L 16 B 20/05 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 34/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 20/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09. März 2005 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (Ast.), die früher bei der AOK Rheinland (Beigeladene zu 2) krankenversichert gewesen ist, erhielt bis zum 31.12.2004 als Sozialhilfeempfängerin Krankenbehandlung durch die Antragsgegnerin (Ag.) zu Lasten des Sozialamts. Seit dem 01.01.2005 bezieht sie Arbeitslosengeld (Alg)-II. Die Ag. verneinte ihre weitere Einstandspflicht, weil ihr gegenüber die Ast. nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht aufgrund des Alg-II-Bezuges eine Krankenkassen-Wahlerklärung abgegeben habe; daher habe die Anmeldung zur AOK erfolgen müssen. Das Sozialgericht (SG) hat die Ag. mit Beschluss vom 09.03.2005 verpflichtet, der Ast. befristet Leistungen zu gewähren.

II.

Der Senat konnte über die hiergegen von der Ag. erhobene Beschwerde auch ohne eine ausdrückliche Abhilfeentscheidung durch das SG entscheiden. Jedenfalls im Eilverfahren muss es im Hinblick auf das Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes als ausreichend angesehen werden, wenn die Vorlage an das Beschwerdegericht durch den erstinstanzlichen Richter veranlasst ist (vgl. Beschluss des Senats vom 09.01.2003 - L 16 B 21/02 P ER - m.w.N.).

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ? ZPO ?).

Das SG hat in zutreffender Auslegung des Begehrens der Ast. den Anordnungsanspruch auf vorläufige Krankenversicherungsleistungen bejaht. Dieser Anspruch folgt schon aus § 43 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I). Danach kann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Die Ast. ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, seit dem 01.01.2005 aufgrund des Bezuges von Alg-II in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung - versicherungspflichtig und hat infolgedessen insbesondere Anspruch auf notwendige Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 SGB V) und damit auf Sozialleistungen i.S.d. § 43 Abs. 1 SGB I. Streitig ist allein, ob die Beigeladene zu 2) der zuständige Versicherungsträger ist. Die Ast. hat sich jedoch allein an die Ag. gewandt, so dass diese der zuerst angegangene Leistungsträger ist (vgl. dazu BVerwGE 91, 177, 179 f.). Mit diesem Antrag bleibt aber für die Dauer des Streits um die Zuständigkeit allein die Ag. die zur vorläufigen Leistung Verpflichtete (BverwG Urt. vom 12.09.1991 - 5 C 41.86 -).

Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn der zuerst angegangene Versicherungsträger offensichtlich unzuständig ist (vgl. dazu Rolfs in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB I, Rdn. 15 zu § 43), kann dahinstehen. Eine solche Offensichtlichkeit scheitert jedenfalls daran, dass die Regelung des § 175 Abs. 3 SGB V, nach der sich hier die Mitgliedschaft bestimmt, sowohl hinsichtlich der Frage auslegungsbedürftig ist, ob das Wahlrecht der Versicherten mit Ablauf der 2-Wochen-Frist des § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB V erloschen ist (vgl. dazu LSG NRW, Beschl. vom 19.05.2005 - L 5 B 17/05 KR ER sowie vom 30.05.2005 - L 5 B 15/05 KR ER -) als auch bezüglich der Auslegung des § 175 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. SGB V - Anmeldung bei der Krankenkasse, bei der zuletzt die Versicherung bestand - (vgl. dazu Urteil des Senats vom 17.03.2005 - L 16 KR 87/04 -) zweifelhaft erscheint.

Angesichts der dauernden Behandlungsbedürftigkeit der Ast. infolge ihrer chronischen Erkrankung ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, wie das SG zutreffend erkannt hat.

Angesichts dieser Rechtslage bestand kein Anlass, wie von der Ag. beantragt, die Entscheidung des Verfahrens in Bezug auf ein weiteres bei einem anderen Senat anhängiges Verfahren zunächst zurückzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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