L 20 R 662/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 Ar 682/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 662/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 6/05 BH
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.12.1995 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Vormerkung aller von ihm verbüßten Haftzeiten.

Der 1944 geborene Kläger verbüßte in der DDR folgende Haftstrafen:

05.01.1964 bis 06.08.1965,

10.03.1966 bis 14.12.1967,

02.05.1969 bis 12.07.1971,

06.05.1972 bis 19.01.1976 und

11.05.1976 bis 20.11.1977.

Am 20.11.1977 wurde er in die Bundesrepublik abgeschoben. Auch hier - ebenso wie in Österreich - wurde er infolge seiner seelischen Abartigkeit (sexuelle Deviation, Pädophilie verbunden mit Querulanz und Homosexualität) straffällig. Zurzeit befindet er sich in der Forensischen Psychiatrie (§ 63 StGB).

Mit Bescheid und Versicherungsverlauf vom 15.02.1990 und Widerspruchsbescheid vom 01.09.1994 lehnte die Beklagte die Vormerkung von Haftzeiten ab. Das dagegen angestrengte Klageverfahren beim Sozialgericht Nürnberg (SG) - S 5 Ar 682/94 - war erfolglos. Das SG hat die Klage, gerichtet auf Anerkennung der in der DDR zurückgelegten Haftzeiten als Beitrags- bzw. Ersatzzeiten, durch Urteil vom vom 05.12.1995 abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, dass Beitragszeiten ausscheiden, nachdem in der DDR für Haftzeiten allenfalls Anwartschaftsgebühren, nicht jedoch Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden seien. Nach den vorgelegten Bescheinigungen aus der DDR seien tatsächlich keine Beiträge entrichet worden, auch sei danach ein Arbeitseinsatz während der Haftzeit nicht versicherungspflichtig gewesen. Die Anerkennung als Ersatzzeit nach § 1251 Abs 1 Nr 5 und 5 a Reichsversicherungsordnung (RVO) sowie § 250 Abs 1 Nr 5 und Nr 5 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) scheide aus, da der Kläger nicht den Nachweis geführt habe, dass er zum Personenkreis des Häftlingshilfegesetzes (HHG) gehöre. Auch komme eine Ersatzzeit unter dem Gesichtspunkt einer Rehabilitierungs- oder Kassationsentscheidung gemäß § 50 Abs 1 Nr 5 a SGB VI nicht in Betracht. Eine Rehabilitierungsentscheidung liege nicht vor. Eine Anrechnung von Verfolgungszeiten nach §§ 11 ff des Gesetzes zur beruflichen Rehabilitierung (BGBl I 1994, 1311, 1314) könne erst nach Vorlage einer Rehabilitierungsbescheinigung überprüft werden. Somit komme derzeit eine Anerkennung weiterer Beitrags-, Ersatz- oder Verfolgungszeiten nicht in Betracht.

Der Kläger hat während der Rechtshängigkeit des Berufungsverfahrens den Beschluss des Landgerichts D. vom 11.07.1996 vorgelegt. Durch diesen wurde das Urteil des Bezirksgerichts D. vom 23.08.1976 für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben, soweit der Kläger wegen staatsfeindlicher Hetze zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt wurde. Im Umfang der Urteilsaufhebung sei der Kläger damit rehabilitiert. Der weitergehende Antrag des Klägers wurde zurückgewiesen. Im Hinblick auf den Beschluss des LG D. hat die Beklagte die Zeit vom 11.11.1976 bis 20.12.1977 als Zeit des politischen Gewahrsams anerkannt (Bescheid vom 10.02.1997).

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Nürnberg vom 05.12.1995 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.02.1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.1994 sowie des Bescheides vom 10.02.1997 zu verurteilen, sämtliche Haftzeiten im Versicherungsverlauf vorzumerken.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie ist der Auffassung, dass auf Grund der eingeholten Unterlagen und Auskünfte weitere Zeiten nicht zu berücksichtigen seien.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Streitakten erster und zweiter Instanz die früheren Klageakten des SG Bayreuth S 5 Ar 226/90, S 5 Ar 844/92 sowie die Berufungs- und Beschwerdeakten des BayLSG L 16 B 99/93.Ar und L 18 Ar 11/95. Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich aber als nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 05.12.1995 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vormerkung weiterer Zeiten hat.

In zutreffender Weise hat das SG darauf hingewiesen, dass die in der DDR verbüßten Haftzeiten (ebenso wie die in der Bundesrepublik verbüßten) keine Beitragszeiten darstellen. Nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen des SG, soweit es die Anerkennung der Haftzeiten als Ersatzzeit verneint. Da der Kläger über die o.g. Rehabilitierungsentscheidung (für die Zeit vom 11.11.1976 bis 20.12.1977) keine weiteren Rehabilitierungs- bzw. Kassationsbescheinigungen der zuständigen Behörden vorlegen konnte, ist das SG auch zu Recht davon ausgegangen, dass Ersatz- bzw. Verfolgungszeiten für die Haftzeiten nicht in Frage kommen. Der Senat weist deshalb die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 SGG.

Da die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb, sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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