L 1 R 4140/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 1271/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 4140/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 3. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1949 geborene Klägerin hat keinen Lehrberuf erlernt und ist seit Mai 1965 durchgehend bei einem Krankenversicherungsträger beschäftigt. Sie war bis März 1967 Sachbearbeiterin zur Einarbeitung, bis April 1973 Sachbearbeiterin, bis September 1976 1. Sachbearbeiterin, bis März 1977 Gruppenleiterin zur Einarbeitung und anschließend Gruppenleiterin mit 5-6 Sachbearbeitern. Nach Angaben des Arbeitgebers handelte es sich um eine Anlerntätigkeit mit einer Anlernzeit von 13 Monaten, die die Klägerin in Vollzeit ausgeübt hat und die nach Vergütungsgruppe 8 des Ersatzkassen-Tarifvertrages (EKTV) vergütet wurde. Von Mai 2000 bis Januar 2004 befand sich die Klägerin in unbezahltem Urlaub; seitdem ist sie gem. § 34 b EKTV beurlaubt.

Am 18. Dezember 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie sei seit 1997 wegen rezidivierender Migräneattacken und Sehproblemen (vor allem nachts) erwerbsgemindert.

Die Beklagte ließ die Klägerin ambulant durch den Nervenarzt Dr. K. (Gutachten vom 25. Februar 1999) begutachten. Die Klägerin gab dort neben Rücken- und Knieschmerzen sowie Gefühlsstörungen beider Hände an, sie leide seit ihrem 14. Lebensjahr unter Migräne und habe monatlich an 25 von 30 Tagen Kopfschmerzen. Dr. K. diagnostizierte eine Migräne und Spannungskopfschmerzen vom gemischten Typus sowie ein Cervikocranial- und -brachialsyndrom und hielt die Klägerin noch für fähig, halb- bis unter vollschichtig leichte Arbeiten insbesondere ohne Schichtdienst und ohne hohe Stressbelastung zu verrichten. Er empfahl eine orthopädische Zusatzbegutachtung und eine neurologisch-orthopädische Rehabilitationsmaßnahme.

Der beratungsärztliche Dienst der Beklagten ging dagegen von einem vollschichtigen Leistungsvermögen aus. Migräne und Spannungskopfschmerzen seien einer gezielten und konsequenten Behandlung zugänglich, das HWS-Syndrom ohne objektivierbare radikuläre Ausfallerscheinungen und die Angabe über nächtliche Sehbeschwerden ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigung für das Erwerbsleben. Gravierende orthopädische Funktionseinschränkungen seien nicht beschrieben, sodass eine Zusatzbegutachtung nicht erforderlich sei.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 18. Dezember 1998 ab (Bescheid vom 30. März 1999). Die Klägerin sei noch in der Lage, im bisherigen Berufsbereich vollschichtig tätig zu sein.

Dagegen erhob die Klägerin unter Hinweis auf vielfältige Gesundheitsstörungen Widerspruch. Sie müsse auf Grund der Migräneattacken und Spannungskopfschmerzen bis zu zehn Schmerztabletten täglich einnehmen.

Die Beklagte ließ die Klägerin ergänzend von dem Orthopäden Dr. D. ambulant begutachten (Gutachten vom 19. August). Dieser diagnostizierte bei der Klägerin ein Thorakolumbalsyndrom mit endgradiger Funktionseinschränkung der LWS (Beugung, Drehung, Seitneigung), eine Osteopenie und eine klinisch unauffällige Chondropathia patellae beidseits. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin noch vollschichtig leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule, schweres Heben und Tragen sowie Kälte- und Zugluft verrichten, auch als Sozialversicherungsangestellte im Innendienst.

Die Beklagte schloss sich dem an und wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 1999). Eine intensive nervenärztliche Mitbehandlung finde nicht statt. Auf orthopädischem Gebiet liege keine Einschränkung im Haltungs- und Bewegungsapparat vor. Neurologische Ausfälle bestünden nicht. Eine besondere oder beeinträchtigende Medikation sei nicht dokumentiert. Daher bleibe es bei der Beurteilung eines vollschichtigen Leistungsvermögens.

Dagegen hat die Klägerin am 23. November 1999 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Sie benötige wegen der Migräneattacken starke Schmerzmittel. Von ihrem Arbeitgeber werde unter anderem bei Außendienst (Neukundengeschäft, Reha-Beratung) verlangt, mit dem eigenen PKW zu fahren, was ihr wegen einer Sehschwäche bei Dunkelheit nur unter Lebensgefahr möglich sei.

Das SG hat unter anderem eine Auskunft über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seit 1992 sowie eine Arbeitgeberauskunft (vom 20. Februar 2001) eingeholt und die Klägerin ambulant durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 20. August 2001) begutachten lassen. Dr. K. hat bei der Klägerin eine somatoforme Störung, ein migräneartiges Kopfschmerzsyndrom und einen Analgetikamissbrauch diagnostiziert und die Klägerin noch für fähig erachtet, vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne Zwangshaltung, Zeitdruck, Akkord, Schichtdienst, Heben und Tragen von Lasten, ausschließliches Bücken, extreme thermische und chemische Reize sowie ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit zu verrichten. Die Umstellungsfähigkeit und die Anpassungsfähigkeit seien nicht reduziert. Therapeutisch sei dringend ein Analgetikaentzug vorzuschlagen. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 21. Januar 2003 hat Dr. K. ausgeführt, die Klägerin könne sich auch binnen drei Monaten in die Tätigkeit einer Sekretärin oder in die Tätigkeit der Leiterin eines Schreibzimmers mit mindestens sechs weiteren Stellen einarbeiten.

Das SG hat sich dieser Leistungseinschätzung angeschlossen und die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2003). Zwar könne die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Gruppenleiterin nicht mehr ausüben. Sie sei jedoch noch in der Lage, sich binnen drei Monaten in eine nach Vergütungsgruppe 7 des EKTV entlohnte Tätigkeit als Sekretärin oder Leiterin eines Schreibzimmers einzuarbeiten und daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.

Gegen den am 5. Juni 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. Juli 2003 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und u.a. vorgetragen, sie sei als Sozialversicherungsfachangestellte und Gruppenleiterin tätig gewesen und genieße als solche Berufschutz. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere durch die Migräne seien nicht hinreichend berücksichtigt.

Der Senat hat eine weitere Arbeitgeberauskunft (vom 30. September 2003) sowie einen Befundbericht des behandelnden Internisten und Kardiologen Dr. H. (vom 8. Dezember 2003) beigezogenen und die Klägerin ambulant durch die Psychiaterin Dr. M. (Gutachten vom 21. Mai 2004 mit testpsychologischem Zusatzgutachten) begutachten lassen.

Dr. M. hat bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung, eine Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen und einen Analgetikamissbrauch diagnostiziert. Die Klägerin könne seit Antragstellung noch vollschichtig als Sozialversicherungs(fach)- angestellte ohne Leitungsfunktion tätig sein. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gruppenleiterin könne sie nicht mehr verrichten. Zu vermeiden seien mittelschwere und schwere Arbeiten, besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, besonderer Zeitdruck, Nachtschicht und Wechselschicht, schweres Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen und ausschließliches Bücken.

Die Klägerin hat dagegen u.a. eingewandt, es lägen weitere Gesundheitsstörungen (Taubheitsgefühl in den Fingern, Beschwerden an den Handgelenken, Rückenschmerzen, Rippenschmerzen, Gehstörungen, Herzbeschwerden, Druck- und Schluckbeschwerden wegen Schilddrüsenerkrankung, Genickschmerzen) vor. Als Sozialversicherungsfachangestellte könne sie nicht mehr arbeiten. Den Beruf der Sekretärin und Schreibzimmer gebe es nicht mehr.

Die Beteiligten haben sich in einem Erörterungstermin vom 20. Januar 2005 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Klägerin beantragt den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 3. Juni 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr auf Grund des Antrags vom 19. Dezember 1998 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten, des Versorgungsamtes München II und des SG beigezogenen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs.3, 143, 144, 155 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist - unabhängig von den nur versehentlich abweichenden Datumsangaben im Klageantrag vom 20. Januar - der Bescheid der Beklagten vom 30. März (nicht September) 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1999, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin auf Grund ihres Antrags vom 18. Dezember (nicht 19. September) 1998 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2003 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Rentenantrag vor dem 03. April 2001 gestellt wurde und Rente (auch) für Zeiten vor dem 01. Januar 2001 begehrt wird (§ 300 Abs.2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs.3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -). Soweit die Entstehung eines Rentenanspruchs (erstmals) für die Zeit nach dem 31.12.2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch der Klägerin nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.).

Nach § 43 Abs.1 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähig, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 1. April 1999 630,00 DM) übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. BSG Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ 61/00 R -).

Nach § 43 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 Satz 1 SGB VI n.F. ist für Versicherungsfälle ab 1. Januar 2002 an Stelle einer Erwerbsunfähigkeit eine volle oder teilweise Erwerbsminderung Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch auf Rente.

Erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung) bzw. drei Stunden (volle Erwerbsminderung) täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.1 Satz 2, Abs.2 Satz 1 SGB VI n.F.). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.3 SGB VI n.F.)

Die Voraussetzungen der §§ 43 Abs.1 Satz 1, 44 Abs.1 Satz 1 SGB VI a.F., 43 Abs.1 Satz 1, Abs.2 Satz 1 SGB VI n.F. sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Zwar hat sie die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt, doch liegt weder eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit noch eine verminderte Erwerbsfähigkeit vor.

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Nach dem vom BSG hierzu entwickelten Mehrstufenschema ist die Klägerin der Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren zuzuordnen (vgl. BSGE 55, 45; 57, 291). Sie hat zwar keinen Lehrberuf erlernt und nach wiederholten Angaben ihres langjährigen Arbeitgebers als Sachbearbeiterin und Gruppenleiterin eine Tätigkeit ausgeübt, für die lediglich eine 13-monatige Anlernung und mehrjährige Berufserfahrung im Unternehmen erforderlich waren. Anhaltspunkte für eine höher qualifizierte Tätigkeit, für die eine längere Ausbildung (regelmäßig von drei Jahren, sog. Ausgebildete) erforderlich wäre, ergeben sich aber aus der tatsächlichen tariflichen Entlohnung der Klägerin nach Vergütungsgruppe 8 des EKTV (in der ab 1. Februar 1998 geltenden Fassung). Ob die Klägerin als Sachbearbeiterin (wegen der Schwierigkeit des Aufgabengebiets) oder als Gruppenleiterin (wegen der Leitungsfunktion) in diese Vergütungsgruppe eingeordnet wurde, kann hier dahinstehen, denn die Klägerin ist als Ausgebildete sozial auch auf angelernte Tätigkeiten verweisbar. Da die Klägerin über eine langjährige einschlägige Berufserfahrung als Versicherungsangestellte verfügt und sich nach eigenen Angaben laufend fortgebildet hat, kommt insbesondere eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin nach Vergütungsgruppe 6 EKTV (Bearbeitung von gleichartigen Vorgängen nach Anleitung, zu deren Erledigung gründliche Fachkenntnisse eines Sachgebiets erforderlich sind) in Betracht. Eine solche Bürotätigkeit kann die Klägerin nach übereinstimmender Ansicht der im gerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen noch vollschichtig verrichten. Sie ist weder mit mittelschweren oder schweren Arbeiten, noch mit längerer Zwangshaltung, dauerndem Bücken, besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, besonderem Zeitdruck oder Wechsel- und Nachtschicht verbunden.

Für weitergehende Leistungseinschränkungen liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Sachverständige Dr. M. hat in ihrem Gutachten unter Berücksichtigung einer testpsychologischen Zusatzbegutachtung ausführlich und überzeugend dargelegt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in erster Linie durch die seit ihrer Jugend bestehenden Migränekopfschmerzen beeinträchtigt wird, wobei in den letzten Jahren keine Progredienz festzustellen ist. Neurologische Ausfälle waren bei den wiederholten Begutachtungen weder im Zusammenhang mit den Kopfschmerzen, noch im Zusammenhang mit orthopädischen Beschwerden objektivierbar. Auch für eine eindeutige kognitive oder mnestische Leistungsbeeinträchtigung fanden sich - insbesondere testpsychologisch - keine Anhaltspunkte. Subjektiv fühlt sich die Klägerin durch die Kopfschmerzen erheblich beeinträchtigt, wobei jedoch psychiatrisch und testpsychologisch nur eine leichte Beeinträchtigung im affektiven Bereich (gedrückte Stimmungslage und Gereiztheit) objektivierbar ist. Eine Komorbidität mit einer schwerergradigen ausgeprägten depressiven Störung oder einer anderen psychischen Erkrankung konnte Dr. M. ausschließen. Trotz Ausweitung der Kopfschmerzsymptomatik auf den Bewegungsapparat mit multilokulären Schmerzen in verschiedenen Gelenken liegt nach ihren Angaben auch noch keine Generalisierung der Schmerzen vor. Vor diesem Hintergrund kommt die Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gruppenleiterin auf Grund der damit nach Auskunft des Arbeitgebers verbundenen erhöhten psychischer Belastung, Stress und Zeitdruck nicht mehr verrichten kann. Ausgehend von der vom Arbeitgeber vorgelegten Stellenbeschreibung für Sachbearbeiter kann die Klägerin aber nach überzeugender Auffassung der Sachverständigen mit dem von ihr festgestellten Leistungsvermögen eine Tätigkeit als Sozialversicherungs(fach)angestellte noch vollschichtig verrichten. Dass eine solche Sachbearbeitertätigkeit - wie von der Klägerin vorgetragen - stets mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit verbunden wäre, ist nicht ersichtlich. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht auf den konkreten Arbeitsplatz oder die Verhältnisse beim letzten Arbeitgeber abzustellen ist.

Eine weitergehende Begutachtung ist, wie Dr. K. und Dr. M. bestätigen, nicht erforderlich. Für belangvolle Funktionsbeeinträchtigungen der Hände oder andere gravierende, auch leichte Bürotätigkeiten ausschließende, orthopädische und internistische Gesundheitsstörungen bieten die medizinischen Unterlagen einschließlich des Befundberichts des behandelnden Internisten und Kardiologen Dr. H. (vom 8. Dezember 2003) und die Untersuchungen der Sachverständigen keine Hinweise. Die orthopädischen Funktionseinschränkungen sind durch den Sachverständigen Dr. D. eingehend bewertet worden. Für eine seither eingetretene wesentliche Verschlechterung liegen keine konkreten objektiven Anhaltspunkte vor.

Liegt bei der Klägerin keine Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. vor, so ist auch keine Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. oder teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs.2 SGB VI n.F. bzw. Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F. (die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzen) eingetreten.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob und bis zu welchem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung (§§ 43 Abs.1 Nr.2, 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI a.F. i.V.m. §§ 240, 241 SGB VI a.F. bzw. 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2, Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F. i.V.m. § 241 Abs.2 SGB VI n.F.) erfüllt wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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