L 18 KN 120/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 32/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 120/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.06.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Witwenrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Die 1922 geborene Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1974 verstorbenen Versicherten Q Q1 (Versicherter). Der am 00.00.1922 geborene Versicherte war Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien. Er kam während des Zweiten Weltkrieges von Kroatien nach Deutschland und war hier in der Zeit vom 3.6.1941 bis zum 3.6.1942 im westdeutschen Bergbau versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend diente er als Kroate seit dem 15.10.1943 in der deutschen Wehrmacht. Der Verstorbene war nicht als Vertriebener nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVG) anerkannt. Am 11.8.2000 beantragte die Klägerin -vertreten durch Frau W S aus M- bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz die Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der deutschen Rentenversicherung. Sie teilte mit, dass sie vom bosnischen Rentenversicherungsträger eine Hinterbliebenenrente beziehe. Dem Rentenantrag war eine von der Klägerin für die Vertreterin Frau S unter dem 29.2.2000 schriftlich erteilte Vollmacht beigefügt.

Nachdem die Ermittlungen der LVA Niederbayern-Oberpfalz hinsichtlich deutscher Versicherungszeiten ergebnislos verlaufen waren, lehnte sie den Rentenantrag mit Bescheid vom 27.4.2001 ab. Die Klägerin machte daraufhin geltend, der Versicherte habe in E in einem Bergwerk gearbeitet und legte Unterlagen vor. Die LVA Niederbayern-Oberpfalz fragte bei der Beklagten nach Versicherungszeiten zugunsten des Versicherten an. Die Beklagte teilte darauf hin mit, dass der Versicherte in der Zeit vom 3.6.1941 bis zum 3.6.1942 insgesamt dreizehn Monate Beitragzeiten in der knappschaftlichen Rentenversicherung zurückgelegt habe. Daraufhin hob die LVA Niederbayern-Oberpfalz ihren Bescheid vom 27.4.2001 auf und gab die Akten an die Beklagte zur Entscheidung über den Rentenantrag ab.

Die Klägerin reichte einen Bescheid der Gemeinschaft der Renten- und Invalidenversicherung von Bosnien-Herzegowina, Filiale T vom 3.12.1971 zu den Verwaltungsakten, in dem festgestellt wurde, dass der Versicherte Q Q1 Anspruch auf Invalidenrente habe und sein Antrag auf Anerkennung der Versicherungsdienstzeiten in Deutschland vom 4.6.1941 bis zum 3.6.1942 abgelehnt werde. Der Versicherte habe angegeben, in der Zeit 1943 bis 1945 Angehöriger der deutschen Wehrmacht gewesen zu sein. Es komme daher in seinem Fall die Regelung des Art. 163 Abs. 1 des Grundgesetzes über die Rentenversicherung zur Anwendung. Die Dienstzeiten in Deutschland vom 4.6.1941 bis zum 3.6.1942 würden nicht als Rentenzeiten anerkannt.

Mit Bescheid vom 11.3.2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte begründend aus, eine Entschädigung der Versicherungszeiten vom 3.6.1941 bis zum 3.6.1942 aus der deutschen Rentenversicherung sei ausgeschlossen. Der verstorbene Versicherte sei am 1.1.1956 jugoslawischer Staatsangehöriger gewesen, damit fielen die Zeiten nach dem im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina weitergeltenden Artikel 1 Buchstabe b) in Verbindung mit Artikel 2 Buchstabe b) des deutsch-jugoslawischen Vertrages über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10.3.1956 (in Kraft ab dem 29.11.1958) in die bosnische Versicherungslast und seien nur von einem bosnischen Versicherungsträger aus der bosnischen Pensionsversicherung zu entschädigen. Durch den Übergang von Zeiten in die bosnische Versicherungslast verlören diese den Charakter von deutschen Versicherungszeiten. Bezüglich der geltend gemachten Ersatzzeiten für geleisteten Wehrdienst von Juli 1943 bis Mai 1945 seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Sobald die Nachforschungen abgeschlossen seien, würde die Klägerin benachrichtigt. Die nachgewiesenen Versicherungszeiten würden dem bosnischen Versicherungsträger mitgeteilt, damit dieser über die Entschädigung der Zeiten entscheiden könne.

Gegen den ablehnenden Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.9.2002 zurückwies. Der Widerspruchsbescheid war an die Bevollmächtigte der Klägerin adressiert und als Angelegenheit "Q1, Q geb. 00.00.1922, hier: Witwe N Q1" ausgezeichnet. Die Rechtsmittelbelehrung lautete wie folgt:

"Dieser Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe bei dem Sozialgericht, Ruhrallee 3, 44139 Dortmund, mit der Klage angefochten werden. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe außerhalb des Bundesgebietes drei Monate. Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben."

Der Widerspruchsbescheid wurde der Bevollmächtigten am 8.10.2002 zugestellt.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 7.1.2003 -eingegangen am 13.1.2003- vor dem Sozialgericht Klage erhoben. Die Klage ist unter dem Aktenzeichen SG Dortmund S 6 KN 62/03 eingetragen worden. Mit der Klage hat sie ihr Begehren auf Anerkennung eines deutschen Rentenanspruchs weiterverfolgt. Mit Schreiben vom 20.1.2003 -eingegangen am 31.1.2003- hat die Klägerin wiederholt Klage erhoben. Diese Klage ist unter dem Aktenzeichen SG Dortmund S 6 KN 32/03 eingetragen worden. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr verstorbener Mann habe bei seiner Pensionierung im Jahr 1971 beantragt, neben den in Bosnien-Herzegowina zurückgelegten Zeiten auch die Zeiten in Deutschland vom 3.6.1941 bis zum 3.6.1942 und von Juli 1943 bis Mai 1945 anzuerkennen. Der zuständige Rentenversicherungsträger in Bosnien-Herzegowina habe die Anerkennung der in Deutschland zurückgelegten Zeiten ausdrücklich abgelehnt.

Die Klägerin hat nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 11.3.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2002 ihr Hinterbliebenenrente ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Klage sei verfristet erhoben worden, denn der Widerspruchsbescheid vom 30.9.2002 sei der in Deutschland wohnenden Bevollmächtigten am 8.10.2002 zugestellt worden. Selbst wenn man aufgrund des Wohnortes der Klägerin im Ausland von einer dreimonatigen Frist zur Erhebung der Klage ausgehen würde, sei diese bei Einlegen der Klage abgelaufen gewesen.

Mit Schreiben vom 24.3.2003 hat die Klägerin vorgetragen, sie habe ihre Klage einen Tag vor Ablauf der Abgabefrist bei dem Postamt in Bosnien per Einschreiben abgesandt. Damit sei die dreimonatige Frist eingehalten. Die Klägerin hat eine Einsendebestätigung der Post Sarajevo vom 7.1.2003 zu den Akten gereicht.

Mit Beschluss vom 7.5.2003 hat das Sozialgericht die Verfahren S 6 KN 32/03 und S 6 KN 62/03 miteinander verbunden und das Verfahren unter dem ersten Aktenzeichen fortgeführt.

Mit Urteil vom 4.6.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Klage zulässig. Sie sei fristgerecht erhoben worden. Die Klägerin habe die aufgrund der falschen Rechtsmittelbelehrung laufende Jahresfrist eingehalten. Die Rechtsmittelbelehrung stelle auf eine Bekanntgabe des Bescheides ab. Tatsächlich habe die Beklagte aber den Widerspruchsbescheid ausweislich Postzustellungsurkunde zugestellt. Die Rechtsmittelbelehrung bedürfe der Eindeutigkeit, an der es fehle, wenn der Begriff einer formlosen Bekanntgabe gewählt und formell zugestellt werde. Die Klage sei jedoch unbegründet. Mögliche deutsche Versicherungszeiten des verstorbenen Versicherten seien mit dem Vertrag vom 10.3.1956 auf den jugoslawischen Versicherungsträger übergegangen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b, Art. 3 Buchstabe a). Rentenansprüche wegen der ursprünglich deutschen Zeiten könnten nur noch gegen den jugoslawischen Versicherungsträger geltend gemacht werden (Art. 2 Buchstabe b).

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor, ihr verstorbener Mann habe gemeinsam mit einem Nachbarn in Deutschland gearbeitet. Diesem Nachbarn seien Versicherungszeiten anerkannt und eine Rente gewährt worden. Die Klägerin hat einen Bescheid der LVA Niederbayern-Oberpfalz vom 4.12.2002 (betrifft den Versicherten Herrn K N1) zu den Gerichtsakten gereicht. Die Zeiten vom 3.6.1941 bis zum 3.6.1942, also dreizehn Beitragsmonate seien nicht strittig, gleichwohl würden diese Zeiten von keinem Rentenversicherungsträger berücksichtigt. Der bosnische Rentenversicherungsträger habe die Anerkennung ausdrücklich abgelehnt. Die Beklagte verschweige zudem die Ersatzzeiten, die ihr Mann als Soldat bei der deutschen Wehrmacht von Juni 1943 bis Mai 1945 geleistet habe. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, 1974 in Jugoslawien die Ersatzzeiten ihres Mannes für den deutschen Wehrdienst geltend zu machen. Außerdem seien solche Ersatzzeiten nicht in dem Abkommen, das am 29.11.1958 in Kraft getreten sei, geregelt worden.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 4.6.2003 zu ändern und gemäß ihrem Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 4.6.2003 zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Klage sei ausgehend von der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides am 8.10.2002 verfristet erhoben worden. Die im Widerspruchsbescheid erteilte Rechtsmittelbelehrung sei richtig gewesen. Die vom Sozialgericht in seinem Urteil vom 4.6.2003 zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6.12.1996 sei durch die Änderung des § 87 SGG mit Wirkung vom 2.1.2002 (n.F.) bedeutungslos geworden. § 87 SGG n.F. stelle für den Fristbeginn ausdrücklich auf die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes bzw. Widerspruchsbescheides ab. Hierbei könne es sich um die Zustellung oder die formlose Bekanntgabe handeln.

Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, ihr seien die Unterlagen und der Ablehnungsbescheid von ihrer (damaligen) Bevollmächtigten zu spät zugestellt worden. Es sei dann eine gewisse Zeit vergangen, bis sie einen Dolmetscher für die Übersetzung und das Verfassen der Klage gefunden habe. Sie habe aber die Dreimonatsfrist eingehalten, die für sie gelte, da sie tatsächlich im Ausland lebe. Ihre Bevollmächtigte sei zu dieser Zeit sehr krank gewesen, sie sei am Hüftgelenk operiert worden und habe im Krankenhaus gelegen. Sie sei daher nicht im Stande gewesen, sie weiter zu vertreten. Die Klägerin hat eine eidesstattliche Erklärung ihrer ehemaligen Bevollmächtigten vom 14.4.2004 zu den Gerichtsakten gereicht. Darin führt die Bevollmächtigte aus, sie sei im Herbst 2002 für sechs Wochen von zu Hause abwesend gewesen. Sie mache zweimal im Jahr Kururlaub. In dieser Zeit sei der Bescheid zugestellt worden. Die Frist zum Widerspruch sei sodann verstrichen gewesen und sie habe den Bescheid an die Klägerin weitergeleitet mit der Bitte, aus der Heimat Widerspruch zu erheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Obgleich die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, konnte der Senat verhandeln und entscheiden, weil die Klägerin in der Ladung auf diese, sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebende Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.3.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2002 erhobene Klage abgewiesen und entschieden, dass die Klage zulässig (1), aber unbegründet (2) ist. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG.

(1) Die am 13.1.2003 gegen den Widerspruchsbescheid vom 30.9.2002 erhobene Klage ist zulässig. Sie ist innerhalb eines Jahres nach der Zustellung des Widerspruchsbescheides und damit fristgemäß erhoben worden.

Nach § 87 Abs. 1 in Verbindung mit Absatz 2 SGG in der ab dem 2.1.2002 geltenden Fassung des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001 (BGBl I S. 2144) (6. SGGÄndG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe des Bescheides im Ausland drei Monate. Die Dreimonatsfrist gilt aber nicht für Zustellungen an inländische Bevollmächtigte, da es sich hierbei um Zustellungen im Inland handelt (Meyer-Ladewig, Sozialgesetzbuch, 1. Auflage 2003, § 87 Abs. 3). Für die in Deutschland wohnhafte Bevollmächtigte der Klägerin war eine unter dem 29.2.2000 erteilte Vollmachtsurkunde aktenkundig. Die Beklagte hatte daher den für die -im Ausland wohnhafte- Klägerin bestimmten Widerspruchsbescheid vom 30.9.2002 an die Bevollmächtigte zuzustellen (§ 37 Abs. 1 und 5 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs -Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- SGB X in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz -VwZG-). Die Zustellung an die Bevollmächtigte erfolgte ordnungsgemäß ausweislich Postzustellungsurkunde am 8.10.2002 im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten (§ 85 Abs. 3 Satz 2 SGG, § 3 Abs. 1 bis 3 VwZG in Verbindung mit § 180 Zivilprozeßordnung -ZPO-). Mit der Einlegung am 8.10.2001 galt der Widerspruchsbescheid als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO) und die maßgebende Monatsfrist zur Erhebung der Klage hätte nach § 64 Abs. 1 SGG am 9.10.2002 begonnen und nach § 64 Abs. 2 SGG mit Ablauf des 8.11.2002 geendet.

Ein derartiger Fristenverlauf wurde im vorliegenden dadurch verhindert, dass die in dem Widerspruchsbescheid vom 30.9.2002 erteilte Rechtsmittelbelehrung nicht den Anforderungen entspricht, wie sie von der Rechtsprechung zu § 66 SGG entwickelt worden sind. Nach § 66 Abs. 1 SGG beginnt die Rechtsmittelfrist -hier die Klagefrist- nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich und zutreffend belehrt worden ist. Ist die Belehrung unrichtig erteilt, ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG). Im vorliegenden gilt die Jahresfrist, weil die in dem Widerspruchsbescheid vom 30.9.2002 erteilte Rechtsmittelbelehrung unrichtig ist.

Das Sozialgericht hat unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Entscheidung vom 6.12.1996 (BSG -13 RJ 19/96- in SozR 3-1500 § 66 Nr. 6) die in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid erteilte Rechtsmittelbelehrung deshalb als unrichtig angesehen, weil hierin hinsichtlich der einzuhaltenden Frist auf die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides abgestellt worden ist und nicht auf dessen Zustellung, obgleich eine solche tatsächlich an die Bevollmächtigte der Klägerin erfolgt ist. Das Bundessozialgericht hatte in seiner Entscheidung vom 6.12.1996 entschieden, dass die Belehrung über eine Rechtsbehelfsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe, wenn tatsächlich zugestellt worden ist, mißverständlich und daher unrichtig ist. Ob der Auffassung der Beklagten, diese höchstrichterliche Rechtsprechung sei durch die zum 2.1.2002 in Kraft getretene Änderung des § 87 SGG (n.F.) bedeutungslos geworden, weil die Neuregelung allein auf die "Bekanntgabe" des Widerspruchsbescheides abstelle und nicht mehr wie die Vorgängerregelung in der Fassung bis zum 1.1.2002 (§ 87 a.F.) zwischen "Bekanntgabe" und "Zustellung" unterscheide, zu folgen ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden, weil die Rechtsmittelbelehrung darüber hinaus an dem Mangel der Benennung von zwei Klagefristen leidet und schon aus diesem Grund unrichtig im Sinne des § 66 Abs. 2 SGG ist (dazu unten). An dieser Stelle bleibt darauf hinzuweisen, dass in der Literatur weiterhin der bloße Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung auf die "Bekanntgabe" des Bescheides als ungenau und mißverständlich angesehen wird, wenn die Behörde tatsächlich den Weg der Zustellung gewählt hat, weil für den Empfänger der Beginn der Frist genau ermittelbar sein müsse (Meyer-Ladewig, aaO, § 66 Rdn. 8; Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 1. Auflage 2003, § 66 Rdn. 5). Auch der Senat hält es bei dem im Gesetz enthaltenen "vielschichtigen" Begriff der "Bekanntgabe", der eine formlose Bekanntgabe aber auch eine förmliche Zustellung umfasst, durchaus für geboten, genauere Angaben zum Fristbeginn in die Rechtsmittelbelehrung für die konkret gewählte Form der Bekanntgabe aufzunehmen. Denn so ist beispielsweise bei einer Zustellung des Bescheides durch die Post mit Zustellungsurkunde nach § 3 VwZG (in Verbindung mit §§ 177 bis 181 ZPO) der gesetzliche Fristbeginn bei ein und demselben tatsächlichen Zugangsdatum ein anderer als bei einer Zustellung des Bescheides durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes nach § 4 VwZG. Während ein beispielsweise nach § 180 ZPO zugestellter Bescheid mit der Einlegung in den Briefkasten als zugestellt gilt (Satz 2), gilt ein mittels eingeschriebenen Briefes zugestellter Bescheid mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, das zuzustellende Schriftstück ist nicht oder zu einem späterem Zeitpunkt zugegangen (§ 4 Abs. 1 VwZG). Ausgehend von der jeweiligen gesetzlichen Anordnung des Zustellungszeitpunktes ergibt sich als Fristbeginn gemäß § 64 Abs. 1 SGG der Tag nach der Zustellung. Um also die genaue Rechtsmittelfrist berechnen zu können, muß der Bescheidempfänger darüber informiert sein, wann die Zustellung des Bescheides als erfolgt gilt und dass der Lauf der Rechtsmittelfrist am Tag nach Zustellung beginnt. An diesen Angaben fehlt es jedenfalls in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Widerspruchsbescheides.

Ungeachtet dessen leidet die Rechtsmittelbelehrung an dem Mangel, dass sie zusätzlich zu der maßgebenden Monatsfrist nach § 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG eine weitere Klagefrist von drei Monaten bei "Bekanntgabe außerhalb des Bundesgebietes" aufführt. Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung weitere Zusätze, die über die Erfordernisse des § 66 Abs. 1 SGG hinausgehen, müssen diese richtig sein (BSG Beschluss vom 2.3.1995, 7 BAr 136/94 in SozR 3-1500 § 66 Nr. 3). Wird die Rechtsmittelbelehrung durch unnötige Informationen überfrachtet und sind diese geeignet, Unklarheit und Verwirrung zu stiften, kann eine Gesamtwertung ergeben, dass die Rechtsbehelfsbelehrung als unrichtig im Sinne des § 66 Abs. 2 Satz 1 anzusehen ist (BSG Urteil vom 31.8.2000 -B 3 P 18/99 R- in JURIS). Im vorliegenden war die Konstellation gegeben, dass der für die im Ausland lebende Klägerin bestimmte Widerspruchsbescheid an die im Inland lebende Bevollmächtigte zugestellt wurde. Damit handelt es sich -wie bereits dargelegt- um eine Zustellung im Inland, für die die Monatfrist maßgebend ist. Nur über diese Frist musste und durfte die Beklagte im Interesse der Klarheit und Eindeutigkeit belehren, jedenfalls dann, wenn -wie hier geschehen- ergänzende Erläuterungen zu den aufgeführten Klagefristen unterbleiben. Es kann nicht dem Bescheidempfänger überlassen bleiben, unter mehreren ihm mitgeteilten Fristen die für ihn zutreffende herauszufinden. Einem durchschnittlichen, rechtsunkundigen Empfänger wird es regelmäßig unbekannt sein, dass die Zustellung eines Widerspruchsbescheides, der für einen im Ausland wohnhaften Adressaten bestimmt ist, an dessen inländischen Bevollmächtigten allein die Monatsfrist nach § 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGG auslösen kann. Ziel der Rechtsmittelbelehrung muß es aber sein, den Empfänger der Entscheidung über den wesentlichen Inhalt der zu beachtenden Vorschriften zu unterrichten und es ihm so zu ermöglichen, ohne Gesetzeslektüre oder weitere rechtliche Nachforschungen die ersten Schritte zur ordnungsgemäßen Durchführung des Rechtsmittels einzuleiten (vgl. BSG vom 6.12.1996, aaO). Der Zusatz, dass bei einer "Bekanntgabe außerhalb des Bundesgebietes" die Frist zur Klageerhebung drei Monate beträgt, ist im vorliegenden unter Würdigung der Gesamtumstände objektiv geeignet, bei einem durchschnittlichen Empfänger die irrtümliche Vorstellung hervorzurufen, dass soweit der Bescheid an den im Ausland lebenden Adressaten weitergeleitet und damit auch ihm im umgangssprachlichen Sinne "bekannt gegeben" worden ist, für ihn, weil im Ausland lebend, die Dreimonatsfrist gilt. Die zusätzliche Angabe der Dreimonatsfrist in der Rechtsmittelbelehrung ist mißverständlich und daher geeignet, den Informationswert der anderen richtigen Frist zu mindern (vgl. BSG Urteil vom 28.5.1991 -13/5 RJ 48/90 in SozR 3-1500 § 66 Nr. 1). In der Äußerung der Klägerin, sie habe die Dreimonatsfrist eingehalten, die für sie gelte, weil sie tatsächlich im Ausland lebe, zeigt sich, dass sie hinsichtlich der in ihrem Fall maßgebenden Klagefrist tatsächlich irregeführt worden ist. Auch die Erklärung der früheren Bevollmächtigten, sie habe nach Fristablauf den Bescheid an die Klägerin weitergeleitet, mit der Bitte Klage "aus der Heimat" zu erheben, spricht dafür, dass sie ebenfalls die Dreimonatsfrist für den Fall maßgebend hielt, wenn der Bescheid an die im Ausland lebende Klägerin abgegeben wird und diese selbst aus dem Ausland Klage erhebt. Damit der Berechtigte, der sich fristgerecht entscheiden muß, keinem Zweifel über seine Rechte unterliegt, besteht bezüglich der Angaben über die Möglichkeiten und Grenzen von Rechtsbehelfen bzw. Rechtsmitteln ein besonderes Bedürfnis nach Klarheit und Eindeutigkeit (vgl. BSG vom 28.5.1991, aaO). Mit dieser Forderung läßt es sich nicht vereinbaren, wenn bei der vorliegenden Fallkonstellation die Rechtmittelbelehrung des angefochtenen Widerspruchsbescheides zwei Klagefristen benennt. Die Rechtsmittelbelehrung ist aus diesem Grund unrichtig und löst die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG aus. Die Klägerin konnte daher noch bis zum 8.10.2003 Klage erheben, so dass die am 13.1.2003 eingegangene Klage fristgerecht ist.

(2) Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Witwenrente aus der deutschen Rentenversicherung, denn für den Versicherten liegen keine berücksichtigungsfähige Versicherungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vor, die die allgemeine Wartezeit erfüllen könnten (§ 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -Gesetzliche Rentenversicherung- SGB VI). Auf die allgemeine Wartezeit von mindestens 60 Beiträgen sind u.a. Kalendermonate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten anrechenbar (§ 51 Abs. 1 und 4 SGB VI). Die von dem Versicherten zur (reichs-)deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge für die Zeit vom 3.6.1941 bis zum 3.6.1942 aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung in Deutschland (13 Kalendermonate) und mögliche Ersatzzeiten wegen des geleisteten Wehrdienstes in der deutschen Wehrmacht in den Jahren 1943 bis 1945 (zu denen die Beklagte bislang keine anfechtbare Entscheidung getroffen hat) fallen als vor dem 1.1.1956 zurückgelegte Versicherungszeiten in die jugoslawische bzw. jetzt bosnische Versicherungslast. Für ihre Entschädigung ist die deutsche gesetzliche Rentenversicherung nicht (mehr) zuständig. Das ergibt sich aus dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Förderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10.3.1956 (BGBl 1958 II, S. 170), welcher im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien-Herzegowina so lange weiter anzuwenden ist, bis beide Seiten etwas Abweichendes vereinbaren (Bekanntmachung vom 16.11.1992, BGBl II S. 1196).

Nach Art. 1 Abs. 1 des Vertrages vom 10.3.1956 sollen Ansprüche aus den Sozialversicherungen (u.a. Versicherungen für den Fall der Invalidität oder der Berufsunfähigkeit, des Alters und des Todes) durch Zahlung von Pauschalbeträgen abgegolten werden. Darunter fallen nach Buchstabe b) auch alle Anwartschaften und Ansprüche aus den genannten Sozialversicherungen von jugoslawischen Staatsangehörigen, die am 1.1.1956 ihren ständigen Wohnsitz im Gebiet der Förderativen Volksrepublik Jugoslawien hatten, soweit diese Anwartschaften und Ansprüche aufgrund der bis zum 1.Januar 1956 in der deutschen Sozialversicherung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ( ...) zurückgelegten Versicherungszeiten (Beitrags- und Ersatzzeiten) erwachsen sind. Nach Abs. 2 hatte die Bundesrepublik Deutschland den sich zugunsten der Förderativen Volksrepublik Jugoslawien ergebenden Unterschiedsbetrag in Höhe von 26 Millionen Deutsche Mark zwischen den für die Anwartschaften und Ansprüche der deutschen und jugoslawischen Versicherten berechneten Pauschbeträge zu zahlen.

Diese Versicherungslastregelung ist auf den Versicherten und seine in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten anzuwenden, da er am 1.1.1956 jugoslawischer Staatsangehöriger war und am 1.1.1956 auch im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien (nämlich in der Republik Bosnien-Herzegowina) seinen ständigen Wohnsitz hatte. Der Vertrag vom 10.3.1956 und die darin enthaltenden Versicherungslastregelungen gelten auch in Bezug auf das zeitlich später geschlossene deutsch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen vom 12.10.1968 (BGBl II 1969 Nr. 50 S. 1438) weiter. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) Sozialversicherungsabkommen sind Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates auf Staatsangehörige des anderen Vertragsstaates anwendbar wie auf eigene Staatsangehörige, davon unberührt bleiben aber Versicherungslastregelungen gemäß Ziffer 2 Buchstabe b) des Schlussprotokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Förderativen Volksrepublik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, d.h. bei der Anwendung von deutschen Rentenvorschriften auf jugoslawische Versicherte ist der Vertrag vom 10.3.1956 weiterhin zu berücksichtigen bzw. die dort in Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b) getroffene Versicherungslastregelung. Eine Ausnahme hiervon gilt nur für Personen, auf die das Fremdrentengesetz (FRG) Anwendung findet. Das ergibt sich aus Ziffer 12 a und b des vorbezeichneten Schlussprotokolls. Die nach dem FRG anzuerkennenden Zeiten werden als Zeiten in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt. Auf den Versicherten findet aber das FRG keine Anwendung, weil er nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis zählt. Er war insbesondere nicht als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt. Die von dem Versicherten in Deutschland zurückgelegten Zeiten sind daher auf den jugoslawischen bzw. nach Auflösung des ehemaligen Jugoslawien bosnischen Rentenversicherungsträger übergegangen. Das ergibt sich aus Art. 2 Buchstabe b) des Vertrages vom 10.3.1956, wonach die Träger der jugoslawischen Sozialversicherung gegenüber den in Art. 1 Abs. 1 Ziffer b genannten jugoslawischen Staatsangehörigen alle Verpflichtungen aus den in Art. 1 Abs. 1 Ziffer b bezeichneten Anwartschaften und Ansprüchen nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts übernehmen. Den Hinweis auf die Bewertung der Zeiten nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechtes gilt es zu beachten im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, die deutschen Beitragszeiten von 3.6.1941 bis zum 3.6.1942 seien dem Versicherten im Jahr 1971 bei der Feststellung seiner Invalidenrente vom bosnischen Versicherungsträger nicht anerkannt worden. Es handelt sich hierbei um eine nach innerstaatlich geltendem, jugoslawischem Rentenrecht vorgenommene Ablehnung der Beschäftigungszeiten in Deutschland, die nicht dazu führen kann, dass diese Zeiten -entgegen der im Vertrag vom 10.1.1956 festgestellten jugoslawischen Versicherungslast- von der nicht mehr zuständigen deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu entschädigen sind. Dem steht insbesondere Art. 3 Buchstabe a) des Vertrages vom 10.3.1956 entgegen, wonach mit der Zahlung des in Art. 1 Abs. 2 genannten Unterschiedsbetrages die Träger der deutschen Sozialversicherung, bei denen die nach Artikel 1 Abs. 1 Ziffer b bezeichneten Anwartschaften und Ansprüche -also diejenigen der jugoslawischen Versicherten- erwachsen sind, von allen Verpflichtungen aus diesen Anwartschaften und Ansprüchen befreit sind. Zahlungsverpflichteter Rentenversicherungsträger ist daher allein der jugoslawische bzw. jetzt bosnische Versicherungsträger. Die deutsche gesetzliche Rentenversicherung und damit auch die Beklagte sind materiell rechtlich nicht zur Leistung verpflichtet.

Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auf eine von der LVA Niederbayern-Oberpfalz verfügte Rentengewährung zugunsten des Versicherten K N1 Bezug nimmt, bleibt abschließend darauf hinzuweisen, dass sich hieraus keine andere Beurteilung im vorliegenden Fall ergeben kann. Grundsätzlich ist die Frage einer möglichen Rentengewährung für jeden Einzelfall gesondert unter Berücksichtigung der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften und der tatsächlichen Einzelumstände zu prüfen und zu entscheiden. Diese Prüfung führt im Fall der Klägerin zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
Saved