L 6 R 46/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 231/03 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 46/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 19. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Minderung der Altersrente des Klägers bei Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Der Kläger, der 1939 geboren und Staatsangehöriger der Staatengemeinschaft Serbien und Montenegro ist, weist in der Bundesrepublik Deutschland mit Unterbrechungen Pflichtbeitragszeiten vom 11.07.1970 bis 31.03.1999 auf. Die am 15.02.1959 geschlossene Ehe des Klägers mit S. M. , ebenfalls Staatsangehörige der Staatengemeinschaft Serbien und Montenegro, wurde aufgrund des am 14.03.1997 gestellten Ehescheidungsantrags durch das Amtsgericht in P. , Republik Serbien, am 22.04.1997, rechtskräftig am 15.05.1997, geschieden.

Aufgrund seines Antrags vom 11.11.1998 zahlte die LVA Württemberg dem Kläger ab 01.04.1999 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (Bescheid vom 17.12.1998) in Höhe von 1.338,94 DM.

Auf Antrag der geschiedenen Ehefrau zur Durchführung des Versorgungsausgleichs hat das Amtsgerichts S. mit Beschluss vom 02.03.1999 vom Versicherungskonto des Klägers auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau unter Berücksichtigung der Ehezeit vom 01.02.1959 bis 28.2.1997 eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wert von monatlich 477,29 DM übertragen. Die Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluss wurde vom Oberlandesgericht S. mit Beschluss vom 15.07.1999, rechtskräftig am 31.08.1999, als unzulässig verworfen.

Seit 19.07.1999 lebt der Kläger wieder in seiner Heimat. Ab 01.09.1999 zahlte deshalb die Beklagte monatliche Auslandsrente in Höhe von 1.464,46 DM (Bescheide vom 06.12.1999 und 25.10. 1999).

Seit dem 01.10.2002 erhält die geschiedene Ehefrau des Klägers Altersrente für Schwerbehinderte. Die Beklagte wies deshalb unter Hinweis auf die vom Amtsgericht S. festgestellte Anwartschaft den Kläger im Anhörungsschreiben vom 19.11.2002 darauf hin, die mit dem Versorgungsausgleich übertragene Rentenanwartschaft würde zu einer Rentenkürzung von voraussichtlich 264,47 EUR ab 01.10.2002 führen. Mit Schreiben vom 29.11.2002 teilte der Kläger mit, er sei mit der angekündigten Entscheidung nicht einverstanden.

Mit Bescheid vom 25.11.2002, dem Versicherten am 12.12.2002 zugestellt, führte die Beklagte die angekündigte Rentenminderung ab 01.10.2002 durch. Im Widerspruchsverfahren wies der Kläger darauf hin, die Ehescheidung durch das Amtsgericht P. sei ohne einen Beschluss über den Versorgungsausgleich erfolgt. Das Scheidungsurteil sei vor dem Beschluss des Amtsgerichts S. am 15.05.1997 rechtskräftig geworden. Er sei nicht verpflichtet, seiner geschiedenen Ehefrau Unterhalt zu leisten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2003 gab die Beklagte dem Widerspruch teilweise statt und minderte die Altersrente erst ab dem 01.12.2002 mit der Begründung, der Versicherte habe erst mit Zugang des Anhörungsschreibens vom 19.11.2002 von der Änderung erfahren. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit der am 17.02.2003 zum Sozialgericht Landshut erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2003 wies das Sozialgericht die Klage ab und nahm Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Am 28.01.2004 ging die Berufung des Klägers gegen den ihm am 06.01.2004 in seiner Heimat zugestellten Gerichtsbescheid beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung trug er vor, ihm würden keine Pflichten mehr aus der geschiedenen Ehe obliegen. Es sei nicht arbeitsfähig. Die geminderte Rente reiche nicht für den Lebensunterhalt.

Mit Bescheid vom 01.03.2004 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers für den Zeitraum vom 01.10.2002 bis 30.11.2002 entsprechend der Teilabhilfeentscheidung im Widerspruchsbescheid neu.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 19.12.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Landshut und der Beklagten, der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 19.12.2003 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht die monatliche Rente des Klägers ab dem 01.12.2002 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Amtsgerichts S. vom 02.03.1999 gemindert.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 25.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2003. Mit dem Bescheid vom 01.03.2004 hat die Beklagte die im Widerspruchsbescheid ausgesprochene teilweise Abhilfe des Widerspruchs lediglich ausgeführt und damit keine neue Regelung getroffen. Eine Anfechtung bezüglich dieser Ausführung des Widerspruchsbescheids liegt nicht vor. Der Bescheid vom 01.03.2004 ist nicht gemäß § 96 Abs.1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weil durch ihn die Entscheidung der Beklagten nicht weiter abgeändert oder ersetzt wurde.

Ein Verwaltungsakt ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs.1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. dann aufgehoben werden, sofern der Versicherte wusste, dass der Anspruch kraft Gesetzes ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X). Wird nach Beginn der Rente eine Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich zu Lasten des Versicherten wirksam, wird die Rente zu dem Zeitpunkt um einen Abschlag verändert, zu dem bei einer Rente aus der Versicherung des Ausgleichsberechtigten ein Zuschlag berücksichtigt wird (§ 101 Abs.3 Satz 1 SGB VI). Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn, wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist (§ 100 Abs.1 Satz 1 SGB VI).

Der Kläger erhält seit dem 01.04.1999 Rentenleistungen von der Beklagten. Der Beschluss des Amtsgerichts S. vom 02.03.1999 ist seit dem 31.08.1999 rechtskräftig. Die Entscheidung des Familiengerichts wurde somit nach Beginn der Rentenleistungen wirksam. Folglich konnte sich gemäß § 101 Abs.3 Satz 1 SGB VI der Beschluss des Familiengerichts (frühestens) ab dem Zeitpunkt auf die Rente des Klägers auswirken, als die geschiedene Ehefrau zu ihrer Rente den Zuschlag aus dem Versorgungsausgleich erhalten hat. Der geschiedenen Ehefrau des Klägers wird seit dem 01.10.2002 Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt.

Der Bescheid vom 25.11.2002 ging dem Kläger am 12.12.2002 zu und wurde damit auch erst zu diesem Zeitpunkt wirksam. Mit der Entscheidung der Beklagten, die Rentenminderung ab 01.12.2002 vorzunehmen, hat diese einen Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit erlassen. Dazu sind die Voraussetzungen gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X erfüllt, denn im Zuge der Durchführung der Anhörung gemäß § 24 SGB X erhielt der Kläger von der Absicht der Rentenminderung Kenntnis, und zwar spätestens am 29.11.2002, als er auf das Anhörungsschreiben vom 19.11.2002 mit Schreiben vom 29.11.2002 antwortete.

Der Beginn der geminderten Rente des Klägers erfolgt in Anwendung des § 100 Abs.1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 48 SGB X. Die Minderung war ab dem Beginn des Monats wirksam, der dem Monat folgte, in dem der ausgleichsverpflichtete Kläger wusste, dass der ausgleichsberechtigten Klägerin eine Rente bewilligt worden ist (KassKomm-Niesel § 101 Rdnr.15), hier also ab dem 01.12.2002.

Im Übrigen ist auf den rechtsgestaltenden Charakter des Beschlusses des Amtsgerichts S. vom 02.03.1999 hinzuweisen. Entscheidungen der Familiengerichte über die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften wirken unmittelbar für und gegen die am Verfahren Beteiligten. Der Rentenversicherungsträger ist somit bei der Berechnung der Höhe der Rente des Klägers an die Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich gebunden. Der Vollzug der Übertragung von Rentenanwartschaften hat lediglich deklaratorische Wirkung (BSGE 66,53 = SozR 2200 § 1304a Nr.16 m.w.N.; KassKomm-Gürtner, vor § 76 Rndr.9 f. m.w.N.).

Das Amtsgericht S. hat den Versorgungsausgleich in Anwendung des Art.17 Abs.3 EGBGB vorgenommen. Danach kann ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden, wenn inländische Versorgungsanwartschaften bestehen. Voraussetzung dazu ist nicht, wie der Kläger meint, dass im Scheidungsurteil selbst ein Versorgungsausgleich vorgesehen ist. Lediglich für die vor dem 01.09.1986 (vgl. die Übergangsvorschrift zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Art.220 Abs.1 EGBGB) rechtshängig gewordene Scheidungsanträge setzt eine Nachholung des Versorgungsausgleichs die Anwendung eines Scheidungsfolgenrechts voraus, das den Versorgungsausgleich kennt (KassKomm-Gürtner a.a.O. Rdnr.19 f. m.w.N.). Hier wurde der Scheidungsantrag nach dem 01.09.1986, nämlich am 14.03.1997 gestellt.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 19.12.2003 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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