S 23 AL 1751/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AL 1751/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Klagen Rechtsanwälte in eigenem Namen aus abgetretenem Recht bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auf Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 Abs. 1 SGB X, handelt es sich um nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtige Verfahren.
I. Der Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu einem Zehntel (1/10) und die Beklagte zu neun Zehnteln (9/10).
III. Der Streitwert wird auf 296,96 EUR festgesetzt.

Gründe:

Nachdem sich der Rechtsstreit in der Hauptsache zum einen durch das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 10. Mai 2005 abgegebene Anerkenntnis, welches die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 angenommen hat, gem. § 101 Abs. 2 des Sozialgerichtsge-setzes (SGG) insoweit erledigt hat, und zum anderen durch die Klagerücknahme mit Schriftsatz der Klägerin vom 5. April 2005 gem. § 102 Satz 2 SGG im Übrigen erledigt hat, hatte das Gericht lediglich durch Beschluss über die Nebenentscheidungen des nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG gerichtskostenpflichtigen Verfahrens zu entscheiden. Da sich der Rechtsstreit in der Hauptsache – wie ausgeführt – insgesamt erledigt hatte, war der Antrag der Klägerin auf Erlass eines Anerkenntnisurteils abzulehnen. Durch Urteil entscheidet das Gericht lediglich dann, wenn die Hauptsache noch offen ist. Nach Erledigung der Hauptsache kann das Gericht ein Urteil nicht mehr erlassen. Hierfür besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis, da die Klägerin aus dem angenommenen Anerkenntnis vollstrecken kann. Das angenommene Anerkenntnis stellt gem. § 199 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 SGG einen Vollstreckungstitel dar.

Bei dem mit der Klageerhebung vom 15. Oktober 2003 rechtshängig gewordenen Verfah-ren handelt es sich um ein – nach dem 1. Januar 2002 rechtshängig gewordenes – kosten-pflichtiges Verfahren nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, weil weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des Ge-richtskostengesetzes (GKG) erhoben, wenn in einem Rechtszug bei den Gerichten der So-zialgerichtsbarkeit weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozial-gerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleis-tungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Bu-ches Sozialgesetzbuch (SGB I) kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind.

Zwar handelt es sich bei dem von der Klägerin mit der Klage geltend gemachten materiel-len Anspruch aus § 63 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Erstat-tung der Kosten des Widerspruchsverfahrens um einen Anspruch des Widerspruchsführers, im vorliegenden Fall der Frau F ..., der Versicherter im Sinne des § 183 Satz 1 SGG ist. Da sich die Klägerin diesen materiellen Anspruch der versicherten Frau F ... im Wege der Zes-sion mit Vertrag vom 7. Oktober 2003 hat abtreten lassen und die Klage damit im eigenen Namen erhoben hat, klagte sie nicht in ihrer Eigenschaft als Versicherte, sondern in ihrer Eigenschaft als Zessionarin eines Versicherten. Damit bleibt der Anspruch nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X materiellrechtlich zwar weiterhin ein Anspruch eines Versicherten, weil die Zession die Rechtsnatur des abgetretenen Anspruchs nicht inhaltlich verändert. Für die Gerichtskostenfreiheit nach § 183 Satz 1 SGG genügt es hingegen nicht, dass der gericht-lich geltend gemachte Anspruch, ein Anspruch einer Person des privilegierten Personen-kreises ist. Vielmehr muss die Person des privilegierten Personenkreises gerade in ihrer Eigenschaft als gerichtskostenprivilegierte Person als Kläger oder Beklagter beteiligt sein. Bei einer Klage aus abgetretenem Recht sind daher unter Anwendung des ab 2. Januar 2002 geltenden Kostenrechts Gerichtsgebühren aufzuerlegen (so deutlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.06.2004, Az: L 11 KR 79/03; LSG Baden-Württemberg, Ur-teil vom 08.06.2004, Az: L 11 KR 2274/03). Im Falle der Klägerin verbleibt es bei diesem Ergebnis, weil sie weder Sonderechtsnachfolgerin der Versicherten nach § 56 Abs. 1 SGB I ist, noch die Ausnahme des § 183 Satz 2 SGG eingreift, weil die Klägerin das Verfahren der Versicherten nicht aufgenommen hat, noch die Klägerin Leistungsempfängerin oder eine sonstige Person des § 183 Satz 1 SGG ist. Das bei einer im eigenen Namen erhobenen Klage einer nicht nach § 183 SGG gerichtskostenprivilegierten Person aus abgetretenem Recht unter Anwendung des ab 2. Januar 2002 geltenden Kostenrechts Gerichtsgebühren zu erheben sind folgt dabei nicht nur aus dem Wortlaut des § 183 Satz 1 letzter Halbsatz SGG ("soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind") sondern auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er aus den Gesetzesmaterialien des Gesetzgebers deutlich hervorgeht. Aus der Gesetzesbegründung zu § 197a SGG wird deutlich, dass § 197a SGG als Ausnahmeregelung zu der in § 183 SGG vorgesehenen Ge-bührenfreiheit die Geltung des GKG und bestimmter Kostenvorschriften der Verwaltungs-gerichtsordnung (VwGO) für die Verfahren anordnen will, an denen Personen beteiligt sind, die nicht eines besonderen sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschut-zes bedürfen (vgl. BT-Drs. 14/5943, S. 28/29). Dies trifft für freiberuflich selbständige Rechtsanwälte zu. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Personenkreis eines besonderen sozi-alen Schutzes in Form des Privilegs der Gerichtsgebührenfreiheit als Ausfluss des Sozial-staatsgebotes bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht damit auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG, 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 VwGO. Danach hat derjenige Beteiligte die Kosten zu tra-gen, der unterliegt; soweit ein Beteiligter teils obsiegt und teils unterliegt, sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen. Die Klägerin als auch die Beklagte obsiegten und unterlagen jeweils teilweise. Die Klägerin obsiegte in Folge des angenommenen Anerkenntnisses hin-sichtlich der weiteren Gebührennote in Höhe von 296,96 EUR, unterlag jedoch in Folge der Klagerücknahme hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs in Höhe von 5 % Zin-sen über dem Basiszinssatz aus 296,96 EUR seit 17. Juli 2003. Das Gericht bewertet das Un-terliegen hinsichtlich der Zinsforderung mit einem Zehntel.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG, 25 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 GKG a.F., 13 Abs. 2 GKG a.F., 72 Nr. 1 GKG n.F. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert vor-behaltlich der nachfolgenden Bestimmungen nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Nach § 13 Abs. 2 GKG a.F. ist, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend. Der Streitwert ergibt sich deshalb vorliegend aus der von der Klägerin mit der Klage geltend gemachten weiteren Gebührennote in Höhe von 296,96 EUR. Die von der Klägerin als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen sind gem. § 22 Abs. 1 GKG a.F. nicht streitwerterhöhend zu berücksich-tigen, da nach dieser Vorschrift bei Handlungen, die außer dem Hauptanspruch auch Zin-sen als Nebenforderungen betreffen, der Wert der Nebenforderung nicht berücksichtigt wird.
Rechtskraft
Aus
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