L 7 RJ 117/03

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 16 RJ 51/01
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 7 RJ 117/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. März 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Auszahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung aus einer Beitragserstattung.

Der 1947 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Er war in der Zeit vom 7. November 1967 bis zum 12. Mai 1972 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Bescheid vom 28. August 1976 gab die Beklagte dem Antrag des Klägers auf Erstattung der von ihm geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung statt und übermittelte dem Kläger einen Scheck über die 3.816,00 DM.

Im Jahr 1986 stellte der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz einen weiteren Erstattungsantrag, der unter Hinweis auf das Erstattungsverfahren aus dem Jahr 1976 abgelehnt wurde.

Am 30. Dezember 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut, ihm die geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung zu erstatten. Dabei wies er nicht auf das vorangegangene Erstattungsverfahren hin. Außerdem beantragte der Kläger bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) am 23. Februar 2000 die Erstattung von Beiträgen zur Rentenversicherung, ebenfalls ohne auf das Erstattungsverfahren aus dem Jahre 1976 oder die bei der Beklagten und der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz gestellten Anträge hinzuweisen.

Mit Schreiben vom 24. Januar 2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihm die Versicherungsbeiträge bereits mit Bescheid vom 28. August 1976 in Höhe von 3.816,00 DM erstattet worden seien und dass die Angelegenheit deshalb als erledigt angesehen würde. Darauf teilte der Kläger sinngemäß mit, dass er sich an einen entsprechenden Bescheid nicht erinnern könne und diesen auch nicht in seinen Unterlagen habe. Er forderte die Beklagte zur Erstattung des Betrages in Höhe von 3.816,00 DM auf. Darauf erkundigte sich die Beklagte bei der Deutschen Post - Rentenservice - nach Belegen zu der Beitragserstattung auf Grund des Bescheides vom 28. August 1976. Die Deutsche Post - Rentenservice - teilte dazu mit, dass die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren seit langem abgelaufen sei und deshalb die erbetenen Unterlagen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden könnten. Mit Bescheid vom 10. April 2000 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erstattung von Beiträgen aus der Rentenversicherung ab und führte zur Begründung aus, dass die Beiträge bereits mit Bescheid vom 28. August 1976 in Höhe von 3.816,00 DM erstattet worden seien.

Der bei der BfA gestellte Antrag des Klägers auf Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung wurde mit Bescheid vom 4. Juli 2000 ebenfalls unter Bezugnahme auf die bereits mit Bescheid vom 28. August 1976 erfolgte Beitragserstattung abgelehnt.

Während der Kläger gegen den Bescheid der BfA keinen Widerspruch einlegte, wandte er sich gegen den Bescheid der Beklagten mit dem am 14. August 2000 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung er im Wesentlichen ausführte, dass der 1976 übersandte Scheck nicht eingelöst worden sei. Der Scheck sei damals durch seine Kinder bzw. Verwandten vernichtet worden. Er bitte um Ersatz.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Nach den für den Kläger gespeicherten Daten sei der Erstattungsbetrag in Höhe von 3.816,00 DM vor über 24 Jahren an diesen angewiesen worden. Es sei auch ein entsprechender Bescheid erteilt worden. Dass der Kläger mehr als 23 Jahre habe verstreichen lassen, bevor er sich nach dem Stand des Erstattungsverfahrens erkundige, lasse es unwahrscheinlich erscheinen, dass weder der Geldbetrag noch der Bescheid den Kläger erreicht haben solle. Aus der Erfahrung heraus sei dem Widerspruchsausschuss bekannt, dass sich Antragsteller sehr häufig schon innerhalb eines Jahres nach dem Stand des Verfahrens erkundigten. Der Kläger habe hingegen fast ein Vierteljahrhundert verstreichen lassen, bevor er erneut auf die Landesversicherungsanstalt zugekommen sei. Der Widerspruchsausschuss gehe deshalb davon aus, dass der Kläger den Erstattungsbetrag erhalten habe. Im Übrigen sei der Anspruch des Klägers verwirkt. Das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelte Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch im Sozialrecht anerkannt. Danach entfalle die Leistungspflicht, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen habe und weitere besondere Umstände hinzuträten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen ließe. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände lägen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass er das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut habe, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet habe (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteil vom 1. April 1993 - 1 RK 16/92). Diese zur Verwirkung führenden Voraussetzungen seien erfüllt. Der in Syrien lebende Kläger habe es mehr als 23 Jahre lang unterlassen, sich nach dem Stand des nach seinen Angaben nicht abschließend geklärten Beitragserstattungsverfahrens zu erkundigen. Der Widerspruchsausschuss habe dabei nicht verkannt, dass es in dem fraglichen Zeitraum in Syrien Gewaltumstände gegeben habe, die für einen eng begrenzten Zeitraum ein Reagieren des Klägers unmöglich gemacht oder erschwert hätten. Solche Umstände hätten aber jedenfalls nicht während des gesamten Zeitraums vorgelegen. Der Kläger hätte sich deutlich vor Ablauf eines Vierteljahrhunderts nach dem Stand des Beitragserstattungsverfahrens erkundigen können. Die Landesversicherungsanstalt müsse sich nach einem Zeitraum von mehr als 20 Jahren darauf verlassen können, dass der Erstattungsbetrag den Antragsteller erreicht habe. Sie müsse nicht damit rechnen, dass der Zugang nach mehr als 20 Jahren in Abrede gestellt werde.

Gegen den ihm am 24. Januar 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 19. Februar 2001 beim Sozialgericht Lübeck eingegangenen Klage, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, dass er den von der Beklagten übersandten Scheck in Höhe von 3.816,00 DM im September 1976 erhalten habe. Diesen Scheck habe er jedoch im Zuge einer Auseinandersetzung mit seinem Vater zerrissen und in das WC geworfen. Auf Nachfrage des Sozialgerichts zu den Gründen, die ihn veranlasst haben, erst im Jahre 1999 einen erneuten Antrag auf Beitragserstattung bei der Beklagten zu stellen, teilte der Kläger mit, dass er bis 1980 in den Niederlanden verheiratet gewesen sei und sich gesagt habe, dass er auch noch später nachfragen könne. Er sei davon ausgegangen, dass die Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein und der Rentenversicherungsträger in Berlin die Unterlagen aufbewahrten.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsbetrag in Höhe von 3.816,00 DM für die im Zeitraum vom 7. November 1967 bis zum 12. Mai 1972 geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung an ihn auszuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend geltend gemacht, dass der dem Kläger übersandte Scheck wie Bargeld anzusehen sei. Auch jenes hätte der Kläger unter den von ihm beschriebenen Umständen und in derselben Art nach dem Besitzübergang vernichten können, ohne dass dieser Verlust zu ersetzen gewesen wäre. Die Vernichtung des erlangten Erstattungsbetrages habe der Kläger allein zu vertreten. Er habe keinen erneuten Anspruch auf Zahlung.

Das Sozialgericht hat den Kläger schriftlich befragt. Insoweit wird auf Bl. 39, 40 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 2003 hat das Sozialgericht Lübeck mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Kammer sei davon überzeugt, dass dem Kläger die für die Zeit vom 7. November 1967 bis zum 12. Mai 1972 entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 3.816,00 DM erstattet worden seien. Die Beitragserstattung sei nach der damals maßgebenden Vorschrift des § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) durchgeführt worden. Der Antrag habe auf Grund des bindend gewordenen Erstattungsbescheides gemäß § 1303 Abs. 7 RVO zur Auflösung des Versicherungsverhältnisses geführt. Der vom Kläger geltend gemachte Erstattungsanspruch sei zwar weder verjährt noch verwirkt. Der Beklagten stehe jedoch ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht zu, da der dem Kläger im Jahre 1976 zugegangene Scheck über den Erstattungsbetrag in Höhe von 3.816,00 DM in der Risikosphäre des Klägers untergegangen bzw. abhanden gekommen sei. Der Kläger habe erst im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens mitgeteilt, dass er den Scheck im September 1976 von der Beklagten erhalten habe und diesen vernichtet habe. Dabei stehe fest, dass der Kläger den Scheck erhalten habe. Zwar trete grundsätzlich allein durch die Hingabe des Schecks noch keine Erfüllung ein, weil diese nur erfüllungshalber erfolge. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Scheck in den Machtbereich des Klägers gelangt sei. Damit sei auch die Verlustgefahr auf ihn übergegangen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass für die Erfüllung vertraglicher Schuldverhältnisse gemäß Art. 28 i.V.m. Art. 32 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB deutsches Recht gelte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien die §§ 269 f. BGB als Ausdruck allgemeiner Rechtsüberzeugungen auch auf öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen auf dem Gebiet des Sozialrechts entsprechend anwendbar. Daraus folge, dass das Verlustrisiko mit dem Eingang des Schecks bei dem Kläger auf diesen übergegangen sei. Da der Scheck nach der ordnungsgemäßen Übersendung abhanden gekommen sei, stehe der Beklagten als Scheckausstellerin gegenüber dem Kläger ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht zu. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Angaben des Klägers, er habe den Scheck nicht eingelöst, nach einem Zeitraum von mehr als 23 Jahren nicht mehr überprüfbar seien, da die im Finanzverkehr üblichen Aufbewahrungsfristen überschritten seien. Zudem sei es der Beklagten unmöglich, nach einem derart langen Zeitraum die Erfüllung des Erstattungsanspruchs des Klägers zu beweisen. Zudem sei das Verhalten des Klägers nach dem Empfang des Schecks im Jahre 1976 kaum verständlich und nur schwer nachvollziehbar. Wenn es zutreffe, dass der Kläger den Scheck nach seinem Zugang nicht eingelöst, sondern im Rahmen einer Auseinandersetzung mit seinem Vater vernichtet habe, hätte es nahe gelegen, der Beklagten diesen Umstand mitzuteilen, damit ggf. zeitnah die Nichteinlösung des Schecks überprüft und eine erneute Auszahlung des Erstattungsbetrages vorgenommen könne.

Gegen das am 19. Mai 2003 an den Kläger abgesandte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 2. Juli 2003 eingegangenen Berufung, die er nicht begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. März 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 3.816,00 DM wegen der Erstattung der in der Zeit vom 7. November 1967 bis zum 12. Mai 1972 entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie die angefochtenen Bescheide.

Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakte haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und fristgemäß eingelegt worden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das (per Einschreiben mit Rückschein und nicht durch die Behörden des fremden Staates oder durch die diplomatische oder konsularische Vertretung des Bundes) übersandte Urteil ordnungsgemäß (vgl. § 183 Zivilprozessordnung - ZPO) zugestellt wurde oder ob eine fehlerhafte Zustellung ggf. gem. § 63 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 189 ZPO durch die formlose Übergabe geheilt wurde. Denn jedenfalls ist dem Kläger das Urteil des Sozialgerichts erst nach dem 19. Mai 2003 (Einlieferungstag des Einschreibbriefes) übergeben worden. Der Kläger hat mit seinem am 2. Juli 2003 beim Sozialgericht eingegangenen Schreiben - wie er auf Nachfrage des Sozialgerichts mit Schriftsatz vom 10. August 2003 klargestellt hat - Berufung eingelegt. Der Kläger hat die Berufung danach jedenfalls innerhalb von drei Monaten nach der Zustellung des Urteils eingelegt. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt drei Monate, weil das angefochtene Urteil dem Berufungskläger außerhalb des Geltungsbereichs des SGG zugestellt worden ist (st. Rspr., vgl. BSG Beschl. von 3. August 1960 - 3 RJ 244/58- SozR Nr. 11 zu § 151 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Vielmehr hat das Sozialgericht die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen.

Zwar hatte der Kläger aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 28. August 1976 Anspruch auf Erstattung der durch ihn für die Zeit vom 7. November 1967 bis zum 12. Mai 1976 entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 3.816 DM. Diese Forderung ist auch nicht verjährt, weil jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung und auch zum Zeitpunkt der Klagerhebung - vor der Änderung der allgemeinen Verjährungsfrist m.W.z. 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (vom 26. November 2001, BGBl. I, S. 3138) - die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren galt (vgl. BSG Urteil vom 29. Januar 1997 - 5 RJ 52/94 - BSGE 80, 41 = SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6). Ferner ist der Anspruch nicht verwirkt, weil es an einem zu der schlichten Untätigkeit des Klägers hinzutretenden zusätzlichen Verwirkungsverhalten fehlt (vgl. BSG a.a.O.).

Zur Überzeugung des Senats steht jedoch fest, dass die Beklagte dem Kläger einen Scheck übersandt hat und dass dieser Scheck dem Kläger zugegangen ist. Das hat der Kläger im Klageverfahren ausdrücklich eingeräumt. Er macht nur noch geltend, den Scheck nicht eingelöst, sondern bei einem Streit mit seinem Vater vernichtet (zerrissen und in die Toilette geworfen) zu haben. Der Kläger hat nach der Übermittlung des Schecks keinen Anspruch mehr darauf, dass die Beklagte den Erstattungsbetrag an ihn zahlt.

Allerdings ist die Forderung des Klägers nicht durch Erfüllung erloschen. Für die vom Kläger geforderte Erstattung in Geld gilt § 47 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entsprechend (Seewald in Kasseler Kommentar, § 47 SGB I Rz 3). Die Vorschrift ist zum 1. Januar 1976 in Kraft getreten und galt daher bereits zum Zeitpunkt der Übersendung des Schecks an den Kläger. Der Erstattungsanspruch ist erfüllt, wenn die Zahlung den Anforderungen des § 47 SGB I gemäß erfolgt ist. Für die Frage, wann die Erfüllungswirkung eintritt, ist ergänzend auf die zivilrechtlichen Vorschriften und insbesondere die §§ 269 f. BGB abzustellen, die - was die Abgrenzung der Rechte und Pflichten bei der Leistungserbringung angeht - Ausdruck allgemeiner Rechtsüberzeugung sind (BSG Urteil vom 5. April 2000 - B 5 RJ 38/99 R - BSGE 86, 107, 113 = SozR 3-1200 § 2 Nr. 1; BSG Urteil vom 11. Dezember 1987 - 12 RK 40/85 - BSGE 63, 1, 2 f = SozR 2100 § 24 Nr. 4). Insoweit ist deutsches und nicht syrisches Recht zugrunde zu legen, obwohl sich der Kläger dauerhaft in Syrien aufhält. Das dürfte bereits daraus folgen, dass sich die Erfüllung in erster Linie nach § 47 SGB I und damit nach deutschen öffentlich-rechtlichen Vorschriften richtet und §§ 269 f. BGB nur ergänzend herangezogen werden. Die zivilrechtlichen Vorschriften sind daher autonom auszulegen, ohne dass die Vorschriften des Internationalen Privatrechts heranzuziehen wären (vgl. Sonnenberger in Münchener Komm zum BGB Bd. 10, 3. Aufl. 1998, Einl. IPR Rz 523 ff. m.w.N.) Im Ergebnis kommt es darauf jedoch nicht an, weil - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - die entsprechende Anwendung der Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts zum gleichen Ergebnis führt. Nach Art. 28 i.V.m. Art. 32 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gilt bei vertraglichen Schuldverhältnissen, die deutschem Recht unterliegen, auch für die Erfüllung der durch den Vertrag begründeten Pflichten deutsches Recht (vgl. BSG Urteil vom 5. April 2000, a.a.O.). Zwar geht es vorliegend nicht um die Erfüllung einer der in § 32 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB angesprochenen durch Vertrag begründeten Verpflichtungen sondern um eine durch Verwaltungsakt (Erstattungsbescheid) begründete Verpflichtung. Dies schließt jedoch eine entsprechende Anwendung der Art. 28, 32 EGBGB nicht aus (vgl. BSG Urteil vom 12. April 1995 - 5 RJ 12/94 - SozR 3-1200 § 51 Nr. 4). Da es vorliegend um die Erfüllung eines Zahlungsanspruchs des Klägers aus deutschem Sozialversicherungsrecht geht, und ein Vertrag nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB dem Recht des Staates unterliegt, mit dem er die engste Verbindung aufweist, führt die entsprechende Anwendung dieser Bestimmung zur Anwendung deutschen Rechts.

Nach § 364 Abs. 2 BGB erfolgt die Begebung eines Schecks im Zweifel nicht an Erfüllung statt, sondern nur erfüllungshalber. Die Erfüllung tritt erst mit der Einlösung des Schecks ein (st. Rspr. vgl. BGH Urteil vom 11. Oktober 1995 - VIII ZR 325/94 - BGHZ 131, 74 m.w.N.). Dass der dem Kläger übermittelte Scheck eingelöst worden ist, kann nicht festgestellt werden. Nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast geht dies zu Lasten der Beklagten (vgl. BSG Urteil vom 29. Januar 1997 - 5 RJ 52/94 - BSGE 80, 41 = SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6).

Obwohl danach nicht von der Erfüllung der durch den bestandskräftigen Bescheid des Beklagten vom 28. August 1976 begründeten Forderung des Klägers ausgegangen werden kann, hat der Kläger keinen Anspruch auf die geltendgemachte Zahlung, weil der Beklagten gegenüber dem Kläger ein Leistungsverweigerungsrecht zu Seite steht.

Der Gläubiger hat bei der Zahlung durch Scheck nach getroffener Scheckzahlungsabrede und erfolgtem Zugang oder - falls eine solche Vereinbarung nicht getroffen wurde - mit der widerspruchslosen Entgegennahme des Schecks die Verlustgefahr zu tragen (Nobbe in: Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch Band 1, § 60 Rz 226, m.w.N.) § 270 Abs. 1 BGB ist auf Schecks analog anzuwenden (BGH Beschluss vom 16. April 1996, - XI ZR 222/95 - NJW 1996, 1961). Die geschuldete Leistung wird mit dem Zugang oder der widerspruchslosen Entgegennahme des Schecks durch den Gläubiger zur Holschuld (BGH Urteil vom 30. Oktober 1985 - VIII ZR 251/84 - BGHZ 96, 182). Der Kläger ist deshalb verpflichtet, zunächst aus dem erfüllungshalber angenommenen Scheck vorzugehen. Seiner Forderung gegenüber der Beklagten steht der Einwand der Scheckhingabe entgegen (vgl. BGH Urteil vom 30. Oktober 1985 a.a.O).

Zwar könnte die Beklagte gleichwohl verpflichtet sein, den geschuldeten Betrag zu zahlen, wenn der Scheck nicht eingelöst wird. Das Leistungsverweigerungsrecht entfällt jedoch nur, wenn keine doppelte Inanspruchnahme des Schuldners droht (Nobbe in: Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch Band 1, § 60 Rz 234, m.w.N.). Als Nachweis der Nichteinlösung und zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme wird der Schuldner grundsätzlich nur gegen Rückgabe des unversehrten und insbesondere unbezahlten Schecks als zahlungspflichtig angesehen (BGH Beschluss vom 16. April 1996, a.a.O.).

Der Kläger ist nicht in der Lage, den unversehrten Scheck vorzulegen; er hat zuletzt angegeben, diesen selbst vernichtet zu haben. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beklagten als Schuldnerin keine doppelte Inanspruchnahme droht. Nach inzwischen mehr als 25 Jahren lässt sich nicht mehr ausschließen, dass der Kläger oder ein Dritter den Scheck bereits eingelöst hat. Die Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren für die Belege über Auslandszahlungen bei der Deutschen Post - Rentenservice - ist seit langem abgelaufen.

Die Beweislast dafür, dass der Beklagten keine doppelte Inanspruchnahme droht und dass der Scheck nicht bereits eingelöst wurde, obliegt dem Kläger, sodass er die Nachteile zu tragen hat, die sich daraus ergeben, dass entsprechende Feststellungen nicht getroffen werden können. Es besteht auch kein Anlass für eine Beweislastumkehr. In diesem Zusammenhang war zu berücksichtigen, dass die Beweisschwierigkeiten wesentlich auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen sind, der sich erst mehr als 20 Jahre nach dem Zugang des - nach seinen Angaben im Klageverfahren durch ihn selbst vernichteten - Schecks mit dem Zahlungsbegehren an die Beklagte gewandt hat. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Verhalten des Klägers und dessen Vorbringen im vorliegenden Verfahren nicht frei von Widersprüchen ist. So hat der Kläger einen Antrag auf Beitragserstattung nicht nur bei der Beklagten, sondern auch bei der Bundesversicherungsanstalt in Berlin (BfA)und außerdem im Jahr 1986 bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz gestellt. Bei der Antragstellung hat der Kläger weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber der BfA angegeben, dass über den geltend gemachten Erstattungsanspruch bereits bestandskräftig entschieden worden ist. Nachdem die Beklagte den Kläger über den Inhalte des Erstattungsbescheides vom 10. April 1976 und die Erstattung in Höhe von 3.816 DM informiert hatte, hat der Kläger in seinem Schreiben vom 2. Februar 2000 zunächst behauptet, sich daran nicht mehr zu erinnern. Erst im Widerspruchsverfahren hat sich der Kläger offenbar wieder an die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beitragserstattung erinnern können und behauptet, seine Kinder bzw. Verwandten hätten den Scheck vernichtet. Abweichend davon hat der Kläger in der Klagebegründung angegeben, den Scheck selbst zerrissen und in die Toilette geworfen zu haben. Schließlich konnte der Kläger auch auf Nachfrage durch das Sozialgericht keine nachvollziehbaren Gründe dafür benennen, dass er sich erst mehr als 20 Jahre nach der angegebenen Vernichtung des Schecks an die Beklagte gewandt hat. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang lediglich darauf hingewiesen, dass er bis 1980 in den Niederlanden verheiratet gewesen sei. Gerade wenn er sich aber bis 1980 in den Niederlanden aufgehalten hat, ist es nicht verständlich, dass er sich erst weitere 19 Jahre später und nach der Verlegung seines Aufenthalts nach Syrien mit einem erneuten Antrag auf Beitragserstattung an die Beklagte gewandt hat. Jedenfalls erscheint es dem Senat unter diesen Umständen in jeder Hinsicht sachgerecht, wenn der Kläger die Nachteile zu tragen hat, die sich daraus ergeben, dass für ihn günstige Tatsachen durch Zeitablauf nicht mehr ermittelt werden können. Angesichts des bezogen auf die Vernichtung des Schecks widersprüchlichen Vorbringens des Klägers konnte der Senat keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen erkennen und sich bei der Feststellung des wahren Sachverhalts auch nicht maßgebend auf die Angaben des Klägers stützen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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