L 11 KA 97/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 195/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 97/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.04.2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Honorarkürzung für das dritte und vierte Quartal des Jahres 1996 sowie das erste und zweite Quartal des Jahres 1997.

Der Kläger nimmt als Hautarzt mit Schwerpunkt Allergologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Für die genannten Quartale kürzte ihm der Prüfungsausschuss die Honorare u. a. wegen der Gebührenziffer 565 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es sei eine Gebührenziffernkombination (564/565 EBM) versehentlich unzulässig gebührentechnisch geteilt und ihm damit eine 17 Jahre anerkannte Praxisbesonderheit genommen worden. Bei allen von ihm mit dieser Kombination behandelten Patienten lagen strenge Indikationen von ausschließlich sehr schweren, hartnäckigen, chronisch rezidivierenden, generalisierten therapieresistenten Dermatosen vor. Da er gerade im Bereich des Phototherapieanteils (Nr. 564 EBM) der Gebührennummernkombination, die nur von 64 v. H. seiner Fachkollegen abgerechnet werde, innerhalb der normalen erlaubten Streubreite der Prüfvereinbarung liege, werde hiermit bewiesen, dass es sich um eine Praxisbesonderheit handele. Im Übrigen müssten seine mit 55 v. H. unterdurchschnittlichen Fallzahlen und seine sehr guten Ursachen- und Kostenstatistiken mit erheblichen kompensatorischen Kostenersparnissen im Bereich Arzneimittel-, Heilmittelkosten, Krankenhauseinweisungen und Arbeitsunfähigkeitsfällen berücksichtigt werden.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte der Beklagte eine Stellungnahme des Hautarztes Dr. Q vom 22. Juli 2000 ein. Darin hieß es, bei der Ziffer 565 EBM handele es sich um eine Zusatzziffer, die zur UV-Bestrahlungsziffer 564 im Rahmen der PUVA-Therapie angesetzt werde. Diese Therapie sei sinnvoll bei Psoriasis und Vitiligo, der Kläger setze die Therapie jedoch auch zur Behandlung polymopher Lichtdermatosen und Akne ein, obwohl hier anderen Therapien (SUP- bzw. UVA-Therapie) der Vorzug gegeben werde. Das sei auf jeden Fall kassenunwirtschaftlich. Auffällig sei auch, dass der Kläger ausschließlich PUVA-Therapien vornehme, das ergebe sich aus dem gleich hohen Ansatz der Ziffern 564 und 565. 15 - 20 v. H. der Bestrahlungen bezögen sich ausschließlich auf Akne-Patienten, mehr als 50 v. H. auf Akne-Patienten, die zusätzlich unter Lichtdermatosen litten. Bei der Betrachtung der Überhöhung physikalisch-medizinischer Leistungen seien allerdings auch die dadurch verursachten Medikamenteneinsparungen in den Blick zu nehmen. Im Rahmen dieser Betrachtung müsse allerdings berücksichtigt werden, dass die Medikamentenstatistik durch die erhöhte Sensibilierungsfrequenz einen im Vergleich zur Fachgruppe erhöhten Anteil an teuren Hyposensibilisierungslösungen enthalte.

Mit Beschluss vom 02.08.2000 wurde dem Widerspruch hinsichtlich der Gebührenziffer 565 für die Quartale des Jahres 1996 teilweise stattgegeben (3. Quartal Reduzierung der Kürzung von 80 v. H. auf 56 v. H.; 4. Quartal Reduzierung der Kürzung von 52,5 v. H. auf 38 v. H.). Im Übrigen blieben die Kürzungen bestehen. Die Leistungsbereiche seien nach der Prüfmethode des statistischen Fallkostenvergleichs geprüft und so auch die streitigen Prüfungsmaßnahmen beschlossen worden. Diese Methode sei nicht zu beanstanden. Der Kläger weise bei einem Vergleich seiner Fallkosten mit den Durchschnittsfallkosten seiner Fachgebietskollegen Überschreitungen auf, die die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit rechtfertigten. Dies sei der Fall, wenn Überschreitungen im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses vorlägen. Ein solches sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts zwischen 40 v. H. und 60 v. H. anzunehmen. Der Beklagte schließe sich der Auffassung des Prüfungsausschusses, der die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Leistungssparte bei 40 v. H. und bei einer einzelnen Leistungsziffer bei 50 v. H. festgelegt habe, nach sorgfältiger Abwägung an.

Hiergegen richtete sich die Klage vom 3. November 2000, mit der der Kläger sich gegen die noch bestehende Kürzung der Gebührenziffer 565 wandte. Er wiederholte im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und machte die genannten Praxisbesonderheiten sowie die kompensatorischen Kosteneinsparungen geltend.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 02.08.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen neuen rechtsmittelfähigen Beschluss unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hielt die Honorarkürzugen aus dem im Bescheid vom 02.08.2000 genannten Gründen für zutreffend.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.04.2003 abgewiesen. Der angefochtene Beschluss vom 02.08.2000 sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Kürzung sei § 106 Abs. 2 Sozialgesetzbuches (SGB) V. Der Kläger habe in en streitigen Quartalen die Durchschnittswerte seiner Vergleichsgruppe um 960 v. H., 642 v. H., 800 v. H. bzw. 716 v. H. überschritten. Damit liege er weit über den Grenzen des offensichtlichen Missverhältnisses. Dies begründe den Anschein der Unwirtschaftlichkeit. Nur wenn sich aus objektiven Gegebenheiten ein Patientengut mit einer Häufung schwerer Erkrankungen wahrscheinlich machen lasse, könne dies als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden. Die Liste mit den Diagnosen über die schweren Dermatosen, die der Kläger vorgelegt habe, biete keine überzeugende Grundlage für die Feststellung einer Praxisbesonderheit, sie beinhalte lediglich Behauptungen, sie stimmten mit den Feststellungen des Dr. Q nicht überein. Im Übrigen habe der Kläger zu verstehen gegeben, dass er die Gebührenziffern 565 und 564 EBM als Einheit sehe und die Ziffer 565 nicht als isolierte Zuschlagsziffer betrachte. Daraus sei abzuleiten, dass er die Anwendung der Phototherapie bei Dermatosen nicht mehr in Erwägung ziehe; so erkläre sich auch der überdurchschnittliche Ansatz der Ziffer 565, der nicht aus einem besonderen Patientengut, sondern aus der bevorzugten Anwendung einer bestimmten Therapie abzuleiten sei. Letzteres sei nach der Rechtsprechung keine entlastende Praxisbesonderheit. Entgegen der Auffassung des Klägers könne die Zuschlagsziffer 565 auch isoliert gekürzt werden, weil es sich hierbei um eine andere Therapie handele, als die der Ziffer 564 zu Grunde liegende. Ferner habe der Beklagte es zu Recht abgelehnt, die Entlastung durch kompensatorische Einsparungen auf anderen Gebieten der ärztlichen Tätigkeit anzuerkennen. Der Mehraufwand bei den Leistungen nach der Ziffer 565 sei nicht kausal für die geringeren Krankenhauseinweisungen des Klägers. Die PUVA-Therapie könne nicht nur im Krankenhaus, sondern auch von anderen Ärzten ambulant erbracht werden. Ein nachvollziehbarer medizinischer Zusammenhang zwischen der Anwendung der PUVA-Therapie und geringeren Arzneimittelkosten habe der Kläger auch nicht vorgetragen.

Hiergegen richtet sich die Berufung vom 27.06.2003. Der Kläger bezieht sich zur Begründung auf sein erstinstanzliches Vorbringen und legt hierzu die umfangreichen Schriftsätze aus dem sozialgerichtlichen Verfahren vor. Darüber hinaus bezieht der Kläger sich auf ein Schreiben des Dr. I vom 17.02.2002, in dem dieser die Auffassung vertritt, wenn nur 64 v. H. der Fachkollegen die betreffende Leistung erbringen würden, könne der Kläger auch nur mit diesen verglichen werden. Dr. I führt weiter aus, es sei ihm nicht bekannt geworden, dass die Ziffer 565 EBM isoliert gestrichen worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.04.2003 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 02.08.2000 zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu entscheiden.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2) und 3) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Begründung der angefochtenen Entscheidung für rechtmäßig. Darüber hinaus habe der erkennende Senat im Fall des Klägers bereits mit Urteil vom 31.01.2001 (Az.: L 11 KA 164/99 R) die Zulässigkeit der Kürzung der Gebührenziffer 565 EBM bestätigt. Darüber hinaus seien die Ausführungen des Klägers zu einem Vertikalvergleich dieser Gebührenziffer nicht nachvollziehbar, weil hier ein Horizontalvergleich vorgenommen worden sei.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten, die der Senat beigezogen hat, und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 02.08.2000 ist rechtmäßig im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn der Beklagte hat die Honorarkürzungen zu Recht vorgenommen.

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.04.2003, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt bereits deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil der Kläger lediglich sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt. Zur streitigen Problematik hat der erkennende Senat für Vorquartale mit Urteil vom 31.01.2001 eine Honorarkürzung im Wege des sogenannten Horizontalvergleichs hinsichtlich der Ziffer 565 EBM für rechtmäßig erklärt. Ergänzend und klarstellend weist der Senat nunmehr noch darauf hin, dass der wesentliche Einwand des Klägers, es handele sich bei der Ziffer 565 EBM um eine Zuschlagsleistung, nicht durchgreifend ist. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er die streitige PUVA-Therapie in allen Fällen mit dem Medikament Meladinine anwendet und die Therapie dann zwei Stunden nach Einnahme dieses Medikaments durch die Patienten beginnt. Damit wird deutlich, dass es sich bei der Leistung nach Ziffer 565 EBM im Verhältnis zur Ziffer 564 EBM um eine selbständige ärztliche Leistung handelt, die bereits aus diesem Grunde nicht als Zuschlagsleistung zur Ziffer 564 EBM angesehen werden kann. Die Leistung setzt auch eine Einweisung des Personals voraus sowie eine ärztliche Überwachung. In der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist diese Leistungserbringung daher als Einzelzifferkürzung zulässig.

Der Senat sieht sich auch nicht auf Grund des vom Kläger vorgelegten Schreibens des Dr. I vom 17.02.2002 und dessen hierin vertretenen Auffassung, die betreffende Leistung würde nur von 64 v. H. der Fachkollegen des Klägers erbracht, so dass der Kläger auch nur mit diesen verglichen werden könnte, zu einer abweichenden Beurteilung veranlasst. Zum Einen ergibt sich bei dieser Betrachtung kein objektives Bild, wenn die Vergleichsgruppe aus der zu erbringenden Leistung bestimmt wird, zum Anderen ist der Senat nicht an die von Dr. I vertretene Rechtsansicht gebunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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