L 10 KA 11/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 241/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KA 11/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.11.2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie die Gerichtskosten auch für den Berufungsrechtszug. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für ambulante Notfallbehandlungen im Krankenhaus in den Quartalen I bis IV/1999.

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie die Verbände der Primär- und Ersatzkassen schlossen am 10.05.1994 - mit Wirkung vom 01.01.1994 - einen Vertrag gemäß § 115 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Regelung der ambulanten Notfallbehandlung im Krankenhaus. Nach § 3 Abs. 2 des Vertrages rechnet die zuständige KV die durch das Krankenhaus im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlungen erbrachten Leistungen nach den Bestimmungen des Bewertungsmaßstabes - Ärzte (BMÄ) bzw. der Ersatzkassen - Gebührenordnung (EGO) - ab. Bei der Honorierung sind 90 v. H. der für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätze zu Grunde zu legen.

Die Auslegung dieser Vergütungsregelung für die Quartale I und III/97 war Gegenstand zweier Rechtsstreite vor dem Landessozialgericht Nordrhein - Westfalen (LSG NRW). Mit rechtskräftigen Urteilen vom 23.02.2000 (L 11 KA 114/98 und L 11 KA 204/99) verurteilte das LSG die Beklagte im Krankenhaus erbrachte Notfallbehandlungen mit dem für niedergelassene Vertragsärzte durch den Honorarverteilungsmaßstab (HVM) bestimmten ungestützten Punktwert zu vergüten, mithin den Punktwert im sogenannten "roten Bereich" zu Grunde zu legen. Das BSG wies die Revision der Beklagten gegen das Urteil L 11 KA 114/ /98 zurück (Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 R -, SozR 3-2500 § 115 Nr. 1).

Vor diesem Hintergrund widersprach die Klägerin den Honorarabrechnungsbescheiden vom 30.07.1999 (I/99), 21.10.1999 (II/99), 27.01.2000 (III/99) und 26.04.2000 (IV/99) mit der Begründung, die Beklagte habe der Berechnung der Vergütung einen zu niedrigen Punktwert zu Grunde gelegt.

Im Hinblick auf die vorstehend zitierte Entscheidung des BSG nahm die Beklagte mit Bescheid vom 31.08.2001 unter Zugrundelegung des ungestützten Punktwertes eine Neuberechnung der Vergütungen für die streitigen Quartale vor. Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht und machte geltend, da ab dem Quartal I/99 Leistungen im organisierten Notfalldienst mit einem festen Punktwert von 9,0 Pf. vergütet würden, seien Notfallbehandlungen im Krankenhaus in den streitigen Quartalen mit einem Punktwert von 8,1 Pf. (90 v. H. von 9 Pf.) zu vergüten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2002 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die oben angeführten gerichtlichen Entscheidungen zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 13.11.2002 Klage erhoben und vorgetragen, ihr stehe für Leistungen im organisierten Notfalldienst ein Punktwert von 8,1 Pf. und damit in den streitigen Quartalen eine weitere Vergütung von 77.387,13 Euro zu.

Die Klägerin hat beantragt,

die Quartalskonto-/Abrechnungsbescheide der Beklagten für die Quartale I bis IV/1999, abgeändert mit Bescheid vom 31.08.2001, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2002 hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung für Notfallbehandlungen aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von der Klägerin in den Quartalen I/1999 bis IV/1999 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen mit weiteren 77.387,13 Euro zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.11.2003 abgewiesen; die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Vergütung der erbrachten Notfallbehandlungen zu einem Punktwert von 8,1 Pf ... Die Vergütung mit einem Punktwert von 9 Pf. sei nur auf im organisierten Notfalldienst erbrachte Leistungen beschränkt. Die unterschiedliche Behandlung im organisierten Notfalldienst erbrachter Leistungen und anderer ambulanter Notfallbehandlungen sei sachlich gerechtfertigt und verstoße nicht gegen Artikel 12 und 3 Grundgesetz (GG). Finanzierung und Vorhaltung des organisierten Notfalldienstes erfolgten durch die niedergelassenen Ärzten. Diesem Umstand trage die Privilegierung der im Notfalldienst erbrachten Leistungen mit einem festen Punktwert Rechnung. Krankenhäuser seien am organisierten Notfalldienst nicht beteiligt. Ihr ärztlicher Bereitschaftsdienst sei auf die Bedürfnisse des Krankenhauses abgestellt. Die Privilegierung der niedergelassenen Ärzte schaffe Anreize zur Teilnahme der niedergelassenen Ärzte am organisierten Notfalldienst. Auch wirke sie möglichen Tendenzen entgegen, die Zielvorstellung des Gesetzgebers, die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten vorrangig durch niedergelassene Ärzte zu bewerkstelligen, durch Leistungserbringer zu unterlaufen, die schon aus logistischen Gründen anders als Vertragsärzte auch außerhalb der regelmäßigen Sprechstundenzeiten eine umfassende medizinische Versorgung gewährleisten könnten.

Gegen das am 23.01.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.02.2004 Berufung eingelegt und vorgetragen, es bestünden keine sachlichen Gründe für eine unterschiedliche Vergütung der im organisierten Notfalldienst und der in ihren Notfallambulanzen erbrachten Leistungen. Sie müsse zusätzliches Personal bereithalten, um die ambulante Versorgung erbringen zu können. Dass sie einen ärztlichen Bereitschaftsdienst unterhalten müsse, habe seinen Grund in den Bedürfnissen eines Krankenhauses und diene der Versorgung der stationären Patienten, jedoch nicht der ambulanten Versorgung von Notfallpatienten. Soweit sie, die Klägerin, überhaupt Notfälle behandele, beruhe dies darauf, dass die Vertragsärzte bzw. der organisierte Notfalldienst in manchen Fällen ihre Aufgaben nicht erfüllen könnten und die nicht zugelassenen Einrichtungen mit der Übernahme der Behandlung Aufgaben der Vertragsärzte sowie des organisierten Notfalldienstes wahrnähmen. Im Hinblick darauf, dass die von ihr erbrachten Leistungen mit denen des organisierten Notfalldienstes vergleichbar seien, verstoße eine Differenzierung der Vergütung gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Demnach seien die von ihr erbrachten Leistungen gemäß den Punktwerten für den organisierten Notfalldienst zu vergüten. Sie berufe sich für ihre Auffassung auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 04.12.2002 ( L 5 KA 626/02 ). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ergänzend vorgetragen, ihr Notfalldienst betreffe vorwiegend die chirurgische, neurologische und innere Ambulanz. Der jeweilige Stationsarzt sei auch für die Notfälle zuständig. Eine Ausnahme bilde der chirurgische Bereich. Hier werde dem Stationsarzt angesichts der Vielzahl der Notfallpatienten ein weiterer Arzt zur Seite gestellt. Dieser zusätzliche Arzt werde wegen der Behandlung privat Krankenversicherter, gesetzlich Krankenversicherter und wegen des Einsatzes im Rettungsdienst notwendig. Eine strikte Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den beiden Ärzten gebe es nicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.11.2003 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Honorarabrechnungsbescheide vom 30.07.1999 (I/99), vom 21.10.1999 (II/99), vom 27.01.2000 (III/99) und vom 26.04.2000 (IV/99), abgeändert mit Bescheid vom 31.08.2001, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2002 zu verurteilen, bei der Berechnung der in den Quartalen I/99 bis IV/99 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen einen Punktwert von 8,1 Pfennig zu Grunde zu legen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 26.11.2003 zurückzuweisen.

Sie stützt sich auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 26.11.2003 ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin durch die die Quartale I/99 bis IV/99 betreffenden Honorarabrechnungsbescheide, abgeändert mit Bescheid vom 31.08.2001, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2002 nicht beschwert ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren nunmehr statt der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer weiteren Vergütung von 77.387,13 Euro begehrt, bei der Berechnung der Vergütung einen Punktwert von 8,1 Pfennig zu Grunde zu legen, kann es dahinstehen, ob insoweit lediglich eine Klarstellung ihres Begehrens oder eine Klageänderung im Sinne von §§ 99, 153 Abs. 1 SGG vorliegt. Eine Klageänderung ist zulässig, da die Beklagte sich, ohne der Änderung zu widersprechen, auf die Anregung des Senates in der mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (§§ 99 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG) und der Senat die Klageänderung für sachdienlich hält.

Die Entscheidung der Beklagten, die von der Klägerin in den streitigen Quartalen erbrachten Notfallleistungen mit 90 v.H. des im HVM für Vertragsärzte bestimmten ungestützten Punktwert, d. h. den Punktwert im sogenannten "roten Bereich", zu vergüten, ist rechtmäßig. Die Klägerin hat - wie das SG zu Recht entschieden hat - keinen Anspruch auf eine Vergütung ihrer Leistungen nach einem Punktwert von 8,1 Pf. (90 v. H. von 9 Pf.).

Der geltend gemachte Anspruch folgt weder aus § 3 Abs. 2 des zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, den KVen Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie den Krankenkassenverbänden geschlossenen Vertrages noch aus § 6 Abs. 3 i des in den streitigen Quartalen geltenden HVM der Beklagten (in der Beschlussfassung vom 28.11.1998, Rhein. Ärzteblatt 1/99, S. 63 ff.).

1. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 des vorstehend genannten Vertrages rechnet die zuständige KV die durch das Krankenhaus im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlungen erbrachten Leistungen nach den Bestimmungen des Bewertungsmaßstabes - Ärzte (BMÄ) bzw. der Ersatzkassen - Gebührenordnung (EGO) - ab; bei der Honorierung hat sie 90 v. H. der für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätze zu Grunde zu legen.

Zwar hat die Beklagte dem Senat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie den Vertrag zum 31.12.2000 gekündigt hat, die Wirksamkeit der Kündigung jedoch durch die Krankenhausgesellschaft NRW bestritten werde. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich, denn angesichts einer nur ex-nunc wirkenden Kündigung sind die streibefangenen Quartale hiervon nicht betroffen. Auch soweit die Klägerin am Vertragsabschluss nicht beteiligt war, steht dies seiner Anwendbarkeit nicht entgegen. Denn der die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes (§ 115 Abs. 2 Satz 1 Nr 3 SGB V) und die allgemeinen Bedingungen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus (§ 115 Abs. 2 Satz 1 Nr 5 SGB V) regelnde Vertrag ist gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 SGB V auch für die - am Vertragsabschluss nicht beteiligten - zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich (BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 R -, SozR 3-2500 § 115 Nr. 1). Um ein solches im Sinne des § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus handelt es sich bei der Klägerin.

Zu Recht ist die Beklagte angesichts der Entscheidung des LSG NRW vom 23.02.2000 - L 11 KA 114/98 - bei der Berechnung der Honorare in den streitigen Quartalen von dem Punktwert im sogenannten "roten Bereich" als den "für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätzen"( § 3 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages ) ausgegangen. Soweit in dem Vertrag auch Vergütungsregelungen enthalten sind, ist dies nicht zu beanstanden. Wenn auch § 115 Abs. 2 SGB V vor allem auf organisatorische Bestimmungen zielt, so können diese aber durch ergänzende Vergütungsregelungen abgerundet werden, wie aus dem Wort "insbesondere" in der einleitenden Passage des Abs. 2 folgt (BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 R -, a.a.O).

Der 11. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen hat § 3 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages im Urteil vom 23.02.2000 - L 11 KA 114/98 - wie folgt ausgelegt:

"Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages sind bei der Honorierung 90 v.H. der für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätze zugrundezulegen. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren geltend macht, der Wortteil "Vergütung" beinhalte eine Bezugnahme der in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen, sodass damit eine Verbindung hergestellt werde zu jenen Beträgen, aus denen der für die betreffenden Leistungen gebildeten Topf gespeist werde, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Denn aus den zitierten vertraglichen Bestimmung ergibt sich lediglich, dass die Vergütung der Krankenhäuser nach den Punktwerten zu folgen hat, die für die niedergelassenen Vertragsärzte gelten, wobei ein Abzug von 10 v.H. vorzunehmen ist. Als entsprechender für Vertragsärzte geltenden Punktwert ist der im HVM der Beklagten bestimmte ungestützte Punktwert zugrundezulegen, also der Punktwert im sogenannten "roten Bereich". Dieser betrug im Quartal 1/1997 6,51 Pfennige im Primärkassenbereich und 7,30 Pfennige im Ersatzkassenbereich. Unter Berücksichtigung des vertraglich festgelegten Abschlages von 10 v.H. berechnen sich für Krankenhausleistungen 5,86 Pfennige im Ersatzkassenbereich."

Das BSG hat diese Entscheidung im Rahmen der nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfkompetenz im Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 R - bestätigt und hierzu ausgeführt:

"Die Überprüfung anhand der allgemeinen Maßstäbe beschränkt sich darauf, ob die Auslegung mit dem Wortlaut eindeutig unvereinbar ist, ob gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und ob die auslegungsrelevanten Sachverhaltsumstände vollständig ausgewertet worden sind. Bei Verträgen mit normativer Wirkung gegenüber Dritten ist überdies zu beachten, dass die Auslegung nicht am subjektiven Willen der Vertragspartner, sondern an der objektiven Erklärungsbedeutung auszurichten ist. Gegen diese Maßstäbe hat das LSG im vorliegenden Fall nicht verstoßen. Es hat die Vertragsbestimmungen so interpretiert, dass sich der Begriff "90 v.H. der Vergütungssätze" auf die sog. allgemeinen Punktwerte beziehe und als in sich geschlossene und vollständige Regelung keinen Raum für die Zugrundelegung abweichender Punktwerte/durch die Berücksichtigung von Honorartöpfen belasse. Damit hat das LSG an den Wortlaut des § 3 Abs. 2 angeknüpft. Anhaltspunkte dafür, dass die Auslegung mit diesem Wortlaut eindeutig unvereinbar sein könnte, bestehen nicht. Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze oder eine unvollständige Auswertung der auslegungsrelevanten Sachverhaltsumstände sind nicht gerügt; dafür ist auch nichts ersichtlich. Der weitergehenden Frage, ob die vom LSG vorgenommene Auslegung "richtig" ist, kann aufgrund der nur beschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle nicht nachgegangen werden."

Der erkennende Senat tritt der Auslegung von § 3 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages durch den 11. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen bei. Durch diese Klausel wird die Höhe der Vergütung für im Krankenhaus erbrachte ambulante Notfallbehandlungen nicht abschließend bestimmt. Vielmehr enthält die Klausel eine dynamische Verweisung auf die für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätze. Diese wiederum werden durch den jeweiligen HVM definiert. Sonach ist in einem ersten Schritt zunächst die Vergütungshöhe nach Maßgabe des HVM zu bestimmen und hiervon sodann in einem zweiten Schritt ein Abschlag um 10 v.H. vorzunehmen. Als entsprechender für Vertragsärzte geltender Punktwert ist der im HVM der Beklagten bestimmte ungestützte Punktwert ("roter Bereich") zu Grunde zu legen. Dies folgt daraus, dass § 3 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages auf die für Vertragsärzte "geltenden Vergütungssätze" verweist. Das sind die freien Leistungen des sog. roten Bereichs. Sofern die Vertragspartner etwas anderes hätten regeln wollen, hätte der bereits am 01.01.1994 in Kraft getretene Vertrag infolge der Änderungen des HVM der Beklagten angepasst werden müssen. Hierzu hätte es einer ausdrücklichen Bezugnahme bedurft, wenn die Vergütung für ambulante Notfallbehandlungen in Krankenhäusern sich auf 90 v.H. der Vergütung hätte belaufen sollen, die niedergelassenen Ärzte für Leistungen im organisierten Notfalldienst beanspruchen können. Das ist nicht geschehen. Infolgedessen kann die Klägerin ihren Anspruch nicht auf § Abs. 2 Satz 2 des Vertrages stützen.

2. Ebenso wenig lässt sich der geltend gemachte Anspruch aus § 6 Abs. 3 i des in den streitigen Quartalen geltenden HVM herleiten.

Danach sind aus dem zur Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Betrag u.a. Leistungen im organisierten Notdienst, bewertet mit einem Punktwert von 9,0 Pf., vorab zu vergüten.

Der Anspruch scheitert insoweit schon daran, dass die Klägerin am organisierten Notfalldienst nicht teilnimmt. Nur niedergelassene und in niedergelassenen Praxen angestellte Ärzte sind hierzu verpflichtet (1 Abs. 1 der Gemeinsamen Notfalldienstordnung der Ärztekammer Nordrhein und der KV Nordrhein - NFDO -). Zwar ist auch die Notfallbehandlung der Versicherten durch Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen. Der für die vertragsärztliche Versorgung bestehende Sicherstellungsauftrag erstreckt sich auch auf die Gewährleistung eines ausreichenden Notfalldienstes (§ 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Korrespondierend hierzu steht den Versicherten das Recht zu, in Notfällen nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte in Anspruch nehmen zu können (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Leistungen sind daher im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und aus der Gesamtvergütung der vertragsärztlichen Vergütungsregelungen zu vergüten. Aus dieser Gleichstellung der im Notfall tätigen Krankenhäuser und Nichtvertragsärzte mit Vertragsärzten hat das BSG abgeleitet, dass Leistungen von Krankenhäusern im Rahmen der Notfallbehandlung grundsätzlich so zu vergüten sind, als wenn sie von zugelassenen Vertragsärzten erbracht worden wären (BSG, Urteil vom 13.05.1998 - 6 KA 41/47 R -). Allerdings hat das BSG weiter entschieden, dass es im Hinblick auf die unterschiedliche Kostensituation in öffentlich geförderten Krankenhäusern einerseits und in Praxen niedergelassener Ärzte andererseits generell gerechtfertigt ist, die Vergütung von im Krankenhaus als Institutsleistung erbrachten Notfallbehandlungen um 10 v.H. gegenüber den Sätzen der vertragsärztlichen Vergütung zu reduzieren (BSG, Urteile vom 13.05.1998 - 6 KA 41/47 R - sowie vom 19.08.1992 - 6 Rka 6/91 - BSGE 71, 117 ff und vom 24.09.2003 - B 6 KA 51/02 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 2). Zusätzliche Einschränkungen des Vergütungsanspruchs sind hiernach nur dann statthaft, wenn die (weitergehende) Vergütungsminderung auf sachlichen Gründen beruht (BSG, Urteil vom 13.05.1998 - 6 KA 41/47 R -).

Die Frage, ob und welche sachlichen Gründen für eine differenzierte Vergütung ärztlicher Notfallmaßnahmen sprechen, die einerseits von niedergelassenen Ärzten im organisierten Notfalldienst und andererseits von Krankenhäusern erbracht werden, stellt sich zunächst nicht. Die von der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen werden nämlich wie die entsprechenden Leistungen niedergelassener Ärzte vergütet, insoweit allerdings bezogen auf deren außerhalb des organisierten Notfalldienstes erbrachte Leistungen. Soweit Vertragsärzte Notfallleistungen erbringen, greifen andere Vergütungsregelungen. Derartige Leistungen unterfallen dem Individualbudget und einer Mengenbegrenzung. Mithin kann von einer "weitergehenden Vergütungsminderung" im Sinn der o.g. BSG-Entscheidung keine Rede sein. Soweit Notfallleistungen niedergelassener Ärzte im organisierten Notfalldienst vorweg mit einem Punktwert von 9,0 Pf. bewertet werden (6 Abs. 3 Ziffer i des HVM), handelt es sich vielmehr um eine vergütungsmäßige Besserstellung dieses Leistungsbereichs und nicht um eine Vergütungsminderung für die von Krankenhäusern erbrachten Nofallleistungen.

Auch soweit das BSG eine mittelbar schlechtere Vergütung von Notfallleistungen in Krankenhäusern gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung beanstandet hat (Urteil vom 24.09.2003 - B. 6 KA 51/02 R -), ergibt sich nichts anderes. Dem lag zu Grunde, dass die KV das garantierte Vergütungsniveau von 90 v.H. desjenigen der Vertragsärzte mittelbar durch Bildung eines speziellen Honorartopfes "Institute/Krankenhäuser" reduzierte. Darum geht es hier nicht. Das vertraglich garantierte Vergütungsniveau wird durch § 6 Abs. 3 Ziffer i) des HVM nicht berührt.

Im Übrigen: Auch die Beklagte ist an § 3 Abs. 3 Satz 2 des Vertrags gebunden. Danach ist vertraglich vereinbart, die Vergütung für die im Krankenhaus erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen mit 90 v.H. der für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätze zu bemessen. Dass sind - wie ausgeführt - die Vergütungssätze für Leistungen im roten Bereich. Würde die Beklagte im HVM mithin regeln, dass auch die im Krankenhaus erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen mit einem Punktwert von 9,0 Pf. zu bemessen sind, würde diese Regelung gegen den Vertrag verstoßen. Welche Rechtsfolgen hieraus herzuleiten wären, kann offen bleiben.

Selbst wenn der Senat mit der Klägerin davon ausgehen würde, dass die ihr zustehende Vergütung im Sinn der BSG-Rechtsprechung weitergehend gemindert worden wäre, könnte dies der Berufung nicht zum Erfolg helfen. Eine solchermaßen verstandene (weitergehende) Vergütungsminderung würde auf sachlichen Gründen beruhen. Dabei ist von folgendem Grundsatz auszugehen: Welche Sachverhaltselemente so wichtig sind, dass ihre Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt, entscheidet regelmäßig der Normgeber selbst. Er kann grundsätzlich die Sachverhalte auswählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfen will. Sein Spielraum endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte evidentermaßen nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten sachgerechten Betrachtungsweise vereinbar ist (BVerfG, Beschluss vom 15.10.1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39; Beschluss vom 10.12.1985 - 2 BvL 18/83 -, BVerfGE 71, 255 ff.). Derartige sachliche Gründe, die eine unterschiedliche Vergütung der in den Krankenhäusern einerseits und im Rahmen des organisierten Notfalldienst von den niedergelassenen Ärzte erbrachten Notfallleistungen andererseits rechtfertigten, sind gegeben.

Als ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund ist der Umstand anzusehen, dass nicht die Krankenhäuser, sondern die niedergelassenen Ärzte und in niedergelassener Praxis angestellten Ärzte ( § 1 Abs. 1 NFDO) und davon im wesentlichen die Vertragsärzte an der Kostentragung für Organisation und Durchführung des von der KV organisierten ärztlichen Notfalldienstes beteiligt sind. So werden den Vertragsärzten von ihrem Honorar Verwaltungskostenbeiträge in Abzug gebracht (§ 6 Abs. 8 HVM). Richtet die Beklagte Notfalldienstpraxen ein (§ 9 NFDO), ist die Beklagte berechtigt, neben dem Verwaltungskostenbeitrag einen zusätzlichen Beitrag gemäß § 9 Abs. 3 ihrer Satzung zu erheben. Hinzu kommt, dass der Notfalldienst außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten, zu denen jeder niedergelassene und in niedergelassener Praxis angestellte Arzt verpflichtet ist, einen zusätzlichen Organisationsaufwand und unter Umständen auch weitere zusätzliche Kosten (z. B. Kosten für Personal außerhalb der üblichen Arbeitszeiten) erfordert. Die Krankenhäuser hingegen sind an der Vorhaltung und Finanzierung des organisierten Notfalldienstes nicht beteiligt. Die Versorgung ambulanter Patienten, die aus medizinischen Gründen einer umgehenden Behandlung bedürfen und in deren Fall ein fachlich zuständiger Vertragsarzt nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden kann und die deswegen die Notfallambulanz eines Krankenhauses aufsuchen, macht nicht die Vorhaltung von speziellem Personal erforderlich. Denn der ärztliche Bereitschaftsdienst in einem Krankenhaus ist im Hinblick darauf, dass dort in erster Linie stationäre Patienten versorgt werden, ohnehin auf eine Versorgung rund um die Uhr ausgerichtet. Dies wird auch durch die ergänzenden Angaben der Klägerin gegenüber dem Senat deutlich. Bis auf die chirurgische Ambulanz, in der angesichts der Vielzahl der Notfallpatienten dem Stationsarzt ein weiterer Arzt zur Seite gestellt wird, wobei beiden Ärzten die Behandlung privat Krankenversicherter, gesetzlich Krankenversicherter und die Tätigkeit im Rettungsdienst ohne strikte Zuständigkeitsabgrenzung obliegt, ist in den übrigen Ambulanzen der jeweilige Stationsarzt auch für die Notfälle zuständig.

Angesichts des für die niedergelassenen Ärzte durch die Teilnahme am organisierten ärztlichen Notfalldienst entstehenden besonderen Organisations- und Kostenaufwandes ist die Privilegierung der Vergütung sachlich gerechtfertigt. Gleichzeitig schafft die Privilegierung der Vergütung - worauf das SG ebenfalls zu Recht hingewiesen hat - Anreize zur Teilnahme niedergelassener Ärzte am organisierten Notfalldienst und wirkt der Gefahr entgegen, dass die Zielvorstellung des Gesetzgebers, die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten in erster Linie durch niedergelassene Vertragsärzte zu bewerkstelligen, durch Leistungserbringer unterlaufen würde, die schon aus logistischen Gründen anders als Vertragsärzte auch außerhalb der regelmäßigen Sprechstundenzeiten medizinische Versorgung gewährleisten können (LSG NRW, Urteil vom 04.06.2001 - L 11 KA 229/01 -).

Soweit sich die Klägerin auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 04.12.2002 - L 5 KA 616/02 - stützt, führt dies nicht weiter. Zwar hat das LSG Baden-Württemberg ausgeführt, dass sich die Privilegierung der niedergelassenen Ärzte nicht wegen der mit dem organisierten Notfalldienst verbundenen Erschwernisse rechtfertigen lasse, denn auch im Krankenhaus müsse Personal für die Sicherstellung von Behandlungen zur Unzeit vorhalten werden. Auf diesen Gesichtspunkt kommt es nicht an, denn die Beklagte ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 des Vertrags gehindert gewesen, die Honorierung der ambulanten Notfallbehandlungen in Krankenhäusern (als Institutsleistung) an die Vergütung entsprechender von niedergelassenen Vertragsärzten erbrachten Leistungen anzupassen. Zum anderen fehlt es schon deswegen an einer Ungleichbehandlung, weil die notfallmäßigen Leistungen eines Krankenhauses wie die Nichtnotfallleistungen eines Vertragsarztes vergütet werden und dessen Notfallleistungen vergütungstechnisch lediglich privilegiert werden. Ungeachtet der jeweiligen internen Organisation des jeweiligen Krankenhauses, auf die das LSG Baden-Württemberg maßgeblich abstellt, ist diese "Ungleichbehandlung" im Übrigen schon deswegen gerechtfertigt, weil hiermit möglichen Tendenzen entgegengewirkt werden kann, dass die Notfallversorgung zunehmend weniger durch niedergelassene Ärzte als vielmehr durch andere, angesichts ihrer logistisch-organisatorischen Infrastruktur privilegierter Leistungserbringer erbracht wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved