L 3 U 18/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 276/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 18/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellungen, dass der Abriss der Supraspinatussehne links Folge des am 27. November 2001 erlittenen Arbeitsunfalls ist und dass aus diesem eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 vH auf Dauer resultiert.

Der 1948 geborene Kläger erlitt am 27. November 2001 bei der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit als Außendienstmitarbeiter der Firma R und G in den Räumlichkeiten der Firma B, B Str. 3-4 in Berlin, einen Unfall, als er beim Rückwärtsgehen an einer hinter ihm liegenden Holzpalette hängen blieb und nach hinten stürzte, wobei er sich die linke Schulter verletzte (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 18. Dezember 2001). In der ärztlichen Unfallmeldung der Dipl.-Med. G, in deren Behandlung sich der Kläger am Unfalltag begeben hatte, heißt es, er sei rückwärts über eine Palette gestolpert und habe versucht sich abzufangen. Die Schulter links sei durch den Aufprall verdreht worden. Es bestünden Beschwerden in der linken Schulter (Bereich Oberarm/Schulterblatt), die bis zum Ellenbogen ausstrahlten. Dipl.-Med. G diagnostizierte eine schwere Kontusion des linken Schultergelenks und überwies den Kläger an den Durchgangsarzt.

Der Arzt für Chirurgie/D-Arzt U G, den der Kläger noch am Unfalltag konsultiert hatte, gab in dem Durchgangsarztbericht vom 28. November 2001 als Befund Bewegungsschmerz linke Schulter, Druckschmerz über dem AC-Gelenk links an und diagnostizierte, nachdem die Röntgenuntersuchung mit Belastung in drei Ebenen keine frische knöcherne Verletzung ergeben hatte, eine Schulterprellung links. Bei der Nachschau am 14. Dezember 2001 veranlasste der D-Arzt wegen zunehmender Schmerzen in der linken Schulter und bleibender Bewegungseinschränkung ein MRT der linken Schulter, um einen Supraspinatussehnenabriss auszuschließen.

Die am 19. Dezember 2001 durchgeführte Kernspintomographie des linken Schultergelenks ergab laut Beurteilung der Dr. I (ehemals: F) u.a. "Totalruptur der RMS (Supra-spinatussehne), vermutlich auf dem Boden degenerativer Veränderungen bei AC-Arthrose und abgeflachtem Acromion i.S. eines Impingement Grad 3".

In einem Nachschaubericht vom 25. Januar 2001 bestätigte der Chirurg G eine deutliche Besserung der Beweglichkeit und kündigte an, dass der Kläger in ca. zwei bis drei Wochen aus der Heilbehandlung entlassen werden könne. Der Kläger hatte bereits am 17. Dezember 2001 die Arbeit aufgenommen.

Nach Einholung einer Stellungnahme des fachärztlichen Beraters Dr. S, Facharzt für Chirurgie, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 19. Februar 2002 die Gewährung einer Verletztenrente ab und entschied, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Rotatorenmanschettenriss, den arthrotischen Veränderungen im linken Schultergelenk und dem Unfall vom 27. November 2001 nicht bestehe sowie dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis 18. Dezember 2001 gegeben gewesen sei. Das Ereignis vom 27. November 2001 sei nicht geeignet, einen Riss der Rotatorenmanschette herbeizuführen. Es sei lediglich zu einer Prellung der linken Schulter gekommen, die innerhalb von drei bis vier Wochen folgenlos ausheile.

In seinem Widerspruch machte der Kläger, der sich vom 15. Januar bis 7. Februar 2002 einer erweiterten ambulanten Physiotherapie im Reha-Zentrum P unterzogen hatte, geltend, der Sturz habe nicht nur zu einer Prellung geführt, sondern den Abriss der Sehne verursacht. Vor dem Unfall habe er zwar Schulterbeschwerden gehabt, jedoch hätten keinerlei Bewegungseinschränkungen bestanden.

Zur Begründung des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 10. April 2002 führte die Beklagte aus, der von dem Kläger geschilderte Unfallhergang sei unter Zugrundelegung der herrschenden unfallmedizinischen Lehrmeinung nicht geeignet, einen traumatischen Riss der Rotatorenmanschette zu verursachen. Bei der kernspintomographischen Untersuchung seien darüber hinaus ausschließlich ausgeprägte degenerative Veränderungen des linken Schultergelenks nachgewiesen worden, nicht jedoch Begleitläsionen, wie sie bei einer traumatischen Rotatorenmanschettenschädigung zu erwarten gewesen wären.

Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung, dass der Abriss der Supraspinatussehne Folge des Arbeitsunfalls vom 27. November 2001 sei, beantragt und geltend gemacht, an dieser Feststellung bestehe ein berechtigtes Interesse, da nicht eindeutig ausgeschlossen werden könne, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Unfall Folgeschäden einstellen könnten. Es stehe fest, dass nicht die degenerativen Veränderungen eine plötzliche Ruptur zur Folge gehabt hätten, sondern der Sturz auf das linke Schultergelenk. In einem persönlichen Schreiben vom 13. September 2002 hat der Kläger eine ausführliche Unfallschilderung abgegeben.

Das Sozialgericht hat ein Vorerkrankungsverzeichnis der für den Kläger zuständigen Betriebskrankenkasse B eingeholt und den Arzt für Orthopädie Dr. E mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. In dem orthopädischen Fachgutachten vom 31. Dezember 2002 hat der Sachverständige die von Dr. I in dem Befund vom 20. Dezember 2001 abgegebene Beurteilung, dass eine Totalruptur der Rotatorenmanschette (Supraspinatussehne) stattgefunden habe, angezweifelt. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass durch den Unfall vom 27. November 2001 nur eine zeitlich begrenzte Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens - Degeneration der Rotatorenmanschette und Arthrose des Schultereckgelenkes - eingetreten sei, die eine vier- bis sechswöchige Behandlungsbedürftigkeit bedingt habe. Eine MdE sei ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht begründbar, aktuell seien keine Funktionseinschränkungen der linken Schulter mehr nachweisbar.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 20. November 2003 erklärt, er habe bei dem Unfall seinen Arm überstreckt gehabt, er sei mit nach oben gebogenem Arm nach hinten gestürzt. Anschließend habe er zwei oder zweieinhalb Wochen nicht gearbeitet, durch Übungen sei sein Arm fast wieder voll einsatzfähig.

Durch Urteil vom 20. November 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage sei unbegründet, weil nicht festgestellt werden könne, dass ein Abriss der Supraspinatussehne Folge des Arbeitsunfalls vom 27. November 2001 sei. Der Sachverständige Dr. E habe schlüssig und nachvollziehbar begründet, dass die von Dr. I in ihrem Befund vom 20. Dezember 2001 festgestellte Totalruptur der Rotatorenmanschette nicht nachvollziehbar sei. Selbst wenn eine Total- bzw. Teilruptur der Rotatorenmanschette vorgelegen hätte, wäre der Unfall vom 27. November 2001 nicht die wesentliche Ursache im Rechtssinne hierfür. Nach den eigenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung fehle es bereits an einem geeigneten Unfallmechanismus für eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur. Darüber hinaus sei insbesondere das linke Schultergelenk erheblich vorgeschädigt gewesen. Es habe ein Impingement der Supraspinatussehne durch osteodegenerative Veränderung des AC-Gelenkes mit aktiver Osteochondrose und Erguss bestanden.

Gegen das am 8. März 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. d.M. Berufung eingelegt. Er weist darauf hin, dass Dr. I am 19. Dezember 2001, drei Wochen nach dem Unfall, bei der Kernspintomographie zweifelsfrei eine Totalruptur der Supraspinatussehne diagnostiziert habe. Inwieweit der Sehnenabriss durch die von ihr ebenfalls festgestellten degenerativen Veränderungen begünstigt worden sei, könne dahinstehen. Jedenfalls hätte es ohne den Unfall keinen Sehnenabriss gegeben. Da ihn der Sachverständige Dr. E negiert habe, könne seinem Gutachten nicht gefolgt werden.

Der Senat hat Dr. I unter Vorhalt der entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. E in dessen Gutachten vom 31. Dezember 2002 um eine erneute Prüfung und Mitteilung gebeten, ob sie an ihrer Feststellung, dass eine Totalruptur der Supraspinatussehne stattgefunden habe, festhalte. Mit Schreiben vom 27. Juli 2004 hat Dr. I erklärt, dass sie "aus radiologischer Sicht" weiterhin an ihrer Diagnose festhalte.

Auf Veranlassung des Senats hat der Arzt für Orthopädie Dr. W ein (am 16. November 2004 eingegangenes) Gutachten nach Aktenlage erstattet, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird.

Nach der Auffassung des Klägers wird in dem Gutachten Dr. W "im Kern" dem Abriss der Supraspinatussehne nicht widersprochen, sondern lediglich einer kompletten Ruptur der Rotatorenmanschette, so dass es die Diagnose in der Kernspintomographie vom 19. Dezember 2001 stütze.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2003 aufzuheben und unter Änderung des Bescheides der Beklagten vom 19. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2002 festzustellen, dass 1. der Abriss der Supraspinatussehne Folge des Arbeitsunfalls vom 27. November 2001 war und 2. die aus ihm resultierende MdE 10 vH auf Dauer beträgt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Einschätzung des Sachverständigen Dr. W, dass der Unfallhergang geeignet gewesen sei, eine Rotatorenmanschettenläsion herbeizuführen, sei nicht zu folgen. Gleichwohl gehe auch er davon aus, dass das angeschuldigte Ereignis nur zu einer zeitlichen Verschlimmerung des anlagebedingten Leidens geführt habe.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage, mit der der Kläger von Anfang an die Feststellung des Abrisses der Supraspinatussehne als Unfallfolge begehrt hatte, zu Recht als zulässig angesehen. Da die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 19. Februar 2002 ausdrücklich die Entscheidung getroffen hat, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Rotatorenmanschettenriss, den arthrotischen Veränderungen in dem linken Schultergelenk und dem Unfall vom 27. November 2001 bestehe nicht, kann die von dem Kläger begehrte Feststellung nicht isoliert getroffen werden, sondern nur im Zusammenhang mit einer entsprechenden Änderung dieses Bescheides erfolgen.

Für das Begehren des Klägers, den Abriss der Supraspinatussehne als Unfallfolge festzustellen, liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann mit der Klage die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist, begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG - Urteil vom 18. September 1991 - 8 RKnU 3/90 - veröffentlicht in SozR 3-1500 § 55 Nr. 6) ist für ein solches Feststellungsinteresse genügend, aber auch erforderlich, dass "eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Leistungspflicht der Beklagten durch das Auftreten weiterer bisher noch nicht erkennbarer voraussehbarer Unfallfolgen besteht". Denn, so führt das BSG (aaO) weiter aus, ein Feststellungsurteil im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG habe zum Ziel, dem Verletzten für den Fall der Verschlimmerung oder des Hinzutretens von Spätfolgen eines Arbeitsunfalls bei der Realisierung künftiger Ansprüche vor allem die Beweisführungslast hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität zu ersparen.

In dem vorliegenden Fall ist das Feststellungsinteresse unabhängig von der wegen der Schwere der behaupteten Verletzung nicht auszuschließenden Möglichkeit, dass Spätfolgen auftreten, die einer Behandlung bedürfen oder sogar Arbeitsunfähigkeit auslösen, deshalb gegeben, weil nach dem 18. Dezember 2001 bereits medizinisch notwendige Behandlungen wegen der Gesundheitsstörungen im Bereich der linken Schulter stattgefunden haben, u.a. EAP-Maßnahmen in dem Reha-Zentrum P vom 15. Januar bis 7. Februar 2002, die, wenn sie wegen eines Zusammenhangs mit den Verletzungsfolgen des Arbeitsunfalls vom 27. November 2001 in den Verantwortungsbereich der Beklagten fielen, (weitere) Ansprüche des Klägers im Rahmen der Heilbehandlung gemäß §§ 27 ff. Sozialgesetzbuch Siebentes Buch (SGB VII) begründet haben könnten (vgl. z.B. § 45 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative SGB VII).

Hingegen gibt es keine Rechtsgrundlage für die von dem Kläger erstmals im Berufungsverfahren im Wege der Klageerweiterung begehrte Feststellung, dass aus dem Arbeitsunfall eine MdE von 10 vH auf Dauer resultiere (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1983 - 2 RU 37/82 - veröff. u.a. in SozR 2200 § 581 Nr. 17). Es handelt sich hierbei nicht um ein Rechtsverhältnis, d.h. um rechtlich geregelte Beziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen (zum Begriff: u.a. BSGE 43, 150; BVerwGE 14, 235), dessen Bestehen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG festgestellt werden könnte, sondern um einen Faktor zur Berechnung der Verletztenrente, mithin um ein Element des Anspruchs auf Verletztenrente, das einer isolierten Feststellung nicht zugänglich ist.

Das Begehren des Klägers auf Feststellung eines Abrisses der Supraspinatussehne als Folge des am 27. November 2001 erlittenen Arbeitsunfalls konnte auch im Berufungsverfahren keinen Erfolg haben.

Ihm steht bereits entgegen, dass nicht nachgewiesen ist, dass es bei dem Unfall zu einer Totalruptur der Supraspinatussehne gekommen ist. Der Sachverständige Dr. E hat, worauf das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, schlüssig und überzeugend dargelegt, dass eine vollständige Ruptur nicht vorgelegen haben kann. Er hat ausgeführt, die am 19. Dezember 2001 gefertigten Aufnahmen zeigten keinen Humeruskopfhoch-stand, wie er aber für eine Totalruptur unbedingt zu fordern wäre. Im MRT sei nachvollziehbar ein Impingementsyndrom mit deutlichem Ödem des Ansatzes der Supraspinatussehne, aber keine Kontinuitätsdurchtrennung beschrieben. Darüber hinaus habe als Zeichen erheblicher Reizzustände im Schultergelenkbereich ein erheblicher Reizerguss der Bursa subacromialis, im Dorsalrecessus, in der proximalen Bicepssehnenscheide und in der Bursa subcoracoidea und eine Grad II-Läsion des Labrum gleniodale anterior bestanden. Dass eine vollständige Ruptur nicht vorgelegen haben könne, beweise der jetzt festgestellte Zustand des linken Schultergelenks, das eine normale Funktion ohne nennenswerte Schmerzsymptomatik gezeigt habe.

Zwar hat die von dem Senat um eine Stellungnahme ersuchte Dr. I an der von ihr gestellten Diagnose "aus radiologischer Sicht" festgehalten. Sie hat jedoch hierfür weder eine ausreichende oder sogar überzeugende Begründung gegeben noch die Ausführungen Dr. E, die ihr vorgehalten wurden, widerlegt.

Der von dem Senat beauftragte Sachverständige Dr. W hat in seinem Gutachten ausgeführt, die Kernspintomographie beschreibe hochgradige degenerative Veränderungen bei AC-Gelenks-Arthrose und Impingement IIIo. Die Supraspinatussehne selbst sei nur Teil der Rotatorenmanschette, so dass hier durchaus die kernspintomographische Aussage vom 19. Dezember 2001 (Totalruptur der Rotatorenmanschette, Supraspinatussehne) als Richtung zu beurteilen sei. Der Sachverständige hat mit dieser Formulierung einen Abriss der Supraspinatussehne weder ausdrücklich ausgeschlossen noch als gesichert festgestellt. Mit seinen weiteren Ausführungen, gegen eine komplette Ruptur der Rotatorenmanschette spreche das in der Untersuchung vom 14. November 2002 vorliegende Bewegungsausmaß des linken Schultergelenkes, welches nicht möglich wäre, wenn nicht eine operative Rekonstruktion einer kompletten Rotatorenmanschette erfolgt wäre, stützt er jedoch die oben dargestellte Schlussfolgerung Dr. E, der von ihm festgestellte Zustand des linken Schultergelenks, das eine normale Funktion ohne nenneswerte Schmerzsymptomatik gezeigt habe, lasse es als unwahrscheinlich erscheinen, dass ein Abriss der Supraspinatussehne stattgefunden habe.

Auch nach Auswertung des Gutachtens von Dr. W kann nicht mit der (für einen Beweis erforderlichen) an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ja noch nicht einmal mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, angenommen werden, dass die Gesundheitsstörung, deren Feststellung der Kläger als Unfallfolge begehrt, eingetreten war. Der Senat hält die von Dr. E geäußerten erheblichen Zweifel an einer Totalruptur der Supraspinatussehne weder durch die Stellungnahme Dr. I noch durch das Gutachten Dr. W für ausgeräumt.

Auch im Übrigen und insbesondere in Bezug auf die Beurteilung des Kausalzusammenhangs folgt der Senat dem aufgrund eigener Untersuchung und Befragung des Klägers erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. E vom 31. Dezember 2002. Der Sachverständige hat seiner Bewertung den von dem Kläger mehrfach - zuletzt in dem Schreiben vom 13. September 2002 ausführlich - geschilderten Unfallhergang zugrunde gelegt. Er hat - aufgrund der erhobenen speziellen Anamnese - berücksichtigt, dass vor dem Unfall Ende 1999 Schmerzen in beiden Schultergelenken aufgetreten waren, die sich unter der Behandlung mit Krankengymnastik besserten sowie dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls noch wegen beider Schultergelenke in ärztlicher Behandlung befunden habe. Dr. E hat weiter darauf hingewiesen, dass die erhebliche Vorschädigung insbesondere des linken Schultergelenks durch das Röntgenbild vom 29. März 2001 bewiesen werde, das die typischen Zeichen einer Insertionstendopathie des Muskulus Supraspinatus zeige. Ein weiteres Indiz für einen schon länger bestehenden Vorschaden sei der festgestellte Gelenkverschleiß im Sinne einer Arthrose des Schultereckgelenks. Insoweit besteht Übereinstimmung mit der Beurteilung der Dr. I in dem Befund vom 20. Dezember 2001, wonach die von ihr angenommene Totalruptur der Supraspinatussehne "vermutlich auf dem Boden degenerativer Veränderungen bei AC-Arthrose und abgeflachtem Acromion i.S. eines Impingement Grad III" stattgefunden habe, wodurch zum Ausdruck gebracht worden ist, dass die Vorschädigung wahrscheinlich (wesentliche) Ursache der Schädigung der Rotatorenmanschette sei.

Der Senat hat daher keine Bedenken, den Ausführungen Dr. E auch insoweit zu folgen, als er zu dem Ergebnis gelangt ist, es sei nur eine zeitlich begrenzte Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens - Degeneration der Rotatorenmanschette und Arthrose des Schultereckgelenkes - durch den Unfall eingetreten, die Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit für allenfalls vier bis sechs Wochen ausgelöst und nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit keine MdE hervorgerufen habe. Hiermit stimmt im Wesentlichen auch die Einschätzung Dr. W in dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten überein. Der Sachverständige hat ausgeführt, der Kläger habe einen adäquaten Unfallmechanismus durchlitten, um eine Rotatorenmanschettenläsion zu erleiden. Im Rahmen des Unfalls vom 27. November 2001 sei es nicht zu einer traumatisch bedingten Ruptur der Rotatorenmanschette gekommen, sondern es sei eine richtungsweisende Verschlimmerung eines vorher bestandenen Schadens eingetreten, der in seiner versicherungsrechtlichen Beurteilung zeitlich begrenzt sei. Soweit der Sachverständige - im Widerspruch zu diesen Ausführungen - eine Dauer-MdE von 10 vH angenommen hat, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es infolge des am 27. November 2001 erlittenen Arbeitsunfalls zu einer Läsion der erheblich vorgeschädigten Rotatorenmanschette links gekommen ist, die zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Vorschädigung geführt und für vier bis sechs Wochen Behandlungsbedürftigkeit ausgelöst hat. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 17. Dezember 2001 ist unfallbedingt und von der Beklagten durch Gewährung von Verletztengeld zu entschädigen. Der Nachweis eines traumatisch bedingten Risses der Supraspinatussehne konnte nicht erbracht werden, so dass der Kläger mit seinem Feststellungsbegehren keinen Erfolg haben konnte.

Die Berufung musste daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved