L 6 R 290/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 648/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 290/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 134/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. März 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1949 geborene Kläger absolvierte im Zeitraum 1.4.1964 bis 31.10.1967 eine Berufsausbildung zum Maurer bzw. Betonbauer, die er aber nicht abschloss. Für die Zeit einer Ausbildung zum Polizeibeamten im mittleren Dienst vom 01.08.1968 bis 16.06.1970 wurde der Kläger nachversichert. Vom 01.07.1970 bis 30.09.1973 war der Kläger nach seinen Angaben in der Branche Autovermietung und Autoverkauf versicherungspflichtig beschäftigt. Am 01.11.1973 trat er sodann als Altanwärter erneut in den Polizeidienst ein und legte am 24.04.1975 die Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst ab. Anschließend war er Beamter im mittleren Polizeidienst, zuletzt als Polizeihauptwachtmeister. Das Beamtenverhältnis endete mit Ablauf des 30.09.1980, nachdem der Kläger seinen dauernden Aufenthalt im Ausland nahm. Auch für die Zeit 01.11.1973 bis 30.09.1980 wurde der Kläger nachversichert. Am 01.02.1983 nahm er eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland auf, nach seinen Angaben in der Fahrzeugvermietungsbranche.

Vom 29.09.1985 bis 31.07.1991 arbeitete der Kläger als Chauffeur bei der Firma S. Aktiengesellschaft (Fa. S.) in der Limousine-Organisation. Beim Abschluss des Arbeitsvertrags am 28.09.1985 gab er an, den Beruf eines kaufmännischen Angestellten erlernt zu haben und den Führerschein zur Fahrgastbeförderung zu besitzen. Die tägliche Arbeitszeit solle sich nach Bedarf richten. Vereinbart wurde ein Stundenlohn von 11,00 DM. Nach dem Aufhebungsvertrag endete das Arbeitsverhältnis wegen betriebsbedingter organisatorischer Gründe auf Wunsch der Fa. S. mit Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. In dem Zeugnis vom 24.09.1991 heißt es, Schwerpunkt der Aufgaben des Klägers seien die Chauffeur-Fahrten und die Betreuung anspruchsvoller Kunden aus dem In- und Ausland gewesen. Neben der Organisation und Durchführung von Reisen in der Bundesrepublik Deutschland und im angrenzenden Ausland habe der Kläger seine Kunden persönlich und individuell betreut. Der Kläger verfüge über ein diskretes und ruhiges Auftreten. Sein gesamtes Verhalten habe ihn zu einem gewünschten Chauffeur gemacht. Das Arbeitsverhältnis habe auf Wunsch des Klägers geendet. Seither ist der Kläger nicht mehr in das Erwerbsleben zurückgekehrt. Er bezieht seit 01.08.1991 Sozialleistungen, im Wesentlichen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.

Einen ersten auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag des Klägers vom 05.06.1996 hat die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.1996 und Widerspruchsbescheid vom 29.01.1997 abgelehnt. Die Klage wies das Sozialgericht München ab (Urteil vom 15.10.1998 - S 10 RJ 390/97). Die zum Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung (L 6 RJ 177/99) hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten zurückgenommen.

Am 24.10.2000 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Versichertenrente, den die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2000 und Widerspruchsbescheid vom 13.03.2001 ablehnte.

Dagegen richtet sich die am 04.04.2001 zum Sozialgericht München (SG) erhobene Klage. Das SG zog die Verwaltungsakten der Beklagten und Befundberichte sowie medizinische Unterlagen von den behandelnden Ärzten des Klägers Dr. S. , Dres. H. und L. bei und veranlasste die Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. (Gutachten vom 10.04.2002) und den Chefarzt a.D. der Abteilung für Dermatologie und Allergologie des Krankenhauses M. Prof. Dr. B. (Gutachten vom 15.01.2003).

Dr. M. stellte beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung mit teils angstneurotischen, teils histrionischen Zügen und ein ausgeprägtes Rentenbegehren fest. Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses mittelschwere Arbeiten noch vollschichtig verrichten. Qualitative Einschränkungen ergäben sich durch die beim Kläger bestehende Schuppenflechte. Prof. Dr. B. diagnostizierte beim Kläger als wesentliche Gesundheitsstörung eine Psoriasis vulgaris partim inversa vom chronisch-stationären Typ. Der Kläger könne alle Arbeiten verrichten, die nicht als ausgesprochen hautreizend einzustufen seien.

Mit Urteil vom 25.03.2003 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei nach dem Ergebnis der Gutachten vollschichtig leistungsfähig und er genieße keinen Berufsschutz. Die Tätigkeit als Polizeibeamter könne bei der Beurteilung des beruflichen Ranges schon deshalb nicht gewürdigt werden, weil sich der Kläger längst anderen Beschäftigungen zugewandt habe. Aufgrund der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sei eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens nicht ableitbar.

Am 08.04.2003 ging die Berufung des Klägers gegen dieses am 19.05.2003 zur Post gegebene Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung weist er zunächst darauf hin, dass ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie das Merkzeichen "G" zuerkannt worden seien und deshalb Erwerbsunfähigkeit bestehe. Die Tätigkeit bei der Fa. S. habe auch auf seiner Polizeierfahrung beruht. Er sei vorwiegend für sicherheitsspezifische Begleitungen eingesetzt worden, z.B. als Begleiter von Henry Kissinger, Richard Burt, Franz Josef Strauß und der Familien Rockefeller und Kennedy. Für das Rentenverfahren sei die Tätigkeit als Polizeibeamter ausschlaggebend. In Bezug auf Fahrsicherheit habe er im Rahmen seiner Polizeiausbildung eine Qualifikation erreicht, insbesondere weil er zur Beförderung des Ministerpräsidenten und von Staatsgästen eingesetzt worden sei. Die Ausbildung sei bei der Fa. S. fortgesetzt worden. Vom US-Konsulat M. sei er einer speziellen Ausbildung unterzogen und sicherheitsüberprüft worden. Der Kläger legt auch eine Kopie eines in der Süddeutschen Zeitung vom 20./21.02.1988 abgedruckten Artikels vor, in dem seine Tätigkeit bei der Fa. S. beschrieben wird. Im Zuge der Anstellung bei der Fa. S. seien die Spezialausbildungen gefragt gewesen. Mit den Qualifikationen habe die Fa. S. auch geworben. Ein Personenbeförderungsschein, der auch nicht vorhanden gewesen sei, sei nicht verlangt worden.

Die Fa. S. gab auf Anfrage des Senats an, Unterlagen über den Kläger würden nicht mehr vorliegen. Die Beschäftigung eines Chauffeurs sei meist auf Stundenbasis erfolgt. Ein Chauffeur habe zum damaligen Zeitpunkt durchschnittlich 8,00 bis 10,00 EUR verdient. Es gäbe in der Autovermiet-Branche keinen Tarifvertrag. Die Fa. S. würde wie auch alle übrigen Autovermieter mit den Mitarbeitern alle Entgeltbedingungen individuell aushandeln und dabei den Marktwert berücksichtigen. Wäre ein Lohn- und Gehaltstarif vorhanden, so könne die Position des Klägers etwa in der Mitte der Lohngruppen angesiedelt werden. Diese Tätigkeit verlange neben dem Führerschein einen Personenbeförderungsschein, eine entsprechende Fahrpraxis sowie gute englische Sprachkenntnisse. Eine vertiefte Ausbildung, z.B. als Facharbeiter mit tieferen technischen Kenntnissen, sei nicht erforderlich. Wäre ein Tarifvertrag in sechs Lohngruppen unterteilt, so sei bei einem Einstieg in Lohngruppe eins von einer Platzierung des Chauffeurs in die Lohngruppe drei oder vier zuzüglich einer Zulage von 20 % auszugehen. Ein Chauffeur in der Limousine-Organisation der Fa. S. werde eingestellt, wenn er über die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen verfüge. Weitere Nachweise seien nicht erforderlich. Eine Teilnahme an einem Fahrertraining, einem Sicherheitstraining, sei während der Beschäftigung bei der Fa. S. nicht Pflicht und auch nicht üblich. Auch werde bei einer Anstellung keine Personenschutz- ausbildung gefordert. Gleiches gelte für die von der Fa. S. dauerhaft eingestellten Chauffeure.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA) wies auf Anfrage des Senats, einen Tarifvertrag zu benennen, in dem eine der Beschäftigung des Klägers bei der Fa. S. vergleichbare Tätigkeit eingestuft ist, auf den für das Bankgewerbe geltenden Manteltarifvertrag hin. Nach diesem Tarifvertrag kann ein Kraftfahrer entweder in Tarifgruppe drei oder - bei erhöhten Anforderungen - in Tarifgruppe vier eingestuft werden. Tarifgruppe drei setzt dabei Kenntnisse und/oder Fähigkeiten voraus, wie sie in der Regel durch eine Zweckausbildung oder eine längere Einarbeitung erworben werden. Die Einstufung in Tarifgruppe vier erfordert Kenntnisse und/oder Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch eine um entsprechende Berufserfahrung ergänzte Zweckausbildung oder eine längere Einarbeitung erworben werden.

Der Senat holte zur Frage der Eingruppierung der Tätigkeit in das Tarifgefüge eine in Abstimmung mit dem Bundesverband öffentlicher Banken vorgenommene Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes des privaten Bankgewerbes ein, in der es heißt, die Einstufung von Kraftfahrern in Tarifgruppe vier setze erhöhte Anforderungen voraus. Dabei komme es nicht auf potentielle Kenntnisse und Fähigkeiten an, z.B. auf eine formelle Ausbildung, sondern auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Die Benennung von Kraftfahrern mit erhöhten Anforderungen in Tarifgruppe vier erkläre sich im Wesentlichen historisch. Faktisch seien heute insbesondere Vorstandsfahrer entsprechend eingruppiert, bei denen neben der allgemeinen höheren Beanspruchung z.B. auch besondere Anforderungen an Auftreten und Verschwiegenheit gestellt würden. Für die Zuordnung in die Tarifgruppe drei sei maßgebend, dass die von der bloßen Einarbeitung abzugrenzende systematische Zweckausbildung im Vergleich zu einer zur Tarifgruppe vier führenden Berufsausbildung nicht so umfangreich erfolge, sondern sich auf die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten für bestimmte Tätigkeiten beschränke. Für eine Vergleichbarkeit mit einem Vorstandsfahrer mit Tarifgruppe vier könnte bei dem Kläger die persönliche und individuelle Betreuung besonders anspruchsvoller Kunden aus dem In- und Ausland neben der reinen Fahrertätigkeit und die Organisation und Durchführung der Reisen sprechen. Diese Tätigkeiten seien neben der normalen Personenbeförderung mit erhöhten Anforderungen verbunden. Die Gesamtschau der Tätigkeitskriterien ergebe, dass die Tätigkeit des Klägers die eines durchschnittlichen Kraftfahrers ohne erhöhte Anforderungen im Umgang mit Kunden übersteige.

Dazu führte die Fa. S. aus, der Limousine-Service M. als Teil der S. Autovermietung biete bis heute die gleichen Leistungen an wie zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers. Aufträge zum Einsatz eines Chauffeurs seien von großen Versicherungen, Banken, Industrieunternehmen oder auch von Konsulaten und Botschaften gekommen. Der Chauffeur habe die Kunden, die häufig auch Ausländer gewesen seien, nicht nur zu fahren, sondern auch individuell zu betreuen. Das Anforderungsprofil sei zu jeder Zeit identisch geblieben. Verlangt würden eine überzeugende Integrität, absolute Verlässlichkeit, hochgradige Verschwiegenheit und ein erstklassiges Auftreten. Ein Limousine-Chauffeur sei aus Sicht der Fa. S. durchaus einem Vorstandsfahrer gleichzustellen.

Der Senat beauftragte den Arzt für Orthopädie Dr. F. und die Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr. M. die Gutachten vom 12.10.2004 und vom 02.11.2004 zu erstellen, die bei dem Kläger insbesondere eine Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und narzisstischen Zügen, eine Psoriasis vulgaris partim inversa vom chronisch-stationären Typ, im Bereich der Halswirbelsäule eine Osteochondrose C5 bis C7 bei Spondylosis derformans, Uncovertebralarthrose und Fehlhaltung sowie Osteopenie und im Bereich der Lendenwirbelsäule eine Assimilationsstörung bei sechs Lendenwirbelkörpern, leichter Spondylolisthese L6, Sacrum acutum und initialer Chondrosis intervertebralis L5 bis L6 sowie Spondylose feststellten. Zusammenfassend führte Dr. M. zum beruflichen Leistungsvermögen aus, der Kläger könne ab Oktober 2000 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses acht Stunden täglich bei arbeitszeitüblichen Unterbrechungen körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von schweren Lasten und häufiges Bücken, abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen und überwiegend in geschlossenen Räumen verrichten. Vermieden werden sollten Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, mit besonderem Zeitdruck, Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht sowie Arbeiten, die mit einer Exposition hautreizender Stoffe verbunden seien. Der Kläger könne Fußwege von mehr als 500 Meter an einem Stück in angemessener Geschwindigkeit zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Er könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, er habe den von der Fa. S. seinerzeit geforderten Personenbeförderungsschein innerhalb der gewünschten Frist nachgereicht. Den Beruf eines kaufmännischen Angestellten habe er nicht erlernt, aber er habe bereits als solcher gearbeitet.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 25.03.2003 sowie des Bescheides der Beklagten vom 21.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2001 zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 24.10.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe keine Berufskraftfahrerausbildung absolviert. Nach den Anforderungen, wie sie die Fa. S. beschreibe, sei der Kläger der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen. Der Kläger habe nur sechs Jahre als Chauffeur gearbeitet. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger auf Grund langjähriger Berufserfahrung wie ein Facharbeiter anzusehen sei. Es sei schon fraglich, ob der Tarifvertrag für das Bankgewerbe übertragbar sei. Eine mögliche Eingruppierung könne allenfalls ein Indiz sein. Weiterhin sei fraglich, welches Berufsbild genau vorliegen müsse, damit eine Tätigkeit als Kraftfahrer mit erhöhten Anforderungen bejaht werden könne. Im Übrigen erscheine es nach den vom SG eingeholten Gutachten durchaus möglich, dass der Kläger als Chauffeur bzw. Kraftfahrer noch vollschichtig einsetzbar sei. Bei unterstelltem Berufsschutz sei aus medizinischer Sicht zunächst von dem in den Gutachten Dr. M. und Prof. Dr. B. beschrieben Leistungsprofil auszugehen. Dieses lasse unter Berücksichtigung des bisherigen Berufslebens des Klägers eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten zu, z.B. im Bereich von Wach- und Aufsichtsaufgaben sowie Tätigkeiten als Kassierer an Selbstbedienungstankstellen und als Hochregallagerarbeiter.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Akten des Sozialgerichts München S 10 Ar 390/97 und S 30 RJ 648/01, der Schwerbehinderten-Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung (AVF) München II, der Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 6 RJ 177/99 und L 6 RJ 306/03, der Akte des Bayer. Landessozialgerichts zu diesem Verfahren sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 und des daher grundsätzlich möglichen Rentenbeginns vor dem 01.01.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen (§ 300 Abs. 2 SGB VI). Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit hilfsweise auch ein Rentenbeginn nach dem 31.12.2000 in Betracht kommt (§ 300 Abs. 1 SGB VI).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs.1 SGB VI a.F., weil er ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 24.10.2000 bis jetzt nicht im Sinne des § 43 Abs.2 SGB VI a.F. berufsunfähig ist. Danach sind nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F.). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann. Bei dieser Beurteilung ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 Satz 4 SGB VI a.F.).

Diese zur Anerkennung von Berufsunfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nach den Ermittlungen des Senats nicht nachweislich vor. Zwar ist das nach § 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F. zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers bereits eingeschränkt. Er ist aber in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von schweren Lasten und häufiges Bücken, abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen und überwiegend in geschlossenen Räumen vollschichtig zu verrichten. Vermieden werden sollen lediglich Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und mit besonderem Zeitdruck, Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht sowie Arbeiten, die mit einer Exposition hautreizender Stoffe verbunden sind. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor. Der Kläger kann die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr.10).

Dieses berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr. M. und des Arztes für Orthopädie Dr. F ... Der Senat schließt sich den Aussagen dieser schlüssigen und überzeugenden Gutachten an. Durch sie sind im Übrigen die im erstinstanzlichen und im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. und des Hautarztes Prof. Dr. B. in ihren wesentlichen Ergebnissen bestätigt worden. Die Ausführungen von Prof. Dr. B. wurden auch entsprechend dem Gutachtensauftrag des Senats von Dr. M. in deren zusammenfassender Bewertung einbezogen.

Bei dem Kläger stellten die Sachverständigen im Wesentlichen eine Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und narzisstischen Zügen, eine Schuppenflechte und degenerative Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule fest. Der Kläger leidet insbesondere an wechselnden Stimmungsschwankungen mit Depressionen und Hochgefühl, zeitweise auftretenden Wutgefühlen, Schlafstörungen, Alpträumen und an einer mangelnden psychosozialen Belastbarkeit bei allgemeiner Kraftlosigkeit, reduziertem Antrieb und sozialem Rückzug, außerdem an psoriatischen Hautveränderungen insbesondere an den Handflächen, an den Ellenbogen und den Schienbeinen, verbunden mit starkem Juckreiz und einem Spannen der Haut.

Die Persönlichkeitsstörung des Klägers geht einher mit einer depressiv-ängstlichen Entwicklung. Allerdings traten nie schwerergradige depressive Symptome wie Antriebshemmung, Denkstörungen oder eindeutig abgrenzbare phasenhafte Depressionen auf. Bezüglich einiger festgestellter phobischer Symptome wie Höhenängste und Ängste bei Menschenansammlungen besteht kein besonderer Leidensdruck. Panikattacken traten nie auf. Auch fand noch nie eine medikamentöse Behandlung wegen einer Angsterkrankung statt. Es ergeben sich auch aus der Krankheitsanamnese keine Hinweise für eine affektive Psychose mit schwerergradig depressiven manischen Symptomen. Die angegebenen Stimmungsschwankungen werden von der Gutachterin thymopathischen Zügen zugeordnet. Die dazu erfragten Angaben seien, so die Gutachterin, bei dem deutlichen Rentenbegehren kritisch zu betrachten. Damit kann auf psychiatrischem Gebiet eine gravierende Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht angenommen werden. Durch die Schuppenflechte besteht dagegen eine Einschränkung der Lebensqualität. Betroffen sind jedoch nur die Prädilektionsstellen Handinnenflächen, Ellenbogen, Schienbeinkanten und Glutealbereich, nicht jedoch der Kopf. Aus orthopädischer Sicht bestehen bei dem Kläger keine wesentlichen Funktionsstörungen. Die Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule ergab zwar Bandscheibenschäden zwischen dem 5. und dem 7. Halswirbelkörper mit leichter Gefügestörung und eine Fehlhaltung. Die Halswirbelsäule zeigte sich jedoch bei der Untersuchung durch Dr. F. frei beweglich. Auch die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule ist nicht und die Funktion der Lendenwirbelsäule lediglich endgradig eingeschränkt. Hinweise auf eine Nervenwurzelirritation bestehen nicht.

Der Kläger kann somit weiterhin unter Beachtung der oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig arbeiten. Die Feststellung der Versorgungsverwaltung zum GdB, die nach abstrakten Regeln vorgenommen wird, ist in diesem Verfahren nicht maßgeblich. Zwischen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung einerseits und dem GdB andererseits bestehen keinerlei Wechselwirkungen (BSG, Beschluss vom 08.08. 2001 - B 9 SB 5/01 B).

Neben dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 Rdnr. 21 ff. m.w.N.). Der Kläger arbeitete zuletzt vom 29.09.1985 bis 31.07.1991 als Chauffeur bei der Fa. S. in der Limousine-Organisation. Schwerpunkt der Aufgaben des Klägers waren Chauffeur-Fahrten und die Betreuung in- und ausländischer Kunden sowie die Organisation und Durchführung von Reisen in der Bundesrepublik Deutschland und im angrenzenden Ausland.

Diesen Beruf kann der Kläger schon deshalb nicht mehr ausüben, weil bei einem Einsatz als Chauffeur besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und ein besonderer Zeitdruck nicht auszuschließen wären, dies aber dem Kläger auf Grund des psychiatrischen Befundes nicht mehr zugemutet werden kann. Obwohl aber der Kläger in diesem Beruf nicht mehr tätig sein kann, ist er dennoch nicht im Sinne des Gesetzes berufsunfähig. Denn für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nicht aus, wenn der Versicherte den bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind, ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.27 und 33). Dabei gilt grundsätzlich, dass der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden darf (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.143 m.w.N.; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist der Kläger nicht der Gruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters (keine Anlernzeit oder eine solche von weniger als drei Monaten, vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr.45) zuzuordnen, sondern der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des oberen Bereichs (Ausbildungs- bzw. Anlernzeit von mehr als einem und bis zu zwei Jahren, vgl. BSG, Urteil vom 29.03. 1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr.45). Der Berufsschutz, der für einen Facharbeiter gilt, steht allerdings dem Kläger nicht zu.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Kläger eine Ausbildung eines Berufskraftfahrers nicht absolviert hat. Die Tätigkeit bei der Polizei, für die der Kläger nachversichert wurde, ist bei der Bestimmung des Hauptberufs schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil für die Zuordnung des Versicherten zu einem Leitberuf - wie bereits oben ausgeführt - grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit auszugehen ist. Den Beruf eines kaufmännischen Angestellten hat der Kläger entgegen seinen Angaben im Arbeitsvertrag mit der Fa. S. nicht erlernt.

Zur Einordnung von Berufskraftfahrern in das o.g. Mehrstufenschema hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass grundsätzlich die zweijährige Berufsausbildungszeit nicht ohne weiteres ausreicht, den Berufsschutz eines Facharbeiters zu begründen (BSG, Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R). Es hat aber im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Qualitätsmerkmale der zuletzt verrichteten Tätigkeit, die sich auch in einer entsprechenden tarifvertraglichen Einstufung widerspiegeln können, eine Gleichstellung mit Facharbeitern für möglich erachtet (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 18, 28, 29, 32; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.15).

Solche besonderen beruflichen Merkmale liegen aber bei dem Kläger nicht nachweisbar vor. Bei der Fa. S. existieren keine Unterlagen mehr, die konkrete Hinweise zur Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses geben könnten. Der Kläger selbst konnte lediglich den Arbeitsvertrag, den Aufhebungsvertrag und das Zeugnis vorlegen, die als solche aber nicht ausreichen bzw. geeignet sind, besondere Qualitätsmerkmale der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen. Einige Aussagen des Klägers, die im Arbeitsvertrag ausdrücklich aufgenommen sind, entsprachen nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Der Kläger gab an, einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung zu besitzen. Im Berufungsverfahren führte der Kläger dagegen aus, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages ein Personenbeförderungsschein nicht vorhanden gewesen sei, sondern er diesen erst später nachgereicht habe. Er gab auch wahrheitswidrig an, den Beruf eines kaufmännischen Angestellten erlernt zu haben. Damit hat der Kläger das Beschäftigungsverhältnis bereits unter falschen Voraussetzungen aufgenommen. Das Zeugnis kann ebenfalls nicht in vollem Umfang als taugliches Beweismittel dienen, um besondere Qualitätsmerkmale der Tätigkeit des Klägers bei der Fa. S. objektiv feststellen zu können. Im Aufhebungsvertrag heißt es, das Arbeitsverhältnis ende auf Wunsch der Fa. S ... Vereinbart wurde dabei die Aushändigung eines qualifizierten Zeugnisses, in dem es jedoch gegenteilig heißt, das Arbeitsverhältnis sei auf Wunsch des Klägers aufgelöst worden. Damit sind auch die sonstigen Ausführungen in dem Zeugnis mit Zurückhaltung zu bewerten. Dies gilt auch für die persönlichen Angaben des Klägers im gerichtlichen Verfahren, nachdem Dr. M. bei dem Kläger eine Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und narzisstischen Zügen diagnostizierte.

Bei der Prüfung, ob bei einem Versicherten Berufsschutz angenommen werden kann, ist die tarifvertragliche Einstufung von tragender Bedeutung. Das BSG sieht diese Einstufung nicht nur als ein Indiz, in welche Berufsstufe ein Arbeiter einzuordnen ist, sondern als ein regelmäßig bindendes Merkmal an (BSGE 68,277 = SozR 3-2200 § 1246 Nr.13, 14, 21). Ist also ein Arbeiter in eine Lohngruppe eingeordnet, die der eines Facharbeiters entspricht, so ist er regelmäßig als Facharbeiter anzusehen, auch wenn er die entsprechende Ausbildung nicht abgeschlossen hat.

Im vorliegenden Fall existiert kein Tarifvertrag auf den zur Einstufung des Klägers unmittelbar zurückgegriffen werden könnte. In der Autovermiet-Branche wurde kein Tarifvertrag mit einer Regelung von Lohn- und Gehaltsgruppen abgeschlossen. Der Kläger wurde damit auch nicht nach tarifvertraglichen Regelungen entlohnt. Wird wie hier ein Kraftfahrer nicht nach Tarif entlohnt, kann sich die Einordnung in das Mehrstufenschema nach dem Tarifvertrag bestimmen, in den der Kläger hätte eingeordnet werden können. Hierbei ist festzustellen, ob es einen Tarifvertrag in dem geographischen und sachlichen Gebiet gibt, in welchem der Versicherte gearbeitet hat (BSG SozR 2200 § 1248 Nr.18). Dagegen kann die Einstufung als Facharbeiter in einem anderen Gewerbezweig oder in einem anderen Tarifgebiet allenfalls ein Anhalt dafür sein, dass dem zu bewertenden Beruf Facharbeiterqualität zukommt. Kann ein Tarifvertrag, aus dem sich die Einstufung in das Mehrstufenschema ableisten lässt, nicht herangezogen werden, ist zu prüfen, ob der Versicherte "auf Grund der besonderen Anforderungen des bisherigen Berufs" als Facharbeiter eingestuft werden kann (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.15; BSG, Urteil vom 30.07.1997 - 5 RJ 8/96; KassKomm-Niesel § 240 SGB VI Rdnr.55).

Der Senat hat geprüft, ob zur Beurteilung der Einstufung des Klägers in das Mehrstufenschema der Tarifvertrag der Banken, Sparkassen und Versicherungen hilfreich sein kann. Dieser Tarifvertrag betrifft allerdings einen nicht mit der Autovermiet-Branche direkt vergleichbaren anderen Gewerbezweig. Zweifelhaft ist deshalb auch, ob den Regelungen in dem Tarifvertrag der Banken, Sparkassen und Versicherungen wenigstens Indizwirkung zukommen könnte. Darüber hinaus wird die Tätigkeit eines Kraftfahrers in den Tarifgruppen drei und vier dieses Tarifvertrages zwar benannt. Es handelt sich aber hier - so die Auskunft des Arbeitgeberverbandes des privaten Bankgewerbes - um kein für die Einstufung typisches Tätigkeitsbeispiel. Damit kann im vorliegenden Fall nach Auffassung des Senats dieser Tarifvertrag nicht als insgesamt zutreffender Vergleichsmaßstab herangezogen werden.

Aber auch unter Zugrundelegung der in diesem Tarifvertrag im Einzelnen beschriebenen Tätigkeitsmerkmale ist eine Einstufung des Klägers als Facharbeiter nicht ausreichend zu begründen. Der Tarifvertrag nennt als Regeleinstufung für den Kraftfahrer die Tarifgruppe drei, die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten voraussetzen, die durch eine systematische Zweckausbildung oder eine längere Einarbeitung, deren Dauer individuell verschieden sein kann, erworben werden. Die systematische Zweckausbildung ist dabei nicht zwingend, weil der Tarif tätigkeitsbezogen ist, aber für die Ausbildung doch typisch.

Der Kläger hat bei der Fa. S. eine entsprechende systematische Zweckausbildung nicht durchlaufen. Selbst für eine längere Einarbeitungszeit liegen keine Hinweise vor. Daher kann allenfalls aus Gründen der Tätigkeitsbezogenheit des Tarifvertrags die Einstufung in Tarifgruppe drei begründet werden. Dies ergibt sich auch aus einem qualitativen Vergleich mit Tätigkeiten anderer in Tarifgruppe drei genannten Beispiele. So werden z.B. auch Arbeitnehmer an umfangreichen technischen Sicherheitseinrichtungen oder Büfett- und Bedienungspersonal mit erhöhten Anforderungen in Tarifgruppe drei genannt. Für eine Einstufung entsprechend der Tarifgruppe vier reicht das Tätigkeitsprofil des Klägers nicht aus. Diese Tarifgruppe umfasst Tätigkeiten, die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erfordern, wie sie in der Regel durch eine umfangreiche systematische Zweckausbildung bzw. durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch eine durch entsprechende Berufserfahrung ergänzende Zweckausbildung erworben werden. Eine nach diesen Kriterien zu bewertende Tätigkeit hat der Kläger nicht ausgeübt.

Nach Auskunft des Arbeitgeberverbands des privaten Bankgewerbes werden heute faktisch insbesondere Vorstandsfahrer nach Tarifgruppe vier entlohnt, an die neben der allgemeinen höheren Beanspruchung z.B. besondere Anforderungen an Auftreten und Verschwiegenheit gestellt werden.

Selbst wenn aber unterstellt wird, dass die faktische Zuordnung des Vorstandsfahrers in Tarifgruppe vier bei einer Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit des Klägers als Anhalt für die Einstufung nach dem Mehrstufenschema dienen könnte, ist trotzdem die Einstufung des Klägers als Facharbeiter nicht ausreichend zu begründen. Nach den Angaben der Fa. S. sind die fachlichen Anforderungen an die Chauffeure gering. Zusatzausbildungen wie die Teilnahme z.B. an Fahrtrainingsmaßnahmen oder an einer Schutzausbildung werden nicht verlangt und sind bei der Fa. S. auch nicht üblich. Bezüglich des Anforderungsprofils eines Vorstandsfahrers im Versicherungs- und Bankgewerbe besteht auch keine Deckungsgleichheit mit den persönlichen Anforderungen, die die Fa. S. an den Kläger stellte. Bei dieser Beurteilung kann den letzten Ausführungen der Fa. S. kein maßgebliches Gewicht zukommen. Denn sie nimmt im Wesentlichen lediglich auf die Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes Bezug, ohne mangels vorliegender persönlicher Unterlagen auf die konkrete Tätigkeit des Klägers bei der Fa. S. eingehen zu können. Zwar zweifelt der Senat nicht daran, dass der Kläger entsprechend den Angaben der Fa. S. bei seiner Tätigkeit als Chauffeur über sechs Jahre Aufgaben zu erfüllen hatte, die Verlässlichkeit, Verschwiegenheit, Integrität und gutes Auftreten, erforderten. Ein maßgeblicher Unterschied zu einem Vorstandsfahrer im Bankgewerbe, der auch über diese persönlichen Eigenschaften verfügen muss, besteht aber schon darin, dass diese Vertrauensstellung dem Beschäftigungsverhältnis immanent ist. Gerade dieses besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Vorständen und ihren Fahrern begründet den wesentlichen Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses. Ein entsprechendes Vertrauensverhältnis kann zwischen einem Chauffeur eines Autovermietunternehmens und dessen Kunden natürlich nicht bestehen. Darüber hinaus besteht keine Vergleichbarkeit eines Vorstandsfahrers und der Tätigkeit des Klägers bezüglich der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses. Der Vorstandsfahrer im Bankenwesen erhält ein festes Gehalt, das sich an Mindestmonatsgehaltssätzen orientiert. Der Kläger wurde dagegen in der Limousine-Organisation der Fa. S. nach Bedarf eingesetzt. Er wurde nicht wie ein Vorstandsfahrer mit einem festen monatlichen Gehalt entlohnt. Die Vergütung erfolgte entsprechend dem Arbeitsvertrag auf Stundenbasis.

Insgesamt kann der Senat keine Qualitätsmerkmale auf Grund besonderer Anforderungen an den ausgeübten Beruf (vgl. BSG a.a.0.) feststellen, die die Einstufung des Klägers als Facharbeiter begründen könnten. Allenfalls erscheint die vom Senat zugrunde gelegte Einstufung des Klägers in den oberen Bereich der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters vertretbar. Der Kläger ist damit so eingestuft, als hätte er eine anerkannte zweijährige Berufsausbildung absolviert.

Bei einer Zuordnung zu dieser oberen Gruppe der Angelernten besteht nur dann Berufsunfähigkeit, wenn neben den medizinischen Voraussetzungen eine Verweisung auf einen sozial zumutbaren Beruf nicht möglich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dürfen sog. obere Angelernte nicht schlechthin auf das allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden. Soweit ungelernte Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, müssen sich diese durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45). Das Bundessozialgericht hat derartige Kriterien für die Tätigkeit als Pförtner anerkannt. Denn die Tätigkeit als Pförtner hebt sich schon wegen der auszuführenden Kontrollfunktionen typischerweise aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraus (BSG, Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R). Nach den eingeholten Gutachten ist der Kläger aus medizinischen Gründen in der Lage, den Beruf eines Pförtners auszuüben. Nach Auffassung des Senats kann der Kläger aber auch weitere Tätigkeiten ausüben. So könnte der Kläger aufgrund der persönlichen Eigenschaften und der Polizeiausbildung durchaus auch u.a. in Kaufhäusern und Museen Überwachungsaufgaben wahrnehmen.

Ob dem Kläger ein entsprechender Arbeitsplatz in Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich. Bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten ist der Arbeitsmarkt als offen anzusehen. Das Risiko der Arbeitsvermittlung ist von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen. Dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr.8).

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI a.F., weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr.2 SGB VI a.F. sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die wie der Kläger irgendeine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, weil entsprechend dem bis 31.12.2000 geltenden Recht ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 25.03.2003 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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