L 14 R 602/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 332/04 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 602/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 2. August 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1942 geborene, in Bosnien lebende Kläger war in Deutschland zwischen August 1971 und Januar 1981 mit Unterbrechungen auf dem Bau versicherungspflichtig beschäftigt (94 Beitragsmonate). In seiner Heimat hat er 13 Jahre, 5 Monate und 14 Tage an Versicherungszeiten zurückgelegt, zuletzt von April 1992 bis April 1993, von März 1999 bis März 2001 und von Juni 2001 bis August 2001. Seitdem erhält er dort eine Rente.

Den am 23.01.2002 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.11.2003 ohne medizinische Ermittlungen ab mit der Begründung, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente mit einem Versicherungsfall im Zeitpunkt der Antragstellung seien nicht gegeben; u.a. hieß es dazu, im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vor der Antragstellung (23.01.1997 bis 22.01.2002) seien lediglich 28 Kalendermonate an Pflichtbeitragszeiten vorhanden.

Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04.02.2004, abweisender Gerichtsbescheid vom 02.08.2004). In seinen Entscheidungsgründen führte das Erstgericht (SG) aus, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der maßgeblichen Vorschriften des § 43 Abs.1 und Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien weder bei einem denkbaren Versicherungsfall im Zeitpunkt der Antragstellung noch bei einer vom Kläger geltend gemachten, bereits im Januar 1997 eingetretenen relevanten Leistungsminderung erfüllt. In keinem Fall seien in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gegeben. Im maßgeblichen Zeitraum von Januar 1997 bis Januar 2002 seien lediglich 27 Monate, im Zeitraum von Januar 1992 bis Januar 1997 lediglich 13 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung belegt. Selbst im Falle eines theoretisch noch früheren Eintritts der Erwerbsminderung (das SG erörterte einen theoretischen Versicherungsfall im Jahre 1992) ergebe sich kein wesentlich anderes Ergebnis. Weiter hieß es, es bestünden keine Hinweise darauf, dass die Erwerbsminderung des Klägers aufgrund eines die vorzeitige Wartezeiterfüllung begründenden Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit eingetreten sei (§ 43 Abs.5 SGB VI). Ebensowenig habe der Kläger die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 241 Abs.2 SGB VI erfüllt, denn es seien nicht alle Kalendermonate ab dem 01.01.1984 mit Beiträgen oder anwartschaftserhaltenden Zeiten belegt; unbelegt seien insoweit die Zeit von März 1985 bis März 1992, von Mai 1993 bis Februar 1999 und von April 2001 bis Mai 2001. Zeiten der Arbeitslosigkeit oder des Rentenbezugs in der Heimat des Klägers stellten keine Anwartschafterhaltungszeiten im Sinne des § 241 Abs.2 SGB VI dar. Auch eine Nachentrichtung der fehlenden Beiträge scheide aus. Das laufende Rentenverfahren ermögliche lediglich die rückwirkende Belegung ab 01.01.2001 (Jahr der Antragstellung), für die übrigen Zeiten seien die entsprechenden Beitragsentrichtungsfristen längst abgelaufen.

Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid und schildert sein schweres kriegsbedingtes Schicksal (u.a. Tod der Ehefrau in Folge von Misshandlungen während eines Lageraufenthaltes). Er könne nach allem erlittenen Leid nicht mehr arbeiten.

Der Kläger legt aktuelle ärztliche Unterlagen vor.

Er beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 02.08.2004 sowie des Bescheides vom 25.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2004 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund seines Antrags vom 23.01.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl.22), die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.

Zwar ist der angefochtene Gerichtsbescheid fehlerhaft, weil er nach nicht ausreichender Anhörung des Klägers ergangen ist. Die tatsächlich erfolgte Anhörungsmitteilung vom 25.05.2004 erfüllt nicht die an das rechtliche Gehör zu stellenden Anforderungen, da der rechtsunkundige Kläger daraus nicht entnehmen konnte, dass eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beabsichtigt war (Verstoss gegen § 62 SGG). Der Senat sieht aber von der Möglichkeit der Aufhebung nach § 159 SGG ab und entscheidet selbst in der Hauptsache.

Im Ergebnis ist der angefochtene Gerichtsbescheid nicht zu beanstanden. Das Erstgericht hat zu Recht entschieden, dass ein Rentenanspruch des Klägers derzeit nicht besteht. Die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs.1 bzw. Abs.2 SGB VI sind wegen Fehlens der darin genannten und vom Erstgericht im Einzelnen dargelegten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, so dass es auf die Frage einer rentenerheblichen Erwerbsminderung aus medizinischen Gründen nicht mehr ankommen konnte. Die vom Kläger dazu geschilderten Beeinträchtigungen seiner Gesundheit in Folge schwieriger Lebensumstände können, auch wenn das für ihn schwer verständlich sein mag, keine Berücksichtigung finden.

Der Senat nimmt diesbezüglich sowie auch bezüglich der weiteren zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu §§ 43 Abs.5, 241 Abs.2 SGB VI zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides Bezug und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzungs- bzw. berichtigungsbedürftig sind die Darlegungen des Erstgerichts lediglich insoweit, als bei der Berechnung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch mit Eintritt eines (denkbaren) Versicherungsfalles im Zeitpunkt der Antragstellung am 23.01.2002 in der dann maßgeblichen Fünfjahresfrist (§ 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2, Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB VI) tatsächlich 28 Beitragsmonate, die der Kläger zum bosnischen Versicherungsträger entrichtet hat, vorhanden sind, wie dies auch die Beklagte im angefochtenen Bescheid/Widerspruchsbescheid aufgeführt hat.

An der grundsätzlichen Entscheidung ändert sich dadurch jedoch nichts. Da auch die Möglichkeit einer nachträglichen Beitragszahlung für die seit 1984 im Versicherungsverlauf bestehenden großen Lücken nicht gegeben ist - insoweit sind, wie das Erstgericht dargelegt hat, alle Fristen abgelaufen -, konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Bei gleichbleibendem Sachverhalt steht dem Kläger ein Rentenanspruch aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu (Altersrente nach § 35 SGB VI).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved