L 17 RJ 21/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 RJ 817/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RJ 21/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. März 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1951 geborene Kläger erlernte von 1969 bis 1972 den Beruf eines Bankkaufmanns. Nach dem Militärdienst absolvierte er von Mai 1974 bis Oktober 1975 eine Zusatzausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten (so seine Angaben im Schriftsatz vom 15. Oktober 2004. Im Rentenantrag hatte er angegeben, er sei ohne Ausbildung als Sozialversicherungsfachangestellter tätig gewesen). Von 1976 bis 1978 erfolgte nach Angaben des Klägers eine zweijährige Ausbildung zum Trocken- und Akustikbauer. Anschließend war er bis August 1998 mit Unterbrechungen überwiegend bei Baubetrieben beschäftigt. Während dieses Zeitraums hat er von Juni 1992 bis Mai 1997 eine selbständige Tätigkeit als Trockenbauer ausgeübt.

Im November 1999 stellte der Kläger einen Rentenantrag und machte zu dessen Begründung geltend, er halte sich seit August 1998 wegen Meniskusbeschwerden, Gichtanfällen und Ödemen für berufs- oder erwerbsunfähig.

Die Beklagte stellte fest, dass für die beantragte Rentenart die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung ausreichend zeitnahe Beiträge entrichtet wurden. Im Auftrag der Beklagten erfolgte am 10. Dezember 1999 eine Begutachtung des Klägers durch die Ärztin für Innere Medizin Dr. W. Sie gelangte zu der Einschätzung, für die letzte Tätigkeit als Trockenbauer sei das Leistungsvermögen auf Dauer aufgehoben. Leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Vermeidung von Leiter- und Gerüstarbeiten mit Absturzgefahr könne der Kläger aber noch vollschichtig ausüben.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte vom Arbeitsamt medizinische Unterlagen (u.a. Gutachten vom 18. Januar 2000: vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) bei und veranlasste eine chirurgisch-orthopädische Begutachtung, die von der Fachärztin für Chirurgie Dipl.-Med. B am 6. Juni 2000 vorgenommen wurde. Sie gelangte zu der gleichen Leistungseinschätzung wie Dr. W.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2001 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Der Kläger sei aufgrund seiner letzten Tätigkeit als angelernter Arbeiter anzusehen und auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes mit Ausnahme von einfachsten Arbeiten verweisbar. Nach den medizinischen Feststellungen könne er zwar nicht mehr als Trocken- und Akustikbauer arbeiten, ihm seien jedoch noch die Tätigkeiten eines Bankkaufmanns, Sozialversicherungsfachangestellten oder Mitarbeiters einer Poststelle mit der Vergütungsgruppe BAT VIII möglich.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 28. März 2001 Klage erhoben und zu deren Begründung unter Überreichung eines Attestes der Ärztin für Innere Medizin Dr. B vom 6. Mai 2002 geltend gemacht, die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, da er aufgrund eines Krampfaderleidens nicht mehr überwiegend im Sitzen arbeiten könne. Zudem habe er zuletzt vor 30 bzw. 35 Jahren als Sozialversicherungsfachangestellter bzw. Bankkaufmann gearbeitet und könne diese Tätigkeiten nicht mehr ohne eine längere Einarbeitungszeit wieder aufnehmen.

Das Sozialgericht hat Befundberichte von Dr. K vom 15. Juli 2002 sowie vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 6. August 2002 eingeholt und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P zum Sachverständigen ernannt. In seinem neurologischen Fachgutachten vom 11. November 2002 gab er als beim Kläger bestehende Krankheiten und Gebrechen an:

Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Gicht, Fettleber, Krampfaderleiden, Kniegelenksarthrosen, Alkoholabusus, Nikotinabusus und alkoholtoxische Polyneuropathie.

Aufgrund der festgestellten Leiden könne der Kläger täglich regelmäßig nur noch leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen, vorwiegend im Sitzen aber auch mit der Möglichkeit aufzustehen und kurze Wege zu gehen, unter Vermeidung einseitiger körperlicher Belastung und Zeitdruck verrichten. Die Tätigkeit an laufenden Maschinen sei zu vermeiden. Er könne nur noch leichte Lasten unter 10 kg heben und tragen. Wechsel- und Nachtschicht seien zumutbar. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien ebenso wenig zumutbar wie Tätigkeiten, die eine Fingergeschicklichkeit oder eine Belastbarkeit der Beine voraussetzten. Die festgestellten Leiden beschränkten den Kläger in der Ausübung mittelschwerer geistiger Arbeiten. sie wirkten sich nicht aus auf die Hör- und Sehfähigkeit oder das Reaktionsvermögen. Die Schreibgewandtheit, nicht jedoch die Lesefähigkeit sei beeinträchtigt. Die Auffassungsgabe, Lern- und Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, Kontaktfähigkeit, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie das Gedächtnis seien bei der 1 1/2-stündigen Untersuchung nicht erkennbar beeinträchtigt gewesen. Es sei aber zu erwarten, dass im Rahmen der Störung durch den schädlichen Alkoholgebrauch auch hier eine im Vergleich zu gesunden Altersgenossen herabgesetzte Leistungsfähigkeit vorliege. Es seien Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle zu berücksichtigen, da der Kläger infolge der Gangunsicherheit witterungsbedingt Schwierigkeiten mit dem Erreichen einer Haltestelle haben dürfte. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche nicht mehr für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden täglich aus. Der Kläger sei nur noch in der Lage, eine halbschichtige Tätigkeit im Wochenrhythmus auszuüben. Die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf vier Stunden gelte für alle noch für möglich gehaltenen Verrichtungen. Wegen der neu hinzugekommenen ausgeprägten Polyneuropathie werde von den bisherigen ärztlichen Beurteilungen abgewichen. Die Einschränkungen bestünden seit Feststellung der Polyneuropathie im Juli 2001. Seit dieser Zeit habe sich der neurologische Befund weiter verschlechtert und die Ausfälle an den Beinen hätten zugenommen. Es bestehe begründete Aussicht, dass die Leistungsminderung teilweise behebbar sei. Zur Feststellung des Leistungsvermögens sei ein weiteres Gutachten nicht erforderlich.

Die Beklagte ist diesem Gutachten entgegengetreten und hat in einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. S-B vom 11. Dezember 2002 geltend gemacht, aus den festgestellten neurologischen Defiziten könne eine quantitative Leistungsminderung nicht abgeleitet werden. Eine stationäre Entzugsbehandlung und eine ambulante Betreuung seien in diesem Fall vorrangig indiziert. Bei medikamentöser Behandlung und anhaltender Abstinenz sei mit einer Besserung der Neuropathie innerhalb von ein paar Monaten zu rechnen.

Mit Urteil vom 5. März 2003 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, dem Kläger vom 1. März 2002 bis 31. Dezember 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Gericht gehe mit dem Sachverständigen Dr. P davon aus, dass eine quantitative Leistungsminderung aufgrund der Polyneuropathie vorliege. Diese führe unter Berücksichtigung der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu einer Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit. Rentenbeginn sei nach § 101 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -SGB VI- der 7. Kalendermonat nach Eintritt des Versicherungsfalles. Die Rentengewährung sei bis Ende 2003 befristet worden, da das Gericht davon ausgehe, dass bis dahin eine erfolgreiche Alkoholtherapie möglich sei.

Gegen das ihr am 30. April 2003 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 12. Mai 2003 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht sie unter Überreichung einer weiteren medizinischen Stellungnahme von Dr. S-B vom 17. Juli 2003 geltend, der Sachverständige Dr. P vermenge unzulässigerweise seine Feststellungen zur Wegefähigkeit mit denen zum Umfang des quantitativen Leistungsvermögens. Die Wegefähigkeit sei jedoch auch nach Angaben des Gutachters lediglich beeinträchtigt und nicht aufgehoben. Zudem könne aus der Polyneuropathie eine quantitative Leistungsminderung nicht abgeleitet werden. Das Sachverständigengutachten sei hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens in sich nicht schlüssig. Eine Alkoholentwöhnungsbehandlung sei jedoch medizinisch indiziert und werde dem Kläger angeboten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. März 2003 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Das Gericht hat zu den Einwendungen der Beklagten eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters Dr. P vom 29. April 2004 eingeholt. Darin heißt es, der Kläger sei aufgrund der bei zeitlicher Beanspruchung zunehmenden neuropathischen Schmerzen und stauungsbedingten Beschwerden infolge des Krampfaderleidens nicht in der Lage, einen vollen Arbeitstag inklusive der Wegezeiten durchzustehen. In diesem Sinne habe er die Wegefähigkeit in die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens mit einbezogen. Bei einer halbschichtigen täglichen Arbeitszeit wäre auch unter Berücksichtigung der Wegezeiten noch von einer zumutbaren Gesamtbelastung auszugehen. Aufgrund fehlender Einsichtigkeit und negativistischer Einstellung sei davon auszugehen, dass der Kläger nicht mehr motiviert werden könne, den schädlichen Alkoholkonsum und ungesunden Lebenswandel aufzugeben. Es sei deshalb nicht wahrscheinlich, dass sich die bereits eingetretenen Folgeschäden aufgrund von Alkoholmissbrauch und Fettleibigkeit bessern ließen.

Die Beklagte hat dazu geltend gemacht, der Gutachter rechne die sich im Rahmen des Üblichen bewegenden Wegezeiten letztendlich als "Arbeitszeit" an und berücksichtige nicht, dass bei einer überwiegend im Sitzen ausgeübten Tätigkeit ein Ausgleich zu den zurückzulegenden Wegstrecken gegeben wäre. Sie bleibe daher dabei, dass der Kläger über ein vollschichtiges Restleistungsvermögen verfüge. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, dass der Sachverständige nunmehr von einer dauerhaften Leistungseinschränkung ausgehe, da er im Gutachten die Leistungsminderung noch als teilweise behebbar beschrieben habe.

Die den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten sowie die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 27 RJ 817/01 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist - soweit es durch die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zur Überprüfung des Senats steht - nicht zu beanstanden. Durch die Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. März 2002 bis 31. Dezember 2003 ist die Beklagte nicht rechtswidrig beschwert.

Eine Verurteilung zur Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung war im vorliegenden Fall, der zunächst aufgrund der vor diesem Zeitpunkt liegenden Antragstellung allein auf eine Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente gerichtet war, jedenfalls deshalb möglich, weil die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 1. März 2001 auch die Rentengewährung aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderung ausdrücklich abgelehnt hatte. Es kann deshalb hier unentschieden bleiben, ob eine Erwerbsminderungsrente Gegenstand des weiteren Verfahrens sein kann, wenn die Verwaltungsentscheidungen ausschließlich zu der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Rechtslage ergangen sind.

Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F. erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Nach den Feststellungen der Beklagten liegen die allgemeinen und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart vor. Der Kläger ist auch erwerbsgemindert.

Der Kläger ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen im Umfang von vier Stunden täglich auszuüben. Unter Berücksichtigung eines verschlossenen Arbeitsmarktes für Teilzeitarbeitsplätze - es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger innerhalb eines Jahres seit Antragstellung ein leidensgerechter Arbeitsplatz hat angeboten werden können - liegt volle Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI vor.

Zur Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. Die von der Beklagten gegen dessen Gutachten und ergänzende gutachterliche Stellungnahme vorgebrachten Einwendungen vermögen im Ergebnis nicht zu überzeugen. Der Sachverständige stellte eine ausgeprägte alkoholtoxische Polyneuropathie mit gering ausgeprägten motorischen, aber erheblichen Störungen der Sensibilität und der vegetativen Funktionen an Unterschenkeln und Füßen fest. Aufgrund dieser Erkrankung, die bei den im Verwaltungsverfahren durchgeführten Untersuchungen noch nicht vorlag, und den dem internistischen und orthopädischen Fachgebiet zuzurechnenden Beschwerden sah er das Leistungsvermögen des Klägers auch als zeitlich eingeschränkt an. Dies ist nicht zu beanstanden, denn der Gutachter gibt für eine Begrenzung der zumutbaren Arbeitszeit eine nachvollziehbare Begründung, wenn er ausführt, der Kläger könne einen vollen Arbeitstag aufgrund der durch die Nervenschädigung hervorgerufenen schmerzhaften Missempfindungen an den Beinen unter Berücksichtigung der mit den Wegen zur Arbeit verbundenen Anstrengungen nicht mehr durchstehen.

Soweit die Beklagte dagegen einwendet, die Polyneuropathie führe in diesem Stadium nur zu qualitativen Einschränkungen, vermochte ihr der Senat nicht zu folgen. Welche Auswirkungen eine Erkrankung auf das Leistungsvermögen hat, unterliegt der sachverständigen Einschätzung durch den Fachgutachter. Dr. P hat aufgrund seines Fachwissens ein nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen festgestellt. Seine Einschätzung ist schon deshalb von einem größeren Gewicht als die Ausführungen von Frau Dr. S-B, weil er den Kläger ausführlich untersucht hat und seine Meinungsbildung daher auch auf die von ihm dabei gewonnenen Erkenntnisse stützten konnte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gutachter bei der Bestimmung des Leistungsvermögens von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder sich von unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen. Dies gilt auch, soweit er die Bestimmung des quantitativen Leistungsvermögens unter Berücksichtigung der eingeschränkten Wegefähigkeit des Klägers vorgenommen hat. Zwar ist die Fähigkeit, einen Arbeitsplatz erreichen zu können, grundsätzlich zu trennen von dem für die fragliche Tätigkeit noch vorhandenen Restleistungsvermögen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass besondere Anstrengungen, die in einem Bereich gemacht werden müssen, nicht auch auf den anderen Auswirkungen haben können. Ihre Berücksichtigung ist in einem solchen Fall sogar geboten. Aus dem Gutachten von Dr. P ist zu entnehmen, dass die Wegefähigkeit des Klägers aufgrund einer Gehbehinderung deutlich eingeschränkt ist und ihm die üblichen Arbeitswege besondere Anstrengungen abverlangen. Da die neuropathischen Schmerzen und stauungsbedingten Beschwerden nach den weiteren Angaben des Sachverständigen zunehmen, je länger die Beanspruchung - unabhängig von der Art der Arbeit - dauert, ist es nicht zu beanstanden, wenn er zur Bestimmung der Gesamtbelastung durch eine Erwerbstätigkeit auch die mit den Arbeitswegen verbundenen Anstrengungen mit einbezieht.

Einer Rentengewährung steht nicht entgegen, dass möglicherweise mit einer Besserung der Polyneuropathie innerhalb von ein paar Monaten bei anhaltender Abstinenz und medikamentöser Behandlung zu rechnen ist. Den Ausführungen von Dr. P ist zu entnehmen, dass es dem Kläger dafür an der notwendigen Einsichtsfähigkeit mangelt. Diese Einschätzung wird offenbar auch von der Beklagten geteilt, da sie dem Kläger als Leistung zur medizinischen Rehabilitation eine Alkoholentwöhnungsbehandlung bereits angeboten hat. Einer auch dafür fehlenden Motivation des Kläges könnte die Beklagte mit den ihr vom Gesetz eröffneten Möglichkeiten bei fehlender Mitwirkung eines Versicherten entgegentreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz -SGG-.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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