L 10 AL 199/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 267/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 199/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.03.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie die Rückerstattung überzahlter Leistungen einschließlich überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 3.312,06 DM.

Der 1971 geborene Kläger bezog nach Absolvierung eines Teiles einer Umschulungsmaßnahme zum Berufskraftfahrer und nach einer Tätigkeit als Lagerist aufgrund seines Antrages vom 10.02.1999 seit 01.02.1999 Alg (Bewilligungsbescheid vom 18.02.1999).

Anlässlich einer Außenprüfung in der Firma Reiseagentur M. GmbH (iF: Fa.M) am 15.07.1999 erklärte der Geschäftsführer der Fa.M gegenüber der Beklagten, mehrere Fahrer - darunter auch der Kläger zwischen 12.02.1999 und 20.03.1999 - hätten Fahrten unentgeltlich u.a. zum Sammeln von Fahrpraxis durchgeführt. Laut der eingesehenen Fahrtenschreiberaufzeichnungen habe der Kläger in den auf den 12.02.1999 folgenden 7 Tagen mehr als 15 Stunden gearbeitet.

Angehört zur Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung bei der Fa.M und damit zum Wegfall der Arbeitslosigkeit gab der Kläger an, er habe bei der Fa.M unentgeltlich Fahrpraxis gesammelt.

Mit Bescheid vom 18.10.1999 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 12.02.1999 bis 13.04.1999 ganz zurück. Der Kläger sei aufgrund seiner Tätigkeit bei der Fa.M ab 12.02.1999 bis zur erneuten persönlichen Vorsprache am 14.04.1999 nicht arbeitslos gewesen. Die überzahlten Leistungen einschließlich der geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge seien in Höhe von insgeamt 3.312,06 DM zu erstatten.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe die abgebrochene Umschulungsmaßnahme im Februar 1999 wieder aufnehmen können und im Rahmen dieser Maßnahme im Mai 1999 ein Praktikum bei der Fa.M ableisten sollen. Die Fa.M habe aber angeraten, bereits während der Arbeitslosigkeit Berufserfahrung zu sammeln und im Rahmen eines unentgeltlichen Praktikums Busfahrten durchzuführen. Dies stelle keine Nebenbeschäftigung dar. Er habe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden, zumal er lediglich am Wochenende bzw über Fasching abwesend, aber über Handy erreichbar gewesen sei. In der Zeit vom 12.02.1999 bis 17.02.1999 sei er nach Wien und in der Zeit vom 01.04.1999 bis 05.04.1999 nach Rimini gefahren.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2000 zurück. Allein der zeitliche Umfang der Beschäftigung sei ausschlaggebend. Der Kläger sei mehr als 15 Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen. Die diesbezügliche Mitteilungspflicht habe er aus dem ausgehändigten Merkblatt sowie aus dem Antragsformular gekannt und grob fahrlässig verletzt. Bis zur erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung sei daher der Anspruch auf Alg wegen Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Beschäfitgung entfallen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und über sein bisheriges Vorbringen hinaus vorgetragen: Es sei nirgends gesetzlich geregelt, dass eine mehr als 15-stündige Tätigkeit die Arbeitslosigkeit ausschließe. Pro Kalenderwoche habe er auch nicht mehr als 15 Stunden gearbeitet und falls doch, so habe es sich lediglich um eine gelegentliche Überschreitung von geringer Dauer gehandelt. Er sei einige Tage vor der Fahrt nach Wien am 12.02.1999 von der Fa.M gefragt worden, ob er zur Gewinnung von Berufserfahrung eine Fahrt mitmache. Die Pflicht zur Mitteilung der Ableistung eines unentgeltlichen Praktikums habe sich aus dem ausgehändigten Merkblatt nicht ergeben.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 19.03.2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe an sieben aufeinanderfolgenden Tagen die Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses überschritten. Die Unentgeltlichkeit spiele dabei keine Rolle. Von einer gelegentlichen Überschreitung könne nicht gesprochen werden, denn das am 12.02.1999 aufgenommene Beschäftigungsverhältnis habe mit Beendigung der Fahrt nach Wien am 16.02.1999 geendet. Bis zur erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung habe der Kläger damit keinen Anspruch auf Alg. Der Bewilligungsbescheid sei von Anfang an rechtswidrig gewesen und habe zurückgenommen werden können, denn der Kläger habe grob fahrlässig seine ihm aus den ausgehändigten Merkblättern bekannte Mitteilungspflicht verletzt.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Im gesamten Zeitraum des unentgeltlichen Praktikums vom 12.02.1999 bis 21.03.1999 (5 Wochen) ergebe sich bei Bildung eines Gesamtdurchschnitts eine wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 15 Stunden. Das Praktikum sei gerade am Wochenende, also in der Freizeit des Klägers, durchgeführt worden. Dabei sei die 15-Stunden-Grenze lediglich in der ersten Woche überschritten worden. Das Merkblatt regele im übrigen lediglich die Anrechnung von Nebeneinkommen, und eine Mitteilungspflicht sei nur hinsichtlich der Aufnahme von Arbeitsverhältnissen aufgeführt. Dies liege hier aber nicht vor. Grobe Fahrlässigkeit sei nicht gegeben.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.03.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die im Merkblatt enthaltenen Hinweise überforderten den Kläger nicht und reichten aus, um grobe Fahrlässigkeit zu begründen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 18.10.1999 idG des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat vom 12.02.1999 bis 13.04.1999 keinen Anspruch auf Alg.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alg stellt § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Hiernach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet und bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mW für die Vergangenheit zurückgenommen werden, wenn er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Der Bewilligungsbescheid vom 18.02.1999 (Bewilligung ab 01.02.1999) war von Anfang an rechtswidrig gewesen. Er wurde erlassen, nachdem der Kläger bereits vom 12.02.1999 bis 16.02.1999 die Fahrt nach Wien durchgeführt hatte. Er war rechtswidrig, denn der Kläger hatte ab 12.02.1999 keinen Anspruch auf Alg.

Anspruch auf Alg haben Arbeitnehmer, die u.a. arbeitslos sind (§ 117 Abs 1 Nr 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -). Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der u.a. vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 118 Abs 1 Nr 1 SGB III in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Mehrere Beschäftigungen werden zusammengerechnet (§ 118 Abs 2 SGB III). Aus diesen Regelungen ist im rechtlich zulässigen Umkehrschluss zu entnehmen, dass eine 15 Stunden und mehr wöchentlich umfassende Beschäftigung den Tatbestand der Beschäftigungslosigkeit und damit der Arbeitslosigkeit ausschließt. Der Kläger war in der Zeit vom 12.02.1999 bis 16.02.1999 mehr als 15 Stunden tätig. Dies ergibt sich sowohl aus den vorliegenden Fahrtenschreiberaufzeichnungen als auch aus den eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Senat. Hiernach hat er in den 7 Kalendertagen nach dem 12.02.1999 mindestens 26 Stunden gearbeitet. Dabei ist auf die Beschäftigungswoche (7 Tage ab Aufnahme der Beschäftigung) und nicht auf die Kalenderwoche abzustellen (vgl Brandt in Niesel, SGB III, 2.Aufl, § 118 RdNr 25; Steinmeyer in Gagel, SGB III, § 118 RdNr 73, Stand: Juni 1999).

Während dieser Fahrt stand der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis, denn ein solches kann auch vorliegen, wenn kein Entgelt gezahlt wird. Der Kläger war in den Betrieb der Fa.M eingegliedert - der Ort der Leistungserbringung ist dabei unerheblich - und bei der Fahrt nach Wien den Weisungen seines Arbeitgebers hinsichtlich Fahrtbeginn, Fahrten in Wien und Rückfahrt unterworfen. Er unterstand - soweit dies bei Kraftfahrern möglich ist - dem Direktionsrecht und auch der Verfügungsbefugnis hinsichtlich Art, Zeit und Ort der Tätigkeit und erbrachte eine Arbeitsleistung, die ansonsten üblicherweise von einer in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitskraft ausgeführt hätte werden müssen. Weder der Ausbildungszweck noch die Gewinnung von Erfahrung im Rahmen eines unentgeltlichen Praktikums - ein solches war, wenn auch entgeltlich, im Rahmen des Berufspraktikums noch vorgesehen - standen im Vordergrund; wesentlich war vielmehr die Erbringung einer Arbeitsleistung für die Fa.M (vgl zum Ganzen: BSG, Urteil vom 10.04.1985 - 10 RKg 21/84 - und vom 21.01.1987 - 7 RAr 10/86 - veröffentlicht jeweils in Juris; BSG SozR 4100 § 101 Nr 7; BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 6; hinsichtlich der Unentgeltlichkeit: Brandt in Niesel aaO § 118 RdNr 23; Steinmeyer in Gagel aaO § 118 RdNr 66, Stand August 2001).

Es handelte sich dabei nicht lediglich um eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer, wobei beide Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl Brand in Niesel aaO RdNr 27). Gelegentlich ist eine Abweichung, wenn sie nicht vorhersehbar war und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nicht wiederholt (vgl Brandt in Niesel aaO; BSG SozR 4100 § 115 Nr 2). Die Fahrtzeiten nach Wien und zurück sowie für evtl. Fahrten in Wien selbst sind in einem Reisebusunternehmen bekannt und planbar. Von daher ist die Dauer der Arbeitszeit des Klägers vorhersehbar gewesen. Für unvorhersehbare Staus o.ä. finden sich keine Anhaltspunkte. In den Fahrtenschreiberaufzeichnungen gibt es keine entsprechenden Hinweise hierauf. Eine gelegentliche Abweichung liegt somit nicht vor. Es kann deshalb offen gelassen werden, ob eine Abweichung von lediglich geringer Dauer vorgelegen hat, wogegen jedoch eindeutig spricht, dass das Beschäftigungsverhältnis lediglich auf 4 Tage (12.02.1999 bis 16.02.1999) angelegt war und für den gesamten Zeitraum des Beschäftigungsverhältnisses eine Überschreitung vorlag.

Die weiteren, später vom Kläger durchgeführten Fahrten sind nicht gemäß § 118 Abs 2 Satz 2 SGB III mit der Fahrt nach Wien zusammenzurechnen und hieraus die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit zu ermitteln. Gemäß § 118 Abs 2 Satz 2 SGB III sind mehrere Beschäftigungen nur zusammenzurechnen, wenn sie gleichzeitig ausgeübt werden. Allein dies entspricht Sinn und Zweck der Regelung (vgl u.a. Steinmeyer in Gagel aaO RdNr 105, Stand Juli 1999). Hier aber wurden die einzelnen Beschäftigungen, d.h. die jeweiligen einzelnen Fahrten hintereinander ausgeübt. Die Bildung einer Durchschnittsstundenzahl kommt nicht in Betracht.

Der rechtswidrige Bewilligungsbescheid vom 18.02.1999 beruht auf Angaben, die der Begünstigte zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 Halbsatz 2 SGB X). Der Betroffene muss schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb dasjenige nicht beachtet haben, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Es ist also nicht ein objektiver, sondern ein subjketiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen, es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl Niesel aaO § 330 RdNr 31; Wiesner in: v.Wulffen, SGB X, 4.Aufl, § 45 RdNr 24; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 45). Die Nichtbeachtung eines nachweislich ausgehändigten Merkblattes zu einem konkreten Leistungstatbestand wird im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit begründen, wenn dieses so abgefasst war, dass der Begünstigte seinen Inhalt erkannt hat oder ohne Weiteres erkennen konnte (vgl hierzu: Wiesner aaO; Niesel aaO RdNr 32).

Aus dem ausgehändigten und vom Kläger zur Kenntnis genommenen Merkblatt (Ihre Rechte - Ihre Pflichten, Stand: Januar 1998) - der Kläger hat Erhalt und Kenntnisnahme unterschriftlich in seinem Antrag auf Alg vom 10.02.1998 bestätigt - war klar und eindeutig für den Kläger erkennbar, dass er die Aufnahme einer Tätigkeit als Busfahrer der Beklagten unverzüglich mitzuteilen habe. In diesem Merkblatt wird auf Seite 17 ausgeführt: "Arbeitslos ist auch, wer eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung oder Tätigkeit als Arbeitnehmer, Selbständiger oder mithelfender Familienangehöriger ausübt. Die Woche in diesem Sinne umfasst sieben aufeinanderfolgende Tage, beginnend mit dem ersten Tag nach der Beschäftigung bzw Tätigkeit." Auf Seite 36 wird darauf hingewiesen, dass während des Bezuges von Arbeitslosegeld eine Beschäftigung ausgeübt und ein Nebeneinkommen erzielt werden darf. Durch Fettdruck hervorgehoben findet sich jedoch folgender Hinweis: "Die Nebenbeschäftigung darf allerdings einen zeitlichen Umfang von 15 Stunden wöchentlich nicht erreichen. Erreicht oder überschreitet die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit 15 Stunden, besteht wegen fehlender Arbeitslosigkeit kein Anspruch auf Alg oder Arbeitslosenhilfe. Gegebenenfalls ist eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung erforderlich. Wichtig ist, dass Sie jede Nebenbeschäftigung dem Arbeitsamt unverzüglich und ohne Aufforderung melden." Zudem wird auf Seite 53 ausgeführt: "Vor einer Bewilligung der Leistung und während ihrer Zahlung kann auf Ihre Mitwirkung nicht verzichtet werden. Sie müssen alle Tatsachen angeben, die für die Bewilligung erheblich sind ... Wenn Sie eine Leistung beantragt haben oder beziehen, sind sie auch verpflichtet, dem Arbeitsamt solche Änderungen mitzuteilen, die für die Beurteilung dieses Leistungsanspruches bedeutsam sein können. Falls sich solche Änderunen ergeben, melden Sie diese bitte unaufgefordert und sofort, notfalls telefonisch, da nur so Sachverhalte, die Ihren Leistungsanspruch beeinflussen, rechtzeitig berücksichtigt und Überzahlungen vermieden werden können." Zudem wird nochmals auf Seite 54 ausgeführt: "Insbesondere in nachfolgend aufgeführten Fällen ist es wichtig, dass sie sofort Ihr Arbeitsamt benachrichtigen: Wenn Sie eine Arbeit übernehmen - auch als Selbständiger oder mithelfender Familienangehöriger -."

Aufgrund dieser klaren und eindeutigen Ausführungen des Merkblattes muss es sich dem Kläger geradezu aufdrängen, dass er die Aufnahme jeder Tätigkeit - unabhängig von der Entgeltlichkeit - der Beklagten unverzüglich mitzuteilen hat. Es bestehen im vorliegenden Rechtstreit auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das Merkblatt, das er erst kurze Zeit vor der Aufnahme der Tätigkeit als Busfahrer erhalten hat, nicht verstanden hat. Die Ausführungen im Merkblatt sind auch für den juristischen Laien verständlich. Dafür, dass nur entgeltliche Arbeitsverhältnisse zu melden seien, finden sich im Merkblatt keine Hinweise. Im Übrigen liegen aufgrund der Ausführungen im Merkblatt auch die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X vor, denn der Kläger hat zumindest in grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides wegen Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung nicht gekannt.

Gemäß § 122 Abs 2 Nr 2 SGB III ist der Kläger auch nach Beendigung der Fahrt nach Wien am 16.02.1999 nicht mehr arbeitslos, denn die Wirkung seiner persönlichen Arbeitslosmeldung vom 10.02.1999, die für einen Anspruch auf Alg erforderlich ist (§ 117 Abs 1 Nr 2 SGB III), ist mit Aufnahme der Beschäftigung erloschen. Erst am 14.04.1999 hat er sich erneut persönlich arbeitslos gemeldet (vgl hierzu: BSGE 77, 175).

Die weiteren Voraussetzungen hinsichtlich der Rücknahme (Anhörung, Einhaltung der Einjahresfrist) liegen vor. Bei der Rücknahmeentscheidung hat die Beklagte kein Ermessen auszuüben (§ 330 Abs 2 SGB III).

Die Erstattungspflicht ergibt sich hinsichtlich des überzahlten Arbeitslosengeldes aus § 50 Abs 1 SGB X, hinsichtlich der überzahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus § 335 Abs 1 und 5 SGB III.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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