L 4 KR 270/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 50/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 270/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 22/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. Oktober 2003 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Umfang häuslicher Krankenpflege für ein schwerstbehindertes Kleinkind.

Am 06.01.2000 kam die Klägerin schwerstbehindert zur Welt und wurde im Folgenden mehrfach operiert. Am 21.04.2001 übernahmen die Eltern daheim die Pflege, unterstützt von ambulanten Pflegediensten. Bei einem partiellen Di-George-Syndrom,zerebralen Krampfanfällen bei Hirnatrophie, Fallot¬cher Tetralogie, Hyperteriose und Zustand nach dreimaliger Herzoperation im ersten Lebensjahr ist die Klägerin, die über ihren Vater familienversichert ist, in Pflegestufe III eingewiesen. Nach der Feststellung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern - MDK - beträgt der Betreuungsumfang 24 Stunden am Tage.

In Hinblick auf die Abgrenzung zur Leistung der Pflegeversicherung und denen der Beklagte kam es in der Folgezeit zu vielfachen Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz, da die Beklagte den kassenärztlichen Verordnungen für häusliche Krankenpflege nicht in vollem Umfange zu folgen bereit war, wobei es insbesondere über den Tatbestand "allgemeine Krankenbeobachtung" unterschiedliche Meinungen gibt, denn die Klägerin wird künstlich beatmet.

Nachdem mit Bescheid vom 19.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2002 die Beklagte ihre Leistungen präzisierte und insbesondere all das, was sie der Grundpflege zurechnete, nicht mehr zu leisten bereit war, ließ die Klägerin am 14.03.2002 Klage zum Sozialgericht erheben. Im Laufe des Verfahrens kam es zu einer neuen Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit am 12.11.2002, die in einen neuen Bescheid der Beklagten vom 21.11.2002 mündete. Darin erklärte sich die Beklagte bereit, häusliche Krankenpflege für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2003 im Umfang bis 8.270,00 Euro monatlich inklusive Fahrkostenpauschale zu übernehmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2003 bekräftigte sie ihre Auffassung, dass sie entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung (hier BSG vom 28.01.1999 - B 3 KR 4/98) im Falle eines Rund-um-die-Uhr-Pflegebedarfes nicht mit der Grundpflege belastet werden dürfe, welche der Pflegekasse obliege. Der behandlungspflegerische Aufwand umfasse täglich im Durchschnitt 466 Minuten. Nach mündlicher Verhandlung am 07.10.2003 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte, in Abänderung der vorangegangenen Bescheide häusliche Krankenpflege bis zu zwölf Stunden kalendertäglich zu leisten und wies die Klage, soweit damit Leistungen von 24 Stunden beantragt wurden, ab.

In den Urteilsgründen ist ausgeführt, dass streitbefangen nur der Zeitraum bis Ende 2003 sei und in dieser Zeit der Pflegebedarf in der Behandlungspflege unter Anwendung des § 287 ZPO auf zwölf Stunden pro Tag festzusetzen sei, weil auch der Zeitaufwand für die Überwachung der Beatmung miteinzurechnen sei.

Am 27.11.2003 hat die Klägerin Berufung einlegen lassen.

Die Beklagte hat am 03.12.2003 ihrerseits gegen das ihr am 06.11.2003 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Die Beteiligten haben schriftlich zu ihren Rechtsmitteln nicht vorgetragen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichs Augsburg vom 07.10.2003 dahin abzuändern, dass die Überwachung während der gesamten Zeit als häusliche Krankenpflege von der Beklagten geleistet wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.10.2003 vollständig aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, die Beklagte hat ihre Verwaltungsakten trotz entsprechender Bitte nicht vorgelegt.

Entscheidungsgründe:

Die beiden in der Frist des § 151 SGG eingelegten Berufungen sind zulässig, der Beschwerdewert liegt über der Grenze des § 144 Abs.1 Nr.1 SGG.

In der Sache selbst sind die beiden Berufungen jeweils nicht begründet, das Sozialgericht hat den klägerischen Anspruch für die hier streitige Zeit richtig bemessen. Zu Recht ist das Sozialgericht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass der Rechtsstreit nur den Zeitraum betrifft, der dem angefochtenen Bescheid vom 21.11.2002 zugrunde liegt. Dazu hat das Sozialgericht eine Entscheidung getroffen, die den klägerischen Anspruch auf Leistung nach § 37 Abs.2 SGB V zutreffend festlegt. Der Senat, dessen Bemühungen um eine gütliche Lösung auch für die Zukunft hinsichtlich der außergewöhnlichen Umstände der Streitsache erfolglos geblieben sind, schließt sich den Urteilsgründen des Sozialgerichts im Sinne von § 153 Abs.2 SGG an. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung sind auch für den Senat maßgeblich. Das Sozialgericht hat seine Entscheidung auf die Überlegungen des 3. Senats des BSG in dem während des Rechtsstreits mehrfach zitierten Urteil vom 28.01.1999 - B 3 KR 4/98 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 37 Nr.1 gestützt. Es hat die dort geäußerten Überlegungen zur Bedeutung der Überwachung im Rahmen einer Behandlungspflege richtig umgesetzt. Dem ist seitens des Senats nichts hinzufügen. Schließlich hat er auch in seinem den Beteiligten bekannten und rechtkräftigen Urteil vom 14.09.2004 - L 4 KR 107/02 diese Gedanken als maßgeblich erachtet. An der einleuchtenden Feststellung des 3. Senats BSG a.a.O. kommt auch die Beklagte nicht vorbei. Es heißt dort: "Die Ansicht der Beklagten, die reine Beobachtung der Atmung des Pflegebedürftigen und technischen Apparaturen sei der Grundpflege zuzuordnen, geht fehl. Es handelt sich um eine krankheitspezifische Beaufsichtigung und schon damit um einen Bestandteil der Behandlungspflege."

Auch die Klägerseite hat nichts vortragen können, wonach die Berechnung des Sozialgerichts über den zeitlichen Umfang der Behandlungspflege unrichtig wäre. Hier hat insbesondere die tatsächliche Ausführung des Urteils über den streitigen Zeitraum hinaus den Senat vom Funktionieren der durch das Sozialgericht getroffenen Regelung überzeugt, so dass die vom Sozialgericht getroffene Abwägung für den hier allein streitigen Zeitraum zutreffend gewesen ist. Angesichts des Verfahrensausganges ist es gerechtfertigt, wenn keine der Seiten mit Kosten der Gegenseite belastet wird (§ 193 SGG). Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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