L 19 B 2/05 AS ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AS 14/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 2/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.01.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller haben bis Dezember Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bezogen. Mit Bescheid vom 02.12.2004 stellte die Antragsgegnerin die Leistungen zum 01.12.2004 ein, weil sie davon ausging, dass die Antragstellerin zu 1) in einer Gaststätte als Kellnerin arbeitete. Hiergegen legte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Antragstellerin zu 1) in keinem Arbeitsverhältnis stehe.

Bereits am 07.10.2004 hat die Antragstellerin zu 1) einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestellt. Ende Dezember wandte sich die Antragstellerin erneut an die Antragsgegnerin und beantragte die Gewährung von Hilfe für sich und ihre Kinder. Der zuständige Sachbearbeiter soll es abgelehnt haben, einen entsprechenden Antrag aufzunehmen und soll sie auf den vorläufigen Rechtsschutz verwiesen haben. Die Antragsteller haben am 10.01.2005 um einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht Düsseldorf nachgesucht mit dem Antrag,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragsteller bis zur rechts-kräftigen Entscheidung in der Hauptsache monatlich 345,- Euro sowie an die Antragstellerin zu 2) monatlich einen Betrag in Höhe von 55,50 Euro und an den Antragsteller zu 3) monatlich einen Betrag in Höhe von 55,50 Euro zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern bis zur Bescheidung ihres Antrages vom 20.12.2004 ab dem 01.01.2005 70% der gesetzlichen Höhe der Leistungen nach dem SGB II zu gewähren und im Übrigen den Antrag abgelehnt.

Gegen den am 01.02.2005 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 28.02.2005 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.

Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass das Gericht ihnen 100% der gesetzlichen Leistungen hätte zusprechen müssen.

Die beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.01.2005 insoweit abzuändern, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet ist, den Antragstellern bis zur Bescheidung ihres Antrages vom 20.12.2004 ab dem 01.01.2005 100% der gesetzlichen Höhe der Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass die gerichtlich beschlossene Absenkung der Leistungen auf 70% nicht zu beanstanden sei. Ferner weist sie darauf hin, dass an die Antragsteller für die Monate Januar und Februar jeweils 70% der gesetzlichen SGB II - Leistungen gezahlt worden seien, und zwar insgesamt 440,- Euro, und dass zum 01.03.2005 die Zahlungen wieder eingestellt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Beschwerde der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3) ist schon deshalb der Erfolg zu versagen, weil sie einen Anordnungsantrag nicht glaubhaft gemacht haben.

Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die einstweilige Anordnung dient lediglich der Sicherung, nicht schon der Befriedigung von (glaubhaft gemachten) Amsprüchen. Sie darf die Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unzulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nur dann, wenn es zur Vermeidung schlechthin unzumutbarer Folgen für den betreffenden Antragsteller notwendig ist, dass das Gericht die begehrte einstweilige Anordnung erlässt. Andernfalls würde die Entscheidung im Hauptsacheverfahren unzulässigerweise in das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorverlagert. In der Regel muss deshalb Rechtsschutz im Hauptverfahren erstritten werden, es sei denn, dass nicht wieder gutzumachende Nachteile für den jeweiligen Antragsteller entstehen, wenn der von ihnen begehrte vorläufige Rechtsschutz nicht gewährt wird. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 29 b Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, dass ihm der umstrittene oder zu sichernde Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und die Regelung eines vorläufigen Zustandes nötig erscheint (Anordnungsgrund).

Für die Antragsteller zu 2) und 3) fehlt es an einem Anordnungsanspruch, weil ihr Bedarf bereits durch ihnen zur Verfügung stehendes Einkommen gedeckt ist. Die Antragsteller zu 2) und 3) gehören gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) zur Bedarfsgemeinschaft mit der Antragstellerin zu 1). Ihnen steht als Berechtigte Sozialgeld gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 Nr. 1 SGB II zu. Da die Antragsteller zu 2) und 3) das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, beläuft sich das Sozialgeld jeweils auf monatlich 207,- Euro. Hinzu kommen die anteiligen Kosten der Unterkunft, die hier mit 175,- Euro anzusetzen sind. Mithin beträgt der Bedarf 382,- Euro monatlich. Als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind die jeweiligen Unterhaltsleistungen in Höhe von 249,- Euro abzusetzen. Danach verbleibt ein Bedarf von 133,- Euro. Dieser bedarf wird durch das Kindergeld in Höhe von 154,- Euro monatlich vollständig gedeckt. (§ 11 Absatz 1 Satz 3 SGB II), so dass ein "Überschuss" von jeweils 21,00 Euro verbleibt.

Die Antragstellerin zu 1) hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Auf die bisher vom Senat nicht entschiedene Frage, ob im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die gerichtlich zu bewilligenden Leistungen abzusenken sind - nach der nicht unumstrittenen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. z.B. Beschluss vom 01.06.1988 - 8 B 1057/88, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht und 1989,1085) galt eine Absenkung auf 80% des Regelsatzes lediglich für erwachsene Haushaltsangehörige - kommt es vorliegend nicht an. Ausgehend von der beantragten Leistung, die in der Antragsschrift mit monatlich 345,- Euro angegeben worden ist, ist der Bedarf für die Monate Januar und Februar durch die von der Antragsgegnerin erbrachten Leistungen in Höhe von monatlich 220,- Euro teilweise gedeckt. Ferner muss sich die Antragstellerin jeweils zweimal 21,- Euro pro Monat gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II auf den Bedarf anrechnen lassen. Es handelt sich hierbei um das von den Antragstellern zu 2) und 3) zu ihrer Bedarfsdeckung nicht benötigte Kindergeld. Von dem geltend gemachten Betrag in Höhe von 345,- Euro sind demnach lediglich 83,- Euro pro Monat ungedeckt (345,- Euro minus 220,- Euro minus 42,- Euro). Es finden sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes in der Weise, dass die Antragstellerin zu 1) diesen relativ geringen Fehlbetrag nicht für einen kurzen Zeitraum von zwei Monaten hat überbrücken können. Die Festlegung dieses Zeitraumesergibt sich daraus, dass sicherungsfähig im vorliegenden Fall nur der Zeitraum von der Antragstellung bei Gericht - das war der 10.01.2005 - bis zum 09.03.2005 ist. Hierzu hat die Antragstellerin zu 1) mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 07.03.2005 den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II abgelehnt habe und seit dem 10.03.2005 ein weiteres einstweiliges Anordnungsverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf anhängig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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