L 11 KA 167/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 71/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 167/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10.11.2003 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, Honorare der Kläger für zahntechnische Leistungen im Zusammenhang mit kieferorthopädischen Behandlungen in den Quartalen II und III des Jahres 2000 in Höhe von insgesamt 258,75 Euro (506,08 DM) zu kürzen.

Die Kläger betreiben als Vertragszahnärzte eine Praxis für Kieferorthopädie mit einem praxiseigenen Labor. In den streitigen Quartalen behandelten sie 28 bei der Beigeladenen zu 1) versicherte Patienten. Mit Bescheiden vom 23.01.2001 (Quartal II/00) und 08.03.01 (Quartal III/00) berichtigte die Beklagte die abgerechneten Honorare mit 170,83 DM (87,33 Euro [Quartal II/00]) bzw. 335,25 DM (171,42 [Quartal III/00]). Die Beklagte begründete die Honorarkürzungen damit, die Kläger hätten die ab 01.01.2000 gültigen Laborpreise für kieferorthopädische Maßnahmen nicht berücksichtigt, so dass die entsprechenden Differenzen gekürzt werden müssten. Die Honorarberichtigungen gingen auf entsprechende Anträge der Beigeladenen zu 1) zurück.

Die Kläger legten gegen die jeweiligen Bescheide Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2001 zurückwies. Nach § 88 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V vereinbarten die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit den Innungsverbänden der Zahntechniker die Vergütungen für die nach dem bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen. Nach Satz 2 der Vorschrift seien die vereinbarten Vergütungen Höchstpreise. Für das Jahr 2000 hätte die Zahntechnikerinnung mit den gesetzlichen Krankenkassen neue Laborpreise vereinbart. Danach gelten die Preise für Zahnkronen, Zahnersatz und Schienen in der bis zum 31.12.1999 vereinbarten Höhe für das Jahr 2000 weiter. Für den Bereich der Kieferorthopädie (KFO) sei eine zweite Liste vereinbart worden, deren Preise auf der Basis für das Jahr 2000 um 7,5 v. H. gesenkt worden sei. Die Absenkung beziehe sich für den KFO-Bereich auf die Leistungspositionen 701 0 bis 770 0 des bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnisses (BEL). Da die Beklagte an dieser Vereinbarung von Gesetzes wegen nicht beteiligt sei, habe sie keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen können. Die vereinbarten Preise seien dennoch für die Mitglieder der Beklagten bindend. Da die Kläger die Höchstpreise überschritten hätten, seien die Honorare entsprechend zu berichtigen.

Mit der vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage machen die Kläger geltend, § 88 Abs. 3 SGB V siehe vor, dass die Preise für zahntechnische Leistungen, die von einem Zahnarzt erbracht würden, die Preise, die durch gewerbliche Labore erbracht würden, um mindestens 5 v. H. unterschreiten müssten. Mit der streitigen Vereinbarung seien jedoch lediglich die Höchstpreise für zahntechnische Leistungen im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung durch gewerbliche Laboratorien gesenkt worden. Darin liege eine pauschale Absenkung um 7,5 v.H. im Vergleich zum Vorjahr 1999, während die Höchstpreise für den gesamten Bereich zahntechnischer Leistungen durch gewerbliche Labore außerhalb der Kieferorthopädie im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben seien. Sachliche Gründe für eine derartige ab dem Jahre 2000 geltende unterschiedliche Höchstpreisfestsetzung lägen nicht vor und seien auch nicht genannt worden. § 88 SGB V enthalte keine Differenzierungsmöglichkeit bei einzelnen Leistungspositionen. Wenn der Gesetzgeber eine Preisabsenkung ganzer Gruppen von Leistungspositionen für gewerbliche - und Praxislabors sowie die unterschiedliche Preisdifferenzierung bei einzelnen Leistungspositionen habe zulassen wollen, hätte er dies auch für die Zeit ab 01.01.1999 mit einer Regelung tun müssen, die es bereits in Form des § 88 Abs. 2 a) SGB V in der bis zum 31.12.1997 gültigen Fassung gegeben habe. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass es für solche Regelungen einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, an der es vorliegend fehle. Pauschale Absenkungen im Bereich der Kieferorthopädie könnten auch nicht durch eine Ausgabenbegrenzung gerechtfertigt werden, denn die Vereinbarung vom 21.12.1999 beziehe sich allein auf die Leistungserbringung durch gewerbliche Labors. Ausweislich der Statistik der Beklagten über Marktanteile in der Zeit von 1984 bis 2000 seien diese aber im Bereich der Kieferorthopädie im Vergleich zu den Zahnarztlabors deutlich geringer. Im Übrigen sei die Vereinbarung unwirksam, weil sie zum Nachteil der Kläger in deren grundgesetzlich geschützte Rechte eingreift. Sie stelle einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 57 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) X dar. Angesichts dessen sei die Zustimmung des Dritten erforderlich, wenn der Vertrag in dessen Rechte eingreife. An dieser Zustimmung fehle es. Die Vereinbarung sei als Vertrag zu Lasten Dritter auch rechtswidrig, weil sie gegen den Rechtsgedanken des § 19 Satz 4 Ziffer 3 GWB wie den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 verstoße.

Die Beklagte hatte keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Vereinbarung. Die zum 01.01.1999 in Kraft getretene Regelung des § 88 Abs. 2 SGB V enthalte keine Vorgaben über die Höhe der Vergütung zahntechnischer Leistungen. Für die frühere, nicht mehr in Kraft befindliche Regelung des § 88 Abs. 2 a) SGB V gäbe es nunmehr durch Art. 6 des Beitragssicherungsgesetzes (BSichG) ab 2003 eine gleichlautende Regelung. Auch hier sei nur geregelt worden, dass Höchstpreise für zahntechnische Leistungen nicht überschritten werden dürften. Innerhalb des Spielraums seien Differenzierungen möglich, auch wenn zugestimmt werden müsse, dass für eine ausschließliche Absenkung der Ziffern 701 0 bis 707 0 BEL kein sachlicher Grund erkennbar sei. Entgegen der Ansicht der Kläger seien auf die Vereinbarung nach § 88 SGB V, § 47 SGB X nicht anwendbar, da es ansonsten in jedem Fall einer Zustimmung der am Vertragsschluss nicht beteiligten Vertragszahnärzte zur Wirksamkeit eines Gesamtvertrages bedürfe.

Mit Urteil vom 10.11.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage des Rückforderungsbescheides sei § 19 a) Bundesmantelvertrag Zahnärzte (BMV-Z). Die streitigen Honorarforderungen seien zu berichtigen gewesen, da sie wegen Überschreitens der maßgeblichen Höchstpreise unrichtig gewesen seien. Obwohl weder die Kläger noch der Berufsverband der Kieferorthopäden am Vertragsschluss beteiligt gewesen seien, seien die Regelungen gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 SGB V verbindlich. Die Vertragszahnärzte, die zahntechnische Leistungen in praxiseigenen Labors erbringen würden, seien im Wege der Außenseitererstreckung über § 88 Abs. 3 SGB V in die Vereinbarungen einbezogen. Selbst wenn § 19 Abs. 4 Ziffer 3 GWB auf die nach § 88 Abs. 2 SGG geschlossenen Verträge Anwendung finden würde, könnten die Kläger sich auf diese Bestimmung nicht berufen, da Voraussetzung sei, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen ungünstigere Entgelte als auf vergleichbaren Märkten fordere. Ein solches marktbeherrschendes Unternehmen sei der Landesverband für das Zahntechnikerhandwerk NRW jedoch nicht. Die Vertragspartner der nach § 88 Abs. 2 SGB V getroffenen Vereinbarung seien auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung befugt, die Höchstpreise für zahntechnische Leistungen zu senken, denn den Klägern stünde lediglich ein Anspruch auf Teilhabe an der für das jeweilige Kalenderjahr maßgeblichen Vergütung zu, die auch abgesenkt werden könne. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liege nicht vor, denn in der vertraglichen Vereinbarung werde nicht zwischen praxiseigenen Labors von Kieferorthopäden und anderen Labors unterschieden. Allein der Umstand, dass die Leistungskürzung im kieferorthopädischen Bereich angesetzt sei und in diesem Bereich praxiseigene Labors in überdurchschnittlichem Umfang tätig seien, werde Art. 3 GG nicht verletzt. Ebensowenig verstoße die Vereinbarung gegen Art. 12 GG unter dem Aspekt einer Verletzung des hieraus abzuleitenden Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Eine Verletzung dieses Grundrechts liege schon deshalb nicht vor, da die getroffenen Regelungen nicht den Kernbereich der zahnärztlichen Tätigkeit betreffen würde. Die sogenannten Eigenlabors oder Praxislabors der Zahnärzte stellten traditionell nur eine übliche Erweiterung der eigentlichen zahnärztlichen Tätigkeit dar.

Hiergegen richtet sich die Berufung vom 12.12.2003, mit der die Kläger ihr Begehren weiter verfolgen. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen vertreten sie die Ansicht, im Rahmen der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG komme es maßgeblich auf die Bildung der Vergleichsgruppe an. Diese sei hier nicht anhand der praxiseigenen Labors von Kieferorthopäden und anderen Labors zu bilden, vielmehr bestimme sich die Vergleichsgruppe anhand der Leistungserbringer von kieferorthopädischen Leistungen und anderer zahnärztlicher Leistungen. Hier hätte es einer Darstellung bedurft, wie die Vergütungsentwicklung im Bereich aller AOKen im gesamten Anwendungsbereich BEL II aussehe. Im Übrigen greife die Vereinbarung vom 21.12.1999 in die Werterelation des Bundesleistungsverzeichnisses ein, in dem die Laborleistungen der kieferorthopädischen Leistungen im Verhältnis zu den anderen Laborleistungen im Wert erheblich herabgesetzt würden. Gerade die von der Beklagten zitierte Vorschrift des Art. 6 BSichG, mit dem ab 01.01.2003 eine dem früheren § 88 Abs. 2 a) SGB V entsprechende Regelung wieder eingeführt worden sei, belege, dass für eine pauschale Absenkung der Vergütung zahntechnischer Leistungen im abgrenzbaren Bereich der Kieferorthopädie eine gesetzliche Regelung erforderlich sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10.11.2003 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 23.01.2001 und 08.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2001 zu verpflichten, die abgerechneten zahntechnischen Leistungen antragsmäß, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.

Die Beigeladene zu 1) ist der Ansicht, der sachliche Grund für die vorgenommene Differenzierung ergebe sich aus dem Umstand, dass der Anteil der Laborkosten an den Gesamtkosten für kieferorthopädische Behandlungen vor Einführung des BEL II in Westfalen-Lippe auf demselben Niveau wie bei allen West-AOKen gelegen habe, dann aber nach einem kurzfristigen Rückgang im Jahre 1993 im Vergleich zum Durchschnitt West-AOKen überproportional angestiegen seien. Besonders exponiert sei die Abweichung 1999 gewesen. Hierfür sei die Überbewertung der KFO-Laborleistungen bei der Einführung des BEL II verantwortlich. Zur Gewährleistung der Beitragsstabilität hätten die Krankenkassen daher nur auf dem Wege der Preisgestaltung steuernd Einfluss nehmen können. Alternativen dazu gäbe es nicht. Die Beklagte habe sich mit den neuen Höchstpreisen einverstanden erklärt.

Ergänzend trägt die Beklagte hierzu vor, die von der Beigeladenen zu 1) zur Belegung ihrer These beigefügte Grafik sei für sich genommen nicht aussagefähig. Es sei vielmehr auch die Kostenentwicklung der Laborpreise für Zahnersatzleistungen in den Blick zu nehmen. Hier sei für das Jahr 2003 ein Kostenrückgang zu verzeichnen, obwohl für den Bereich der Laborkosten in der Prothetik keine Preisabsenkung vereinbart worden sei. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) sei die Beklagte nicht an der Vereinbarung der Höchstpreise beteiligt gewesen. Eine Rechtsgrundlage, nach der ihr ein Vetorecht zustehe, existiere nicht.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 23.01.2001 und 08.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2001 sind rechtmäßig im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn die Kläger haben keinen Anspruch auf antragsgemäße Vergütung ihrer abgerechneten zahntechnischen Leistungen.

Zutreffend ist mit dem Sozialgericht davon auszugehen, dass die auf die Rechtsgrundlage des § 19 lit. a) des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte (BMV-Z) gestützten Berichtigungsbescheide sich an den im Rahmen des § 88 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Innungsverbänden der Zahntechniker vereinbarten Vergütungen für die nach dem bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen zu orientieren haben. Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich keine abweichende Beurteilung aus dem Umstand, dass sie an den Vereinbarungen nicht beteiligt waren, eine solche Beteiligung in Form der Zustimmung aber erforderlich gewesen wäre, weil es sich bei den Vereinbarungen um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 57 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) X handele, der in ihre Rechte eingreife und deshalb die Zustimmung nach § 57 Abs. 1 SGB X erforderlich mache. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu ausgeführt, dass die streitigen Regelungen nur Vergütungsfragen beträfen und sich deshalb aus ihnen kein schwerwiegender Rechtseingriff ergäbe. Die Bindungswirkung erfasse z. B. auch Innungen, die nicht Mitglied eines Verbandes seien und auch Zahntechniker ihrer Bereiche und runde den Geltungsbereich der Regelungen ab. Solche Außenseitererstreckungen seien verfassungsgemäß und insbesondere mit rechtsstaatlich-demokratischen Grundsätzen vereinbar (BSG, Az.: 6 KA 21/01 R vom 11.12.2002, m. w. N.).

Mit dem Sozialgericht geht der Senat auch davon aus, dass der Landesinnungsverband für das Zahntechnikerhandwerk Nordrhein-Westfalen auf Grund der ihm zugewiesenen Vertragsabschlusskompetenz zur Vereinbarung der Höchstpreise kein marktbeherrschendes Unternehmen darstellt und deshalb § 19 Abs. 4 Ziffer 3 GwB, aus dem die Kläger eine Rechtswidrigkeit der getroffenen Vereinbarung ableiten wollen, unanwendbar ist. Zutreffend hat das Sozialgericht auch einen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG verneint, weil zum Einen die getroffenen Regelungen nicht den Kernbereich der zahnärztlichen Tätigkeit betreffen, da die Eigenlabors oder Praxislabors der Zahnärzte nur eine übliche Erweiterung der eigentlichen zahnärztlichen Tätigkeit darstellt und zum Anderen aus den im erstinstanzlichen Urteil näher erläuterten Gründen kein Verstoß gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit vorliegt.

Zur weiteren Begründung verweist der Senat im Einzelnen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Münster, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die getroffene Vereinbarung nicht deshalb rechtswidrig, weil die Absenkung der Höchstpreise für zahntechnische Leistungen gewerblicher Laboratorien in Westfalen-Lippe im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung um 7,5 v. H. gegenüber den Preisen im Jahre 1999 gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund verschieden behandelt wird. Dafür bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte. Zur Begründung dieser Ansicht stützt der Senat sich im Wesentlichen auf die von der Beklagten vorgelegten Grafiken, die sich mit der Entwicklung des Materiallabor (ML) -anteils an den Zahnersatz (ZE) -Gesamtkosten bzw. dem ML-Anteil an den kieferorthopädischen (KFO) -Gesamtkosten für die AOK in Westfalen-Lippe im streitigen Zeitraum befasst. Aus diesen Grafiken wird deutlich, dass in der Zeit von 1997 bis 1999, also dem Jahr, in dem die streitige Vereinbarung getroffen worden ist, der ZEML-Anteil an den Gesamtkosten von 59,77 v. H. auf 59,64 v. H. gesunken ist, während zeitgleich der KFOML-Anteil von 28,05 v. H. im Jahr 1997 auf 30,05 v. H. im Jahre 1999 angestiegen ist. Danach konnte der Durchschnittswert für das Jahr 2000, also nach Inkrafttreten der Vereinbarung, wieder auf 28,87 v. H. abgesenkt werden. Wenn aber der KFOML-Anteil an den Gesamtkosten im Verhältnis zum ZEML-Anteil überproportional bzw. überhaupt angestiegen ist, kann die Absenkung, die den KFO-Bereich betrifft, nicht sachwidrig sein. Die Kläger selbst haben vorgetragen, dass es im Rahmen der Prüfung einer Verletzung des aus Art. 3 Abs. 1 GG fließenden Gleichbehandlungsgebotes maßgeblich auf die Bildung der Vergleichsgruppe ankomme und diese nicht anhand der praxiseigenen Labors von Kieferorthopäden und anderen Labors zu bilden seien, vielmehr sich die Vergleichsgruppe anhand der Leistungserbringer von kieferorthopädischen Leistungen und anderer zahnärztlicher Leistungen bestimme. Diese Ansicht ist zutreffend und die vom Senat zur Prüfung der Sachlichkeit der Honorarabsenkung nur im KFO-Bereich vertretene Auffassung berücksichtigt diese Sichtweise. Angesichts dessen kann die von der Beigeladenen zu 2) vertretene Auffassung, die Kosten im Bereich der AOK Westfalen-Lippe seien im Verhältnis zu den übrigen West-AOKen überproportional angestiegen, nicht zu Grunde gelegt werden, denn auf diese Gegenüberstellung kommt es nicht an, da die streitige Vereinbarung nur für den Bereich Westfalen-Lippe getroffen wurde und der sachliche Grund sich daher auch nur aus den Verhältnissen in diesem Bereich ergeben kann.

Nach Ansicht des Senats ergeben sich sachgerechte Anhaltspunkte für die Absenkung der Laborpreise nur für kieferorthopädische Behandlungen auch aus dem Umstand, dass nach Angaben der Beigeladenen zu 2) die Höchstpreise für kieferorthopädische Laborleistungen in Westfalen-Lippe um bis zu 18 v. H. über dem Durchschnitt der GKV West gelegen haben und knapp 40 v. H. der KFO-Laborpositionen diesen Mittelwert um rund 9,5 v. H. überstiegen haben. Für diese Entwicklung ist in erster Linie die Überbewertung der KFO-Laborleistungen bei der Einführung des Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnisses (BEL) II verantwortlich. Angesichts der zu hohen Bewertung dieser Leistungen lagen Reserven vor, die unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes genutzt werden konnten. Die Krankenkassen und die Beklagte haben demzufolge im KFO-Honorarbereich eine Absenkungsmöglichkeit unter den gesetzlich vorgesehenen Mindestrahmen gesehen, denn die Beklagte hat sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen darauf eingelassen, dass Honorar um 7,5 v. H. abzusenken und damit um 2,5 v. H. mehr als der gesetzliche Mindestrahmen vorsieht.

Darüber hinaus hält der Senat die Absenkung der Höchstpreise von Material- und Laborkosten im Rahmen kieferorthopädischer Behandlungsmaßnahmen auch aus sachbezogenen Gründen nicht für rechtswidrig. Gegenüber der Vielfalt prothetischer Leistungen handelt es sich im kieferorthopädischen Bereich um handwerklich einfachere und in einer weitaus größeren Zahl der Fälle gleichartige Konstruktionen. Diese Besonderheit im kieferorthopädischen Bereich rechtfertigt die ungleiche Herabsetzung der Höchstpreise im Bereich zahntechnischer Leistungen gewerblicher Laboratorien. Zu dieser Einschätzung gelangt der Senat insbesondere nach Beratung mit den an der Entscheidung beteiligten ehrenamtlichen Richtern, die angesichts ihrer Sachkunde auf diesen Umstand hingewiesen haben.

Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei der erfolgten Absenkung der Höchstpreise auch nicht um eine Wertverschiebung des BEL. Das bundeseinheitliche Leistungsverzeichnis beschreibt, wie sein Name besagt, lediglich die dort genannten Leistungen, bewertet sie aber nicht mit Punkten. Bereits aus diesem Grunde kann nicht von einer Werteverschiebung durch die Absenkung der Höchstpreise ausgegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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