung zugrunde lagen, nachträglich infolge gesamtvertraglicher Regelungen ändert. Ein solcher genereller Berichtigungsvorbehalt nähme dem Honorarbescheid seinen Regelungscharakter. Um einen sachgerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen, ist deshalb in formeller Hinsicht erforderlich, dass aufgrund entsprechender Hinweise der Beklagten im Zusammenhang mit der umstrittenen Honorierung hinreichend deutlich wurde oder sich zumindest aus den dem Vertragsarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergab, unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die Beklagte auf eine Vorläufigkeit des Bescheides berufen und ihn ggf. nachträglich korrigieren wollte. Weiterhin darf sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile der Honorierung bzw. - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragszahnarztes beziehen. Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragszahnärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergab, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragszahnarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Zahnarzt in der Sache lediglich eine Abschlagszahlung zugebilligt würde (vgl. BSG SozR 3- 2500 § 85 Nr. 42).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Honorierung der von ihm erbrachten Leistungen in dem oben näher gekennzeichneten Sachleistungsbereich in den Quartalen I/1997 bis IV/1999 nicht feststellen. Allerdings konnte der Kläger den den Honorarbescheiden für den genannten Zeitraum beigefügten Vorläufigkeitshinweisen nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sich die Beklagte auf die Vorläufigkeit der Bescheide würde berufen dürfen. Denn die Beklagte hat sich darauf beschränkt, die ursprünglichen Honorarbescheide u.a. unter den "Vorbehalt der nachträglichen Berichtigung, wie z.B. aufgrund von sachlichen und rechnerischen Berichtigungen, rückwirkenden Änderungen des Honorarverteilungsmaßstabes und ähnlichem” zu stellen. Mit diesem allgemein gehaltenen Hinweis auf die Vorläufigkeit der Honorarbescheide hat die Beklagte die Pflicht, die Bescheidadressaten über die Vorläufigkeit der Honorarbescheide zu informieren, nicht erfüllt. Auch wenn man berücksichtigt, dass ihr die vom BSG in seiner Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen zur Zerstörung eines schutzwürdigen Vertrauens nicht bekannt sein konnten, als sie die Honorarbescheide erließ, hätte sie den Berliner Vertragszahnärzten doch unschwer in den Honorarbescheiden mitteilen können, dass die "Endgültigkeit” der von ihr ausgezahlten Honorare in dem überwiegenden Teil des Sachleistungsbereichs davon abhing, dass mit den Kassenverbänden die eine solche Auszahlung erlaubenden Punktwerte gesamtvertraglich überhaupt vereinbart werden könnten und welche Konsequenzen die Festsetzung geringerer Punktwerte auf die Honorierung der genannten Leistungen ungefähr haben würden. Vor diesem Hintergrund sind die Vorbehalte in den ursprünglichen Bescheiden nur als pauschale Berichtigungsvorbehalte zu bewerten, die wie dargelegt, ein Vertrauen in die "Endgültigkeit” der Honorarbescheide nicht beseitigen konnten.

Ein schützenswertes Vertrauen des Klägers auf den Bestand der ursprünglichen Honorarbescheide konnte sich jedoch deshalb nicht bilden, weil er die Vorläufigkeit der Honorarbescheide aus den Gesamtumständen der Honorierung der vertragszahnärztlichen Sachleistungen im hier maßgeblichen Zeitraum hätte unschwer erkennen können. Dies ergibt sich aus der Gesamtschau der als Information der Beklagten u.a. über die Honorarsituation in dem hier interessierenden Bereich an die Berliner Vertragszahnärzte 1996 bis 1999 versandten Rundschreiben und Sonderrundschreiben, den als Anlagen der Rundschreiben Nr. 4 vom 21. August 1996 bzw. Nr. 3 vom 1. März 1999 übersandten Anlagen 1 zu den HVM 1994 bzw. 1999, den Mitteilungen der die Praxis des Klägers betreffenden Richtgrößen für die Jahre 1997, 1998 sowie 1999 und schließlich den 10%igen Einbehalten der Abschlagszahlungen in den Quartalen I/97 bis IV/99. Lässt sich bereits dem Rundschreiben Nr. 1 der Beklagten an ihre Mitglieder vom 13. Januar 1997 S. 2 Buchst. c) sowie S. 3 Ziff. 5) 2. Abs. entnehmen, dass die Honorierung der Sachleistungen - des VdAK - auf der Grundlage vorläufiger Punktwerte erfolge und insgesamt mit einer Überschreitung der gezahlten Gesamtvergütung gerechnet werden müsse, so geht aus dem Schreiben vom 26. März 1997 darüber hinaus hervor, dass keine Gesamtverträge für das Kalenderjahr 1997 hätten abgeschlossen werden können und sich die Beklagte Forderungen der Krankenkassen ausgesetzt sehe, die das Ziel einer Punktwertabsenkung gegenüber den für vergangene Zeiträume vereinbarten und der Honorierung für die Quartale I/97 ff. zugrunde gelegten Punktwerte habe. Diese Mitteilungen werden insbesondere durch die Information der Beklagten in ihrem Sonderrundschreiben vom 5. November 1997 S.2 Ziff. 2.) und 3.) ergänzt, wonach auch mit der AOK Berlin keine Gesamtverträge für den hier maßgeblichen Bereich und die Kalenderjahre 1997 und 1998 hätten abgeschlossen werden können und dass der von dieser Kasse "ab sofort” gezahlte Punktwert zu Überzahlungen im Jahre 1997 führen werde, die bis Mitte 1998 ausgeglichen werden müssten. Für die Betriebskrankenkassen und die Ersatzkassen erfolgten entsprechende Informationen u.a. durch das Sonderrundschreiben vom 30. März 1998 und das Schreiben vom 11. Mai 1998 an alle Berliner Vertragszahnärzte, die die Beklagte auch für das Kalenderjahr 1999 vorgenommen und durch die Übersendung vorläufiger und schließlich abschließender gesamtvertraglicher Vereinbarungen mit den Kassenverbänden, zwischenzeitlich ergangener Schiedssprüche des Landesschiedsamtes Berlin für die vertragszahnärztliche Versorgung und eine umfassende Kommentierung der Ereignisse aus standespolitischer Sicht ergänzt hat. Mit ihrem Schreiben vom 29. Juni 1999 "An alle Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzte” hat die Beklagte schließlich die Honorarsituation in dem gesamten hier entscheidungserheblichen Zeitraum abschließend beschrieben, die Finanzierung der überzahlten Punktwerte erläutert und eine Neuberechnung und Rückforderung überzahlten Honorars ab 1997 angekündigt. Dem aufmerksamen Leser der genannten Rundschreiben kann danach nicht entgangen sein, dass die beschiedenen und ausgezahlten Punktwerte für die Quartale I/97 bis IV/99 durch entsprechende gesamtvertragliche Vereinbarungen mit den Kassenverbänden nicht gedeckt und deshalb bis zum Abschluss verbindlicher Gesamtverträge "vorläufig” sein mussten. Selbst wenn im Hinblick auf die große Zahl der an die Mitglieder der Beklagten in der Zeit vom Quartal III/96 bis zum Quartal IV/99 gerichteten Schreiben, Rundschreiben und Sonderrundschreiben, die Fülle der mitgeteilten Tatsachen bei gleichzeitigem Fehlen eindeutiger Informationen aufgrund der Einseitigkeit ihrer Kommentierung durch den Vorstand der Beklagten bei den Berliner Vertragszahnärzten Unklarheiten über die Honorarsituation in den streitigen Quartalen verblieben sein sollten, kann darauf ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand der ursprünglichen Honorarbescheide nicht gestützt werden. Denn hinreichend deutlich wurde die Vorläufigkeit der Honorierung der Berliner Vertragszahnärzte im Sachleistungsbereich in den streitigen Quartalen zumindest durch die zusätzlich erfolgte Übersendung der Anlagen 1 zu den HVM 1994/1999 im August 1996/ März 1999, die Mitteilungen vom 29. August 1997 und vom 20. Januar 1998, dass diese Honorarverteilungsregelungen Anwendung finden würden, sowie die Mitteilung der Richtgrößen und die Honorareinbehalte. Denn hiernach musste jedem Vertragszahnarzt nicht nur klar sein, dass es nicht bei der Honorierung der Sachleistungen auf der Grundlage einer Einzelleistungsvergütung zu den bis 1995 vereinbarten Punktwerten verbleiben würde, sondern es zu einer Reduzierung des ausgezahlten Honorars nach Maßgabe der in den HVM vorgesehenen Richtgrößen- und Umsatzregelung kommen würde. Aus den Mitteilungen der Richtgrößen und den Einbehalten bei den Abschlagszahlungen konnten die Vertragszahnärzte darüber hinaus auch die ungefähre Größenordnung der Honorarberichtigungen entnehmen.

Der Umfang der Vorläufigkeit der ursprünglichen Honorarbescheide setzt den Kläger auch keinem unzumutbaren wirtschaftlichen Risiko aus; sie betrifft ihrem Gegenstand nach nur begrenzte Teile der Honorarbescheide aus dem Sachleistungsbereich. Diese führen für 1997 bei einer Honorierung in diesem Bereich in Höhe von 231.588,65 DM zu einem Kürzungsbetrag von 14.827,13 DM, was einer Korrektur von 6,40 % entspricht. Für 1998 nahm die Beklagte bei einem Honorar von 231.192,38 DM aus dem betroffenen Sachleistungsbereich eine Kürzung um 22.140,60 DM vor, was einer Korrektur von 9,58 % entspricht. 1999 hat die Beklagte das der Klägerin in dem betroffenen Bereich gewährte Honorar um 7,39 % (ursprüngliches Honorar: 187.727,52 DM, Kürzungssumme: 13.871,08 DM) korrigiert. Diese Honorarminderungen liegen unterhalb der Werte, die das Bundessozialgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung als rechtmäßig gebilligt hat, so dass die angefochtenen Bescheide insoweit ebenfalls nicht zu beanstanden sind. Einer nachträglichen Korrektur der ursprünglichen Honorarbescheide steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte bereits mit Bescheid vom 7. Juli 1999 das vertragszahnärztliche Honorar des Klägers im Sachleistungsbereich für die Jahre 1997 und 1998 "vorläufig” neu berechnet und von dem Kläger einen Teil des Honorars dieser Jahre "vorläufig” zurückgefordert, dem Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid jedoch mit Verfügung vom 15. März 2000 abgeholfen hatte. Zwar kann in besonderen Fallgestaltungen eine wiederholte sachlich-rechnerische Richtigstellung im Hinblick auf ein schutzwürdiges Vertrauen der betroffenen Ärzte ausgeschlossen sein. Nimmt eine kassenzahnärztliche Vereinigung eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und hilft sie einem dagegen gerichteten Widerspruch ab, so muss sie die "Vorläufigkeit” dieser Abhilfeentscheidung klarstellen, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt die Honorierung vertragszahnärztlicher Leistungen erneut sachlich-rechnerisch richtig stellen will. Anderenfalls begründet die Aufhebung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ein Vertrauen des Vertragszahnarztes, dass die ursprüngliche Honorierung seiner Leistungen im Einklang mit der Rechtslage steht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Die Beklagte hat die Vorläufigkeit ihrer Abhilfeentscheidung vom 15. März 2000 eindeutig klargestellt, weil daraus für den Kläger zweifelsfrei ersichtlich wurde, dass die Beklagte an ihrer Absicht, die ursprünglich honorierten Sachleistungen nachträglich zu korrigieren, festhielt. Durch den Hinweis, dass mit einer Rückforderung für die Jahre 1997 und 1998 in der in dem aufgehobenen Bescheid angegebenen Größenordnung zu rechnen sei, wird auch ein Vertrauensschutz hinsichtlich der Höhe des Korrektur- und Rückforderungsbetrages ausgeschlossen.

4.) Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der ursprünglichen Honorarbescheide - die Unrichtigkeit und Rechtswidrigkeit dieser Bescheide und das Fehlen von Vertrauensschutz zu Gunsten des betroffenen Arztes - vor, so kann eine Berichtigung der Honorarbescheide gleichwohl nur dann vorgenommen werden, wenn die generellen Grundlagen der Honorarverteilung - der einheitliche Bewertungsmaßstab, die maßgebliche Gesamtvergütung und der HVM - feststehen, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. Januar 2000 (- L 7 B 37/99 KA ER -) hinsichtlich des Bescheides vom 7. Juli 1999 zur vorläufigen Neuberechnung der Honorare in einem eine andere Vertragszahnärztin betreffenden Fall entschieden hat. Denn liegen die generellen Grundlagen der Honorarverteilung nicht (vollständig) vor, lässt sich jedenfalls das Ausmaß der Unrichtigkeit der ursprünglichen Honorarbescheide nicht bestimmen. Dies hat zur Folge, dass sich auch der - der Rechtsfolgeseite der sachlich-rechtlichen Richtigstellung zuzuweisende - Umfang der Korrekturbefugnis der KZV nicht bestimmen lässt. Diese rechtliche Situation ist nicht nur dann gegeben, wenn die generellen Grundlagen der Honorarverteilung zwischen den Vertragspartnern (noch) nicht vereinbart worden sind, sondern auch dann, wenn sich eines der genannten Regelwerke in den für die Berichtigung maßgeblichen Bestimmungen als - ganz oder teilweise - rechtswidrig erweist. Das ist hier bei den HVM der Beklagten der Fall.

Wie der Senat in seinen Beschlüssen in den Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 18. September 2002 (vgl. L 7 B 126/02 KA ER) entschieden hat, bestehen Bedenken an der Rechtmäßigkeit des HVM der Beklagten bereits deshalb, weil die Beklagte das Honorar der Berliner Vertragszahnärzte im Sachleistungsbereich zweimal nach unterschiedlichen Verteilungsgrundsätzen verteilt hat. Die erste in den ursprünglichen Honorarbescheiden vorgenommene Honorarverteilung nach Einzelleistungen zu den bis 1995 vereinbarten Punktwerten nach Ziff. 4.3 der HVM i.V.m. Ziff. III 2.1 der dazu erlassenen Anlage 1 sah eine Honorierung der Sachleistungen zu einem einheitlichen Punktwert vor, während die Honorarverteilung, die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegt, nach Ziff. 4.4 HVM i.V.m. Ziff. III 2.2 ff eine Abstaffelung der Punktwerte nach Maßgabe der Richtgrößen- und Umsatzregelung vorsieht. Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass eine KZV eine Honorarverteilungsregelung durch eine andere ersetzt, wenn sich die ursprüngliche Regelung als rechtswidrig erweist. Das war hier nur hinsichtlich des den ursprünglichen Honorarbescheiden zugrunde gelegten Punktwertes, nicht jedoch hinsichtlich der Verteilungsregelung selbst der Fall. Denn dass die Beklagte berechtigt gewesen wäre, an der Honorierung der Sachleistungen zu einem einheitlichen, floatenden Punktwert festzuhalten, unterliegt keinem Zweifel. In diesem Zusammenhang dürfte es keine Rolle spielen, ob die KZV einen entsprechenden HVM erst in Kenntnis der sachlich-rechnerischen Unrichtigkeit ihrer Honorarbescheide (nachträglich) schafft oder ihn, wie im vorliegenden Fall, schon vor der fehlerhaften Honorierung erlässt, seine Wirksamkeit aber auf den Zeitpunkt der Feststellbarkeit der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide aufschiebt. Es spricht vieles dafür, dass auch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung die Beklagte nicht dazu berechtigten, die Höhe der zurückzufordernden Beträge durch die nachträgliche Änderung der Honorarverteilungsgrundsätze zu modifizieren. Dem dürfte entgegenstehen, dass die zur nachträglichen Korrektur rechtfertigende Vorläufigkeit der Honorarbescheide sich nach der Rechtsprechung des BSG nur auf die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Honorarbescheide und damit auf rechtswidrige Regelungen, nicht hingegen auf rechtmäßig erlassene und angewandte Grundsätze der Honorarverteilung beziehen. Der Beklagten dürfte es deshalb versagt sein, aus Anlass sachlich-rechnerischer Unrichtigkeiten in Honorarbescheiden der Neuberechnung und der Rückforderung überzahlten Honorars andere als die (ursprünglichen) rechtmäßigen Verteilungsgrundsätze zu Grunde zu legen. Dass die Berücksichtigung neuer Verteilungsgrundsätze die Beklagte in die Lage versetzt, praktisch nach ihrem Ermessen über die Korrektur der ursprünglichen Honorarbescheide zu entscheiden, obwohl die bundesmantelvertraglichen Rechtsgrundlagen eine gebundene Entscheidung und damit sowohl hinsichtlich des "Ob” als auch des "Wie” eine Rechtspflicht der KZV vorsehen, dürfte ebenfalls gegen die Rechtmäßigkeit der genannten Regelungen der HVM 1994/1999 sprechen.

Einer abschließenden Klärung dieser Fragen bedarf es jedoch hier nicht. Das gilt auch für die weitere Frage, ob die HVM 1994/1999 mit ihrer Abstaffelungsregelung nach Richtgrößen- und Umsatzvergleich jedenfalls deswegen rechtswidrig sind, weil danach - was zwischen den Beteiligten nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig ist - das Korrekturmodell der Beklagten, das den HVM 1994/1999 zu Grunde liegt, zu einer zu weitgehenden Berichtigung der ursprünglichen Honorarbescheide und einer zu hohen Honorarrückforderung geführt hätte. Soweit sich daraus nämlich eine Rechtswidrigkeit der HVM bzw. der angefochtenen Bescheide ergeben hätte, hätte die Beklagte dem durch die Einführung ihres "Anpassungswertes” Rechnung getragen, durch den sichergestellt ist, dass die Korrektur der ursprünglichen Honorarbescheide zur Erreichung der mit der Richtgrößen- und Umsatzregelung verfolgten Ziele der Beschränkung der Honorarverteilung auf die mit den Kassenverbänden vereinbarte Gesamtvergütung nicht zu weit geht. Selbst wenn es für diesen "Anpassungswert” in den HVM 1994/1999 keine normative Regelung gibt, dürfte die Einführung eines solchen Berichtigungsfaktors durch den Vorstand der Beklagten jedenfalls aber dazu geführt haben, dass insoweit eine Rechtsverletzung des Klägers entfällt. Darüber hinaus kommt es zur Entscheidung des vorliegenden Falles auf die Klärung dieser Rechtsfragen deshalb nicht an, weil das Abstaffelungsmodell der Beklagten in den Anlagen 1 zu den HVM 1994/1999 wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht rechtswidrig ist.

5.) Honorarverteilungsregelungen wie das Richtgrößen- und Umsatzmodell der Anlagen 1 der HVM 1994/1999 der Beklagten sind in erster Linie an den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs. 4 S. 1 bis 3 SGB V zu messen. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Bestimmung in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V zu, nach der bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Kassenzahnarztes zugrunde zu legen sind. Dieser Vorschrift kann, wie das BSG zu der gleich lautenden früheren Regelung in § 368f Abs. 1 Satz 4 der Reichsversicherungsordnung bereits entschieden hat, nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen müssten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, d.h. mit einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert, honoriert werden. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars handelt es sich nämlich nur um einen Grundsatz. Das Gesetz schließt danach eine Aufteilung der Gesamtvergütung nicht grundsätzlich aus, bei der die vertragszahnärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend dem einheitlichen Bewertungsmaßstab im selben Verhältnis, sondern, abhängig von der Mengenentwicklung im Leistungsbereich, unterschiedlich hoch vergütet werden (vgl. BSGE 73, 131, 134 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 4). Denn bei der Ausgestaltung ihrer HVM haben die KZV einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform der Satzung ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist (BSG SozR-3 § 85 Nrn. 45 und 44). Im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz von Honorarverteilungsvorschriften darf eine KZV die Verteilung allerdings nicht frei nach ihrem Ermessen gestalten. Der HVM muss mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehen und insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars (vgl. BVerfGE 33, 171, 184 = SozR Nr. 12 zu Art 12 GG S Ab 15 R; BSGE 81, 213, 217 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23) sowie den aus Art 12 Abs. 1 i.V.m. Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 48) beachten. Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall die zahnärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind (BSGE 73, 131, 136 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4; vgl. auch BSGE 75, 187, 191 = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5 sowie Axer, NZS 1995, 536 ff.). Der Beklagten bleibt jedoch ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von dem genannten Grundsatz, der es ihr ermöglicht, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gerecht zu werden (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 11). Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise den Vertragszahnärzten für einen bestimmten Anteil des vertragszahnärztlichen Honorars eine gewisse Kalkulationssicherheit gewährleistet wird (BSG SozR 4-2500 § 85 Nrn. 5 und 6).

Die HVM-Regelungen der Beklagten, auf denen der angefochtene Honorarbescheid beruht, stehen mit den sich aus § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ergebenden Anforderungen nicht in vollem Umfang in Einklang und sind insoweit rechtswidrig. Da die mit den Krankenkassenverbänden für den streitigen Zeitraum vereinbarte Gesamtvergütung die ausgezahlten Honorare unterschritten hat, sehen die HVM 1994/1999 der Beklagten in Anlage 1 Ziff. III. 2.2 eine Quotierung der Honorare je zur Hälfte durch eine Richtgrößenregelung und eine Umsatzregelung vor.

a.) Dabei richten sich die Bedenken des Senats grundsätzlich nicht gegen die in den Ziff. III 2.2.1 der Anlagen 1 der HVM 1994/1999 enthaltene Richtgrößenregelung. Danach erfolgt die Abrechnung in dem bereits oben näher beschriebenen Sachleistungsbereich bei Überschreitung der Gesamtvergütung auf der Grundlage eines für jede Praxis gebildeten quartalsbezogenen Mittelwertes der Punktmengen aus den Quartalen des Vorjahres, wobei das umsatzschwächste Quartal jeweils unberücksichtigt bleibt (sog. individuelle Richtgröße). Aus dem Mittelwert der Quartale des Vorjahres wird durch entsprechende Vervielfachung die Richtgröße für den Abrechnungszeitraum ermittelt, erstmals aus dem Mittelwert der Quartale des Jahres 1995 durch Verdoppelung die Richtgröße für das 2. Halbjahr 1996. Diese Punktmenge wird einheitlich für alle Praxen um den Prozentsatz gekürzt, mit dem die auf das Jahr hochgerechneten Richtgrößen aller Praxen die zulässige Gesamtvergütung des Vorjahres überschritten haben. Dies ergibt die korrigierte Richtgröße für den Abrechnungszeitraum. Die für einen Abrechnungszeitraum festgestellte prozentuale Überschreitung der je Kassenverband rechtlich zulässigen anteiligen Gesamtvergütung ergibt die Standardquote. Aus dem Verhältnis der je Praxis tatsächlich abgerechneten Punktmenge zur korrigierten individuellen Richtgröße ergibt sich ein Richtgrößenquotient q. Dieser dient zur Bestimmung der individuellen Quotierung. Die so quotierten Umsätze je Praxis werden der tatsächlichen Budgetüberschreitung angepasst. Unterschreitet/überschreitet eine Praxis ihre Richtgröße in einem Abrechnungszeitraum, wird die Standardquote zur Hälfte mit dem Faktor q² dieser Überschreitung/Unterschreitung multipliziert.

Die Wirkung dieser Regelungen besteht darin, dass die Vergütung für die vertragszahnärztlichen Sachleistungen im streitigen Zeitraum, die die individuelle Richtgröße überschreitet, abgestaffelt und die Rückzahlungssumme der sachlich-rechnerischen Richtigstellung dadurch erhöht wird. Durch die Bestimmung der individuellen Richtgröße durch einen für jede Praxis gebildeten Mittelwert der Punktmengen aus den Quartalen des Vorjahres wird die Höhe der Abstaffelungen an ein individuelles Leistungsbudget gebunden. Solche individuellen Leistungsbudgets sind vom Ansatz und wesentlicher Ausgestaltung her mit den von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen vereinbar (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). Ihnen liegt die berechtigte Annahme zu Grunde, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz bei typisierender Betrachtung ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragszahnarzt seine vertragszahnärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat. Die sachliche Rechtfertigung für solche Honorarkontingente ergibt sich aus dem Ziel, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern ( BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 S 205 f). Entsprechendes gilt für die Einführung der individuellen Leistungsbudgets durch die Beklagte. Mit der individuellen Richtgröße will die Beklagte durch eine Abstaffelung der die Richtgröße übersteigenden Punktmenge bei den genannten Sachleistungen eine Stabilisierung des Punktwertes für den einzelnen Vertragzahnarzt erreichen. Durch die Einführung der Richtgröße hat der einzelne Zahnarzt für die Leistungsmenge in Höhe seines individuellen Budgets Kalkulationssicherheit in dem Sinne, dass er bei ungefähr gleich bleibender Fallzahl und ungefähr gleich bleibendem Fallwert den mit den Kassenverbänden vereinbarten Punktwert auch voll erhält und die Rückzahlungssumme begrenzt halten kann. Ausweitungen der Leistungsmenge durch andere Ärzte wirken sich in dem durch das individuelle Budget gesicherten Bereich praktisch nicht aus. Bei der von der Beklagten angestrebten Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes und der damit verbundenen Schaffung einer gewissen finanziellen Kalkulationssicherheit handelt es sich um ein im Rahmen des § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit billigenswertes Ziel (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 44, sowie SozR 4-2500 § 85 Nrn. 5 und 6). Darüber hinaus hat das BSG auch die Kombination von Individualbudgets und einem floatenden Punktwert, die Bemessung dieser Budgets an Punktmengen oder Honorarumsätzen und die Anknüpfung an zurückliegende Bemessungszeiträume für unbedenklich gehalten (BSG SozR 4-2500 Nrn. 5 und 6). Berücksichtigt man weiterhin, dass die Beklagte in Anlage 1 Ziff. III 2.2.1.3. Ausnahmeregelungen für Praxisneugründer und unterdurchschnittlich abrechnende Praxen geschaffen hat, stehen einer Abstaffelung nach der Richtgrößenregelung keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Auch insoweit bedarf es aber keiner abschließenden Entscheidung, weil sich die Abstaffelung durch die Kombination der Richtgrößen- mit der Umsatzregelung als rechtswidrig erweist.

b.) Die Beklagte hat der Vergütungsbemessung im streitigen Zeitraum nicht nur ein individuelles Leistungsbudget zugrunde gelegt, sondern die Vergütung der Sachleistungen im selben Umfang auch einer so genannten Umsatzregelung unterworfen, die ebenfalls zur Abstaffelung der zu vergütenden Leistungen und zur Erhöhung des im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zurück zu zahlenden Honorars führen kann. Nach Anlage 1 Ziff. III 2.2.2 der HVM 1994/1999 wird bei der hier gegebenen Überschreitung des rechtlich zulässigen durch das ausgezahlte Honorar im streitigen Zeitraum zunächst aus dem Verhältnis der im Sachleistungsbereich von allen Praxen in diesem Zeitraum insgesamt abgerechneten Punkte zur Zahl der zugelassenen und ermächtigten Zahnärzte ein Punktmengenlandesdurchschnitt je gleichberechtigtem Praxisinhaber ermittelt. Aus der Relation der im Abrechnungszeitraum von einer Praxis tatsächlich abgerechneten Punktmenge zum Punktmengenlandesdurchschnitt - aktualisiert um einen Faktor , der sich aus der praxisspezifischen Zusammensetzung ergibt - wird ein Punktmengenquotient Q für die jeweilige Praxis gebildet. Q wird mit der Hälfte der Standardquote multipliziert. Dies ergibt den Prozentsatz der umsatzbezogenen Quotierung.

Die Umsatzregelung, der die von den Berliner Vertragszahnärzten abgerechneten Punktmenge im oben näher beschriebenen Sachleistungsbereich im streitigen Zeitraum im gleichen Maße unterworfen ist wie der Richtgrößenregelung, führt danach dazu, dass eine Vergütung im Sachleistungsbereich zu dem mit den Kassenverbänden vereinbarten einheitlichen Punktwert nur bei der Punktmenge erfolgt, die im Abrechnungszeitraum durchschnittlich abgerechnet worden ist. Überschreitet die von einem Vertragszahnarzt abgerechnete Punktmenge im Sachleistungsbereich den Landesdurchschnitt, wird der Punktwert sofort abgestaffelt, und zwar desto mehr, je höher die Überschreitung ist. Unterschreitet ein Vertragszahnarzt den Landesdurchschnitt hingegen, erhöht sich der Punktwert für die von ihm im Sachleistungsbereich und im streitigen Zeitraum erbrachten Punktmenge. Die Umsatzregelung begünstigt daher im Sachleistungsbereich unterdurchschnittlich abrechnende Zahnärzte und belastet zugleich umsatzstarke Praxen, ohne auf das Abrechnungsverhalten der Praxen in der Vergangenheit Rücksicht zu nehmen, den umsatzstarken Praxen eine Weiterentwicklung ihres Umsatzes zu ermöglichen und eine Härtebestimmung - mit Ausnahme der Richtgrößen- und Umsatzregelung zusammen betreffenden Überlastungsbestimmung in Anlage 1 Ziff. III 2.2.3. - vorzusehen. Darüber hinaus konnten sich die Vertragszahnärzte auf die Abstaffelung auch nicht vor oder jedenfalls zeitnah zur Leistungserbringung einstellen, weil zur Berechnung des Punktmengenquotienten Q die Feststellung des Landesdurchschnitts erforderlich ist, der sich nur nach Abrechnung aller Vertragszahnärzte im maßgeblichen Quartal bestimmen ließ. Schließlich knüpft die Abstaffelungsregelung ganz pauschal an die Überschreitung des Punktmengenlandesdurchschnitts an, ohne danach zu differenzieren, ob dieser deshalb überschritten wurde, weil die abgerechnete Punktmenge auf einer überdurchschnittlichen Fallzahl und einem überdurchschnittlichen Fallwert, bei einer durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Fallzahl allein auf einem überdurchschnittlichen Fallwert oder bei einem durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Fallwert ausschließlich auf einer überdurchschnittlichen Fallzahl beruhte.

Eine solche Abstaffelungsbestimmung ist - jedenfalls in Kombination mit individuellen Leistungsbudgets - mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht mehr zu vereinbaren und deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung weder mit § 85 Abs. 4 S. 1 bis 3 SGB V noch mit Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren.

Die Einführung der Umsatzregelung lässt sich insbesondere nicht auf § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V in der bis zum 31. Dezember 1998 bzw. § 85 Abs. 4 S. 5 SGB V in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung stützen, nach der die Beklagte verpflichtet ist, Regelungen zur Verhütung übermäßiger Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragzahnsarztes zu treffen. Der Tatbestand der übermäßigen Ausdehnung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ist erfüllt, wenn angesichts des Umfangs der von einem Vertragszahnarzt abgerechneten Leistungen davon auszugehen ist, dass die einzelnen Leistungen nicht mehr in einer der Leistungsbeschreibung entsprechenden Art und Weise erbracht worden sein können, mithin Qualitätsmängel zu befürchten sind (vgl. BVerfGE 33, 171, 186 = SozR Nr. 12 zu Art 12 GG S Ab 16 R f; BSGE 22, 218, 221 = SozR Nr. 4 zu § 368f ; BSG SozR 3-2200 § 368f Nr 3 ; SozR 3-2500 § 85 Nr 8; vgl. auch BSGE 81, 213, 224 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). HVM - Bestimmungen zur Umsetzung der aufgezeigten gesetzlichen Vorgabe sind nur dann rechtmäßig, wenn die Feststellung der übermäßigen Ausdehnung der Praxis anhand der Gesamtzahl der abgerechneten Punkte oder anhand der Kombination von Gesamtpunkt- und Gesamtfallzahl getroffen wurde (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 8; BSG SozR 2200 § 368f Nr. 15 und SozR 3-2200 § 368f Nr. 3) und sich aus der danach ermittelten Leistungsmenge ergibt, dass diese die im vertragszahnärztlichen Sachleistungsbereich erzielte durchschnittliche Leistungsmenge ganz erheblich überstiegen hat (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 44 und 45 sowie SozR 4-2500 § 85 Nr.9). Schon daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die Abstaffelung sofort bei Überschreitung der durchschnittlichen Leistungsmenge und nicht erst bei einer ganz erheblichen Überschreitung einsetzt. Darüber hinaus ist schon dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen, dass ihre Zielrichtung nicht darin besteht, eine eingetretene übermäßige Ausdehnung im nachhinein zu sanktionieren, sondern darin, dieser schon im Ansatz präventiv entgegenzuwirken (BSG SozR 2200 § 368f Nr. 6; Stiller, Der Honoraranspruch des "überbeschäftigten" Kassenarztes, 1992, S. 68). Normzweck ist mithin, die Praxisführung des Vertragszahnarztes im Blick auf dessen künftiges Verhalten zu beeinflussen (BSG USK 8364, S 290). Eine dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechende Umsetzung in einem HVM gebietet daher eine Festlegung von Grenzbeträgen in der Weise, dass sich der Vertragszahnarzt von vornherein darauf einstellen konnte, von welchem Betrag ab eine übermäßige Ausdehnung seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit vorliegen würde (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 5). Das aber setzt wiederum voraus, dass der maßgebende Grenzbetrag für ihn schon zu Beginn seiner Arbeit - und nicht erst danach - hinreichend bestimmt oder zumindest hinreichend bestimmbar war. Regelungen eines HVM, die der Notwendigkeit einer vorherigen Festlegung von Grenzbeträgen nicht gerecht werden, sind deshalb durch die Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 S. 4 bzw. S. 5 SGB V nicht gedeckt. Im vorliegenden Fall stand durch die Umsatzregelung lediglich abstrakt fest, bis zu welchem Grenzbetrag keine Abstaffelung vorgenommen werden würde. Die genaue Höhe dieses Betrages ergab sich aber erst nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungszeitraums, da der durchschnittliche Umsatz der Honorarforderungen aller Berliner Vertragszahnärzte faktisch nicht früher beziffert werden konnte. Der Norm konnte nicht, wie für die gesetzlich bezweckte Vorbeugung notwendig war, im voraus entnommen werden, wo die maßgebende Schnittstelle zwischen übermäßiger und nicht übermäßiger Ausdehnung der zahnärztlichen Tätigkeit lag; dem Arzt war es nicht möglich, sich in der Führung seiner Praxis an die gesetzlich beabsichtigte quantitative Vorgabe zu halten.

Allerdings schließt diese hier nicht einschlägige Ermächtigung zur Regelungen einer Verhütung übermäßiger Ausdehnung vertragszahnärztlicher Tätigkeit anderweitige Regelungen nicht aus, mit denen unerwünschte Leistungsausweitungen und ein damit verbundener Punktwertverlust verhindert werden sollen. Die zur Sicherung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität erforderlichen Begrenzungen der Erhöhungen der Gesamtvergütungen erfordern zugleich Beschränkungen des Zuwachses vertragszahnärztlicher Vergütungen sowohl hinsichtlich des Fallwertes als auch der Fallzahl, um so die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragzahnsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nrn. 5 und 6 sowie Nrn. 9 und 10). Deshalb sind in der Rechtsprechung des BSG im vertragsärztlichen wie im vertragszahnärztlichen Bereich Honorarverteilungsregelungen als rechtmäßig anerkannt worden, die der Beschränkung der Vergütung für Fallwertsteigerungen dienten ( vgl. insbesondere BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 2 m.w.N.); das BSG hat weiterhin HVM - Regelungen über Fallzahlzuwachsgrenzen gebilligt, die ein Punktzahlvolumen unvergütet lassen, das sich aus der Zahl der über der Grenze liegenden Behandlungsfälle und der dem Arzt vergüteten durchschnittlichen Fallpunktzahl errechnet (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 44 und 45). Es hat schließlich Regelungen in HVM als rechtens angesehen, die bei der Honorarverteilung Fallpunktzahlen nur in begrenztem Umfang berücksichtigten (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 23 und 28). Dieser Rechtsprechung liegt zugrunde, dass Bestimmungen des HVM, die unmittelbar den Punktwert regeln, und andererseits solche, die zwar am abgerechneten Punktzahlvolumen ansetzen, aber letztlich zur Stabilisierung des Punktwerts beitragen, funktionell austauschbar sind und daher rechtlich nicht grundsätzlich unterschiedlich bewertet werden dürfen. Wird dabei ein Teil der abgerechneten Punktzahlen nicht berücksichtigt, so wird damit nicht die Vergütung für einzelne Leistungen oder Teile von ihnen versagt, sondern lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt, sodass das auf die einzelne Leistung entfallende Honorar entsprechend der größeren Anzahl erbrachter Leistungen sinkt (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 48). Die Begrenzung der Vergütung des Gesamtpunktzahlvolumens ist jedoch nicht ohne Einschränkungen zulässig. So sind die Vergütungsbeschränkungen sowohl beim individuellen Leistungsbudget als auch die bei der Begrenzung des Fallzahlzuwachses u.a. nur deshalb rechtmäßig, weil sie grundsätzlich die in der Vergangenheit von einem Arzt erzielten Punktzahlvolumina bei der Vergütung nicht unberücksichtigt lassen und nur die Zuwächse einer Abstaffelung unterwerfen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nrn. 5 und 6 bzw. SozR 3-2500 § 85 Nrn. 44, 45 und 48). HVM - Vorschriften über die Begrenzung des Fallzahlzuwachses dürfen nicht jedes Wachstum der einzelnen Praxis blockieren; ein gewisses, kontinuierliches Fallzahlwachstum muss vielmehr generell möglich bleiben (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 44 und 48). Außerdem sind Regelungen über Vergütungsbeschränkungen bei Fallzahlzuwächsen nur dann rechtmäßig, wenn für den Vertragszahnarzt im Zeitpunkt der Leistungserbringung bereits feststeht, in welchem Umfang er - wenn überhaupt - Fallzahlsteigerungen vergütet erhält (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 44 und SozR 4-2500 § 85 Nr. 10).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweisen sich die für die Honorarneuberechnung und -rückforderung maßgeblichen Vorschriften der HVM 1994/1999 der Beklagten als rechtswidrig. Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, weil sich die Kombination von individuellem Leistungsbudget und Umsatzregelung für die Honorarsituation der Berliner Vertragszahnärzte mindestens in vergleichbarer Weise begrenzend auswirken wie die Kombination von Praxis- und Zusatzbudgets mit Fallzahlbegrenzungen im Vertragsarztrecht, die den Entscheidungen des BSG vom 13. März 2002 (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 44 und 45) und vom 10. März 2004 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nrn. 9 und 10) zugrunde lagen. Die von der Beklagten gewählte Honorarbegrenzungsmethode nimmt allerdings hinsichtlich der Umsatzregelung keine Rücksicht auf die von einem Vertragzahnarzt in der Vergangenheit bereits erzielten Umsätze und die daraus resultierende Praxisstruktur, sondern unterwirft ihn schon dann der Abstaffelung, wenn er mit seiner Gesamtpunktmenge den aktuellen Landesdurchschnitt überschreitet, und geht damit über die den Entscheidungen des BSG zugrunde liegenden Fallgestaltungen aus dem Vertragsarztrecht hinaus. Vor allem schließt die Kombination aus individuellem Leistungsbudget der hier gewählten Form und Umsatzregelung Berliner Vertragszahnärzte mit hohen Umsätzen von jedem abstaffelungsfreien Wachstum ihrer Praxis aus, obwohl nach der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG Honorarerhöhungen durch ein gewisses, kontinuierliches und abstaffelungsfreies Wachstum der Fallzahlen möglich bleiben muss (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 48). Dem liegt nicht nur die Überlegung zugrunde, dass die Zahl der Behandlungsfälle einer Praxis nicht in gleicher Weise der Steuerung durch den Vertragszahnarzt unterliegt, wie der Umfang der je Fall erbrachten Leistung. Vielmehr spiegelt die Fallzahl einer Praxis auch die Attraktivität der Behandlung aus der Sicht der Patienten und ihr Recht auf freie Arztwahl wider. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Stellung des Vertragszahnarztes als freien Beruf aufrechtzuerhalten, gibt diesem auch das Recht, neue Patienten auf Kosten seiner Berufskollegen zu gewinnen, und erweist sich damit als legitimes Mittel, seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern (vgl. BSG SozR 3-2500 Nrn. 28 und 44). Dieses Recht darf die Beklagte nicht dadurch entwerten, dass sie jedes Wachstum auch bereits umsatzstarker Praxen durch die Vergütung mit einem niedrigeren Punktwert schon bei Überschreitung des Umsatzlandesdurchschnitts unverhältnismäßig erschwert; ein gewisses Wachstum muss vielmehr ohne Abstaffelung honoriert werden. Denn die Anbindung an den Landesdurchschnitt des Umsatzes der erbrachten Sachleistungen garantiert eine solche Umsatzsteigerung nicht. Vor allem wird die Wettbewerbssituation der Berliner Vertragszahnärzte durch die Umsatzregelung zusätzlich dadurch verzerrt, dass danach die unterdurchschnittliche Abrechnung im Sachleistungsbereich mit einem höheren Punktwert belohnt wird, auch wenn die Zahnärzte zur Vermeidung von Umsatzeinbußen Leistungen aus dem konservierend-chirurgischen Bereich in den des Zahnersatzes verlagert haben, der vergleichbare Abstaffelungsregelungen jedenfalls in den Quartalen I/97 bis IV/98 nicht unterworfen war. Schließlich überschreitet die Beklagte den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum, weil die Umsatzregelung für die Berliner Vertragszahnärzte bei Leistungserbringung völlig intransparent war. Denn mit den Informationsschreiben vom Juli 1997, September 1998 und August 1999 hat die Beklagte die Betroffenen nicht nur erhebliche Zeit nach der Erbringung eines Großteils der Leistungen informiert; konkrete Angaben über die Umsätze des laufenden Kalenderjahres enthalten die Schreiben nicht.

Erweisen sich die HVM 1994/1999 danach teilweise als rechtswidrig und damit in diesem Umfange als nichtig, ist der angefochtene Bescheid, mit dem die Beklagte das dem Kläger in den Quartalen I/97 bis IV/99 zustehende Honorar neu berechnet und danach zu viel gezahltes Honorar zurückgefordert hat, ebenfalls als rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG-Änderungsgesetzes am 2. Januar 2002 geltenden Fassung (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 20/01 R -) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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