L 19 RJ 415/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 548/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 415/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 31.05.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1955 geborene Kläger hat nach seinen Angaben den Beruf eines Elektromechanikers erlernt (Prüfung 1974) und bis 1987 in diesen Beruf gearbeitet (bei der D.). Danach hat er von 1991 bis 1992 als Hausmeister bei der "L." gearbeitet und war von 1992 bis 1994 selbstständiger Gastwirt. Im November 1998 hat er eine Beschäftigung als Einrichter von Gaststätten bei der Firma D. in S. aufgenommen (Tätigkeitsbereich: Verkauf, Planung und Beratung und Montage von Gastronomie-Einrichtungen). Seit 28.09.1999 bestand Arbeitsunfähigkeit und danach Arbeitslosigkeit.

Am 22.11.1999 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn untersuchen durch den Sozialmediziner Dr.K. , der im Gutachten vom 13.12.1999 die Auffassung vertrat, der Kläger könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten in Vollschicht verrichten; die derzeit bestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 17.01.2000 ab, da der Kläger nicht berufs- oder erwerbsunfähig sei. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und verwies im Besonderen auf seine Beschwerden im Bereich der gesamten Lendenwirbelsäule, die nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Die Beklagte veranlasste eine weitere Untersuchung durch den Nervenarzt Dr.N. (Gutachten vom 07.04.2000) und den Chirurgen Dr.L. (Gutachten vom 17.04.2000). Die Sachverständigen kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte und zumindest gelegentlich mittelschwere Arbeiten in Vollschicht leisten könne. Neurologischerseits seien keine nennenswerten Funktionseinschränkungen festzustellen; der Kläger könne auch in seinem bisherigen Berufsbereich weiterhin tätig sein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 03.07.2000 zurück. Der Kläger sei nach dem Mehrstufenschema als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs einzustufen; er sei verweisbar auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, sofern diese nicht einfachster Art seien. Als geeignete Berufe kämen in Betracht: Montierer, Sortierer, Etikettierer, Stanzer, Verpacker leichterer Gegenstände.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 21.07.2000 Klage beim Sozialgericht Bayreuth erhoben. Er hat eine Bestätigung der Firma D. vorgelegt, nach der er als Facharbeiter eingestellt worden sei. Das SG hat Befundberichte über den Kläger eingeholt von dem Allgemeinarzt Dr.von L. , dem Orthopäden Dr.B. und dem Nervenarzt Dr.S ... Auf Veranlassung des Gerichts hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.O. das Gutachten vom 05.03.2001 erstattet und den Kläger - bei den im Einzelnen beschriebenen Befunden - für fähig erachtet, leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in Vollschicht zu leisten. Gegen diese Begutachtung wandte sich der Kläger mit einem Attest des Nervenarztes Dr.S. vom 27.03.2001, in dem ihm eine Angsterkrankung (Panikstörung) bescheinigt wurde. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.05.2001 zu ihrem Gutachten ist Frau Dr.O. bei ihrer Leistungseinschätzung des Klägers verblieben. Die vom Kläger geschilderten Angstzustände im Rahmen einer schwierigen sozialen Situation seien nicht so stark ausgeprägt, dass sie nicht einer willentlichen Beeinflussung zugänglich wären. Auch die Tätigkeit eines Fachverkäufers in einer Elektro-Großhandlung könne aus medizinischer Sicht vollschichtig ausgeübt werden. Mit Urteil vom 31.05.2001 hat das SG die Klage - gerichtet auf Gewährung von Rente - abgewiesen. Es hat in den Gründen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger zuletzt als Facharbeiter eingesetzt gewesen sei, da er jedenfalls verweisbar sei auf Tätigkeiten eines Fachverkäufers im Elektro-Großhandel.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 16.07.2001 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Dieser verlangt weiterhin die Gewährung von Rente, zumindest wegen Berufsunfähigkeit; er hat unter Hinweis auf das bereits bekannte Attest des Dr.S. vom 27.03.2001 die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen angeregt. Die Beklagte geht davon aus, dass sich der Kläger bereits im Jahre 1987 von seinem erlernten Beruf gelöst habe und zuletzt nicht als Facharbeiter, sondern als angelernter Arbeiter (des oberen Bereiches) tätig gewesen sei. Der Senat hat Befundberichte beigezogen von dem Orthopäden Dr.B. , dem Allgemeinarzt Dr.von L. und dem Nervenarzt Dr.S. (mit weiterem Arztbrief des Radiologen Dr.G. vom 23.02.2000). Die Leistungsakte des Arbeitsamtes hat vorgelegen; der Kläger hat Versicherungsnachweise für die Zeit von 1991 bis 1992 vorgelegt (Tätigkeit als Hausmeister bei der L. , Schlüsselzahl B=12). Auf Veranlassung des Senats hat der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M. das Gutachten vom 17.06.2004 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat als Diagnosen genannt: Fehlhaltung und Verschleiß der Wirbelsäule, depressive Verstimmung, Somatisierungsneigung, Alkoholkrankheit in Bewährung, Kniegelenksverschleiß beidseits. Von untergeordnerter, nicht zusätzlich leistungseinschränkender Bedeutung seien die Gesundheitsstörungen: Rezidivierende Magenbeschwerden durch Gastritis und Refluxkrankheit, Epikondylopathie rechter Ellenbogen, Rot-Grün-Schwäche. Trotz dieser Befunde könne der Kläger weiterhin vollschichtig einer Erwerbstätigkeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen, wobei es sich um leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten handeln solle. Auch für die vom ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Einrichter von Gaststätten sei er weiterhin geeignet. Er könne auch als Hausmeister arbeiten oder die Tätigkeiten eines Fachverkäufers/Beraters z.B. im Elektrohandel ausüben.

Der Kläger hat sich zur Begutachtung nicht geäußert; sein Bevollmächtigter hat die Vertretung niedergelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 31.05.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2000 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, aufgrund des Antrags vom 23.11.1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten (mit Aktenteil Berufsförderung), die Prozessakte des SG Bayreuth und die Leistungsakte des Arbeitsamtes B. vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger Rentenleistungen nicht zustehen, weil er nicht berufsunfähig und auch nicht erwerbsunfähig nach §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung ist; dies gilt gleichermaßen für die Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach der seit 2001 geltenden Neuregelung. Das SG hat die bestehenden Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem, neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet berücksichtigt und leistungsmäßig bewertet. In fehlerfreier Auswertung der Sachverständigengutachten ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten allgemeiner Art in Vollschicht verrichten kann. Dieses vom SG gefundene Ergebnis ist durch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren in vollem Umfang bestätigt worden. Dem ärztlichen Sachverständigen Dr.M. , Internist und Arbeitsmediziner, haben die Befunde der den Kläger behandelnden Ärzte vorgelegen. Er ist nach eigener ambulanter Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 17.06.2004 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger noch leichte und gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten in Vollschicht leisten kann; nicht zumutbar sind demnach schwere und dauerhaft mittelschwere Arbeiten, auch nicht solche mit körperlichen Zwangshaltungen oder unter besonders stresshaften Bedingungen. Für den Senat ist die Leistungsbeurteilung durch die erfahrenen Sachverständigen Dr.M. und Frau Dr.O. überzeugend; ihre Gutachten sind schlüssig und begründet und stimmen im Ergebnis mit den seit Rentenantrag erstatteten Gutachten überein. Insbesondere Dr.M. hat auch herausgestellt, dass der Kläger seinen letzten Beruf als Einrichter von Gaststätten weiterhin ausüben kann. Wegen der Anforderungen an diese Berufstätigkeit hat der Sachverständige den Kläger selbst befragt, der Arbeitgeber hat hierzu die Auskünfte vom 10.05.2000 und vom 04.11.2002 erteilt. Der Kläger war mit Verkauf, Planung und Beratung sowie Montage und Wartung von Gastronomie-Einrichtungen beschäftigt, wobei lediglich kleinere Montagen für ihn selbst angefallen sind. Er hat die Arbeit bei der Firma D. (gleiche Adresse wie der Kläger: S. , F. Str.) im November 1998 aufgenommen und war nach seinen Angaben bereits ab September 1999 arbeitsunfähig. Nach Mitteilung dieses Arbeitgebers ist der Kläger nicht als Facharbeiter entlohnt worden; der Facharbeiterlohn sollte ihm vielmehr erst nach einem Jahr ab Arbeitsaufnahme zustehen. Diese vom Kläger zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit entspricht nach Art, Umfang und Entlohnung der Arbeit nicht der eines bestimmten Facharbeiters, sondern ist allenfalls dem Bereich des angelernten Arbeiters (oberer Bereich) zuzuordnen. Da der Kläger diese zuletzt verrichtete Berufstätigkeit nach den Feststellungen der Sachverständigen und auch nach der Überzeugung des Senats weiterhin ausüben kann, ist die Benennung einer sonstigen Verweisungstätigkeit nicht erforderlich. Unabhängig davon könnte der Kläger auch als Hausmeister arbeiten; für diesen Beruf bringt er Erfahrung aus seiner Tätigkeit bei der "L." von 1991 bis 1992 mit und würde auch körperlich nicht überfordert, wie Dr.M. aus arbeitsmedizinischer Sicht bestätigt hat.

Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen mit der Folge, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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