L 1 KR 38/02

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KR 265/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 38/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Es genügt, dass die kommunalverfassungsrechtlich und untergesetzlich geregelten Aufgabenzuweisungen bei einer abstrakt-generellen Betrachtung der sich daraus ergebenden Tätigkeitsfelder die Annahme rechtfertigen, dass die Zuständigkeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde auch durch zur Sozialversicherungspflicht führende Verwaltungsaufgaben geprägt wird, wenn ansonsten gesichert ist, dass von ihm überhaupt tatsächlich Verwaltungstätigkeiten ausgeübt werden und kein Fall der geringfügigen Beschäftigung vorliegt.

2. Von einer Prägung der Gesamttätigkeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters durch Verwaltungstätigkeiten ist schon dann auszugehen ist, wenn die kommunalverfassungsrechtliche und durch untergesetzliche Normen näher geregelte Zuweisung von Verwaltungsaufgaben qualitativ nicht bloß völlig unbedeutende Bereiche erfasst. Ein quantitatives oder qualitatives Überwiegen der Verwaltungsaufgaben gegenüber sozialversicherungsfreien Repräsentationsaufgaben ist nicht erforderlich.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Bür-germeister einer verbandsangehörigen Gemeinde.

Der Beigeladene zu 1. war in der Zeit vom 01.08.1994 bis 31.12.1997 ehrenamtlicher Bür-germeister der Gemeinde V ... mit etwa 1.700 Einwohnern. Für diese Tätigkeit erhielt er auf der Grundlage der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die vorläufige Regelung der Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlichen Bürgermeister und ehrenamtlichen Beigeordneten vom 15.09.1992 (SächsAEVO, SächsGVBl. Nr. 31 vom 28.09.1991) und der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Regelung der Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlicher Bürgermeister vom 15.02.1996 (SächsAEVO, SächsGVBl. Nr. 4 vom 29.02.1996) monatliche Aufwandsent-schädigungen, die zu zwei Dritteln steuerpflichtig waren (§ 3 Nr. 12 Einkommensteuerge-setz [EStG] i.V.m. mit den Lohnsteuerrichtlinien 1993, 1996 [LStR]). Die Aufwandsent-schädigung des Beigeladenen zu 1. betrug nach den vorliegenden Verdienstbescheinigun-gen zunächst 1.150 DM (brutto). Ab 01.03.1996 wurden laufend 2.180 DM (brutto) ge-währt. Wegen der rückwirkenden Erhöhung ab 01.09.1995 erfolgte im April 1996 für die Monate September 1995 bis Februar 1996 eine Nachzahlung in Höhe von 5.780 DM.

Die Gemeinde V ... ist Mitglied des ab Februar 1994 gegründeten Gemeindeverbandes " ...". In der Verbandssatzung vom 09.12.1993 waren in § 3 die Erledigungs-aufgaben nach Weisung der Verbandsgemeinde geregelt. § 4 der Verbandssatzung be-stimmte den Übergang von Aufgaben auf den Verwaltungsverband. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung konnte die Mitgliedsgemeinde dem Verwaltungsverband weitere Aufgaben ein-schließlich des Erlasses von Satzungen und Verordnungen durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zur ständigen Erfüllung übertragen. Mit der Neufassung der Verbandssatzung vom 06.06.1996 wurde der Übergang von Aufgaben auf den Verwaltungsverband (§ 2) und die Erledigung von Aufgaben durch den Verwaltungsverband (§ 3) mit dem Wortlaut von § 7 und § 8 des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit (SächsKomZG) be-stimmt. Wegen der Einzelheiten der Regelungen wird auf die genannten Verbandssatzun-gen Bezug genommen. In der Satzung der Gemeinde V ... vom 24.10.1994 waren in § 2 Abs. 1 die Aufgaben des Bürgermeisters wortgleich mit § 53 Abs. 1 der Gemeinde-ordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) geregelt. In § 8 Abs. 2 waren dem Bür-germeister in den Nrn. 1 bis 11 weitere Aufgaben zur dauernden Erledigung übertragen. Hierzu gehörten u.a. die Bewilligung von nicht im Haushaltsplan einzeln ausgewiesener Zuschüsse bis zu 1.000 DM im Einzelfall (Nr. 5), die Veräußerung und dingliche Belas-tung, der Erwerb und Tausch von Grundeigentum oder grundstücksgleichen Rechten im Wert bis zu 1.000 DM im Einzelfall (Nr. 8) und Verträge über die Nutzung von Grundstü-cken oder beweglichem Vermögen bis zu einem jährlichen Miet- oder Pachtwert von 2.000 DM im Einzelfall (Nr. 9). Der Vorsitzende der beratenden Ausschüsse (Bauausschuss, Fi-nanz- und Sozialausschuss, Kulturausschuss) war aus den Reihen der Ratsmitglieder zu wählen (§ 4). Wegen der Einzelheiten der Regelungen im Übrigen wird auf die Gemeinde-satzung vom 24.10.1994 verwiesen.

Beim Verwaltungsverband war der Beigeladene zu 1. hauptberuflich als Kämmerer be-schäftigt. Wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze bestand für ihn in der ge-setzlichen Krankenversicherung keine Versicherungspflicht. Er war deshalb bei der Beige-ladenen zu 3. freiwillig krankenversichert.

Nach der Betriebsprüfung vom 02.07.1998 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 27.08.1998 wegen der von ihr als versicherungspflichtig angesehenen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. eine Nachforderung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.08.1994 bis 31.12.1997 in Höhe von 9.556,82 DM geltend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege bei ehrenamtlichen Bürgermeistern ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vor.

Mit dem Widerspruch vom 24.09.1998 hat die Klägerin vorgetragen, ein abhängiges Be-schäftigungsverhältnis habe wegen der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister nicht bestanden. Die Mitgliedsgemeinden eines Verwaltungsverbandes seien zu einem großen Teil von der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entlastet. Die Verwaltungsaufgaben seien auf den Verband übergegangen. Es werde keine Beschäftigung ausgeübt. Im Wesentlichen seien nur Repräsentationsaufgaben wahrgenommen worden. Weisungsberechtigende bzw. verwaltende Tätigkeiten seien nicht ausgeübt worden. Die gemäß § 1 SächsAEVO gezahlte Vergütung sei nicht für Verdienstausfall und Zeitverlust, sondern für den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten Aufwand gewährt worden.

Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10.03.1999). In den Kommunalverfassungen der Bundesländer sei die Rechtsstellung der ehrenamtlichen Bür-germeister unterschiedlich ausgestaltet. Die Versicherungspflicht sei daher für das jeweili-ge Land zu beurteilen. Zwar umfasse die Tätigkeit ehrenamtlicher Bürgermeister von Mit-gliedsgemeinden eines Verwaltungsverbandes im Wesentlichen die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben, so dass in der Regel eine weisungsabhängige und verwaltende Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werde. Maßgebend sei jedoch die Gesamtwürdigung aller Umstände (Satzungen etc.). Gemäß § 8 Abs. 1 der Hauptsatzung der Gemeinde V ... habe der Bürgermeister die umfassende Verantwortung für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben. Ihm obliege auch die Regelung der inneren Organisation der Gemeindeverwal-tung. Er sei zur Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständig-keit verpflichtet. Die Hauptsatzung der Gemeinde V ... sei am 24.10.1994 und damit nach dem Beitritt zum Verwaltungsverband beschlossen worden, so dass sie in vollem Umfang Gültigkeit habe.

Hiergegen hat sich die beim Sozialgericht am 09.04.1999 erhobene Klage gerichtet. Nach der Rechtsprechung des BSG stünden Ehrenbeamte nur dann in einem abhängigen Be-schäftigungsverhältnis, wenn sie über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen würden und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhielten. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehe nur dann, wenn der Bürgermeister auch zur weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet sei und dieser Aufgabenbereich das Bild der Tätigkeit präge.

Der Beigeladene zu 1. habe keine weisungsgebundenen Tätigkeiten in diesem Sinne aus-geübt. Gemäß § 7 Abs. 1 SächsKomZG seien die Weisungsaufgaben einschließlich des Erlasses der dazu erforderlichen Satzungen und Rechtsverordnungen sowie die Aufgaben der vorbereitenden Bauleitplanung auf den Verband übergegangen. Als weisungsgebunde-ne Aufgabe sei damit nur die Ausführung der Beschlüsse des Gemeinderats verblieben. Darüber hinaus habe der Verwaltungsverband gemäß § 8 Abs. 1 SächsKomZG nach Wei-sung der Mitgliedsgemeinde die Vorbereitung und den Vollzug der Beschlüsse des Ge-meinderates der Mitgliedsgemeinde, die Besorgung der Geschäfte der laufenden Verwal-tung sowie die Vertretung der Mitgliedsgemeinde in gerichtlichen Verfahren und förmli-chen Verwaltungsverfahren wahrzunehmen. Mit der Übertragung des Vollzugs der Ge-meinderatsbeschlüsse auf den Verwaltungsverband sei auch die letzte verbliebene wei-sungsgebundene Tätigkeit entfallen. Gemäß § 8 Abs. 3 SächsKomZG sei von der Mit-gliedsgemeinde kein eigenes Personal beschäftigt worden. Ab 01.08.1994 sei das gesamte Personal der Mitgliedsgemeinde vom Verband übernommen worden. Der ehrenamtliche Bürgermeister habe lediglich die Gemeinderatssitzungen vorbereitet und durchgeführt, Repräsentationsaufgaben und die Vertretung der Gemeinde in Verbänden wahrgenommen sowie Bürgersprechstunden abgehalten. Verwaltungstätigkeiten seien damit nicht ausgeübt worden. Durch die von der Beklagten herangezogene Hauptsatzung der Gemeinde werde die Mitgliedschaft im Verband nicht berührt. Die gesetzlichen Regelungen nach den §§ 7, 8 SächsKomZG gingen der Hauptsatzung vor. Darüber hinaus seien hier nur Entschei-dungszuständigkeiten, nicht aber Verwaltungszuständigkeiten übertragen worden. Auch habe die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) nach einer Betriebsprüfung in der ebenfalls verbandsangehörigen Gemeinde S ... diesbezüglich keine Beanstandungen erhoben.

Der Beigeladene zu 1. hat sich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht bekundet, im Wesentlichen die Sitzungen des Gemeinderates geleitet und die entsprechenden Beschlüsse an den Verband weiterge-geben zu haben. Daneben habe er die Gemeinde in fünf Zweckverbänden vertreten. Er habe die Gemeinde auch bei Vereinen und bei Festlichkeiten repräsentiert. Am Anfang habe er eine Bürgersprechstunde von zwei Stunden, später von 1 ½ Stunden wöchentlich abgehalten. In der Woche habe die gesamte Tätigkeit zwischen vier und acht Stunden betragen.

Die Klägerin hat das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2002 abgegebene Teilanerkenntnis über eine Aufhebung der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit für den Zeitraum vom 01.08.1994 bis 31.03.1997 angenommen.

Mit Urteil vom 17.04.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei nicht schon deswegen aufzuheben, weil der Beigeladene zu 1. nicht am Verwaltungsverfahren gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) beteiligt worden sei. Eine erneute Durchführung des Verwaltungsverfahrens un-ter seiner Hinzuziehung sei von dem im Gerichtsverfahren Beigeladenen zu 1. nicht bean-tragt worden, so dass der Verfahrensfehler folgenlos bleibe. Darüber hinaus sei der ange-fochtene Bescheid für den Beigeladenen zu 1. ausschließlich begünstigend, weil sich dar-aus eine rentenrechtlich berücksichtigungsfähige Beitragsentrichtung durch die Klägerin ergebe, ohne dass diese den hälftigen Arbeitnehmeranteil von ihm noch nachfordern kön-ne.

Der angefochtene Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Mit der Tätigkeit des Beigela-denen zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister habe ein abhängiges Beschäftigungsverhält-nis vorgelegen. Der Beigeladene zu 1. sei nicht schon aufgrund seiner beamtenrechtlichen Stellung von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege bei der Ausübung der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister ein abhängiges Be-schäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV vor, wenn neben Repräsentationsaufga-ben dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen ausgeübt würden.

Nach der sächsischen Kommunalverfassung nehme der ehrenamtliche Bürgermeister nicht nur Repräsentationsaufgaben wahr, sondern habe auch Verwaltungsaufgaben zu erfüllen. Der Bürgermeister sei Leiter der Gemeindeverwaltung (§ 51 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO). Er sei für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Gemeindeverwaltung verantwortlich und regele die innere Organisation der Gemeinde-verwaltung (§ 53 Abs. 1 SächsGemO). Er erledige in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung, die ihm sonst durch Rechtsvorschrift oder vom Gemeinderat übertragenen Aufgaben sowie die Weisungsaufgaben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt sei (§ 53 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SächsGemO). Er sei Vorgesetzter, Dienst-vorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Gemeindebediensteten (§ 53 Abs. 4 SächsGemO). In dringenden Angelegenheiten, deren Erledigung auch nicht bis zu einer frist- und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung aufgeschoben werden könnte, ent-scheide der Bürgermeister (§ 52 Abs. 3 SächsGemO). Der Bürgermeister müsse Beschlüs-sen des Gemeinderates widersprechen, wenn er der Auffassung sei, dass diese rechtswidrig seien. Diese umfassende Zuständigkeit werde durch die Befugnis zur Außenvertretung ergänzt (§ 51 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO). Bei einer verbandsangehörigen Gemeinde neh-me der Bürgermeister schließlich auch Verwaltungsaufgaben wahr, indem er die im Rah-men einer Bürgersprechstunde an ihn herangetragenen Anliegen entgegennehme bzw. die Anliegen der Bürger an die Verbandsverwaltung weiterleite.

Ein Beschäftigungsverhältnis liege auch bei der hier gegebenen Tätigkeit eines ehrenamtli-chen Bürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde vor. Zwar bestimme § 7 SächsKomZG, dass die Weisungsaufgaben einschließlich des Erlasses der dazu erforderli-chen Satzungen und Rechtsverordnungen sowie die Aufgaben der Bauleitplanung auf den Verwaltungsverband übergingen. Auch sei in § 8 Abs. 1 SächsKomZG bestimmt, dass andere Aufgaben der Mitgliedsgemeinden, insbesondere die Geschäfte der laufenden Ver-waltung durch den Verwaltungsverband erledigt würden. Gleichwohl verblieben wesentli-che Verwaltungsaufgaben.

Bei diesen sog. Erledigungsaufgaben werde nur die verwaltungsmäßige Abwicklung über-tragen und in den Organisationsbereich des Verwaltungsverbandes verlagert. Die sachliche Entscheidung und Verantwortung verbleibe indes bei den Gemeinden. An die Beschlüsse und Entscheidungen des Bürgermeisters sei der Verwaltungsverband gebunden. Das dem Bürgermeister als Verwaltungsspitze zukommende Weisungsrecht werde damit nicht auf-gehoben, sondern lediglich modifiziert. Auch könne die Mitgliedsgemeinde gegen Be-schlüsse des Verbandes, die für sie von besonderer Wichtigkeit oder erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung seien, binnen drei Wochen Einspruch einlegen (§ 19 SächsKomZG). Diese Regelungen würden durch die Pflicht des Verwaltungsverbandes, die Mitgliedsgemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beraten, ebenso ergänzt (§ 9 SächsKomZG). Im Gegenzug seien die Mitgliedsgemeinden verpflichtet, den Verband bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen (§ 10 SächsKomZG). Zur Erfüllung der Beratungs- und Unterstützungspflichten müssten die Mitgliedsgemeinden über alle Be-schlüsse des Gemeinderates und alle wichtigen Entscheidungen des Bürgermeisters unter-richtet werden. Dies setze eine entsprechende Information durch den Bürgermeister voraus. In diesem Zusammenhang obliege ihm auch, die Verbandsverwaltung über Vorgänge und Tatsachen mit örtlichem Bezug zur Mitgliedsgemeinde zu unterrichten, welche das Tätig-werden der Verbandsverwaltung erforderten. Mithin habe der Bürgermeister bei der Zu-sammenarbeit zwischen Verband und Mitgliedsgemeinde wichtige Verwaltungsaufgaben zu erfüllen.

Soweit die Mitgliedsgemeinde über kein eigenes Personal verfügt habe, stehe dies einem Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei das Vor-handensein einer eigenen Verwaltung kein maßgebliches Kriterium. Das BSG habe im Falle eines ehrenamtlichen Bürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde in Rhein-land-Pfalz (BSG SozR 2200 § 1248 Nr. 41), deren kommunale Vorschriften denen der sächsischen Gesetze entsprächen, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bejaht. Auch in einer weiteren Entscheidung zu der Tätigkeit einer Ortsvorsteherin in Rheinland-Pfalz (BSG SozR 3-2940 § 2 Nr. 5), deren Gemeinde über keine eigene Verwaltung mit eigenem Personal verfügt habe, sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen worden.

Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die tatsächlichen Verhältnisse über die ausge-übten Tätigkeiten nicht relevant. Es komme nicht darauf an, ob die repräsentativen Aufga-ben tatsächlich mehr Zeit in Anspruch genommen hätten, als die verwaltenden Tätigkeiten. Maßgebend seien allein die kommunalrechtlichen Regelungen. Ein Überwiegen der Ver-waltungstätigkeit gegenüber den Repräsentationsaufgaben sei nicht erforderlich. Entschei-dend sei allein, dass der Ehrenbeamte in diesem Amt über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen auszuüben gehabt habe.

Dieses Ergebnis sei auch in der Sache überzeugend. Die Höhe der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister richte sich gemäß den sächsischen Verordnungen nach der Einwohnerzahl der Gemeinde. Demgegenüber sei die Höhe der Aufwandsentschädi-gung nicht von der Unterhaltung einer eigenen Verwaltung abhängig. Die Feststellung ei-nes abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nach dem Umfang der tatsächlich wahrge-nommenen Aufgaben zu treffen, führe auch zu praktischen Schwierigkeiten und Rechtsun-sicherheiten. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wäre dann von der Ausgestaltung des jeweiligen Bürgermeisters abhängig, je nachdem auf welchen Aufgabenbereich er sei-nen Tätigkeitsschwerpunkt lege.

Die Beitragsberechnung sei ebenso nicht zu beanstanden. Die an Ehrenbeamte gezahlte Aufwandsentschädigung sei in Höhe des steuerpflichtigen Anteils beitragspflichtiges Ar-beitsentgelt.

Die Klägerin könne sich, auch soweit bei früheren Betriebsprüfungen - auch durch andere Stellen - die fehlende Beitragsabführung nicht beanstandet worden sei, nicht auf Vertrau-ensschutz berufen. Ein Arbeitgeber könne nicht darauf vertrauen, dass Beitragsforderun-gen, die vor der zuletzt durchgeführten Prüfung entstanden seien, nicht mehr geprüft wür-den.

Gegen das am 29.05.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 01.07.2002 eingelegte Be-rufung der Klägerin. Die nach den Ausführungen des Sozialgerichts von einem ehrenamtli-chen Bürgermeister wahrzunehmenden Verwaltungsaufgaben habe der Beigeladene zu 1. aufgrund der Mitgliedschaft der Klägerin im Verwaltungsverband überwiegend nicht wahrzunehmen gehabt. Im Übrigen habe es sich nicht um "klassische" Verwaltungsaufga-ben gehandelt.

Aufgrund der Regelungen in den §§ 7, 8 SächsKomZG sei dem Bürgermeister lediglich eine Entscheidungszuständigkeit verblieben. Die verwaltungsmäßige Bearbeitung sei hin-gegen vom Verband wahrgenommen worden. Die Aufgabe des Dienstvorgesetzten sei mangels eigenen Personals nicht auszuüben gewesen.

Bei der Entscheidung des Bürgermeisters in dringenden Angelegenheiten handele es sich nur um eine Entscheidungsbefugnis. Er entscheide anstelle des Gemeinderats. Das Wider-spruchsrecht des Bürgermeisters gegen Entscheidungen des Gemeinderats stelle keine Verwaltungstätigkeit im eigentlichen Sinne dar. Soweit ihm die Befugnis zur Außenvertre-tung zukomme, obliege die eigentliche Verwaltungstätigkeit - die Vorbereitung und Aus-arbeitung der Rechtsgeschäfte - dem Verwaltungsverband. Bei der Bürgersprechstunde bzw. der Entgegennahme von Anliegen der Bürger handele es sich um eine repräsentative Aufgabe. Soweit bei der Übertragung von Erledigungsaufgaben an den Verband eine sach-liche Entscheidungskompetenz und damit ein Weisungsrecht verbleibe, unterscheide sich seine Tätigkeit nicht von der eines Gemeinderats. Auch die Möglichkeit des Widerspruchs gegen Entscheidungen des Verbandes stelle keine eigentliche Verwaltungstätigkeit dar. Zur Erfüllung der Unterstützungsverpflichtung der Mitgliedsgemeinde bedürfe es ebenfalls keiner Verwaltungstätigkeit. Die entsprechende Kenntnis werde mit der Übersendung der Gemeinderatsprotokolle vollzogen. Im Übrigen habe es sich um eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung gehandelt.

In Ausführung des Teilanerkenntnisses hat die Beklagte mit Bescheid vom 04.11.2002 die Beitragsforderung auf 8.082,92 DM (4.886,32 EUR) ermäßigt.

Die Klägerin hat das in der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2005 von der Beklagten abgegebene weitere Teilanerkenntnis über eine Aufhebung der Feststellung der Sozialver-sicherungspflicht bis einschließlich Februar 1996 angenommen. Mit dem darüber hinaus abgeschlossenen Teilunterwerfungsvergleich haben die Beteiligten den Streitgegenstand auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Eigen-schaft als ehrenamtlicher Bürgermeister beschränkt. Wegen der Einzelheiten des Teilun-terwerfungsvergleichs wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.02.2005 verwiesen.

Die Klägerin beantragt noch,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.04.2002 und den Bescheid der Be-klagten vom 27.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.1999 in den Fassung des Bescheides vom 04.11.2002 und des Teilanerkennt-nisses vom 23.02.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Dem sind die Beigeladenen zu 2. bis 5. beigetreten.

Der Beigeladene zu 1. hat sich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen. Wegen der Angaben zu seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister wird auf die Sitzungsnieder-schriften vom 17.04.2002 und vom 23.02.2005 und wegen der Verdienstbescheinigungen bezüglich seiner Tätigkeiten als ehrenamtlicher Bürgermeister und als Kämmerer des Ver-waltungsverbandes auf die Anlagen zur Berufungsakte verwiesen.

Anträge haben die Beigeladenen zu 1. bis 5. nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren In-halt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form– und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten über die noch streitgegenständliche Feststel-lung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. zur Rentenversicherung für den Zeit-raum vom 01.03.1996 bis 31.12.1997 und der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit (jetzt: Bundesagentur für Arbeit) für den Zeitraum vom 01.04.1997 bis 31.12.1997 wegen der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister ist nicht zu beanstanden. Der in der gesetz-lichen Rentenversicherung bestehenden Versicherungsfreiheit wegen einer geringfügigen Beschäftigung bzw. der wegen einer kurzzeitigen Beschäftigung nicht begründeten Bei-tragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit hat die Beklagte für die davon betroffenen Zeit-räume mit den von ihr abgegebenen Teilanerkenntnissen vom 17.04.2002 und vom 23.02.2005 Rechnung getragen.

Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid nicht schon wegen eines Verfahrensfehlers über die Hinzuziehung des Beigeladenen zu 1. am Verwaltungsverfahren aufzuheben ist. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist eine Zuzie-hung notwendig, wenn die beabsichtigte Entscheidung, die Begründung, Änderung oder Aufhebung eines Rechts zur Folge haben kann. Eine Zuziehung des Beteiligten ist auch dann notwendig, wenn im anschließenden Gerichtsverfahren eine notwendige Beiladung erfolgen muss. Die unterbliebene Benachrichtigung kann im Klageverfahren grundsätzlich nicht nachgeholt werden, jedoch ist der Verwaltungsakt wegen dieses Mangels nicht auf-zuheben, wenn der Dritte auf eine Wiederholung des Verwaltungsverfahrens verzichtet oder auch auf eine entsprechende Frage des Gerichts keine Erklärung abgibt.

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist ein Dritter zu dem Verfahren als Beteiligter hinzuzu-ziehen, wenn der Ausgang des Verfahrens für ihn rechtsgestaltende Wirkung hat; ist er der Behörde bekannt, hat ihn diese von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Eine rechtsgestaltende Wirkung im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X hat das BSG bei einem Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht eines Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber angenommen (BSG USK 83109). Diese rechtsgestaltende Wirkung be-steht nicht nur dann, wenn der Arbeitgeber, der für den versicherungspflichtig Beschäfti-gen Beiträge zu entrichten hat, den vom Beschäftigten zu tragenden Beitragsanteil noch auf ihn abwälzen kann. Auch wenn diese Möglichkeit bereits verloren ist, greift die Fest-stellung der Versicherungspflicht des Beschäftigten insofern "gestaltend" in seine Rechts-sphäre ein, als von ihr – zumindest in der Rentenversicherung in der Regel - erst nach Ent-richtung der Beiträge Leistungsansprüche des Versicherten abhängen. In den Anwen-dungsbereich des § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X sind auch solche Verwaltungsverfahren ein-zubeziehen, bei denen der Verwaltungsakt die Rechtsstellung des Dritten dergestalt be-rührt, dass dieser in einem anschließenden Gerichtsverfahren nach § 75 Abs. 2 Sozialge-richtsgesetz (SGG) notwendig beizuladen ist. Nach § 41 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 SGB X in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) konnte eine erforderliche Hinzuziehung eines Dritten nur bis zum Abschluss des Vorverfahrens geheilt werden. Daraus ist für die dama-lige Rechtslage zugleich abzuleiten, dass eine Heilung des Verfahrensmangels nicht allein durch eine im Gerichtsverfahren vorgenommene Beiladung eintreten konnte.

Anders als bei der notwendigen Beiladung, die stets von Amts wegen, d.h. unabhängig von einem Antrag des Beizuladenden, zu erfolgen hat, ist die Verwaltungsbehörde zu der Hin-zuziehung eines Dritten nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X nur verpflichtet, wenn dieser einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Auf einen solchen Antrag kann nach dem klaren Wort-laut des Gesetzes nicht verzichtet werden. Der Dritte soll selbst darüber entscheiden kön-nen, ob er an dem Verwaltungsverfahren teilnehmen will oder nicht. Eine solche eigenver-antwortliche Entscheidung setzt allerdings voraus, dass der Dritte überhaupt Kenntnis von dem Verwaltungsverfahren hat. Um sicherzustellen, dass er diese Kenntnis auch erlangt, hat ihn die Verwaltungsbehörde zu benachrichtigen, soweit er ihr bekannt ist. Liegt diese Voraussetzung vor, ist der Behörde also der antragsberechtigte Dritte bekannt, so stellt die Unterlassung seiner Benachrichtigung einen Fehler des Verwaltungshandelns dar, der, so-lange nicht positiv feststeht, dass der Dritte sein Antragsrecht nicht ausüben will, ebenso so schwer wiegt wie die unterbliebene Hinzuziehung eines Dritten, der einen Beteiligungsan-trag gestellt hat.

Gibt der Dritte allerdings durch sein Verhalten zu erkennen, dass er kein Interesse an einer Teilnahme am Verwaltungsverfahren hat, so kann ihm eine Beteiligtenstellung – entspre-chend dem Antragsprinzip des § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X – nicht aufgedrängt werden. Das muss auch dann gelten, wenn sich erst während des gerichtlichen Verfahrens herausstellt, dass der Dritte von der Verwaltungsbehörde nicht über die Einleitung des Verfahrens un-terrichtet worden ist. In diesem Fall hat ihn deshalb das Gericht zu befragen, ob er eine Wiederholung des Verwaltungsverfahrens unter seiner Beteiligung beantragt. Diese nach-trägliche Befragung hat das BSG für sachgerecht gehalten, weil sie der eigenverantwortli-chen Entscheidung des Bürgers ebenso Rechnung trägt wie dem Bedürfnis nach Vermei-dung unnötiger Wiederholungen von Verwaltungsverfahren. Wird von dem Dritten die Frage nach einer Wiederholung des Verwaltungsverfahrens verneint oder hat er keine Er-klärung abgegeben, ist unabhängig von der nach § 41 Abs. 2 SGB X a.F. ausgeschlossenen Heilung durch die Behörde eine Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes ausge-schlossen (BSGE 34, 276; 24, 145; BSG SozR 1300 § 75 Nr. 72). Mithin kommt es entge-gen der Auffassung des Sozialgerichts nicht darauf an, ob die von der Verwaltungsbehörde beabsichtigte Entscheidung für ihn günstig ist. Eine Aufhebung des angefochtenen Be-scheids der Beklagten wegen der mangelnden Beteiligung des Beigeladenen zu 1. kommt hier gleichwohl nicht in Betracht. Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, auf eine Wiederholung des Verwaltungsverfahrens zu verzichten.

Nach dem in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Teilvergleich, in dem zur Höhe der Beitragsforderungen eine gesonderte Regelung getroffen wurde, war in der Sache al-lein darüber zu entscheiden, ob bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat.

Aufgrund des von der Beklagten zum Bescheid vom 27.08.1998 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 10.03.1999 abgegebenen Teilanerkenntnisses vom 17.04.2002 und des Ausführungsbescheides vom 04.11.2002 sowie des weiteren Teilanerkenntnisses vom 23.02.2005 ist wegen der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister beim Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 01.03.1996 bis 31.12.1997 eine Versicherungspflicht in der Renten-versicherung und für die Zeit vom 01.04.1997 bis 31.12.1997 eine Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit streitig. Die Beklagte war gemäß § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV befugt, die Versicherungspflicht festzustellen. Sie hat diese Feststellung zu Recht getrof-fen.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Ar-beitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechs-ten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI; § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG bis 31.12.1997, ersetzt durch § 25 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Ar-beitsförderung – SGB III).

Das Sozialgericht hat wegen der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu Recht bejaht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist die Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unter-liegt. Allerdings kann dies – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Tätigkeit (BSG, Urteil vom 12.02.2004 – B 12 KR 26/02 R; BSGE 45, 199, 200 ff. = SozR 2200 § 1227 Nr. 8 S. 16, SozR 3-2400 § 7 Nr. 31 und Nr. 29 S. 69 f. m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsge-richt, Kammerbeschluss, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Zu der Frage, ob ehrenamtliche Bürgermeister der Versicherungspflicht unterliegen, hat das BSG wiederholt Stellung genommen. In der Entscheidung vom 21.01.1969 hat das BSG die Versicherungspflicht eines ehrenamtlichen Bürgermeisters im Saarland damit begründet, dass er nicht nur Repräsentationsaufgaben - wie der Bürgermeister der ehemali-gen britischen Besatzungszone - gehabt habe, sondern zugleich Spitze der Gemeindever-waltung gewesen sei (Breithaupt 1969, 823). Diese Feststellung hat das BSG nach Maßga-be der Vorschriften der saarländischen Gemeindeordnung getroffen. Dabei wurde auf die Kompetenz der Bürgermeisters zur Verwaltung der Gemeinde nach den Beschlüssen des Gemeinderates, die Leitung der Verwaltung in eigenen Angelegenheiten der Gemeinde, den ihm obliegenden Vollzug der Gesetze und Verordnungen sowie der Weisungen der für die Sachaufsicht zuständigen Staatsbehörden und den Vollzug der Beschlüsse und Anord-nungen der Aufsichtsbehörde abgestellt. Die Regelung zur Stellung des Bürgermeisters als Vorsitzender des Gemeinderates mit der Aufgabe der Vorbereitung der Verhandlung und des Vollzuges der Beschlüsse des Gemeinderates wie auch seine Anordnungsbefugnis in eiligen Angelegenheiten wurden als maßgeblich für seine Rechtsstellung als Spitze der Gemeindeverwaltung angesehen.

Dieser Abgrenzung hat sich der 12. Senat des BSG im Urteil vom 30.11.1978 angeschlos-sen und einen ehrenamtlichen Vorsteher eines Wasser- und Bodenverbandes für versiche-rungspflichtig gehalten, weil er nicht nur "Willensorgan" des Verbandes gewesen sei, son-dern auch an der Spitze der Selbstverwaltung des Verbandes gestanden, also eine dem all-gemeinen Erwerbsleben zugängliche Tätigkeit ausgeübt habe (BSGE 47, 201, 206). An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 27.03.1980 zu der Versicherungs-pflicht eines ehrenamtlichen Bürgermeisters einer amtsangehörigen Gemeinde in Schles-wig-Holstein festgehalten. Die Aufgabenbereiche von Repräsentation und Verwaltung sei-en begrifflich zu trennen und je nachdem, ob das eine oder das andere überwiege, Versi-cherungspflicht anzunehmen oder zu verneinen. Das gelte erst recht, wenn einer der beiden genannten Aufgabenbereiche das Bild der Tätigkeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters entscheidend präge (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 44, wegen unzureichender Feststellungen zum maßgeblichen Landesrecht wurde der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen).

In der Entscheidung vom 23.09.1980 zur Versicherungspflicht eines ehrenamtlichen Bür-germeisters in Bayern hat das BSG unter Bezugnahme auf die Entscheidungen vom 27.03.1980 (a.a.O.) und vom 21.01.1969 (a.a.O.) für die Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ebenso darauf abgestellt, ob nach der kommunalverfassungsrecht-lichen Ausgestaltung der Rechtsstellung des Bürgermeisters im betreffenden Bundesland in diesem Amt über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zu-gängliche Verwaltungsaufgaben ausgeübt wurden. In diesem Zusammenhang hat das BSG ausgeführt, nach der bayerischen Kommunalverfassung habe der Erste Bürgermeister nicht nur Repräsentationsaufgaben wahrgenommen, sondern in erheblichem Umfang auch Ver-waltungsaufgaben zu erfüllen gehabt (BSGE 50, 231 = SozR 2200 § 1229 Nr. 12). Anders als nach der niedersächsischen Gemeindeordnung oder nach der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung komme ihm nicht nur der Vorsitz im Gemeinderat zu. Er habe die Be-schlüsse des Gemeinderates zu vollziehen. Die Exekutivgewalt liege weitgehend bei ihm. Diese Feststellung hat das BSG mit Blick auf die dem Bürgermeister zukommenden Auf-gaben zur Erledigung in eigener Zuständigkeit getroffen und hierzu genannt: Laufende Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen, die die Verteidigung einschließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes der Zivilbevölkerung betreffenden Angelegenheiten, die aus Gründen des Staatssicherheit geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten. Im Üb-rigen wurden auch die Eilentscheidungsbefugnis, die Befugnis zur Außenvertretung der Gemeinde und die Dienstaufsicht über sämtliche Bedienstete vom BSG als Kriterien he-rangezogen.

Mit Urteil vom 13.06.1984 hat das BSG im Falle eines Ortsbürgermeisters einer verbands-angehörigen Gemeinde (Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz) ein abhängiges Beschäfti-gungsverhältnis bejaht und auf die bisherige Rechtsprechung verwiesen, wonach bei einem Bürgermeister, der als Hauptgemeindebeamter Leiter der Gemeindeverwaltung sei, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen werde. Soweit der Bürgermeister nach der Kommunalverfassung als Vorsitzender des Gemeinderats Repräsentationsaufgaben wahrnehme, ohne dass ihm zugleich die Funktion als Verwaltungsspitze zukomme, liege ein Beschäftigungsverhältnis nicht vor (BSG SozR 2200 § 1248 Nr. 41). Im Falle des Ortsbürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde in Rheinland-Pfalz hat das BSG zur Bestätigung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auf die der Gemeinde ver-bliebenen Selbstverwaltungsaufgaben abgestellt. Diese Verwaltungsaufgaben würden zwar von der Verbandsgemeinde im Namen und im Auftrag der Ortsgemeinde ausgeführt. So-weit Selbstverwaltungsaufgaben auszuführen seien, behalte der Bürgermeister damit aber seine Position als Verwaltungsspitze. Der Bürgermeister habe auch die Ausführung eines Ratsbeschlusses bei bestimmten Verstößen auszusetzen und ggf. die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Die Verbandsgemeindeverwaltung dürfe Weisungen der Ortsgemeinde, die sie nicht für rechtmäßig halte, nicht ausführen. Damit bleibe gerade in wichtigen Verwaltungsangelegenheiten die Verwaltungskompetenz des Ortsbürgermeisters erhalten. Die Befugnis zur Außenvertretung der Gemeinde hat das BSG wie in der bisheri-gen Rechtsprechung als Verwaltungsaufgabe bewertet und hierzu auch die Pflicht des Bürgermeisters zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Verbands- und Ortsge-meinde genannt (BSG, a.a.O.).

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei ehrenamtlichen Beigeordneten einer Ge-meinde mit eigenem Geschäftsbereich hat das BSG in der Entscheidung vom 22.02.1996 angenommen (BSGE 78, 34 = SozR 3-2940 § 2 Nr. 5). Die Voraussetzungen eines abhän-gigen Beschäftigungsverhältnisses bei Ehrenbeamten wurden dahingehend konkretisiert, dass es darauf ankomme, ob sie in diesem Amt über Repräsentationsaufgaben hinaus zu weisungsgebundener Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet seien und die-ser Aufgabenbereich das Bild ihrer Tätigkeit präge (unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 165 Nr. 44). Dies sei in einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Be-rücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamtes in der Kommunalverfassung des jewei-ligen Bundeslandes zu beurteilen (unter Hinweis auf BSGE 50, 231). Im zu entscheidenden Fall hat das BSG eine abhängige Beschäftigung mit Blick auf den übertragenen Geschäfts-bereich und der damit insoweit verbundenen ständigen Vertretung des Bürgermeisters und Leitung der Stadtverwaltung mit Vertretungsbefugnis angenommen. Darüber hinaus hat das BSG bei der zwar selbständigen Verwaltung des eigenen Geschäftsbereichs durch den Beigeordneten auf das dabei bestehende allgemeine Weisungsrecht des Dienstherrn zur Beachtung der Beschlüsse des Stadtrats und der allgemeinen Richtlinien des Bürgermeis-ters abgestellt.

Der 11. Senat des BSG hatte sich in der Entscheidung vom 23.07.1998 bei einem Rechts-streit wegen eines Anspruchs auf höhere Anschluss-Arbeitslosenhilfe inzident mit der Be-urteilung der Tätigkeit eines ehrenamtlichen Bürgermeisters zu befassen und auf die stän-dige Rechtsprechung des 12. Senats des BSG verwiesen, wonach Ehrenbeamte Arbeitsent-gelt erhielten, wenn sie über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Erwerbsle-ben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnähmen. Erkannt wurde, dass die Rechtspre-chung aber bislang keinen Anlass gehabt habe, die Merkmale von Repräsentationsaufga-ben im Unterschied zu Verwaltungsaufgaben näher zu erläutern. Diese Unterscheidung gehe auf ein Urteil des 3. Senats vom 21.01.1969 (a.a.O.) zurück, das als Beispiel für Re- präsentationsaufgaben die Rechtsstellung des Bürgermeisters als Ratsvorsitzenden nach der britischen Ratsverfassung genannt habe. Dies deute darauf hin, unter Repräsentations-aufgaben nur solche Aufgaben zu verstehen, die der Bürgermeister in seiner Rolle als Vor-sitzender und Mitglied des Rats wahrzunehmen habe. Auch nach der britischen Ratsverfas-sung sei der Bürgermeister im Übrigen mit Verwaltungsaufgaben betraut gewesen, weil Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden solle, nur in schriftlicher Form gemeinsam vom Ratsvorsitzenden und Gemeindedirektor abgegeben wirksam gewe-sen seien. Im konkreten Fall einer Ortsvorsteherin in Rheinland-Pfalz hat der 11. Senat eine Verwaltungstätigkeit angenommen (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 11).

Mit dieser gefestigten Rechtsprechung des BSG ist die Beurteilung eines abhängigen Be-schäftigungsverhältnisses eines ehrenamtlichen Bürgermeisters im Ausgangspunkt danach zu treffen, ob in diesem Amt über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Er-werbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen ausgeübt werden. Weder das Rechtsver-hältnis als Ehrenbeamter als solches noch die Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen gesetzlichen Befug-nissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall schließen danach die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Kommt dem ehrenamtlichen Bürgermeister nach der kommunalverfassungsrechtlich ausgestalteten Rechtsstellung zugleich die Funktion als Leiter der Gemeindeverwaltung zu, so ist wegen der Funktion als Verwaltungsspitze – als eine dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgabe - ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Der Senat folgt damit aus eigener Überzeugung der ständigen Rechtsprechung des BSG. Bei der hier gegebenen Tätigkeit eines ehrenamtli-chen Bürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde bedarf es indes der Feststel-lung, welche Tätigkeiten zu den Repräsentationsaufgaben gehören. Auch ist abzugrenzen, welche Tätigkeiten als Vorsitzender und Mitglied des Gemeinderates wahrzunehmen sind, denn die Ausübung einer ehrenamtlichen Mitgliedschaft in einem Gemeinderat stellt keine abhängige Beschäftigung dar (BSG SozR 2200 § 1248 Nr. 36).

Schließlich ist nach Auffassung des Senats der Prüfungsmaßstab zu konkretisieren. Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang es maßgeblich auch auf eine konkret-individuelle Betrachtung der Tätigkeiten des einzelnen ehrenamtlichen Bürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde ankommt, oder ob es genügt, dass dessen kommu-nalverfassungsrechtlich und untergesetzlich geregelte Aufgabenzuweisungen bei einer abstrakt-generellen Betrachtung der sich daraus ergebenden Tätigkeitsfelder die Annahme rechtfertigen, dass die Zuständigkeit auch durch Verwaltungsaufgaben geprägt wird. Schließlich ist – unabhängig davon, ob man die Prägung anhand der Kategorie "konkret-individuell" oder der Kategorie "abstrakt-generell" bestimmt – zu fragen, nach welchen quantitativen und/oder qualitativen Aspekten bereits von einer Prägung auszugehen ist.

Der Senat entnimmt den oben dargestellten Entscheidungen des BSG, dass sowohl aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung als auch aus Gründen der Ver-waltungspraktikabilität die abstrakt-generelle Kategorie im Vordergrund steht, wenn an-sonsten gesichert ist, dass überhaupt tatsächlich Verwaltungstätigkeiten ausgeübt werden und kein Fall einer geringfügigen Beschäftigung vorliegt. Denn die Frage, ob eine Tätig-keit als ehrenamtlicher Bürgermeister auch versicherungspflichtig ist, muss bereits zu Be-ginn entschieden werden können und nicht erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs oder gar der Amtszeit. Nur eine Prüfung am Maßstab der normativ zugewiesenen Tätig-keitsfelder erlaubt eine zügige Beurteilung der Versicherungspflicht. Darüber hinaus geht der Senat unter Berücksichtigung der vom BSG entschiedenen Sachverhalte davon aus, dass von einer Prägung der Gesamttätigkeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters durch Verwaltungstätigkeiten schon dann auszugehen ist, wenn die kommunalverfassungsrechtli-che und u.U. durch untergesetzliche Normen näher geregelte Zuweisung von Verwaltungs-aufgaben qualitativ nicht bloß völlig unbedeutende Bereiche erfasst. Ein quantitatives oder qualitatives Überwiegen der Verwaltungskompetenzen ist nicht erforderlich.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es daher für die Beurteilung nicht darauf an, ob die Repräsentationsaufgaben ihrem zeitlichem Umfang nach die Verwaltungsaufgaben überwogen haben. Soweit in der Entscheidung des BSG vom 23.09.1980 (a.a.O.) festge-stellt ist, dass der Bürgermeister in "erheblichem Umfange auch Verwaltungsaufgaben" zu erfüllen hatte und auch in der Entscheidung vom 22.02.1996 (a.a.O.) zur Tätigkeit eines Beigeordneten ausgeführt ist, dass die Betroffene "in erheblichem Umfang mit weisungs-gebundenen Verwaltungsaufgaben befasst (war), die ihrer Tätigkeit das Gepräge gaben", so ist dies nicht auf den zeitlichen Umfang der Aufgabenerfüllung zu beziehen. Dem steht schon entgegen, dass sich in keinem mit der Beurteilung eines Ehrenamtes befassenden, oben dargestellten Urteilen des BSG sich hierzu Feststellungen finden und ein solches Kri-terium auch nicht erwogen wurde. Dies ist auch sachgerecht. Die tatsächlichen Verhältnis-se können aufgrund verschiedenster Gegebenheiten dazu führen, dass einzelne Aufgaben gar nicht oder nur in geringem Umfang anfallen. Insbesondere ein gut funktionierendes Verhältnis von Mitgliedsgemeinde und Verband bzw. eine effektive Zusammenarbeit können bewirken, dass der zeitliche Umfang für die Verwaltungstätigkeiten minimiert ist. Indes können die in den einzelnen Gemeinden anfallenden Tätigkeiten aber auch eine um-fassendere Erfüllung der Aufgaben bedingen. Bei einer auch zur Rechtssicherheit gebote-nen typisierenden Beurteilung vermögen daher die Verhältnisse in der einzelnen Ver-bandsgemeinde wie auch die individuelle Ausge,staltung der Tätigkeit durch den Bürger-meister die durch die kommunalrechtlichen Regelungen zugewiesenen Verwaltungstätig-keiten nicht in Frage zu stellen.

An diesem Maßstab gemessen war der Beigeladene zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister wegen der ihm obliegenden Verwaltungstätigkeiten abhängig beschäftigt, erhielt Arbeits-entgelt und war daher versicherungspflichtig.

Der Beigeladene zu 1. hat als ehrenamtlicher Bürgermeister folgende Aufgaben wahrge-nommen: Vertretung der Gemeinde, Durchführung der Gemeinderatssitzungen, Teilnahme an Ausschusssitzungen (Verwaltungs-, Bau-, Kultur- und Feuerwehrausschuss), Vertretung der Gemeinde in fünf Zweckverbänden (Abwasser, Trinkwasser, Energie, Erdgas), Teil-nahme an Sitzungen und Festlichkeiten von Vereinen, Repräsentation der Gemeinde bei "runden Geburtstagen", goldenen Hochzeiten, Firmeneröffnungen, Jubiläen und sonstigen Festlichkeiten und Feiern.

Dabei handelt es sich, soweit es eine Vertretung bei Festlichkeiten und Feiern usw. betrifft, um klassische Repräsentationsaufgaben. Auch ist die verwaltungsmäßige Vorbereitung der Sitzungen des Gemeinderates und der Ausschüsse (Sammlung von Fakten und Daten für die zu behandelnden Tagesordnungspunkte sowie Erstellung von Beschlussvorlagen und der zugehörigen Begründung für die Ratsmitglieder) nicht als Verwaltungstätigkeit mit einzubeziehen. Diese Tätigkeiten beruhen auf seiner Funktion als Vorsitzender des Ge-meinderates (§ 51 Abs. 1 SächsGemO) und sind insoweit einer Tätigkeit für dieses Organ zuzuordnen. Gleiches gilt für die Eilentscheidungsbefugnis nach § 52 Abs. 3 SächsGemO. Danach entscheidet der Bürgermeister in Angelegenheiten, deren Erledigung auch bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung nicht aufgeschoben wer-den kann, anstelle des Gemeinderats. Er ist also nicht dessen Vertreter oder Beauftragter. Da er anstelle des Gemeinderats handelt, gehen seine Befugnisse nur so weit wie die des Gemeinderats. Mit der Eilentscheidung wird der Gemeinderat an sie gebunden, wie wenn er selbst durch Beschluss entschieden hätte (Gern, Sächsisches Kommunalrecht, 2. Aufl., Rdnr. 411). Auch die Tätigkeit in den Ausschüssen des Gemeinderats stellt keine hier rele-vante Verwaltungstätigkeit dar. Die in der Gemeindeordnung vorgesehenen beschließen-den und beratenden Ausschüsse (§§ 41, 45 SächsGemO) dienen der Entlastung des Ge-samtgemeinderates, damit sich dieser auf die Beratung und Beschlussfassung der wichtige-ren, gemeinderechtlich nicht auf die Ausschüsse übertragbaren Aufgaben konzentrieren kann (Bundesverwaltungsgericht – BVerwG - NVwZ 1993, 375), sowie der sachkundigen Vorberatung von Fach – und Detailfragen, um die Entscheidungsgrundlagen zu optimieren. Sie sind zwar keine Organe der Gemeinde, aber Organteile des Gemeinderats (Gern, a.a.O., Rdnr. 435). Die Vertretung in den Zweckverbänden ist ebenfalls nicht mit einzube-ziehen. Organe des Zweckverbandes sind die Verbandsversammlung und der Verbands-vorsitzende (§ 51 SächsKomZG). Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes besteht aus mindestens einem Vertreter eines jeden Verbandsmitglieds (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SächsKomZG). Eine Gemeinde wird in der Verbandsversammlung durch den Bürgermeis-ter vertreten (§ 52 Abs. 3 Satz 1 SächsKomZG). Insoweit handelt es sich mithin um eine Tätigkeit, die in einem Willensorgan einer anderen, juristisch selbständigen Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 45 Abs. Satz 1 SächsKomZG) ausgeübt wird.

Obwohl damit vom Beigeladenen zu 1. in tatsächlicher Hinsicht eine Reihe von Aufgaben wahrgenommen wurden, die der Repräsentation bzw. dem Vorsitz im Gemeinderat zuzu-rechnen sind, oblagen ihm Verwaltungstätigkeiten, die eine Beurteilung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis rechtfertigen.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 SächsGemO ist der Bürgermeister nicht nur Vorsitzender des Gemeinderats sondern zugleich Leiter der Gemeindeverwaltung. Er vollzieht die Be-schlüsse des Gemeinderats (§ 52 Abs. 1 SächsGemO). Er hat Beschlüssen zu widerspre-chen, wenn er der Auffassung ist, dass sie rechtswidrig sind; er kann ihnen widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass sie für die Gemeinde nachteilig sind (§ 52 Abs. 2 Sächs-GemO). Der Bürgermeister hat den Gemeinderat über alle wichtigen, die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffenden Angelegenheiten zu informieren; bei wichtigen Planungen und Vorhaben ist der Gemeinderat möglichst frühzeitig über die Absichten und Vorstel-lungen der Gemeindeverwaltung zu informieren (§ 52 Abs. 4 SächsGemO). Der Bürger-meister ist für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Gemeindeverwaltung verantwortlich und regelt die innere Organisation der Gemeinde-verwaltung (§ 53 Abs. 1 SächsGemO). Er erledigt in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung und die ihm sonst durch Rechtsvorschrift oder vom Gemeinde-rat übertragenen Aufgaben (§ 53 Abs. 2 SächsGemO). Weisungsaufgaben erledigt der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 53 Abs. 3 SächsGemO). Der Bürgermeister ist Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Gemeindebediensteten (§ 53 Abs. 4 SächsGemO). Er vertritt die Ge-meinde (§ 51 Abs. 1 SächsGemO). Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform, sie sind vom Bürgermeister handschriftlich zu un-terzeichnen. Dies gilt nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung (§ 60 Abs. 1 und Abs. 3 SächsGemO). Danach ist nicht zweifelhaft, dass ein ehrenamtlicher Bürgermeister einer nicht verbandsangehörigen Gemeinde in Sachsen als Leiter der Ge-meindeverwaltung abhängig beschäftigt ist.

Ein Beschäftigungsverhältnis ist auch bei der hier gegebenen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister einer verbandsangehörigen Gemeinde festzustellen. Gemäß § 7 SächsKomZG gehen folgenden Aufgaben der Mitgliedsgemeinden über: 1. die Weisungsaufgaben einschließlich des Erlasses von dazu erforderlichen Satzungen und Rechtsverordnungen, 2. die Aufgaben der vorbereitenden Bauleitplanung. Die Mitglieds-gemeinden können dem Verwaltungsverband weitere Aufgaben übertragen (§ 7 Abs. 2 SächsKomZG). Die Mitgliedsgemeinden sind über die sie betreffenden Vorgänge zu unter-richten (§ 7 Abs. 3 SächsKomZG).

Auch soweit aus der umfassenden Befugnis als Leiter der Gemeindeverwaltung bei Ver-bandszugehörigkeit der Gemeinde Aufgaben entfallen, verbleiben gleichwohl bei typisie-render Betrachtung in ausreichendem Umfang Verwaltungstätigkeiten. Die Zuständigkeit des Bürgermeisters zur inneren Organisation der Gemeindeverwaltung umfasst insbeson-dere die Befugnis zur Gestaltung der inneren Verwaltung durch Schaffung von Ämtern und Abteilungen sowie die Geschäftsverteilung. Er ist dabei berechtigt, die Aufgabenbereiche (Dienstposten) zu bestimmen, welche die Bediensteten wahrnehmen sollen, sowie den Aufgabenbereich zu verändern. Darüber hinaus hat er für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung Sorge zu tragen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben steht ihm ein Weisungsrecht zu. Er ist berechtigt, allgemeine und speziel-le Anordnungen an Bedienstete hinsichtlich der Art der Sachbearbeitung zu erlassen. Spe-ziell stehen ihm auch Aufsichts- und Kontrollrechte zu (vgl. Gern, a.a.O., Rdnr. 402).

Diese Aufgaben kommen allerdings einem ehrenamtlichen Bürgermeister einer verbands-angehörigen Gemeinde, die - wie hier – keine eigene Gemeindeverwaltung mehr unterhält, nicht mehr zu. Mit der Übertragung der Weisungsaufgaben (§ 2 Abs. 3 SächsGemO) auf den Verwaltungsverband (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 SächsKomZG) ist auch die Zuständigkeit des Bürgermeisters zur Erledigung dieser Aufgaben (§ 53 Abs. 3 SächsGemO) weggefallen. Mit der Verbandssatzung vom 09.12.1993 waren in § 4 Abs. 2 auch gemäß § 7 Abs. 2 SächsKomZG weitere Aufgaben dem Verband übertragen worden (technische Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen der Mitgliedsgemeinde, Koordinierung und kostenlose Hil-fe bei der Reinigungs-, Räum- und Streupflicht auf Gemeindestraßen, Führung der Kas-sen- und Rechnungsgeschäfte der Mitgliedsgemeinde, Haushaltsplan-Entwürfe und den Rechnungsabschluss der Jahresrechnung, Fremdenverkehrswerbung). Diese Aufgaben-übertragung in § 4 Abs. 2 wurde indes mit der Neufassung der Verbandssatzung vom 06.06.1996 nicht übernommen und auch keine separaten Verträge nach § 7 Abs. 2 SächsKomZG abgeschlossen, so dass nur die gesetzlich bestimmten Aufgaben auf den Verband übergegangen waren.

Es kommt maßgeblich hinzu, dass dem Beigeladenen zu 1. unabhängig vom Umfang der auf den Verband übergegangenen Aufgaben nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 SächsKomZG noch eigene Verwaltungsaufgaben oblagen.

Dies ergibt sich maßgeblich aus § 8 SächsKomzG. Nach Abs. 1 der Vorschrift erledigt der Verwaltungsverband folgende Aufgaben der Mitgliedsgemeinden nach deren Weisung: Vorbereitung und Vollzug der Beschlüsse der Mitgliedsgemeinden (Nr. 1), Besorgung der Geschäfte, die für die Mitgliedsgemeinden keine grundsätzliche Bedeutung haben und kei-ne erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen (Geschäfte der laufenden Verwaltung - Nr. 2), Vertretung der Mitgliedsgemeinden in gerichtlichen Verfahren und förmlichen Verwal-tungsverfahren, soweit der Verwaltungsverband nicht selbst Beteiligter ist (Nr. 3). Gemäß § 8 Abs. 2 SächsKomZG können dem Verwaltungsverband durch öffentlich-rechtlichen Vertrag die Erledigung weiterer Aufgaben nach Weisung übertragen werden. In der Ver-bandssatzung vom 09.12.1993 war hierzu bestimmt worden, dass Aufgaben nach dem 4. Teil I. Abschnitt der Sächsischen Gemeindeordnung (Haushaltswirtschaft), insbesondere für das Haushalts- und Rechnungswesen der Mitgliedsgemeinde, d.h. die Vorbereitung, Vorberatung und den Vollzug zur Verabschiedung des Haushaltsplanes und zur Beschluss-fassung über den Jahresrechnungsabschluss, für die Bearbeitung von Personalangelegen-heiten (Besoldungs-, Vergütungs- und Beihilfeberechnungen), für die technischen Angele-genheiten der verbindlichen Bauleitplanung und der Durchführung von Bodenordnungs-maßnahmen, bei der Verwaltung und Privatisierung von kommunalen Wohn- und Ge-schäftsgebäuden, soweit deren Verfügung weiterhin örtlich erfolgt oder überörtlichen Wohnungsverwaltungsgesellschaften oder vergleichbaren kommunalen Vereinigungen übertragen ist, zur ständigen Erledigung nach Weisung der Mitgliedsgemeinde erledigt werden. Im Übrigen entsprachen die in § 3 Abs. 2 und 3 der Verbandsatzung vom 09.12.1993 genannten Aufgaben den Erledigungsaufgaben nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SächsKomZG. Mit der Neufassung der Verbandssatzung vom 06.06.1996 wurde zu den Erledigungsaufgaben insgesamt nur noch der Wortlaut von § 8 Abs. 1 und Abs. 2 SächsKomZG wiederholt.

Hiermit wird indes das dem Bürgermeister als Verwaltungsspitze zukommende Weisungs-recht gerade nicht aufgehoben. Während bei den Aufgaben, die nach § 7 Abs. 1, 2 SächsKomZG auf den Verwaltungsverband übergehen, also für deren Erledigung sachlich und örtlich zuständig ist, "erledigt" der Verwaltungsverband die in § 8 SächsKomZG ge-nannten Aufgaben für die Mitgliedsgemeinde nach deren Weisung. Die Mitgliedsgemeinde bleibt im Grundsatz daher örtlich und sachlich zuständig. Der Verwaltungsverband wird bei den zu erledigenden Aufgaben als Behörde der Mitgliedsgemeinde nach deren Wei-sung tätig. Wegen des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde müssen die weisungsfreien Aufgaben (§ 2 Abs. 1 und 2 SächsGemO) auch bei den Gemeinden verbleiben. Die Kör-perschaftskompetenz für diese Aufgaben haben nach wie vor vom Grundsatz her die Ge-meinden. Diese Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nach Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz (GG) den Gemeinden zu belassen (BVerwG, DVBl. 1983, 1152). Es sind dies z.B. die Aufgaben aus der Bauleitplanung nach dem Baugesetzbuch (ausgenommen die vorbereitende Bauleitplanung, vgl. § 7 Abs. 1 SächsKomZG), aus der Versorgung der Einwohner mit Wasser und Energie, aus der Abwasserbeseitigung, dem Gemeindestraßen-bau oder der Errichtung von Sport- und Freizeiteinrichtungen. Die Erledigung durch den Verband bedeutet damit lediglich, dass die Aufgaben im Namen und im Auftrag der Mit-gliedsgemeinde ausgeführt werden, er aber an die Entscheidungen des Bürgermeisters ge-bunden ist. Dies gilt im Übrigen auch für die nach § 8 Abs. 2 SächsKomZG zur Erledigung nach Weisung übertragenen Aufgaben.

Insbesondere obliegt dem ehrenamtlichen Bürgermeister weiterhin die Verwaltungskompe-tenz bei den Geschäften der laufenden Verwaltung (§ 53 Abs. 2 SächsGemO), die der Verwaltungsverband ebenfalls nach seinen Weisungen zu erledigen hat. Auch die Rege-lung zum Widerspruchsrecht des Bürgermeisters bei rechtswidrigen oder für die Gemeinde nachteiligen Gemeinderatsbeschlüssen mit ggf. einer einzuholenden Entscheidung der Aufsichtsbehörde (§ 52 Abs. 2 SächsGemO) ist als Verwaltungsaufgabe zu bewerten. Die Vorschrift dient der außergerichtlichen innergemeindlichen Rechtskontrolle und der Aus-balancierung der gemeindeintern verteilten Organzuständigkeiten. In anderen Gemeinde-ordnungen ist diese Aufgabe der Verwaltungsleitung zugewiesen (Gern, a.a.O., Rdnr. 547), so dass sie auch bei der hier begründeten Zuständigkeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters dem Aufgabenbereich als Leiter der Gemeindeverwaltung zuzuordnen ist. Die Vertretung der Mitgliedsgemeinde durch den Verband in gerichtlichen Verfahren berührt auch nicht das Recht des Bürgermeisters als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde.

Das Weisungsrecht wird gegenüber dem Verwaltungsverband ausgeübt, nicht gegenüber dessen Bediensteten. Vertreten wird der Verwaltungsverband vom Verbandsvorsitzenden, der auch Leiter der Verbandsverwaltung, Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Verbandsbediensteten ist (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 SächsKomZG). Damit sind die Weisungen gegenüber ihm auszusprechen. Das Weisungsrecht bei den beschrie-benen Aufgaben gilt auch für die verwaltungsmäßige Vorbereitung und den Vollzug. Der Verwaltungsverband erledigt dabei nur die verwaltungsmäßige Umsetzung nach dem Ge-schäftsgang.

Weitere Verwaltungsaufgaben obliegen dem ehrenamtlichen Bürgermeister auch insoweit, als er den Gemeinderat über alle wichtigen, die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffen-den Angelegenheiten zu informieren hat (§ 52 Abs. 4 SächsGemO). Darüber hinaus berät und unterstützt der Verwaltungsverband die Mitgliedsgemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben (§ 9 SächsKomZG). Dies gilt sowohl für die nach § 7 Abs. 1, 2 SächsKomZG übergegangenen als auch für die nach § 8 Abs. 1, 2 SächsKomZG nach Weisung zur Erle-digung obliegenden Aufgaben. Der Verwaltungsverband muss mit dem von ihm angestell-ten fachlich geeigneten Verwaltungspersonal über die Sach- und Fachkenntnis verfügen, die Mitgliedsgemeinde einschließlich ihrer Organe in rechtlicher und tatsächlicher Sicht zu beraten. Diese Beratung bedeutet die Information über notwendige Maßnahmen, über die Rechtslage usw.; Unterstützung bedeutet ein Tätigwerden im Rahmen einer Hilfe, nicht einer Bevormundung. Die Mitgliedsgemeinden sind verpflichtet, den Verwaltungsverband bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. In Angelegenheiten, die mehrere Mitgliedsgemeinden berühren, haben sich die Mitgliedsgemeinden untereinander und mit dem Verwaltungsverband abzustimmen (§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 SächsKomZG). Der eh-renamtliche Bürgermeister hat im Rahmen dieser vorgeschriebenen vertrauensvollen Zu-sammenarbeit zwischen Verbands- und Mitgliedsgemeinde ebenfalls eine Verwaltungs-aufgabe zu erfüllen. Zutreffend hat das Sozialgericht auch das Abhalten der Bürgersprech-stunde als Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe bewertet. Insoweit wird der Bürger-meister als Ansprechpartner der Verwaltung in Anspruch genommen.

Mit den Angaben des Beigeladenen zu 1. ist auch festzustellen, dass von ihm Verwal-tungsaufgaben tatsächlich durchgeführt wurden. Bei Problemen im Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit im Verwaltungsverband hat sich der Gemeinderat an ihn gewandt und ihn darum gebeten, der Sache nachzugehen. In derartigen Fällen wurde das Problem von ihm in der Amtsleiterberatung beim Verband angesprochen, bei der üblicherweise die Amtsleiter des Verbandes und die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden teilgenommen haben. Darüber hinaus sind auch teilweise Verwaltungsaufgaben angefallen, die ihm nach § 8 Abs. 2 der Gemeindesatzung i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO zur dauernden Erledigung übertragen worden waren. So wurden von ihm im Einzelfall, z.B. bei einem unvorgesehenen aufgetretenen Ersatzbedarf, kleinere Geräte, wie z.B. ein Rasenmäher angeschafft. Aufgrund von Beschlüssen des Gemeinderats zum An- und Verkauf von Grundstücken hat er die Gemeinde im Außenverhältnis vertreten und entsprechende Erklä-rungen, z.B. gegenüber dem Notar, abgegeben. Auch wurden von ihm Verträge über die Nutzung von Grundstücken abgeschlossen, wobei er den Gemeinderat hierüber nur infor-miert hat. Darüber hinaus wurde auch z.B. vor Erlass eines Haushaltssatzung, soweit Be-darf bestand, diese von ihm mit dem Sachbearbeiter im Verband vorberaten. Er hat wö-chentlich eine Bürgersprechstunde abgehalten, in der Anliegen der Bürger entgegenge-nommen und weitergeleitet wurden. Bei alledem ist festzustellen, dass dem Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlichem Bürgermeister nicht nur Repräsentationsaufgaben, sondern auch Verwaltungsaufgaben oblagen, die von ihm auch tatsächlich wahrgenommen wurden.

Die an den Beigeladenen zu 1. gezahlte Aufwandsentschädigung war mit ihrem steuer-pflichtigen Anteil Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach gehören zum Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeich-nung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäfti-gung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der Beigeladene zu 1. hat aufgrund des § 1 SächsAEVO für den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand eine Aufwandsentschädigung erhalten. Wird die Aufwandsentschädigung – wie hier - als Pauschale gezahlt, stellt der steuerpflichtige Anteil beitragspflichtiges Arbeits-entgelt dar. Der zur Entschädigung des tatsächlichen Aufwands bestimmte Anteil der Auf-wandsentschädigung kann aus Vereinfachungsgründen mit dem steuerfreien Anteil ange-setzt werden, der sich aus § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG i.V.m. Nr. 13 Abs. 4 Satz 2 der zu dieser Vorschrift ergangenen Allgemeinen Vorschrift zum Steuerabzug vom Arbeitslohn – Lohnsteuerrichtlinien – ergibt (BSG SozR 3-2940 § 2 Nr. 5). Danach war die Aufwands-entschädigung zu zwei Dritteln steuerpflichtig. Ausweislich der vorliegenden Verdienstab-rechnungen wurde dieser Anteil auch jeweils abgeführt. Darüber hinaus hat der Gesetzge-ber durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-hältnisse vom 24.03.1999 (BGBl. I. S. 388) mit der Einfügung von Satz 2 in § 14 Abs. 1 SGB IV klargestellt, dass steuerfreie Aufwandsentschädigungen nicht als Arbeitsentgelt gelten.

Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. war auch nicht wegen Geringfügigkeit versicherungs-frei.

Als Ausnahme von der grundsätzlichen Versicherungspflicht bestimmen § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Rentenversicherung und § 169 AFG für die Beitragspflicht zur Bun-desanstalt für Arbeit, dass geringfügige Beschäftigungen im Sinne von § 8 SGB IV versi-cherungsfrei sind. Insoweit ist eine geringfügige Beschäftigung nicht schon deshalb ausge-schlossen, weil der Beigeladene zu 1. eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung als Kämmerer ausgeübt hat. Auch eine Überschreitung der einkommensunabhängigen Ent-geltgrenze schließt eine geringfügige Beschäftigung im streitigen Zeitraum bis 31.12.1997 nicht von vornherein aus. Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Be-schäftigungsverhältnisse vom 24.03.1999 (BGBl. I. S. 388) wurde mit Wirkung ab 01.04.1999 die Entgeltgrenze des Abs. 1 Nr. 1 festgeschrieben, die einkommensabhängige Entgeltgrenze gestrichen sowie die Zusammenrechnung geringfügiger und nicht geringfü-giger Beschäftigungen eingeführt. Diese Gesetzesänderungen sind, weil die streitgegen-ständliche Beurteilung den Zeitraum von März 1996 bis Dezember 1997 betrifft, mithin nicht einschlägig.

Eine geringfügige Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der bis 31.03.1999 gel-tenden und hier maßgeblichen Fassung vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) oder bei höherem Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt (Nr. 1), oder wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt die in Nr. 1 genannten Gren-zen übersteigt (Nr. 2).

Soweit der Zeitraum vom 01.04.1997 bis 31.12.1997 streitgegenständlich ist, lag auch dem Grunde nach eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung vor. Nach § 169a AFG in der bis 31.03.1997 geltenden Fassung waren Arbeitnehmer in einer kurzzeitigen Beschäfti-gung (§ 102 AFG) versicherungsfrei. Nach dem AFG waren damit Personen, anders als in der Kranken- und Rentenversicherung, in der Regel beitragsfrei zur Bundesanstalt für Ar-beit, wenn der zeitliche Umfang ihrer Tätigkeit regelmäßig weniger als 18 Stunden betrug und damit die für die Beitragspflicht nach dem AFG maßgebliche Kurzzeitigkeitsgrenze unterschritten wurde. Diese, die Beitragsfreiheit begründende Kurzzeitigkeitsgrenze, wur-de indes mit der Änderung von § 169a AFG durch Art. 11 Nr. 35 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 23.03.1997 (Arbeitsförderungs-Reformgesetz – AFRG, BGBl. I S. 594) mit Wirkung ab 01.04.1997 aufgehoben. Bis zum Inkrafttreten des SGB III am 01.01.1998 waren danach gemäß § 169 Abs. 1 AFG Arbeitnehmer in einer geringfügigen Beschäftigung (§ 8 SGB IV) beitragsfrei. Eine Versicherungsfreiheit zur Rentenversiche-rung wie auch die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit sind mithin nach dem ein-heitlichem Maßstab der geringfügigen Beschäftigung des § 8 SGB IV zu beurteilen.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist den beiden Regelungen der Nr. 1 und Nr. 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV im Zusammenhang zu entnehmen, dass es bei ihrer Anwendung zunächst darauf ankommt, ob eine Beschäftigung regelmäßig (dann gilt Nr. 1) oder nicht regelmäßig – also nur gelegentlich – (dann gilt Nr. 2) ausgeübt wird. Denn die Nr. 1 kann neben re-gelmäßigen nicht auch gelegentliche Beschäftigungen erfassen; sonst würde das Merkmal "berufsmäßig" in Nr. 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV leerlaufen (BSG SozR 3-2400 § 8 Nr. 3 und Nr. 4). Regelmäßig ist nach dieser Rechtsprechung eine Beschäftigung zweifelsfrei dann, wenn sie von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Dies trifft hier deshalb zu, weil die Tätigkeit als ehrenamtli-cher Bürgermeister auf die Dauer von sieben Jahren angelegt ist. Mithin scheidet eine Ge-ringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV aus.

Eine Versicherungs- und Beitragsfreiheit wegen einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist bei dem Beigeladenen zu 1. im noch streitigen Zeit-raum schon wegen der Überschreitung der relativen Entgeltgrenze ausgeschlossen. Über-schreitet das Entgelt regelmäßig ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (hier: 1996: 500 DM, 1997: 520 DM), darf das höhere Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens (§ 16 SGB IV) nicht übersteigen.

Der Beigeladene zu 1. hat ab März 1996 eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.180 DM erhalten. Hiervon waren 1.453,33 DM steuerpflichtig. Dieses Entgelt aus der als geringfügig in Frage stehenden Tätigkeit ist mit dem übrigen Einkommen zusam-menzurechnen. Aus seiner Tätigkeit als Kämmerer hat der Beigeladene zu 1. von März 1996 bis Dezember 1996 folgende beitragspflichtige Arbeitsentgelte erzielt: März bis Juni 1996 monatlich: 5.401,06 DM, Juli: 5.901,06 DM (davon 500 DM Urlaubsgeld), August: 5.401,06 DM, September 5.501,06 (davon 300 DM einmalige Sonderzuzahlung), Oktober: 5.272,40 DM, November: 9.261,39 DM (davon 3.988,99 DM Weihnachtsgeld), Dezember: 5.272,40 DM. Bei einem Gehalt von mindestens 5.272,40 DM und den anteilig zu berück-sichtigen Einnahmen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld ergibt sich ein monatliches Ar-beitsentgelt in Höhe von 5.629,81 DM, so dass mit dem steuerpflichtigen Anteil der Auf-wandsentschädigung in Höhe von 1.453,33 DM 1/6 des Gesamteinkommens überschritten wurde (1.453,33 DM + 5.629,81 DM = 7.083,14 DM: 6 = 1.180,52 DM).

Im Jahr 1997 ergaben sich folgende beitragspflichtige Arbeitsentgelte: Januar bis März monatlich: 5.340,76 DM, Mai und Juni monatlich: 4.673,19 DM, Juli: 5.110,69 DM (da-von 437,50 DM Urlaubsgeld), August: 4.787,23 DM, September und Oktober monatlich: 4.844,08 DM, November: 8.374,65 DM (davon 3.530,57 DM Weihnachtsgeld), Dezember: 634,96 DM (Krankengeldbezug ab 05.12.1997). Unter anteiliger Berücksichtigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld ergibt sich mithin ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 5.671,43 DM, so dass die relative Entgeltgrenze ebenfalls überschritten ist. Eine geringfügige Beschäftigung lag damit nicht vor.

Bei alledem hat die Beklagte in dem noch streitigem Umfang eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister zu Recht festgestellt, so dass die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG in der bis 01.01.2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 S. 115 ff.). Das teilweise erfolgreiche Begehren der Klägerin war mit einer entsprechenden Kos-tenerstattung durch die Beklagte zu berücksichtigen. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass nach der hier maßgeblichen Fassung des § 193 SGG eine Gebietskörperschaft keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten hat, wenn sie allein in ihrer Arbeitge-berfunktion am Rechtsstreit beteiligt ist (a.A. BSG Breith 1992, 694, 695, zur Bundesbahn unter Hinweis darauf, dass der hinter ihr stehende Rechtsträger, die Bundesrepublik Deutschland, eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts ist). Der Senat hält eine einschränkende Auslegung für geboten.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Rechtsfrage der Beurteilung der Versicherungspflicht von ehrenamtlichen Bürgermeistern in verbandsangehörigen Gemeinden das Interesse der Allgemeinheit an einer Fortentwicklung des Rechts berührt. Die beteiligten Sozialversiche-rungsträger haben in diesem und zwei anderen – im Einverständnis der Beteiligten – zum Ruhen gebrachten Rechtsstreiten glaubhaft vorgetragen, dass bei der sozialversicherungs-rechtlichen Einordnung von ehrenamtlichen Bürgermeistern verbandsangehöriger Gemein-den eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestehe.

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Rechtskraft
Aus
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