L 9 EG 75/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 EG 1/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 75/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 5. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für den siebten bis zwölften Lebensmonat der 2003 geborenen A. gewährten Bundeserziehungsgeldes (BErzg) streitig.

I.

Der 1980 geborenen Mutter des Kindes, einer deutschen Staatsangehörigen, welche mit dem in der US-Armee dienenden amerikanischen Staatsangehörigen M. Q. verheiratet ist, gewährte der Beklagte auf den Antrag vom 24.03.2003 zunächst durch Bescheid vom 16.04.2003 vorläufig BErzg bis zum sechsten Lebensmonat des Kindes unter Anrechnung des erhaltenen Mutterschaftsgeldes. Einkünfte konnten nämlich noch nicht abschließend ermittelt werden. Aufgrund der vorgelegten amerikanischen Gehaltsabrechnung für Mai 2003, aus der neben einem Grundgehalt (Base pay) in Höhe von $ 1.502,70 eine steuerfreie Zulage BAS in Höhe von $ 242,81 (Basic allowance subsistence), ein Wohnungszuschuss BAH in Höhe von $ 882,11 (Basic allowance for Housing), Trennungsgeld FSH in Höhe von $ 250,00 sowie weitere Zulagen, schließlich Abzüge (Deductions) in Höhe von $ 1.777,91 ersichtlich waren, errechnete der Beklagte ein Einkommen in Höhe von EUR 46.439,82. Unter Anrechnung eines Pauschalabzuges in Höhe von 27 % (EUR 12.256,87) verblieb ein Einkommen in Höhe von EUR 33.138,95, welches die maßgebliche Grenze von EUR 16.470,00 um EUR 16.668,95 überstieg. Von letzterem Betrag wurde ein Prozentsatz von 4,2 = EUR 700,00 errechnet, welcher den Höchstbetrag des monatlichen BErzg übertraf, so dass sich ein Zahlbetrag nicht errechnete. Hinsichtlich der ersten sechs Monate verblieb es bei dem im vorläufigen Bescheid vom 16.04. 2003 errechneten Zahlbetrag endgültig.

Hiergegen wandte die Klägerin im gerichtlichen Vorverfahren ein, ihr Mann sei seit März 2003 im Ausland (Irak) stationiert. An dessen Gehalt habe sich gegenüber dem maßgeblichen Bescheid für das erste Halbjahr nichts geändert. Auf die Einzelheiten der Abrechnungen für Mai, Juni, Juli 2003 wird Bezug genommen. Nach Hinweis auf die unterschiedlichen Einkommensgrenzen im Sinne des § 5 Abs.2 BErzGG hielt die Klägerin ihren Widerspruch aufrecht und verwies darauf, dass wegen des Auslandsaufenthaltes ihres Ehemannes sämtliche Einkünfte steuerfrei seien. Der Beklagte ermittelte bei der US-Armee die steuerfreien Anteile des monatlichen Gehaltes und bat um die Vorlage weiterer Einkommensbescheinigungen. Er legte für den Zeitraum Januar mit Dezember 2003 zustehende Beträge (Entitlements) in Höhe von $ 34.498,19 YTD (= Year to date) unter Berücksichtigung eines Umrechnungskurses von 1,00 EUR = 1,179 US Dollar zugrunde.

Mit Bescheid vom 22.10.2003 bewilligte er für den siebten mit zwölften Lebensmonats des Kindes BErzg in Höhe EUR 133,00 und half dem Rechtsbehelf insoweit teilweise ab. Berücksichtigt wurde ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von EUR 29.260,55, von dem Werbungskosten in Höhe von EUR 1.044,00 abgesetzt wurden, daneben ein Pauschalabzug in Höhe von 27 % (EUR 7.624,13), was ein maßgebliches Einkommen im Kalenderjahr 2003 in Höhe von EUR 20.613,42 ergab. Dieser Betrag überstieg die Einkommensgrenze von EUR 16.470,00 um EUR 4.143,42, von dem 4,2 % anzurechnen waren (monatlich EUR 174,00). Weiter legte die Klägerin eine Bescheinigung des amerikanischen Wohnungsamtes Illesheim vom 28.03.2003 vor, derzufolge BAH gewährt werde, welches Soldaten zusammen mit dem Gehalt ausgezahlt werde. Im Übrigen wurde der Rechtsbehelf durch Widerspruchsbescheid vom 12.12.2003 zurückgewiesen. Bei Einkünften, die nach ausländischem Steuerrecht zu versteuern seien oder keiner staatlichen Besteuerung unterliegen, sei von einem um EUR 1.023,00 verminderten Betrag auszugehen. Das so festgesetzte Einkommen vermindere sich um bestimmte in § 6 Abs.1 Nrn.1 mit 3 BErzGG abschließend aufgeführte Absetzungen. Der Mietzuschuss BAH entspreche dem Mietzuschuss OHA und sei neben dem Grundgehalt (Base pay), BAS, Save pay und HFP als Einkommen zu berücksichtigen. Lediglich COLA (Kaufkraftausgleich) und FSA (Trennungsgeld) könnten als steuerfreie Zulagen berücksichtigt werden und blieben bei der Ermittlung des Bruttoeinkommens außer Ansatz.

II.

Mit der am 13.01.2004 zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klage wandte die Klägerin im Wesentlichen ein, auch beim Erziehungsgeld seien nur zu versteuernde Einkünfte zu berücksichtigen. BAH sei eine steuerfreie Leistung. Sie möchte gleichgestellt werden mit Soldaten, die in einer Housingwohnung leben, und bei denen BAH in der Gehaltsabrechnung (LES) nicht aufgeführt werde. Außerdem sei das Gehalt ihres Ehemannes während des Irakeinsatzes vollständig steuerfrei. Insoweit fügte sie eine Lohnbescheinigung für den Dezember 2003 bei. Die Beklagte verwies darauf, dass das Bruttoeinkommen in den LES unter TOTAL angegeben sei. Abzuziehen seien lediglich COLA und FSA/FSH. Demgegenüber gehörten BAH und OHA zum Bruttoarbeitseinkommen.

Aufgrund mündlicher Verhandlung wies die 9. Kammer des SG die Klage durch Urteil vom 05.07.2004 ab. Höheres Erziehungsgeld als EUR 133,00 monatlich für den siebten bis zwölften Lebensmonat des Kindes A. stünde nicht zu. BAH sei nicht vergleichbar mit deutschem Wohngeld, sondern mit einem vom Arbeitgeber gezahlten Mietkostenzuschuss, der nach deutschem Steuerrecht stets Arbeitslohn sei. Es handle sich insoweit nämlich um eine geldwerte Zuwendung des Arbeitgebers. Eine Ungleichbehandlung mit in Kasernen wohnenden Soldaten sei nicht erkennbar. Auch die kostenfrei zur Verfügung gestellten Wohnungen müssten nämlich als geldwerte Leistungen berücksichtigt werden. Eine Gleichbehandlung im Unrecht finde insoweit nicht statt.

III.

Mit der am 20.08.2004 über das SG Nürnberg eingelegten Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, BAH dürfe für den siebten bis zwölften Lebensmonat des Kindes nicht angerechnet werden. Der Beklagte verweist auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanziellen Urteil.

Der Senat hat neben der Erziehungsgeldakte des Beklagten die Streitakten des ersten Rechtszuges beigezogen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.07.2004 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2003 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22.10.2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2003, zu verurteilen, bei der Gewährung von Bundeserziehungsgeld für den siebten mit zwölften Lebensmonat der 2003 geborenen A. keinen Mietkostenzuschuss (BAH) zugrundezulegen.

Der Beklagte stellt den Antrag, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.07.2004 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Erziehungsgeldakte Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 21.10.2004.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und ingesamt zulässige Berufung der Klägerin, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29.07.2003 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 22.10.2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2003, mit welchem BErzg für den siebten mit zwölften Lebensmonat des Kindes A. in Höhe von EUR 133,00 gewährt worden ist.

Wie den einschlägigen Materialien (BT-Drs. 12/1495, S.20) zum 2. Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften zu entnehmen ist, ist bei der Gewährung von BErzg seit dem 01.01. 1992 auch Einkommen zugrundezulegen, das nach ausländischem Steuerrecht besteuert wird oder keiner staatlichen Besteuerung unterliegt. Es ist von dem um DM 2.000,00 verminderten Bruttobetrags auszugehen (nach neuem Recht EUR 1.023,00), Beträge in ausländischer Währung sind in Euro umzurechnen, § 6 Abs.5 BErzGG. Vorgesehen ist danach ein besonderes, verhältnismäßig einfaches Verfahren, welches es der Familienkasse des Beklagten erspart, ausländisches Steuerrecht anzuwenden, das sich vom deutschen grundsätzlich unterscheidet. Beträge in ausländischer Währung sind nach dem Mittelkurs der Währung, der an der Frankfurter Devisenbörse im September des Jahres vor dem maßgeblichen Kalenderjahr amtlich festgelegt wird, in Euro umzurechnen, vgl. Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Bundeserziehungsgeldgesetz, 8. Auflage 1999, § 6 Rdnrn.24, 25. Bei Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit wie vorliegend ist vom Bruttobetrag der Einkünfte auszugehen, § 6 Abs.5 BErzGG. Der vorgelegten Einkommensbescheinigung der US-Armee sind monatlich zustehende Beträge (Entitlements) zu entnehmen, daneben Abzüge (Deductions) und Anteile (Allotments). Insoweit ist abzustellen auf den Jahresbetrag (YTD = Year to date). Ausweislich der vorgelegten Einkommensbelege enthalten die zustehenden Beträge Zuschläge wie Wohngeld und Essensgeld, die vom Arbeitgeber gewährt werden, weil der Ehemann der Klägerin weder in der Kaserne wohnt noch dort Mahlzeiten einnimmt. Derartige Sozialzulagen sind grundsätzlich Teil der Arbeitsvergütung, vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Auflage, § 69 Rdnr.39, und werden anstelle von Sachbezügen (Wohnung, Verpflegung) gewährt, die nach deutschem Recht grundsätzlich steuerrechtlich erfasst werden, vgl. § 3 Abs.2 LStDVO sowie die Sachbezugsverordnung, im Übrigen Püttner, Personalhandbuch 2004, Stichwort Essenszuschuss, Rdnrn.1, 7, 12. Für das Wohnen hat der Arbeitnehmer nämlich selbst aufzukommen. Nimmt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Aufwendungen für das Wohnen ganz oder teilweise ab, wendet er Arbeitslohn zu, es sei denn, er handelt ausnahmsweise in überwiegend eigen- betrieblichem Interesse, vgl. Püttner, a.a.O., Stichwort Dienst- wohnung, Rdnr.20.

Infolge der Nichtanwendung sowohl deutschen als auch ausländischen Steuerrechts bei Einkünften nicht selbständiger Art, die entweder nach ausländischem Steuerrecht zu versteuern sind oder keiner staatlichen Besteuerung unterliegen, bestehen zur Überzeugung des Senats hier keine durchgreifenden Bedenken, die aus der Bescheinigung der US-Armee ersichtliche Jahressumme mit Ausnahme der vom Beklagten im Widerspruchsbescheid genannten Positionen als Bruttoeinkommen zugrundezulegen, wie es das SG im Einzelnen im angefochtenen Urteil getan hat. Auch die sonstige Ermittlung der Höhe des streitgegenständlichen Anspruchs auf BErzg ist nicht zu beanstanden, so dass das im Berufungs- ebenso wie im Klageverfahren verfolgte Begehren hinsichtlich der Nichtanrechnung von BAH-Leistungen insgesamt nicht erfolgreich sein kann. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen im Übrigen vollinhaltlich auf die zutreffenden Darlegungen des Erstgerichts Bezug genommen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte der Beklagte, welcher keine Veranlassung für das Berufungsverfahren gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin bei ihrer Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche, höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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