L 18 KN 106/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KN 62/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 106/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 2/05 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.06.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Der am 00.00.1941 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und lebt seit dem 21.8.1997 in B/Österreich. In Deutschland wohnte er zuletzt in L. Der Kläger war dort bis zu seiner Abkehr am 31.5.1994 im deutschen Bergbau beschäftigt und erhielt danach zunächst Anpassungsgeld vom 1.6.1994 bis zum 31.12.1996 (Abkehrer mit Anpassungsgeld). Seit dem 1.1.1997 bezieht er fortlaufend Knappschaftsausgleichsleistung -KAL- (Bescheid vom 5.12.1996). Etwa ein Jahr vor seinem Umzug nach Österreich hatte sich der Kläger an die Beklagte gewandt. Er habe dem "Merkblatt für den Abkehrer mit Anpassungsgeld" entnommen, dass er sich ab dem 55. bis zum 60. Lebensjahr beim Arbeitsamt arbeitslos ohne Leistung melden müsse. Da er definitiv zwischen dem 25. und 30. August 1997 nach Österreich umziehe, frage er an, ob er sich beim Arbeitsamt in O/Niederbayern oder in L melden müsse. Mit Schreiben vom 22.10.1996 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, es sei für den späteren Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unerlässlich, sich während des Bezuges der KAL bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos zu melden. Sie könne keine Auskünfte darüber erteilen, bei welchem Arbeitsamt diese Meldung nach einem Verzug nach Österreich zu erfolgen habe. Es werde dem Kläger geraten, sich in dieser Frage an das derzeit für ihn zuständige Arbeitsamt zu wenden.

Mit formlosen Schreiben vom 21.2.2001 -eingegangen am 26.2.2001- und Antrag vom 5.6.2001 -eingegangen am 15.6.2001- beantragte der Kläger die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Rentenbeginn sollte der 1.1.2002 sein. Seinem Antrag fügte er eine Vormerkbestätigung des Arbeitsmarktservices (AMS) T/Österreich vom 6.6.2001 bei.

In der Bestätigung wird ausgeführt, dass der Kläger seit dem 9.9.1997 als arbeitssuchend vorgemerkt worden sei, ohne einen Anspruch auf eine Leistung oder Beihilfe nach österreichischem Recht zu haben. Weiterhin fügte der Kläger die Terminkarte des AMS T bei.

Die Beklagte fragte bei den Arbeitsämtern in Q und L an, ob der Kläger ab 1.7.2000 bis fortlaufend dort arbeitslos gemeldet gewesen sei. Das Arbeitsamt L teilte mit, der Kläger sei dort nie gemeldet gewesen. Das Arbeitsamt Q führte aus, es lägen dort keine Vorgänge vor. Ergänzend teilte der Direktor des Arbeitsamtes Q mit, aufgrund des grenznahen Wohnortes des Klägers in Österreich könne jedoch grundsätzlich von einer Erreichbarkeit des deutschen Arbeitsmarktes ausgegangen werden, d.h. der Kläger hätte als Grenzgänger einer Beschäftigung in Deutschland nachgehen können.

Mit Bescheid vom 7.9.2001 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab. Begründend führte sie aus, es seien die erforderlichen 52 Wochen Arbeitslosigkeit nach Vollendung des Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten nicht nachgewiesen. Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 Sechstes Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Rentenversicherung- (SGB VI) liege nur vor, wenn der Versicherte nachweislich dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Dieser Nachweis könne durch die fortwährende Meldung beim Arbeitsamt oder ausnahmsweise durch den Nachweis ununterbrochener intensiver Bemühungen um einen Arbeitsplatz beispielsweise durch Vorlage entsprechender Ablehnungsschreiben potentieller Arbeitgeber erbracht werden. Der Kläger habe nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten nicht dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger im wesentlichen geltend, er habe sich rückversichert, dass er die regelmäßige Vorstellung beim Arbeitsamt in Österreich praktizieren müsse. Er sei von den deutschen Behörden in Passau an das AMS T verwiesen worden. Die dortige Vorstellungskarte belege, dass er dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Auch frage er sich, wie jemand, der nicht (mehr) in Deutschland lebe, dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könne. Ergänzend trug er vor, er verweise auf die EWG-Verordnung 1408/71 (Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der System der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern -EWG-VO 1408/71-), welche im vorliegenden dazu führe, dass er dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen konnte.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.3.2002 zurück. Zeiten der Arbeitslosigkeit eines Versicherten, der in einem EU- Mitgliedstaat wohne, könnten grundsätzlich nur dann als Arbeitslosigkeit im Sinne von § 237 SGB VI berücksichtigt werden, wenn der Versicherte sich bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet habe. Der Kläger habe jedoch dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden. Hinsichtlich der Ausführungen zu der EWG-VO 1408/71 werde darauf hingewiesen, dass nach Art. 69ff der EWG-VO 1408/71 ein voll arbeitsloser Arbeitnehmer sich in einem (anderen) Mitgliedstaat arbeitslos melden könne. Hierdurch ergebe sich aber in Bezug auf den vorliegenden Fall kein geänderter Sachverhalt.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Begründend hat er vorgetragen, als er sich beim Arbeitsamt Q habe arbeitslos melden wollen, sei ihm dort gesagt worden, dass er sich mit Blick auf seinen Wohnsitz in Österreich beim Arbeitsamt T melden müsse. Dies habe er dann regelmäßig getan. In der Praxis der Rentenversicherung würden die in einem EU-Staat zurückgelegten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten berücksichtigt, wenn der Arbeitslose gegenüber dem deutschen Arbeitsamt erklärt habe, dass er während seines Auslandaufenthaltes als Beschäftigungssuchender dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stünde und er hierzu objektiv auch in der Lage sei. Diese Voraussetzungen seien in seinem Fall erfüllt. Das Arbeitsamt Q habe nachträglich bestätigt, dass aufgrund seines grenznahen Wohnortes von einer Erreichbarkeit des deutschen Arbeitsmarktes ausgegangen werden könne.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7.9.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.3.2002 zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 27.6.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen dargelegt, der Kläger sei nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten nicht arbeitslos gewesen, denn er habe nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Hierfür wäre Voraussetzung gewesen, dass er sich fortlaufend bei einem deutschen Arbeitsamt gemeldet hätte. Er habe sich nach Auskunft des Arbeitsamtes Q dort nicht arbeitslos gemeldet. Das Erfordernis der Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt verstoße auch nicht gegen die EWG-VO 1408/71 oder sonstiges Europarecht. Dies ergebe sich ausdrücklich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 9.7.1975 (Az. 20/75).

Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung erhoben. Er trägt begründend im wesentlichen vor, das Sozialgericht habe seinen Tatsachenvortrag und seine rechtlichen Erörterungen nicht hinreichend gewürdigt. Insbesondere habe es sich nicht mit den Voraussetzungen des Begriffs "arbeitslos" im Sinne des § 237 SGB VI auseinandergesetzt. Für die Definition müssten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Vorschriften der §§ 101, 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) herangezogen werden. Danach sei ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe oder nur eine kurzfristige Beschäftigung ausübe. Ferner müsse er der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzung erfülle nur derjenige, der eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausüben könne und dürfe, weiter das Arbeitsamt täglich aufsuchen könne und für das Arbeitsamt erreichbar sei. Diese Voraussetzungen erfülle er: Er sei seit 1997 ohne Beschäftigung. Er sei in zeitlicher Nähe zu seinem Umzug nach Österreich im September 1997 zur Anmeldung bei dem Arbeitsamt Q vorstellig geworden. Von dort sei er weiter verwiesen worden an das Arbeitsamt T. Zwischen den beiden Arbeitsämtern sei es damals zu einer Absprache bezüglich der Zuständigkeit gekommen. Er wohne in unmittelbarem Grenzgebiet zu Deutschland, so dass ihm der tägliche Besuch des Arbeitsamtes Q möglich gewesen sei. Auch sei ihm durch das Arbeitsamt Q die grundsätzliche Erreichbarkeit des deutschen Arbeitsmarktes attestiert worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz.

Mit Schreiben vom 13.2.2004 hat das AMS T mitgeteilt, der Kläger sei dort vom 9.9.1997 bis zum 25.5.1999 und vom 5.7.1999 bis fortlaufend als arbeitssuchend vorgemerkt. Die Vermittlungsvormerkung arbeitssuchender Personen erfolge ausschließlich in elektronischer Form. Das AMS T hat Ausdrucke über die den Kläger betreffenden gespeicherten Daten übersandt. Auf den Inhalt der Datenauszüge vom 9.9.1997, 6.10.1997, 18.3.2002, 19.3.2002, 30.7.2003, 18.8.2003, 15.1.2004 und 2.4.2004 wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat daraufhin geltend gemacht, ausweislich der vorgelegten Datenausdrucke habe sich der Kläger bei dem AMS T im Jahr 1997 gemeldet und angegeben, nicht in erster Linie auf Arbeitssuche zu sein. Die Meldung sollte nur der zweckmäßigen Vormerkung für eine Weitergewährung der Pensionsleistung erfolgen. Sie verweise zudem auf die Urteile des BSG vom 11.2.1993 -5 RJ 66/91- und des Landessozialgerichts (LSG) Berlin vom 13.3.2003 -L 8 RA 41/02- und sehe sich durch diese in ihrem Standpunkt bestätigt.

Der Kläger hat ausgeführt, im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 9.7.1975 (gemeint ist die Entscheidung des LSG Berlin vom 13.3.2003, aaO) falle auf, dass dort auf die große Entfernung abgestellt werde. Der Kläger des dortigen Verfahrens wohnte ca. 800 km von der deutschen Grenze entfernt und habe daher der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden. Das Gericht habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für Grenzgänger eine Ausnahme gelte.

Der Kläger hat auf sein seit dem 13.6.2002 in die Internet-Stellenbörse des Arbeitsmarktservices Österreich eingestelltes Stellengesuch verwiesen. Dort heißt es u.a.: "Elektro-Ausbildungsmeister, geb. 1941, sucht nach 35 jähriger Berufserfahrung eine anspruchsvolle Teilzeit-Tätigkeit (ca. 300 EUR monatlich) ...". Da das Medium Internet grenzübergreifend wirke, habe er sich damit auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beworben.

Der AMS T hat unter dem 7.9.2004 mitgeteilt, dass auch Unternehmen aus Deutschland den benachbarten Regionalstellen des Arbeitsmarktservices Österreich Vermittlungsaufträge zur Personalsuche erteilten. Diese und die Stellen aus Österreich würden in die Internet-Stellenbörse eJob-Room eingestellt. Der eJob-Room sei mit rund 30.000 Stellenangeboten und 200.000 Bewerbern Österreichs größte Jobbörse.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Prozessakten und die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7.9.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11.3.2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, denn er erfüllt die Voraussetzungen für den Bezug der Altersrente nach § 237 Abs. 1 Nr. 3a SGB VI nicht.

Nach § 237 Abs. 1 SGB VI können Versicherte, die vor dem 1.1.1952 geboren sind und das 60. Lebensjahr vollendet haben, Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erhalten, wenn sie unter anderem bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren (Nr. 3a 1. Alternative). Bei dem Kläger fehlt es am Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit im Sinne der Vorschrift. Es reicht insoweit nicht aus, dass der Kläger außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nach Vollendung des 58. Lebensjahres und 6 Monaten bis zum Rentenbeginn (21.6.2000 bis zum 1.1.2001) 52 Wochen ohne Arbeit war und sich regelmäßig bei der österreichischen Arbeitsverwaltung als arbeitssuchend gemeldet hat. Es fehlt insoweit an einer regelmäßigen Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt (1). Auch ist dem Kläger der Nachweis einer Arbeitslosigkeit -ohne Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt- nicht gelungen (2).

(1) Der im Recht der Rentenversicherung nicht näher definierte Begriff der Arbeitslosigkeit ist dem Arbeitsförderungsrecht -seit dem 1.1.1998 im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) geregelt- zu entnehmen und unter Beachtung von Sinn und Zweck der jeweiligen rentenrechtlichen Regelung zu verwenden (vgl. BSG Urteil vom 8.2.1996 -13 RJ 19/96- in SozR 3-2600 § 58 Nr. 5 mwN). Arbeitslos sind nach der Begriffsdefinition des § 16 SGB III Personen, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen, dabei den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehen und sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben. Nach der Regelung des § 119 Abs. 1 SGB III sucht derjenige eine Beschäftigung, der alle Möglichkeiten nutzt bzw. nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist innerstaatlich-territorial geprägt (vgl. BSG Urteil vom 29.8.1984 -1 RA 73/83-). Dies entspricht -wie sich aus § 30 Erstes Sozialgesetzbuch -Allgemeiner Teil- (SGB I) ergibt- der auf den deutschen Arbeitsmarkt beschränkten Einstandspflicht der Arbeitslosenversicherung (Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB VI -Gesetzliche Rentenversicherung-, § 237 Rdn. 21). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind daher nur Zeiten der Arbeitslosigkeit in Deutschland geeignet, das Tatbestandsmerkmal einer Arbeitslosigkeit von 52 Wochen vor Rentenbeginn zu erfüllen (BSG Urteil vom 31.3.1982 -4 RJ 17/81- in SozR 2200 § 1248 Nr. 35; Urteil vom 14.11.1989 -8 RKn 7/88- in SozR 2200 § 1246 Nr. 49; Urteil vom 28. Juli 1992 -5 RJ 62/91- in SozR 3-2200 § 1248 Nr. 6; Urteil vom 11.2.1993 -5 RJ 66/91-). Dies ist in der Regel als erfüllt anzusehen, wenn der Versicherte in dem maßgebenden Zeitraum von 52 Wochen bei einem Arbeitsamt als Arbeitsloser (auch ohne Leistungsanspruch) gemeldet war, wobei eine Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt erforderlich ist (BSGE 75, 199, 203). Die Meldung bei einem Arbeitsamt im EU-Ausland ist nicht ausreichend, denn Zeiten der Arbeitslosigkeit im EU-Ausland können den Anspruch auf Rente wegen Arbeitslosigkeit nicht begründen, da der im Ausland lebende Versicherte in der Regel für einen Arbeitseinsatz im Inland objektiv nicht zur Verfügung steht. Der Grund für das Vorliegen einer Arbeitslosigkeit in Deutschland liegt darin, dass das Angebot an offenen Stellen in der europäischen Gemeinschaft regional schwankt. Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wird letztlich deshalb gewährt, weil der Versicherte schon längere Zeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt arbeitslos und nicht mehr zu erwarten ist, dass er noch vor Erreichen der "normalen" Altersgrenze trotz der Vermittlungsbemühungen eines deutschen Arbeitsamtes in das Arbeitsleben im Inland wieder eingegliedert werden kann. Die Altersrente wird daher vorgezogen und der Bedürfnisfall der Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der inländischen Verhältnisse damit abgedeckt (BSG 11.2.1993, aaO und BSG vom 31.3.1982, aaO). Dieses Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung verstößt auch nicht -wie der EuGH bereits im Jahr 1975 entschieden hat- gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (EuGH Urteil vom 9.7.1975 -20/75- in SozR 6050 Art. 45 Nr. 1). Der EuGH hat festgestellt, dass das europäische Gemeinschaftsrecht, insbesondere auch die Bestimmungen der EWG-VO 1408/71 einer innerstaatlichen Regelung nicht entgegenstehen, die für die Entstehung des Anspruchs auf vorgezogenes Altersruhegeld verlangt, dass der Arbeitnehmer seit einer bestimmten Zeit arbeitslos ist und aus diesem Grunde der Arbeitsverwaltung des betroffenen Mitgliedstaates zur Verfügung gestanden hat. Eine in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Arbeitslosenzeit brauche nicht in Betracht gezogen werden.

Für die Entgegennahme der geforderten Meldungen bei einem deutschen Arbeitsamt war nach dem Umzug des Klägers nach Österreich die deutsche Arbeitsverwaltung gemäß § 327 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht mehr zuständig, weil er seinen ständigen Wohnsitz von Deutschland ins Ausland verlegt hatte. Die regelmäßigen Meldungen des Klägers bei der österreichischen Arbeitsverwaltung sind auch nicht geeignet, die fehlenden Meldungen bei einem deutschen Arbeitsamt zu ersetzen, denn nur die deutsche Arbeitsverwaltung dürfte in der Lage sein, die Voraussetzungen für die geforderte inländische Arbeitslosigkeit bei dem Versicherten zuverlässig festzustellen, insbesondere die Verfügbarkeit des Versicherten in subjektiver (Arbeitsbereitschaft) und objektiver Hinsicht (Einsatzfähigkeit unter üblichen innerstaatlichen Arbeitsbedingungen) zu erkennen, den Versicherten auf freie Arbeitsplätze des deutschen Arbeitsmarktes zu vermitteln und wirksam zu kontrollieren, ob der Arbeitsuchende eine ihm vermittelte Stelle angenommen oder aus welchen Gründen er sie ggf. nicht angenommen hat (BSG 31.3.1982, aaO).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den Vortrag des Klägers, er habe aufgrund seines grenznahen österreichischen Wohnortes als "Grenzgänger" täglich das deutsche Arbeitsamt in Q aufsuchen und den deutschen Arbeitsmarkt jederzeit erreichen können. Der Kläger zählt nicht zu dem Personenkreis der Grenzgänger, für die abweichend von dem Grundsatz, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit im EU-Ausland unberücksichtigt zu bleiben haben, eine Ausnahme gelten kann.

Für Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten, die im Anschluß an eine im Inland ausgeübte Beschäftigung arbeitslos geworden sind und sich als Grenzgänger bei einem deutschen Arbeitsamt weiterhin arbeitssuchend gemeldet haben, kann Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 SGB VI angenommen werden, wenn das deutsche Arbeitsamt bestätigt, dass sie nach deutschem Recht arbeitslos sind, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und die tägliche Erreichbarkeit für das deutsche Arbeitsamt gegeben ist (Kasseler-Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB VI -Gesetzliche Rentenversicherung- § 58 Rdn. 26 p; Hauck/Haines, aaO, 237 Rdn. 21). Diese Voraussetzungen dürften allerdings nur bei sogenannten "unechten Grenzgängern" im Sinne der EWG-VO 1408/71 erfüllt sein, da nur für diese nach ihrem Verzug ins EU-Ausland eine fortbestehende Zuständigkeit der deutschen Arbeitsverwaltung gegeben sein kann (Hauck/Haines, aaO, § 237 Fußn. 34). Unechte Grenzgänger haben in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohn-/Heimatstaat gearbeitet, sind gleichwohl nicht Grenzgänger im Sinne des Art. 1 Buchstabe b der EWG-VO 1408/71, der täglich, mindestens aber einmal wöchentlich in seinen Wohnstaat zurückkehrt (" Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind" Art. 71 Abs. 1 Buchstabe b.) EWG-VO 1408/71). Für die unechten Grenzgänger ist der Wohnstaat im Falle der Arbeitslosigkeit nicht obligatorisch leistungspflichtig (wie aber für den echten Grenzgänger nach Art. 71 Abs. 1 Buchstabe a.) ii.) EWG-VO 1408/71). Sie haben die Wahl, sich entweder im Beschäftigungsstaat (Art. 71 Abs. 1 Buchstabe b.) i.) oder im Wohn-/Rückkehrstaat der Arbeitsverwaltung (Buchstabe b.) ii.) zur Verfügung zu stellen. Nach Art. 71 Abs. 1 Buchstabe b.) i.) EWG-VO 1408/71 erhalten sog. unechte Grenzgänger, wenn sie "weiterhin ... der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates zur Verfügung stehen, bei ... Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob sie in diesem Staat wohnten ...". Ein unechter Grenzgänger kann also nach Rückkehr in seinen Wohnstaat bei Arbeitslosigkeit die Leistungen auch zu Lasten des Beschäftigungsstaates erhalten bzw. sich der Arbeitsvermittlung des Beschäftigungsstaates zur Verfügung stellen, sofern er sich bei dessen Dienststellen als Arbeitsuchender meldet und sich ihrer Kontrolle unterwirft (Niesel, Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung -SGB III- , Anhang A, Art. 71 Rdn. 3 und 24; EuGH SozR 3-6050 Art. 13 Nr. 10 S. 30; BSG Beschluss vom 25.3.2003, -B 7 AL 204/02 B-). Eine Anwendung des Art. 71 Abs. 1 Buchstabe b.) EWG-VO 1408/71 setzt voraus, dass bei dem Arbeitslosen zur Zeit seiner letzten Beschäftigung Wohnstaat und Beschäftigungsstaat auseinander fielen und in dieser Konstellation Arbeitslosigkeit eingetreten ist. Unechte Grenzgänger im Sinne des Art. 71 EWG-VO sind dagegen nicht solche Arbeitslosen, die ihren Wohnsitz erst nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in einem anderen EU-Mitgliedstaat als dem Beschäftigungsstaat begründet haben (Niesel, aaO, Art. 71 Rdn. 9, BSG Urteil vom 29.6.1995 -11 RAr 9/95-; EuGHE 1984, 3507 in SozR 6050 Art. 71 Nr. 7). Da der Kläger während seiner zuletzt bis zum 31.5.1994 dauernden Beschäftigung in Deutschland auch in Deutschland gewohnt hat und damit nicht "unechter" Grenzgänger im Sinne der EWG-VO 1408/71 war, konnte nach seinem Umzug nach Österreich die deutsche Arbeitsverwaltung -ungeachtet des grenznahen Wohnortes des Klägers und der täglichen Erreichbarkeit des deutschen Arbeitsamtes in Q- nicht für die Entgegennahme seiner Arbeitslosmeldung zuständig sein.

(2) Die Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt (§122 SGB III) ist allerdings nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 Abs. 1 Nr. 3a SGB VI, sondern lediglich Indiz für eine solche. Die Regelung des § 237 Abs. 1 SGB VI schreibt nicht vor, dass sich der Versicherte beim zuständigen Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet hat, denn sie stellt nur darauf ab, dass die Versicherten "arbeitslos sind". Auch wenn die Arbeitslosmeldung gemäß § 16 SGB III begrifflich zu den Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit zählt, ist davon auszugehen, dass das für die Vorschrift des § 237 SGB VI weiterhin (so zum RVO-Recht BSG Urteil vom 16.4.1964 -11/1 RA 272/62- in BSGE 21, 21f) nicht gilt (Kasseler-Kommentar, aaO, § 237 Rdn. 13). War der Versicherte während der Beschäftigungslosigkeit nicht bei einem deutschen Arbeitsamt gemeldet, sind an den Nachweis der Arbeitslosigkeit -insbesondere den Beweis der ernsthaften Arbeitsbereitschaft- besondere Anforderungen zu richten. Der Versicherte muß sich lückenlos, fortlaufend und ernstlich um Arbeit, für die er objektiv verfügbar war, bemüht haben, beispielsweise durch Bewerbungsschreiben, Zeitungsanzeigen etc. (Hauck/Haines, aaO, § 237 Rdn. 41; Kasseler-Kommentar, aaO, § 237 Rdn. 14). Da nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 16 Nr. 2, 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 3, 4 SGB III derjenige als arbeitslos gilt, der für die Vermittlung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung (§§ 16 Nr. 2, 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) auf dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, ist zu fordern, dass bei einem beschäftigungslosen Versicherten -ohne Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt- eine Bereitschaft zur Aufnahme einer solchen versicherungspflichtigen Tätigkeit im Rahmen der maßgebenden Zeit von 52 Wochen vor bzw. bei Rentenbeginn bestand und durch entsprechende Bemühungen nachgewiesen wird. Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger nicht erfüllt.

Zwar hätte der Kläger -nach der Bestätigung des Arbeitsamtes Q- aufgrund seines grenznahen Wohnortes in Österreich den deutschen Arbeitsmarkt täglich erreichen können, so dass eine objektive Verfügbarkeit des Klägers für den deutschen Arbeitsmarkt insofern unterstellt werden könnte. Es fehlt jedoch bei dem Kläger an lückenlosen, fortlaufenden und ernsthaften Bemühungen um eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt in der streiterheblichen Zeit vom 21.6. 2000 bis zum 1.1.2001. Nach eigenen Angaben hat der Kläger erst seit dem 13.6.2002 ein Stelleninserat auf die Internetseite des AMS (Stellenbörse eJob-Room) einstellen lassen. Ungeachtet dessen, dass das Internet grenzübergreifende Wirkung entfaltet und damit auch potentielle deutsche Arbeitgeber angesprochen werden können, muß das Stellengesuch vom 13.6.2002 als verspätete Bemühung um eine Beschäftigung unbeachtlich bleiben, da es erst nach dem begehrten Rentenbeginn am 1.1.2001 erfolgte. Konkrete Eigenbemühungen um eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland in der streiterheblichen Zeit vom 21.6.2000 bis zum 1.1.2001 hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Zudem lässt sich dem Internet-Stellengesuch vom 13.6.2002 sowie auch den Datenausdrucken des AMS T vom 18.3.2002 (in welchem eine "Selbstsuche" durch den Kläger vermerkt ist), 30.7.2003 und 15.1.2004 entnehmen, dass das Interesse des Klägers -jedenfalls zu den genannten Datenzeitpunkten- lediglich auf die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 Viertes Buch des Sozialgesetzbuchs -Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung- (SGB IV) gerichtet war, denn er strebte eine "Tätigkeit für ca. 300 EUR monatlich" (Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze ab 1.4.1999: 322,11 EUR (630 DM) und ab 1.1.2002: 325 EUR) bzw. eine "geringfügige Tätigkeit" an. Die Suche nach einer solchen geringfügigen, nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung kann Arbeitslosigkeit im Sinne von § 237 Abs. 1 SGB VI nicht begründen.

Auch kann mit Blick auf die Regelung des § 237 Abs. 2 Satz 1 SGB VI auf das Erfordernis der ernstlichen und fortdauernden Bemühungen um eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht verzichtet werden. Nach § 237 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht der Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auch für Versicherte, die während der Arbeitslosigkeit von 52 Wochen nur deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung standen, weil sie nicht bereit waren, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Die Vorschrift ist auf Personen zugeschnitten, die von der Möglichkeit des § 428 Abs. 1 SGB III Gebrauch gemacht haben. Die Vorschrift des § 428 SGB III bestimmt, dass Arbeitslose, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, auch dann Anspruch auf Arbeitslosengeld (bzw. über § 198 Satz 2 Nr. 3 SGB III Arbeitslosenhilfe) haben, wenn sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen bzw. nutzen wollen, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden, weil diese ohnehin nur schwer vermittelt werden können. Die Regelung des § 237 Abs. 2 Satz 1 SGB VI stellt diese Begünstigten von rentenrechtlichen Nachteilen frei, die ansonsten einen Anspruch auf Altersrente vereiteln könnten, da sie infolge mangelnder Arbeitsbereitschaft/subjektiver Verfügbarkeit nicht arbeitslos sind. Die mangelnde Arbeitsbereitschaft/Verfügbarkeit des Versicherten muß aber kausal auf der Inanspruchnahme der Vergünstigung nach § 428 SGB III beruhen (Hauck/Haines, aaO, § 237 Rdn. 39). Das liegt im Fall des Klägers nicht vor; denn er hat nicht und konnte nicht von der Vergünstigung im Sinne des § 428 SGB III gegenüber der deutschen Arbeitsverwaltung Gebrauch machen, weil diese nach seinem Umzug nach Österreich nicht mehr für ihn zuständig war.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Sache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden, unter welchen Voraussetzungen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 Abs. 1 SGB VI bei einem Versicherten, der seinen Wohnsitz in das grenznahe EU-Ausland verlegt hat, vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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