L 19 R 123/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 474/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 123/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21.01.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Bewilligung von Rentenleistungen wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit.

Der 1957 geborene Kläger hat nach eigenen Angaben 1977 die Prüfung eines technischen Zeichners abgelegt und anschließend mit Unterbrechungen bis 1983 verschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Danach war er bis 1994 als Omnibusfahrer und zuletzt bei einer Spedition als LKW-Fahrer (Ausfahren von Lebensmitteln) versicherungspflichtig bis 15.12.1996 beschäftigt.

Den ersten Rentenantrag des Klägers vom 25.08.1997, gestellt wegen der Gesundheitsstörungen chronisches Halswirbelsäulen-Lendenwirbelsäulensyndrom und Zustand nach Arthroskopie rechtes Kniegelenk, lehnte die Beklagte mit bindendem Bescheid vom 24.10.1997 ab und verwies den Kläger auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Grundlage für die ablehnende Entscheidung der Beklagten waren ein internistisches Gutachten, der Heilverfahrens-Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad A. (Heilverfahren vom 26.02. bis 19.03.1997) und ein orthopädisches Gutachten.

Am 20.10.1999 beantragte der Kläger wiederum Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen der Gesundheitsstörungen "chronische Bandscheibenwölbung, starke Migräne, des öfteren Atembeschwerden". Die Beklagte ließ den Kläger durch den Internisten und Sozialmediziner Dr.S. untersuchen, der im Gutachten vom 01.12.1999 leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus vollschichtig für zumutbar hielt. Im Hinblick auf das Ergebnis dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.12.1999 und Widerspruchsbescheid vom 19.06.2000 Rentenleistungen ab, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsetzbar sei.

Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat im Klageverfahren zunächst eine Auskunft des Arbeitsamtes Würzburg über den Leistungsbezug des Klägers sowie Befundberichte und Unterlagen des Orthopäden Dr.A. und des Allgemeinarztes Dr.S. zum Verfahren beigezogen, außerdem aus dem Klageverfahren wegen Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz das Gutachten der Sachverständigen Dr.J. vom 09.10.2002. Danach beträgt der Gesamt-GdB 40 (Bescheid des AVF Würzburg vom 28.10.2002). Die von Amts wegen gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.O. (Neurologe und Psychiater) und Dr.H. (Orthopäde) sind in den Gutachten vom 29.05.2002 bzw 30.12.2002 zu dem Ergebnis gekommen, dem Kläger seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Vollschicht zumutbar. Auf Antrag des Klägers hat Prof. Dr.Dr.B. (M.) das Gutachten vom 20.07.2003 erstattet, in dem er zu der Beurteilung gelangt ist, dass der Kläger ab Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen eines schwersten Fibromyalgie-Syndroms nur noch weniger als 2 Stunden täglich einsetzbar sei. Das SG hat abschließend Dr.F. (Rehabilitationskliniken Bad B.) gehört, der im Gutachten vom 02.12.2003 eine vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten angenommen hat.

Mit Urteil vom 21.01.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, es sei im Anschluss an die Ausführungen von Dr.F. , der sich ausführlich mit der Begutachtung des Prof. Dr.Dr.B. auseinandergesetzt habe, zu der Überzeugung gelangt, der Kläger verfüge noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Mit diesem könne er noch subjektiv wie objektiv zumutbare Verweisungstätigkeiten ausüben. Der bisherige Beruf eines LKW-Fahrers (Führerscheinklasse II) sei bestenfalls eine qualifiziert angelernte Tätigkeit. Der Kläger sei damit auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners, die er mit seinem Leistungsvermögen ohne Weiteres ausüben könne, verweisbar. Da es sich hierbei um eine von einem Tarifvertrag erfasste Tätigkeit handele, könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger für die Tätigkeit eines einfachen Pförtners der Arbeitsmarkt verschlossen sei. Es bestehe eine Vermutung dafür, dass es für solche Tätigkeiten Arbeitsplätze in einer Zahl gebe, welche die Annahme ausschließe, der Versicherte habe praktisch keine Chance mehr, eine solche Arbeitsstelle zu erlangen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung lägen somit nicht vor.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung und bringt vor, entgegen der Auffassung des SG seien die Voraussetzungen des Rentenanspruchs unter Zugrundelegung des Gutachtens von Prof. Dr.Dr.B. erfüllt. Das SG lege nicht dar, warum die Herangehensweise dieses ärztlichen Sachverständigen medizinisch unvertretbar sein solle. Bei Prof. Dr.Dr.B. handele es sich um einen Spezialisten auf dem Gebiet der Fibromyalgie. Deshalb sei keinesfalls davon auszugehen, dass der Kläger noch vollschichtig bzw ab 01.01.2001 noch mehr als 6 Stunden einsetzbar und auf zumutbare Beschäftigungen verweisbar sei.

Der Kläger beantragt im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18.08.2004:

1. Das Urteil des SG Würzburg vom 21.01.2004 und der Bescheid der Beklagten vom 27.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2000 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte ist der Auffassung, aus der Berufungsbegründung des Klägers ergäben sich keine neuen wesentlichen Gesichtspunkte, die zu einer Änderung ihrer bislang vertretenen Auffassung führen könnten. An den nach wie vor zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil werde festgehalten.

Die Beteiligten erklären sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben.

Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) und Erwerbsunfähigkeit (EU). Die dem angefochtenen Urteil des SG Würzburg vom 21.01.2004 zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 27.12.1999 und 19.06.2000 erweisen sich somit nicht als rechtswidrig. Zutreffend hat das SG entschieden, dass das Leistungsvermögen des Klägers noch nicht in den unter vollschichtigen Bereich gesunken ist. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das SG nicht der Leistungsbeurteilung von Prof. Dr.Dr.B. im Gutachten vom 20.07.2003 gefolgt ist. Dessen Ausführungen sind auch zur Überzeugung des Senats nicht überzeugend. Mit der Auffassung dieses ärztlichen Sachverständigen hat sich der abschließend vom SG gehörte Sachverständige Dr.F. , der ärztliche Leiter des Deutschen Zentrums für Fibromyalgie am Klinikum Bad B. , im Gutachten vom 02.12.2003 eingehend auseinandergesetzt. Der Sachverständige Prof. Dr.Dr.B. vertritt im Vergleich zur herrschenden Meinung in der Medizin insoweit eine Außenseiterauffassung. Nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen des SG zur beruflichen Qualifikation des Klägers, wonach dieser als LKW-Fahrer anzusehen ist, für dessen Berufsausübung lediglich die Fahrerlaubnis der Führerscheinklasse II erforderlich war. Selbst wenn man hierfür eine Anlerntätigkeit - oberer Bereich - iS des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas annimmt, ist der Kläger noch nicht wenigstens berufsunfähig. Denn die Verweisung des Klägers auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners ist rechtlich nicht zu beanstanden. Da der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig iS der bis 31.12.2000 geltenden Vorschriften ist und sich im Berufungsverfahren keine neuen Erkenntnisse ergeben haben, weist der Senat die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 SGG.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz unterlegen war.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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