L 8 AL 197/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 56/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 197/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18. März 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Insolvenzgeld streitig.

Die 1957 geborene Klägerin beantragte am 07.06.2001 Insolvenzgeld. Dabei gab sie an, bei der Fa. W. - V. W. - als Angestellte beschäftigt gewesen zu sein. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Insolvenzverwalters zum 31.05.2001. Die Frage, ob sie in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zum zahlungsunfähigen Arbeitgeber gestanden habe, bejahte die Klägerin. Auf dem "Feststellungsbogen der versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen" gab sie an, ihre ausgeübte Tätigkeit habe "Controlling, Rechnungen, Aufträge, Personal" umfasst. Erlernt habe sie den Beruf der Zahntechnikerin. Sie habe einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen gehabt und es habe bei ihr die gesetzliche Kündigungsfrist gegolten. Ihr sei ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt gezahlt worden mit gesetzlichem Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Für ihren Arbeitgeber habe sie eine Bürgschaft in Höhe von DM 100.000,00 übernommen. Anlage- und Umlaufvermögen befände sich weder in ihrem Allein- noch in ihrem Miteigentum. Die Betriebsstätte sei von Herrn V. W. (Ehemann) an die W. Maschinenbau GmbH vermietet gewesen.

Mit Schreiben vom 26.09.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe Zweifel, ob eine Versicherungspflicht bestehe. Über die angegebene Bürgschaft in Höhe von DM 100.000,00 hinaus habe sie zwei weitere Bürgschaftserklärungen an die D. Bank in Höhe von 105.000,00 DM und an die R. im südlichen Bayerischen Wald in Höhe von 350.000,00 DM zur Absicherung von Krediten geleistet. Außerdem seien von ihr Abtretungen von Anteilen an Patentrechten, Lohn- und Gehaltsansprüchen und Ansprüche aus Einkommenssteuererstattungen zur Sicherung von Darlehen vorgenommen worden.

Hierzu teilte die Klägerin mit, die Bürgschaft über 100.000,00 DM beziehe sich auf ihren Ehemann persönlich und nicht auf die GmbH. Da sie schon vor ihrer Ehe für ihren Ehemann gebürgt habe, sei dies auch während der Ehe für sie selbstverständlich gewesen. Zudem habe sie bis 1990 als ausgebildete Zahntechnikerin gearbeitet und auch bereits damals sehr gut verdient. Da sie von morgens bis abends in der Firma (Auftragsbearbeitung und Vorbereitung für die Buchhaltung und Personalbüro) tätig gewesen sei, ihr Ehemann in den letzten Jahren auf Weisung der Bank für Monate auf sein Gehalt habe verzichten müssen und sie also von ihrem Verdienst gelebt hätten, habe sie dies nicht als Geldbeschaffung angesehen.

Mit Bescheid vom 30.10.2001 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Insolvenzgeld ab, da ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege.

Den nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2002 als unbegründet zurück. In der Gesamtschau würden die unternehmertypischen Merkmale überwiegen, während die Kriterien, die für ein Arbeitnehmerverhältnis kennzeichnend seien, in den Hintergrund treten würden.

Zur Begründung der zum Sozialgericht (SG) Landshut erhobenen Klage hat die Klägerin ausgeführt, sie habe in der Fa. W. GmbH weder eine Gesellschafter- noch Geschäftsführerfunktion ausgeübt. Das zuletzt bezogene Gehalt habe brutto DM 6.583,97 betragen. Die Sozialversicherungs-Beiträge seien ab Beginn ihrer Tätigkeit bei der GmbH am 01.08.1991 bis zum 31.01.1994 an die AOK P. , vom 01.02.1994 bis 31.12.1995 an die BEK abgeführt worden. Seit 01.01.1996 sei sie in der Krankenversicherung privat versichert. Sie hat auf die Prüfberichte der BfA vom 08.11.2000 und der Berufsgenossenschaft vom 27.10.1999 verwiesen. Nachdem beide Prüfungen ohne Beanstandungen verlaufen seien, sei damit auch dokumentiert, dass für sie Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und BG-Unfallversicherung gegeben gewesen sei.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.03.2004 hat die Klägerin u.a. erklärt, sie habe Anfang 1990 von ihrer Familie ein beträchtliches Privatvermögen erhalten, das sich stufenweise bis ca. 1994 dann auf eine Höhe von ca. 1 Million DM belaufen habe. Vor diesem Vermögenshintergrund habe sie die Bürgschaften für die GmbH geleistet. Ihr Interesse sei es gewesen, dass die GmbH gut laufen sollte. Im Betrieb sei sie mit den laufenden Verwaltungsarbeiten befasst gewesen. Im Personalwesen habe sie eigenständige Entscheidungen nur dann getroffen, wenn ihr Ehemann verhindert gewesen sei. Ansonsten seien alle Personalangelegenheiten mit ihrem Ehemann abgesprochen worden. Sie selbst habe keine Stundennachweise über die Zeiterfassung führen müssen, während die übrigen Mitarbeiter dazu verpflichtet gewesen seien. Die Bürgschaftserklärungen habe sie zum Großteil auf massiven Druck der Banken abgegeben. Der Ehemann der Klägerin ist als Zeuge einvernommen worden. Wegen der näheren Einzelheiten seiner Bekundungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18.03.2004 verwiesen.

Mit Urteil vom 18.03.2004 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin die gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Die Klägerin sei als Arbeitnehmerin anzusehen und habe deshalb einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Dass die Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei, ergebe sich zum Einen aus den Vereinbarungen des Dienstvertrages vom 30.07.1991. Die Nichtannahme von Urlaub sei nachvollziehbar, wenn auch der Ehegatte wegen des Auf- und Ausbaus der GmbH selbst keinen Urlaub genommen habe. Im Übrigen gebe es im Wirtschaftsleben gelegentlich in der Tat auch Arbeitnehmer, die sich im Betrieb beheimatet fühlen und auf ihren Urlaub verzichten würden. Auch die vielfältigen finanziellen Hilfeleistungen für die GmbH würden nicht gegen eine Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin sprechen. Wäre sie nicht in der GmbH, sondern in einem Drittbetrieb tätig gewesen, hätte die Beklagte wohl nicht an der Arbeitnehmereigenschaft bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gezweifelt, wenn die Klägerin in einem Drittbetrieb entsprechende finanzielle Leistungen erbracht hätte. Auch in diesem Falle wäre das von der Klägerin erklärte wirtschaftliche Interesse, dass es der GmbH gutgehen solle, nachzuvollziehen.

Zur Begründung der Berufung führt die Beklagte aus, die vorliegende familiäre Beziehung schließe die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin zwar nicht von vornherein aus. Jedoch sei unter Berücksichtigung der Grundsätze, welche für die allgemeine Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend seien, zu prüfen, ob sie hier als Arbeitnehmerin tätig gewesen sei. Diese Beurteilung erfolge u.a. anhand eines sogenannten "Fremdvergleiches". Dabei sei insbesondere zu prüfen, wie ein unbeteiligter Arbeitnehmer unter gleichen Umständen gehandelt hätte bzw. behandelt worden wäre. Ob die Klägerin abhängig beschäftigt oder selbständig (unternehmerisch) tätig gewesen sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwiegen würden. Eine rein quantitative Gewichtung der Argumente sei nicht vorzunehmen. Vielmehr komme man nach einer qualitativen Gewichtung der einzelnen Argumente zu einem Gesamtbild, welches eindeutig gegen eine Arbeitnehmertätigkeit der Klägerin spreche. Die Auffassung des SG hinsichtlich der Ausgestaltung des Dienstvertrages, dessen Inhalt nicht gegen eine Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin spreche, werde geteilt. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Verhältnisse, soweit sie von den Vereinbarungen des Dienstvertrages abweichen würden, für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft herangezogen werden müssten. Die Beurteilung der "finanziellen Hilfeleistung" der Klägerin für ihren Ehemann durch das SG könne nicht geteilt werden. Die Argumentation, dass an der Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin, hätte sie in einem Drittbetrieb ähnliche Leistungen erbracht, keine Zweifel bestünden, könne nicht greifen. Ein solcher Fall sei in der Praxis, insbesondere in dem von der Klägerin vorgenommenen Umfang der finanziellen Hilfeleistung, kaum denkbar. Schon allein der Umfang (letzter Stand 550.000,00 DM) der abgegebenen Bürgschaften spreche für eine unternehmerähnliche Stellung. Hinzu komme, dass die Bürgschaften nicht nur in der zuletzt wirtschaftlich prekären Situation der Firma abgegeben worden seien, sondern bereits, wie von der Klägern auch mit Schreiben vom 11.10.2001 angegeben, regelmäßig seit längerer Zeit. Nicht nur die Abtretung der Rechte am Patent für die mechanische Parkeinrichtung sei als Indiz gegen die Arbeitnehmereigenschaft zu werten, sondern insbesondere das Eigentum der Klägerin an diesem Patent an sich. So sei es keinesfalls üblich, Arbeitnehmer einer Firma an einem Patent zu beteiligen. Dies gelte insbesondere, da sie auf Grund ihrer Tätigkeit in der Firma wohl kaum an der Entwicklung dieses Patents beteiligt gewesen sein könne. Ebenfalls sei die Abtretung auch künftiger Ansprüche auf Lohn- und Gehaltsansprüche etc. ein Indiz für die weitreichende wirtschaftliche Verflechtung der Klägerin mit der W. GmbH, da von der Abtretung nicht nur Ansprüche aus dem aktuellen Beschäftigungsverhältnis betroffen gewesen seien, sondern auch künftige Ansprüche gegen neue Arbeitgeber bzw. auch Sozialleistungen bis hin zur Rente erfasst seien. Es fehle insgesamt offensichtlich am typischen Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die unternehmerähnliche Stellung werde auch durch das Arbeits- und Urlaubsverhalten der Klägerin untermauert. Der sogenannte Fremdvergleich müsste zwischen der Klägerin und einem durchschnittlichen (typischen) Arbeitnehmer erfolgen. Entgegen der Auffassung des SG, würden üblicherweise, selbst in wirtschaftilch schwierigen Zeiten, Arbeitnehmer nicht über Jahre hinweg auf ihren Urlaub verzichten. Desweiteren werde darauf hingewiesen, dass die "Prüfung" der AOK P. im Jahre 1991, in welcher die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung festgestellt wurde, für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 183 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht bindend sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18.03.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass sie in der Firma W. GmbH als Arbeitnehmerin tätig gewesen sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 141, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als begründet.

Zu Unrecht hat das SG Landshut mit Urteil vom 18.03.2004 der Klage stattgegeben, da die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 30.10.2001 und 28.12.2002 nicht zu beanstanden sind. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld.

Nach § 183 Abs.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, der bei Eintritt eines Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat.

Arbeitnehmer in diesem Sinne ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies bedeutet Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers und Unterordnung unter dessen Weisungsrecht, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Auch wenn dieses Weisungsrecht, vor allem bei Diensten höherer Art, erheblich eingeschränkt sein kann, darf es nicht vollständig entfallen. Demgegenüber wird die selbständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht sowie die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die jedoch zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse davon entscheidend abweichen (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr.16). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien steht fest, dass die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin in der Firma W. GmbH tätig war. Zwar schließt die familiäre Beziehung der Klägerin zu der Firma ihres Ehemannes ihre Arbeitnehmereigenschaft nicht von vorneherein aus. Aber bei der Beurteilung anhand eines sogenannten Fremdvergleiches, d.h., wie ein unbeteiligter Arbeitnehmer unter gleichen Umständen gehandelt hätte, bzw. behandelt worden wäre, ergibt sich, dass die Klägerin selbständig (unternehmerisch) tätig war. Zwar spricht die Ausgestaltung des Dienstvertrages für eine Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin, jedoch kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Hier ist insbesondere die "finanzielle Hilfeleistung" der Klägerin zu berücksichtigen. Der Argumentation des SG, dass an der Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin, hätte sie in einem Drittbetrieb ähnliche Leistungen erbracht, keine Zweifel bestünden, kann nicht gefolgt werden. Ein solcher Fall ist in der Praxis, insbesondere in dem von der Klägerin vorgenommenen Umfang der finanziellen Hilfeleistung nicht denkbar. So besteht gegenüber der D. Bank seit 26.01.2001 eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 105.000.00 DM, welche ursprünglich im Jahre 1997 200.000,00 DM betragen hat. Mit Erklärung vom 22.08.1997 wurden zur Sicherung eines Kredits zugunsten der GmbH in Höhe von 350.000,00 DM seitens der Klägerin an die Raiffeisenbank deren derzeitige und künftige Lohn- und Gehaltsforderungen, Entgeltansprüche und Sozialleistungsansprüche abgetreten. Weiter hat die Klägerin am 22.08.1997 eine selbstschuldnerische Bürgschaft gegenüber der Raiffeisenbank in Höhe von DM 350.000,00 übernommen. Diese wurde durch eine Grundschuld am Hauseigentum der Klägerin gesichert. Am 24.10.1997 erfolgte eine Einzelbürgschaft zugunsten ihres Ehemannes gegenüber der Sparkasse P. in Höhe von 100.000,00 DM. So ist aus dem Schreiben der Sparkasse P. ersichtlich, dass die Klägerin bereits vorher in Höhe von 140.000,00 DM für die W. Maschinenbau GmbH gebürgt hat. Schließlich wurden zur Sicherung eines Liquiditätskredits in Höhe von 295.000,00 DM seitens der Klägerin noch ihre Rechte am Patent mit dem Titel Comfortparker "mechanische Parkeinrichtung" am 26.01.2001 abgetreten. Schon allein der Umfang (letzter Stand 550.000,00 DM) der abgegebenen Bürgschaften spricht für eine unternehmerähnliche Stellung der Klägerin. Hinzu kommt, dass die Bürgschaften nicht nur in der zuletzt wirtschaftlich prekären Situation der Firma abgegeben wurden, sondern bereits, wie von der Klägerin auch im Schreiben vom 11.10.2001 angegeben, regelmäßig seit längerer Zeit. Nicht nur die Abtretung der Rechte am Patent für die mechanische Parkeinrichtung "Comfortparker" ist als Indiz gegen die Arbeitnehmereigenschaft zu werten, sondern insbesondere das Eigentum der Klägerin an diesem Patent an sich. Denn es ist keinesfalls üblich, Arbeitnehmer einer Firma an einem Patent zu beteiligen. Dies gilt insbesondere, da die Klägerin auf Grund ihrer Tätigkeit in der Firma wohl kaum an der Entwicklung dieses Patents beteiligt gewesen sein kann. Hinzu kommt, dass die Abtretung auch künftiger Ansprüche auf Lohn- und Gehaltsansprüche ein Indiz für die weitreichende wirtschaftliche Verflechtung der Klägerin mit der GmbH ist, da von dieser Abtretung nicht nur Ansprüche aus dem aktuellen Beschäftigungsverhältnis betroffen waren, sondern auch künftige Ansprüche gegen neue Arbeitgeber bzw. auch Sozialleistungen bis hin zur Rente erfasst sind.

Die unternehmerähnliche Stellung der Klägerin wird auch durch ihr Arbeitszeit- und Urlaubsverhalten untermauert. So hat ihr Ehemann vor dem SG bekundet, dass das Arbeitszeitende häufig oder sogar regelmäßig von der Klägerin überschritten wurde. Für diese Zeitüberschreitung habe sie keine zusätzliche Vergütung oder Freistellung erhalten. Weiter gab der Ehemann vor dem SG an, dass die Klägerin seit Gründung der GmbH keinen Urlaub gemacht habe. Üblicherweise verzichten auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Arbeitnehmer nicht über Jahre hinweg auf ihren Urlaub. Dass der Verzicht der Klägerin auf Urlaub deshalb nachvollziehbar sei, so wie es das SG angenommen hat, weil der Ehegatte ebenfalls keinen Urlaub genommen habe, spricht zusätzlich für ein gemeinsames unternehmerisches Interesse der Ehepartner. Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die "Prüfung" der AOK P. im Jahre 1991, in welcher die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung festgestellt wurde. Denn diese Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 183 SGB III ist für die Beklagte nicht bindend.

Zu den Ausführungen der Klägerin, dass sie bei einer GmbH angestellt gewesen sei, jedoch eine von mehreren Bürgschaften für den Ehegatten privat abgegeben habe, ist festzuhalten, dass die Bürgschaft in Höhe von DM 100.000,00 zur Sicherung eines Darlehens aus dem Jahre 1997 abgegeben wurde, dessen ursprüngliche Höhe 579.000,00 DM betragen hat. Die W. GmbH wurde mit Gesellschaftervertrag vom 06.12.1990 gegründet. Der Ehemann der Klägerin führte laut Insolvenzgutachten ab 1984 einen Handwerksbetrieb und war demnach zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme 1997 als Inhaber einer Einzelfirma persönlich haftend. Demzufolge konnte die Darlehenssumme (noch) nicht an die wesentlich später gegründeten GmbH ausgezahlt werden, was nicht ausschließt, dass das Darlehen für den Betrieb des Ehemannes gewährt wurde. Die Bürgschaft der Klägerin wurde folglich zur Sicherung von "Restschulden" aus dem Vorgängerbetrieb ihres Ehemannes abgegeben und nicht für private Zwecke.

Der Beurteilung der Klägerin als Unternehmerin steht auch nicht entgegen, dass sie an der Gesellschaft nicht beteiligt und nicht als Geschäftsführerin tätig war. Denn eine derartige Gestaltung kann sich vor allem - wie hier - bei Familiengesellschaften ergeben. Insbesondere ist hier auch die Höhe der Geldbezüge zu beachten, d.h. die Angemessenheit des vereinbarten Entgelts im Verhältnis zu den übertragenen Aufgaben sowie zu der Entlohnung vergleichbarer fremder Arbeitskräfte. Für die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit (Controlling, Rechnungen, Aufträge, Personal) ist ein Brutto-Gehalt von DM 6.583,97 monatlich als zu hoch anzusehen. Unschädlich ist auch der ursprünglich erlernte Beruf der Klägerin als Zahntechnikerin, da sie seit Gründung der GmbH in die zu erlernenden Tätigkeiten hineingewachsen ist. Auch ist der Wille der Vertragsparteien nicht bedeutsam, da mehr Indizien für eine Selbständigkeit sprechen als für eine Abhängigkeit (BSG, BB 1981, 1581 = Die Beiträge 1993, 481).

Insgesamt ist es bei der Beurteilung der vorliegenden Gesamtumstände nicht glaubhaft, dass die Klägerin keinen wesentlichen Einfluss auf die GmbH hatte.

Somit war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG Landshut vom 18.03.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 30.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2002 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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