L 14 R 4202/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 1639/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 4202/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 9. August 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Auszahlung einer ungekürzten Witwenrente ohne Anrechnung von Einkommen und ohne Abzug von Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Die 1925 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten neben einer eigenen Altersrente seit 01.04.2001 die große Witwenrente nach ihrem verstorbenen Ehegatten J. S. (Bescheid vom 09.05.2001). Bei der Berechnung des Auszahlungsbetrages der Witwenrente wurden für die Zeit ab 01.07.2001 die eigene Altersrente der Klägerin in Höhe von DM 276,03 als anzurechnendes Einkommen berücksichtigt und im Übrigen Beitragsanteile zur Krankenversicherung (DM 123,79) und zur Pflegeversicherung (DM 15,14) abgezogen, so dass ein Rentenzahlbetrag in Höhe von DM 1.642,24 verblieb.

Einen im Januar 2003 gestellten Antrag der Klägerin auf Überprüfung der Witwenrentenberechnung, mit dem sie eine höhere Rente ohne Abzüge begehrte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.01.2003 ab. Die Überprüfung des Bescheides vom 09.05. 2001 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente sei zutreffend gemäß § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unter Anrechnung der eigenen versicherten Rente der Klägerin festgestellt worden. Der hiergegen gerichtete Widerspruch, mit dem die Klägerin sich auch gegen den Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung wandte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.04. 2003, u.a. unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.06.1998 - BvR 1485/86 - zur Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf Hinterbliebenenrenten zurückgewiesen.

Mit einem am 02.07.2003 eingegangenen Schreiben wandte sich die Klägerin mit dem erneuten Begehren einer "vollen" Witwenrente gegen die von der Deutschen Post AG im Namen der Beklagten ausgestellte Mitteilung der Rentenanpassung zum 01.07.2003. Diese enthielt die Anpassung der Altersrente (1.140,73 Euro anstelle von bisher von 1.128,95 Euro) und der Witwenrente der Klägerin (943,24 Euro anstelle von bisher 932,59 Euro) sowie u.a. die Mitteilung über die neu festgestellten, von der Witwenrente abzusetzenden Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung (70,27 Euro anstelle von bisher 67,61 Euro bzw. 8,02 Euro anstelle von bisher 7,92 Euro), ferner einer Berechnung des auf die Witwenrente anzurechnenden, wegen der Rentenanpassung zum 01.07.2003 neu festzustellenden zu berücksichtigenden Einkommens. Letzteres betrug nunmehr 142,49 Euro (zuvor 141,92 Euro), der auszuzahlende Monatsbetrag dementsprechend 864,95 Euro anstelle von 857,06 Euro zuvor.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2003 zurück. Unter Bezugnahme auf § 97 SGB VI führte sie aus, dass die Anrechnung von Einkommen im Sinne von §§ 18a bis e Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), soweit es einen bestimmten Freibetrag überschreite, bei Zusammentreffen mit einer Rente wegen Todes zutreffend sei.

Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin nunmehr "die volle Rente" ohne irgendeinen Abzug ab März 2001. Sie legte ein Schreiben des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages vom 05.07.2004, an den sie sich mit gleichem Anliegen gewandt hatte, vor. Daraus ist ersichtlich, dass die Klägerin bereits durch Antwortschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 12.02.2003 und des Bundesversicherungsamtes vom 03.02.2004 ausführlich über die Gründe für die Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten und die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung auch von Witwenrenten aufgeklärt wurde; der Petitionsausschuss erklärte, dass er keine Möglichkeit sehe, Rechtsänderungen im Sinne der Petition zu befürworten, und empfahl der Klägerin, ihre Auffassung in dem schon begonnenen Sozialgerichtsverfahren einzubringen.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.08.2004 ab. Soweit die Klägerin sich mit ihrem Begehren gegen den Rentenbewilligungsbescheid vom 09.05.2001 und den Überprüfungsbescheid vom 22.01.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2003 wende, sei die Klage unzulässig, da diese Bescheide bestandskräftig seien. Soweit die Klage gegen die Rentenmitteilung vom 01.07.2003, die einen Verwaltungsakt darstelle, gerichtet sei, sei sie zwar zulässig, aber unbegründet. Die Berechnung der Witwenrente der Klägerin sei zutreffend. Ihre eigene Altersrente sei als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von § 18a Abs.3 Nr.2 SGB IV nach Abzug eines Freibetrages in dem von § 97 SGB VI vorgeschriebenen Umfang auf die Witwenrente anzurechnen. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.06.1998 - 1 BvR 1485/86 -). Auch der Abzug von Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen sei nicht zu beanstanden. Die Beitragszahlungspflicht ergebe sich aus §§ 255, 5 Abs.1 Nr.11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bzw. §§ 20 Abs.1 Nr.11, 59 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Klägerin habe danach die Beiträge als eigene Beiträge aus den von ihr bezogenen Renten zu entrichten.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil und wiederholt sinngemäß ihr bisheriges Vorbringen.

Sie beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 09.08.2004 sowie unter Abänderung des Bescheids über die Rentenanpassung vom 01.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2003 zu verpflichten, ihr in Abänderung des Rentenbescheides vom 09.05.2001 rückwirkend ab 01.04.2001 Witwenrente ohne Anrechnung eigenen Einkommens sowie ohne Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf ihr Vorbringen im ersten Rechtszug und die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Hinterbliebenenrentenakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), sie erweist sich aber nicht als begründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Erstgericht die formal gegen die Rentenanpassungsmitteilung der Deutschen Post AG zum 01.07.2003 gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin begehrt mit ihrer dagegen gerichteten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht nur die Auszahlung eines höheren Hinterbliebenenrentenbetrages - eine unrichtige Rentenanpassung macht sie nicht geltend -, sondern vielmehr die rückwirkende Zuerkennung eines anders berechneten Werts der Hinterbliebenenrente.

Dieses Begehren ist zum einen insoweit unzulässig, soweit man darin - wie das Erstgericht - auch eine Anfechtung des vorangegangenen, bindend gewordenen Rentenbewilligungsbescheides vom 09.05.2001 sowie des ebenfalls bindend gewordenen Überprüfungsbescheides vom 22.01.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2003 sieht. Es ist - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil - darüberhinaus aber auch insgesamt unzulässig. Der gegen die Rentenanpassungsmitteilung gerichteten Klage fehlt es an der notwendigen Beschwer der Klägerin. Diese verkennt den Regelungsgehalt der angefochtenen Anpassungsmitteilung.

Bei dieser durch die Deutsche Post AG im Auftrag der Beklagten ergangenen "Mitteilung" handelt es sich zwar um einen Verwaltungsakt, doch beschränkt sich dieser inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 4 RA 41/98 R). Er hat also nur einen begrenzten Regelungsgehalt (Änderung der wertmäßigen Bestimmung des Rentenrechts nach Änderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage bzw. des aktuellen Rentenwerts). Eine erneute Regelung des Rentenanspruchs dem Grunde nach enthält er nicht: weder wiederholt er inhaltlich die bisherige Regelung noch begründet er das anzupassende Recht neu (BSG a.a.O.). Eine Überprüfung im Rechtsmittelverfahren kann somit allein im Hinblick auf den tatsächlichen Regelungsgehalt (zukunftsgerichtete wertmäßige Neubestimmung des Rentenwerts) in Betracht kommen. Diesen Inhalt greift die Klägerin jedoch nicht an.

Ihrem auch in der zweiten Instanz weiterverfolgten Begehren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Die gegen die Entscheidung des Erstgerichts eingelegte Berufung konnte daher keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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