L 5 KR 141/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 574/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 141/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 14/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin war eine mit Gerüstbau, Auf- und Abbau von Systemgerüsten bei der Handwerkskammer eingetragene Firma des Alleininhabers H. G ... Ihr Insolvenzantrag ist am 09.12.2002 vom Amtsgericht N. mangels Masse abgewiesen worden.

Am 04.05.1998 informierte das Hauptzollamt L. die Beklagte, dass am 12.11.1996 bei einer Kontrolle der Autobahnpolizei drei in einem Lkw der Klägerin angetroffene britische Staatsangehörige angegeben hätten, bei der Klägerin beschäftigt zu sein. Bei der Firmenprüfung am 28.01.1997 habe der Inhaber erklärt, diese Arbeitnehmer seien Arbeitnehmer seines Subunternehmers S. Ltd., die laut Auskunft des Bundesamtes für Finanzen vom 11.03.1998 nach dortigen Recherchen nicht existiere. Es handle sich dabei um eine inaktive Briefkastenfirma. Es bestehe der Verdacht auf das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen.

Nach einer Betriebsprüfung der Beklagten vom 10. bis 15.09.1998 erließ die Beklagte am 15.09.1998 einen Bescheid über eine Beitragsforderung in Höhe von 62.051,07 DM betreffend die Zeit vom 01.01.1996 bis 31.12.1997 wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung auf der Grundlage der Rechnungssummen der Firma S. Ltd.

Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, die Firma S. Ltd. sei seit zehn Jahren aktiv. Als leitender Mitarbeiter fungiere C.L.P. und als Bauleiter H. F ... Die Firma verfüge über eigene Lieferwagen und Kombis. Hinsichtlich der Arbeitszeit, der Zahl der Mitarbeiter je Baustelle und des Wie der Arbeitsleistung treffe Herr F. die Entscheidungen. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin erfolge nicht. Das Subunternehmen erhalte einen marktgerechten Preis pro Quadratmeter und habe Mängel ohne zusätzliche Vergütung zu beseitigen. Eventuell sei die Firma S. Ltd. in Deutschland steuer- und sozialversicherungspflichtig.

In dem am 30.07.1999 abgesandten Widerspruchsbescheid vom 29.07.1999 heißt es, der Geschäftszweck der Firma S. Ltd. sei offensichtlich der Verleih von Arbeitnehmern, der ohne Erlaubnis betrieben worden sei; das Gesetz fingiere in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher. Die Voraussetzung für einen Werkvertrag sei die genaue Bestimmung der Leistung von vornherein. Hier lägen keine entsprechenden Verträge vor, lediglich Rechnungen auf Stundenbasis für Mitarbeiterüberlassung, Rechnungen über gefahrene Kilometer, über Wartezeit und Ladetätigkeit. Auch die Rechnungen nach Aufmaß schlössen eine Arbeitnehmerüberlassung nicht aus, da es schematisierte Muster für die Umrechnung von Arbeitnehmerstunden in Aufmaßeinheiten gebe. Demgegenüber sei es von untergeordneter Bedeutung, ob die Firma Gewährleistung übernommen habe, was nicht bewiesen sei, und ob sie tatsächlich eigene Fahrzeuge besessen habe - tatsächlich seien die britischen Arbeitnehmer in Fahrzeugen der Klägerin angetroffen worden. Ein einziger Bauleiter habe nicht sämtliche ca. 40 Gerüstbauarbeiten betreuen können und eine Briefkastenfirma könne niemals Werkvertragspartei sein.

Mit der am 01.09.1999 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, mit der Firma S. Ltd. seien tatsächlich Subunternehmerverträge über die Erstellung von Gerüsten, Dachfang, Konsolen etc. geschlossen worden. Die Regiearbeiten hätten nur einen geringen Umfang umfasst (6 %). Es seien branchenübliche Werkverträge für Vergütung nach Quadratmetern oder Metern geschlossen worden. Hierzu hat er einen Werkvertrag vom 14.09.1996 vorgelegt, der Grundlage für spätere mündliche Aufträge gewesen sein soll. Laut Klägerbevollmächtigten hat sich die Firma S. Ltd. in Ausnahmefällen LKWs von der Klägerin ausgeliehen. Der Inhaber habe nicht gewusst, dass die Firma S. Ltd. ihren Arbeitgeberpflichten nicht nachkomme.

Ermittlungen nach der Adresse des H. F. sind ergebnislos geblieben.

In der mündlichen Verhandlung am 13.05.2003 ist der Inhaber der Klägerin angehört worden. Er hat u.a. angegeben, die Firma S. Ltd. habe die Arbeitnehmer mit den grundlegenden Werkzeugen ausgestattet, etwa Schraubenschlüssel, Hammer, Gurte und Helm. Von seiner Firma hätten sie bei Bedarf Spezialgeräte wie etwa einen Lift erhalten. Die Abnahme und Kontrolle des Aufbaus der von ihm gelieferten Gerüste habe er oder sein Bruder übernommen.

Der Bruder des Firmeninhabers, J. G. , Bauleiter, ist als Zeuge einvernommen worden. Laut seinen Angaben hat er selbst mit H. F. den genauen Aufbau durchgesprochen, woraufhin dieser die weitere Organisation übernommen habe. Bei größeren Baustellen sei er öfters zur Kontrolle zurückgefahren, um eventuelle Korrekturen einzuleiten oder zu besprechen. Da sein Englisch oftmals nicht ausreichte, um sich mit den britischen Arbeitnehmern zu verständigen, habe er sich immer an Herrn F. gewandt, z.B. ihm angekündigt, dass nun etwa 2.000 qm Material zu erwarten seien und daher noch etwa zwei bis drei Arbeitnehmer benötigt würden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.05.2003 abgewiesen und ausgeführt, zwischen der Klägerin und der Firma S. Ltd. habe eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen. Die Firma S. Ltd. habe nicht die organisatorischen Voraussetzungen besessen, um Werkleistungen zu erbringen; sie habe lediglich über geeignete Arbeitskräfte, kleinere Arbeitsgeräte und Kleinbusse, nicht aber über Gerüste und Spezialgerätschaften verfügt. Die Beschäftigung der britischen Arbeitnehmer habe sich nicht von denen der eigenen Arbeitnehmer unterschieden; die Klägerin habe ein Weisungsrecht gehabt. Frühere Betriebsprüfungen ohne Beanstandung begründeten keinen Vertrauensschutz.

Gegen das am 02.06.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.06.2003 Berufung eingelegt. Ihres Erachtens ist die Zeugenaussage unrichtig ausgelegt worden; die Wahrnehmung der Kontrollfunktion vonseiten der Klägerin sei nicht mit dem Weisungsrecht zu verwechseln. Seien die Gerüste nicht vorschriftsmäßig errichtet gewesen, hätten diese auf Kosten der Firma S. Ltd. wieder abgebaut und neu errichtet werden müssen. Dass die Klägerin das wesentliche Material, nämlich die Gerüste zur Verfügung gestellt habe, sei im Gerüstbaugewerbe der Normalfall. Dass die Firma S. Ltd. nachträglich nicht mehr ausfindig gemacht werden könne, könne nicht zulasten des relativ jungen und unerfahrenen Firmeninhabers gehen. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die britischen Arbeitnehmer in ihrer Heimat Steuerrückerstattungen beantragt hätten. Schließlich sei sie - die Firma G. - von der LVA bereits 1996/97 geprüft und nicht beanstandet worden, obwohl die Werkverträge vorgelegen hätten. Die Klägerin sei niemals in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zu den britischen Arbeitern gestanden.

Von Beklagtenseite ist dagegen eingewandt worden, die Klägerin habe die britischen Arbeitnehmer nach ihren Vorstellungen eingesetzt; H. F. sei nur Dolmetscher gewesen. Gegen das Vorliegen von Werkverträgen spreche, dass zu 41 Bauvorhaben nur ein schriftlicher Werkvertrag existiere. Es stelle sich die Frage, wie bei dieser Konstellation die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen hätte realisiert werden können. Der vorliegende Werkvertrag sei ein Scheinvertrag, wie es in der Baubranche besonders häufig sei. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung verfüge eine Briefkastenfirma niemals über die betrieblichen oder personellen Voraussetzungen eines werkvertragsfähigen Subunternehmens.

Das Finanzamt N. hat am 17.10.2003 mitgeteilt, bei der Firma S. Ltd. handle es sich um eine Briefkastenfirma. Die dahinter stehenden Personen hätten trotz intensiver Ermittlungen nicht gefasst werden können.

Im Erörterungstermin am 05.10.2004 hat der Inhaber der Klägerin unter anderem erklärt, H. F. habe selbstverständlich über die Hebezeuge verfügt, wie sie zum Aufbau eines Gerüstes benötigt würden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.05.2003 sowie den Bescheid vom 15.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.05.2003 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts Augsburg, der Akten der Bau-BG sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.05.2003 ist ebenso wenig zu beanstanden, wie der Bescheid der Beklagten vom 15.09. 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.1999. Zu Recht wird die Klägerin für einen Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe 62.051,07 DM haftbar gemacht.

Gemäß § 28e Abs.2 Satz 3 und 4 SGB IV haftet der illegale Entleiher für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag als Gesamtschuldner. Zwischen ihm und den überlassenen Arbeitnehmern wird ein Arbeitsverhältnis fingiert (Art.1 § 10 Abs.1 i.V.m. § 9 Nr.1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz). Die britischen Arbeitnehmer, die zwischen dem 01.01.1996 und 31.12.1997 Gerüste der Klägerin aufgestellt haben, wurden von einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, ohne dass eine hierfür erforderliche Erlaubnis im Sinne des Art.1 § 1 Abs.1 AÜG vorgelegen hat. An der fehlenden Erlaubnis hat die Klägerin beim Vertragsschluss mit dem unter dem Namen S. Ltd. auftretenden Dritten deshalb keinen Anstoß genommen, weil sie vom Bestand eines Werkvertragsverhältnisses ausgegangen ist. Ein solches hat jedoch nach der Überzeugung des Senats nicht vorgelegen. Weder die Gutgläubigkeit des Entleihers noch ein Irrtum über die Erlaubnispflicht der Arbeitnehmerüberlassung sind rechtserheblich und schließen daher die Arbeitgebereigenschaft des Entleihers nach § 10 Abs.1 AÜG nicht aus (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Kommentar, § 28e SGB IV, Rdz.10 m.w.N.).

Ob ein Werkvertrag vorliegt oder ob es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt, entscheidet sich nach dem Inhalt der zwischen den Beteiligten vereinbarten Verträge. Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden Arbeitnehmer einem Dritten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt. Im Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer gegenüber dem Besteller zur Herstellung eines individuellen Werkes. Gegenstand des Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung zu erzielender Erfolg sein (§ 631 Abs.2 BGB). Da der Werkvertrag durch unternehmerische Eigenverantwortlichkeit des Herstellers und der daraus folgenden Dispositionsmöglichkeit des Werkunternehmers gegenüber dem Besteller gekennzeichnet ist, kann ein Werkvertrag nur bejaht werden, wenn der Unternehmer Art und Einteilung der Arbeiten selbst bestimmt und der Dritte kein Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern des Herstellers hat (vgl. BAG DB 1977 S.1273 und BAG, Urteil vom 15.06.1983 in NJW 1984 S.2912). Arbeitnehmerüberlassung liegt hingegen vor, wenn der Werkvertragsunternehmer gar nicht über die betrieblichen oder personellen Voraussetzungen verfügt, die Tätigkeit der von ihm eingesetzten Arbeitnehmer vor Ort zu organisieren und ihnen Weisungen zu erteilen (BAG vom 9. November 1994 in NZA 1995, S.572 ff.).

Zwar waren die von der Klägerin und der Firma S. Ltd. vereinbarten Leistungen grundsätzlich werkvertragsfähig. Gegenstand war der Gerüstbau, eine Leistung, die besonderes Werkzeug und besondere Fachkenntnisse erfordert. Dass die von H. F. geleitete Truppe kein eigenes Gerüst besaß, sondern Gerätschaften der Klägerin verbaute, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Wesentlich ist, dass der vereinbarte Erfolg, das Aufstellen des Gerüsts, körperlich greifbar war. Der Erfolg der Arbeit war also ebenso individualisierbar wie etwa die Beteiligung an der Löschung eines Fischereifahrzeugs, das das Bundessozialgericht ebenfalls als werkvertragsfähig beurteilt hat (Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Februar 1988, Az.: B RAr 5/86).

Nicht zu widerlegen ist die Aussage des Betriebsleiters der Klägerin, er habe auf die Arbeitszeiteinteilung der britischen Arbeitnehmer keinen Einfluss genommen. Für einen Werkvertrag spricht auch, dass sich deren Vergütung nicht nach der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, sondern überwiegend nach Aufmaß berechnete. Die zahlreich vorgelegten Rechnungen der Firma S. Ltd. belegen, dass nicht ausschließlich nach Quadratmetern abgerechnet wurde, sondern dass Regiearbeiten extra ausgewiesen wurden. Nach der vom Klägerbevollmächtigten vorgenommenen Aufstellung belief sich die Rechnungssumme nach Quadratmetern auf über 173.000,00 DM und die nach Regie auf 12.000,00 DM.

Die Abrechnung nach Aufmaß, Kubikmeter usw. wird jedoch häufig gewählt, um den Anschein eines Werkvertrags zu erwecken (BSG, Urteil vom 27.08.1987 in NZA 1988, 263 ff. m.w.N.) und sehr häufig kommen Scheinwerkverträge im Bereich der Bauwirtschaft vor.

Entscheidend gegen das Bestehen von Werksverträgen spricht aber, dass die Firma S. Ltd. weder über die betrieblichen noch organisatorischen Voraussetzungen verfügte, die von der Klägerin behaupteten vertraglich vereinbarten Werkleistungen zu erbringen. Dies steht allein aufgrund der Tatsache fest, dass es sich dabei um eine Briefkastenfirma handelt, was nach den Ermittlungen der Finanzbehörden zweifelsfrei erwiesen ist. Damit fehlt die für ein Handwerkssubunternehmen typische Eintragung in das Handwerksregister. Die fachliche Kompetenz von H. F. bzw. der hinter der Firma S. Ltd. stehenden Personen ist unbekannt und aufgrund ihres unbekannten Aufenthalts nicht weiter aufzuklären. Zweifel an deren organisatorischer Kompetenz haben sich insbesondere auch aufgrund der vor dem Sozialgericht gemachten Aussagen beider Brüder G. ergeben, im Bedarfsfall seien den britischen Arbeitnehmern Spezialgeräte, wie z.B. ein Lift, zur Verfügung gestellt worden. Dies hat der Firmeninhaber zwar im Erörterungstermin relativiert und erklärt, H. F. habe selbstverständlich über die Hebezeuge verfügt, wie sie zum Aufbau eines Gerüstes benötigt werden; hierzu zählten Flaschenzug und kleine Elektrowinden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Firma S. Ltd. nicht über sämtliche für den Gerüstbau notwendigen betrieblichen Mittel verfügt hat. Zudem ist fraglich, ob der britische Gerätebautrupp eigene Fahrzeuge besessen hat. Immerhin wurden die britischen Arbeitnehmer Ende 1996 von der Autobahnpolizei in einem Lkw der Klägerin angetroffen. Ob und wo H. F. eine Betriebsstätte unterhalten hat, was für ein selbständiges Unternehmen unerlässlich wäre, konnte auch von dem Zeugen nicht gesagt werden.

Dass die Klägerin tatsächlich keinen Einfluss auf den Einsatz der Arbeitnehmer genommen hat, erscheint nicht glaubhaft. So hat der als Zeuge auftretende Betriebsleiter der Klägerin ausgesagt, er habe größere Baustellen öfter kontrolliert, um eventuelle Korrekturen einzuleiten, habe sich an H. F. gewandt, da sein Englisch oftmals nicht ausreichte, um sich mit den britischen Arbeitnehmern zu verständigen, z.B. ihm angekündigt, dass nun etwa 2.000 qm Material zu erwarten sei und noch etwa zwei bis drei Arbeiter benötigt würden. Zwar hat er gleichzzeitig angegeben, allein die technischen Besprechungen mit H. F. durchgeführt zu haben. Die übrige Organisation, insbesondere der zahlenmäßige Einsatz, sei H. F. allein überlassen gewesen. Dieser Widerspruch geht jedoch angesichts der übrigen Umstände der Vertragsgestaltung zulasten der Klägerin.

Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass durchsetzungsfähige Vereinbarungen über verbindliche Feststellungstermine und Vertragsstrafen - typische Merkmale von Werkverträgen - nicht vorhanden waren. Zu 41 Bauvorhaben existierte lediglich für eines ein schriftlicher Werkvertrag. Die Beklagte stellte zu Recht die Frage, wie die Klägerin bei dieser Sachlage bei Schlechtleistung und verspäteter Fertigstellung Gewährleistungsansprüche hätte realisieren wollen.

Zudem war der Werkvertrag vom 14.09.1996 hinsichtlich des Umfangs und der Besonderheiten des "Gewerks" derart unbestimmt, dass er durch Einzelweisungen der Klägerin vor Ort konkretisiert werden musste. Der Bauleiter der Klägerin übte daher gegenüber dem britischen Bautrupp im Wesentlichen dieselben Funktionen wie gegenüber Arbeitern der Klägerin selbst aus. Hinzu kommt, dass die von der Autobahnpolizei kontrollierten britischen Arbeiter angegeben haben, bei der Klägerin beschäftigt zu sein. Mit deren Arbeitnehmern waren sie wenigstens zum Teil in enger Arbeitsweise verbunden, wenn sie auf deren Spezialwerkzeuge zurückgreifen mussten.

Zusammenfassend sprechen die Umstände - fehlender Eintrag des Werkvertragsunternehmers in das Handwerksregister, fehlende schriftliche Werkverträge, Einweisung des Unternehmers vor Ort, Einlassung der Arbeitnehmer und Unauffindbarkeit der hinter der Firma S. Ltd. stehenden Personen - dafür, dass die Firma S. Ltd. überhaupt nicht in der Lage war, einen anderen Geschäftszweck als den der Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Die Arbeitnehmer brachten im Wesentlichen ihre Arbeitskraft mit. Dass die Leiharbeitnehmer hauptsächlich durch die illegalen Verleiher entlohnt worden sind, führt zu keiner Freistellung des Entleihers von seiner Arbeitgeberhaftung (BSG, Urteil vom 18.03. 1987, 9b RU 16/85).

Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch nicht durch die früheren Betriebsprüfungen der Beklagten in den vorangegangenen Jahren entlastet wird. Mangels Regelungswillens der prüfenden Behörde bei einer bloßen Stichprobenprüfung kann kein Vertrauensschutz geltend gemacht werden (BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az.: B 12 KR 10/02 R).

Der Erlass eines Beitragssummenbescheides begegnet keinen Bedenken. Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (§ 28 f. Abs.2 Satz 1 SGB IV). Aus den sichergestellten Aufzeichnungen ist nicht ersichtlich, für welche Arbeitnehmer in welchem Beschäftigungszeitraum welches Bruttoentgelt gezahlt wurde. Nur mit einem unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand könnte das gezahlte Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden.

Aus diesen Gründen war die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, nachdem § 197a SGG wegen der Anhängigkeit des Rechtsstreits vor dem 02.01.2002 keine Anwendung findet (BSG, Beschluss vom 27.11.2003, Az.: B 6 KA 79/02 B).

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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