L 16 RA 29/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 2351/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 29/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Zeit vom 1. September 1950 bis 19. Juli 1957 bei der Berechnung der Altersrente der Klägerin im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).

Die 1935 geborene Klägerin war in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in der Zeit vom 1. September 1950 bis 1. September 1957 im landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern als mithelfende Familienangehörige tätig (Arbeitsbuch der DDR; Bescheinigung des Vaters J P vom 17. Juli 1970; schriftliche Erklärungen von C St - undatiert -, R R, S M und C P vom 15. August 2002 und von L N vom 12. November 2003). Die Bodenfläche des landwirtschaftlichen Betriebes betrug weniger als 7 ha. Seit dem 1. September 1995 bezieht die Klägerin von der Beklagten Altersrente für Frauen (Bescheid vom 29. August 1995). Widerspruch und Klage, mit denen die Klägerin die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten vom 1. September 1950 bis zum 1. September 1957 begehrt hatte, blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. August 1996; rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts -SG- Berlin vom 14. Januar 1997 -S 7 An 2036/96-).

Nach Erteilung des Bescheides vom 21. August 2001, mit dem die Beklagte die Altersrente für Bezugszeiten ab 1. Januar 1996 wegen zusätzlich zu berücksichtigender, vorliegend nicht streitgegenständlicher Beitragszeiten neu berechnet hatte, bat die Klägerin um "Überprüfung der abgelehnten Zeiten" vom 1. September 1950 bis 1. September 1957. Mit Bescheid vom 15. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2002 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 29. August 1995 ab, weil weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei.

Das SG hat die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Änderung des Bescheides vom "29. August 1995 in der Fassung des Bescheides vom 21. August 2001" und Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten vom 1. September 1950 bis zum 19. Juli 1957 gerichtete Klage mit Urteil vom 21. November 2003 im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG Berlin vom 14. Januar 1997 (-S 7 An 2036/96-) abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter; auf ihre Schriftsätze vom 14. Juni 2004, 5. September 2004 und 3. Oktober 2004 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2002 aufzuheben sowie den Bescheid vom 21. August 2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihre Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 1996 unter Berücksichtigung einer Beitragszeit vom 1. September 1950 bis zum 19. Juli 1957 neu zu berechnen und insoweit den Bescheid vom 29. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1996 zu ändern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten des SG Berlin -S 7 An 2036/96-, die Rentenakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Das Gericht hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 SGG) ihres Klagebegehrens wendet sie sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Abs. 1 SGB X sowohl gegen den bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 29. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1996 als auch - unter Berücksichtigung ihres als Widerspruch anzusehenden Vorbringens bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten am 29. August 2001 - gegen den Bescheid vom 21. August 2001. Die Beklagte hat im Hinblick auf diesen Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. August 2001 zwar einen gesonderten Widerspruchsbescheid nicht erteilt. Ihrem von der Klägerin angefochtenen Widerspruchsbescheid hinsichtlich des Überprüfungsantrages gemäß § 44 Abs. 1 SGB X vom 13. März 2002 lässt sich aber zweifelsfrei entnehmen, dass die Beklagte im Hinblick auf die streitige Beitragszeit (auch) den Bescheid vom 21. August 2001 für uneingeschränkt rechtmäßig hält.

Hinsichtlich der vorliegend nur noch geltend gemachten Beitragszeit vom 1. September 1950 bis zum 19. Juli 1957 hat die Beklagte bei Erteilung des Bescheides vom 29. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1996 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat (vgl. § 44 Abs. 1 SGB X). Der Klägerin steht auch im Rahmen des angefochtenen Bescheides vom 21. August 2001 kein höherer Teilbetrag des Geldwertes ihres Rechts auf Rente auf Grund zusätzlich zu berücksichtigender Beitragszeiten vom 1. September 1950 bis zum 19. Juli 1957 zu. Denn Beitragszeiten der Klägerin in diesem Zeitraum sind weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht (vgl. zur Glaubhaftmachung von Beitragszeiten im Beitrittsgebiet § 286b Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).

Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Den Beitragszeiten nach Bundesrecht stehen Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem In-Kraft-Treten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind (§ 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI). Machen Versicherte glaubhaft, dass sie im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, sind die dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu Grunde liegenden Zeiträume als Beitragszeit anzuerkennen (§ 286b Satz 1 SGB VI).

Der Tatbestand einer gleichgestellten Beitragszeit scheidet für die Zeit vom 1. September 1950 bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Klägerin am 7. August 1956 bereits deshalb aus, weil die in dieser Zeit von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung der DDR unterlag. Nach der Anordnung über die Sozialpflichtversicherung in der Landwirtschaft vom 25. Mai 1949 (ZVOBl. S. 445) unterlagen mit Wirkung vom 1. Juni 1949 die mitarbeitenden Familienangehörigen in bäuerlichen Betrieben mit einer Bodenfläche bis zu 20 ha bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nicht der Sozialversicherungspflicht. Nach der im Verfahren S 7 An 2036/96 beigezogenen, von der Landesversicherungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern archivierten Hebekarte über den landwirtschaftlichen Betrieb von H P wie auch dem Vorbringen der Klägerin im dortigen Verfahren sowie der schriftlichen Erklärung der I H vom 3. Mai 1995 ist davon auszugehen, dass die Bodenfläche des landwirtschaftlichen Betriebes der Eltern der Klägerin jedenfalls deutlich unter 20 ha lag. Das Vorbringen der Klägerin im hiesigen Verfahren, wonach die landwirtschaftliche Fläche des väterlichen Betriebes etwa 22 bis 24 ha betragen habe, ist durch entsprechende Beweismittel nicht belegt worden und als zweckgerichtet anzusehen. Dass in diesem Zeitraum keine Versicherungspflicht bestand, erhellt im Übrigen auch aus der von der Klägerin selbst vorgelegten schriftlichen Erklärung der L N vom 12. November 2003, die zutreffend auf die nicht bestehende Versicherungspflicht bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres hingewiesen hat. Ob die Berücksichtigung derartiger Versicherungszeiten nach Maßgabe von Artikel 2 § 19 Abs. 2 Nr. 14 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) in Betracht kommt, kann vorliegend schon deshalb dahinstehen, weil die Beklagte in den bislang ergangenen Verwaltungsentscheidungen ausschließlich über die Gewährung von Altersrente für Frauen gemäß § 39 SGB VI in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung entschieden hat.

Auch für die Zeit vom 8. August 1956 bis zum 19. Juli 1957 ist nicht (zumindest) glaubhaft gemacht, dass für die Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung der DDR abgeführt wurden. Beitragsnachweise hat die Klägerin nicht vorlegen können. Auch die Glaubhaftmachung einer Beitragszahlung ist nicht gelungen. Denn zum einen hat die Klägerin im Verfahren - S 7 An 2036/96 - mit Schreiben vom 20. Juli 1996 selbst vorgetragen, im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern nicht gegen Entgelt beschäftigt gewesen zu sein. Zum anderen lässt sich auch den im Termin zur mündlichen Verhandlung beim SG am 21. November 2003 vorgelegten schriftlichen Zeugenerklärungen keinerlei Hinweis auf eine Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung entnehmen. Dass die Klägerin - wie dort von den Zeugen bestätigt - in der elterlichen Landwirtschaft tätig war, steht auch zur Überzeugung des Senats fest. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Glaubhaftmachung entsprechender Beitragszeiten, wenn jeder Anhalt für eine entsprechende Beitragsentrichtung fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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