L 5 AL 51/02

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 12 AL 1301/98
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AL 51/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. März 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 18. Dezember 1996 bis 31. Juli 1997 sowie die Weitergewährung der Leistung über den 31. Juli 1997 hinaus.

Die Klägerin war zuletzt vom 1. Februar 1991 bis 31. Mai 1993 (sowie vom 14. bis 21. August 1993) als Verkäuferin bei der K. W. AG beschäftigt; vom 3. Juni 1993 bis zur Aussteuerung am 20. Oktober 1994 erhielt sie Krankengeld.

Am 21. Oktober 1994 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Bereits am 31. August 1994 hatte die Klägerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt. Mit Bescheid vom 20. Januar 1995 lehnte die BfA den Antrag wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab, stellte jedoch fest, dass die Klägerin seit dem 22. April 1993 erwerbsunfähig sei.

Mit Bescheid vom 31. Januar 1995 wurde der Klägerin ab dem 21. Oktober 1994 Arbeitslosengeld für 676 Tage gewährt. Der Berechnung des Leistungssatzes lag dabei ein Bemessungsentgelt von DM 680.- wöchentlich (nachfolgend auf DM 710.- angepasst) zugrunde, das sich aus einem Stundenlohn von DM 17,55 und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden ergab.

Nach Erschöpfung des Arbeitslosengeld-Anspruchs beantragte die Klägerin am 5. Dezember 1996 die Gewährung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 18. Dezember 1996. Die beigefügten Einkommensunterlagen enthielten die Angabe, dass ihr Ehemann eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von DM 2079,32 brutto bzw. DM 1922,34 netto monatlich beziehe und Versicherungsprämien von DM 153,90 und DM 107.- pro Jahr zu entrichten seien.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin vorläufig Arbeitslosenhilfe in Höhe von DM 141,96 wöchentlich (nachfolgend - ab dem 1. Januar 1997 - abgesenkt auf DM 137,76). Zur Begründung der Vorläufigkeit wurde formularmäßig zum einen auf ein beim Bundessozialgericht anhängiges Verfahren, zum anderen darauf verwiesen, dass zur Feststellung des Anspruches auf die beantragte Leistung voraussichtlich noch längere Zeit erforderlich sei. Auf die Erstattungspflicht im Falle der endgültigen Zuerkennung eines geringeren Leistungsanspruches oder dessen endgültiger Versagung wurde hingewiesen. Beigefügt war der Text des § 147 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Ebenfalls am 27. Juni 1997 bat die Beklagte die K. W. AG um Stellungnahme zum Umfang der dort von der Klägerin ausgeübten Beschäftigung. Nach Vorliegen der Stellungnahme vom 4. Juli 1997, welche eine detaillierte Aufstellung der in jeder einzelnen Woche geleisteten Zahl der Arbeitsstunden, der Arbeitstage und der wöchentlichen Entgelte der Klägerin beinhaltete (bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 53 bis 56 der Verwaltungsakte Bezug genommen), stellte die Beklagte die Zahlungen an die Klägerin ab dem 1. August 1997 vorläufig ein, da sich erhebliche Zweifel an der Beitragspflichtigkeit der Beschäftigung bei der K. W. AG ergeben hätten.

Mit Bescheid vom 23. Januar 1998 hob die Beklagte sodann die Arbeitslosenhilfe-Bewilligung für die Zeit ab dem 27. Januar 1998 ganz auf, da die Klägerin erwerbsunfähig und nicht zu erwarten sei, dass die Erwerbsfähigkeit wieder hergestellt werden könne.

Nach weiteren, durch eine Eingabe der Klägerin an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ausgelösten, Ermittlungen - unter anderem einer amtsärztlichen Untersuchung der Klägerin - ließ die Beklagte auch den Einwand der fehlenden Erwerbsfähigkeit fallen.

Mit endgültigem Bescheid vom 30. Juni 1998 stellte sie jedoch fest, dass der Klägerin Arbeitslosenhilfe von Anfang an nicht zugestanden habe, da sie nicht bedürftig gewesen sei. Es sei der Arbeitslosenhilfe ein falsches Bemessungsentgelt zugrunde gelegt und die korrekte Anrechnung des Ehegatteneinkommens versäumt worden. Bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von DM 17,56 und einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 13,864 Stunden ergebe sich ein nach § 112a AFG angepasstes Bemessungsentgelt von DM 270.- wöchentlich ab dem 18. Dezember 1996. Der sich daraus ergebende Leistungssatz von DM 114,60 für das Jahr 1996, von DM 112,80 für das Jahr 1997 und von DM 112,91 für das Jahr 1998 liege unter dem anzurechnenden Einkommen des Ehemannes (DM 203,48). Zugleich forderte die Beklagte die Erstattung der im Zeitraum 18. Dezember 1996 bis 31. Juli 1997 erbrachten Leistungen in Höhe von DM 4.462, 64.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 1998 wies sie den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin zurück.

Das Sozialgericht hat die gegen den Widerspruchsbescheid erhobene Klage durch sein Urteil vom 4. März 2002 abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Erstattungsverpflichtung nach § 147 Abs. 2 Satz 2 AFG seien erfüllt, da vorliegend Leistungen aufgrund einer vorläufigen Bewilligungsentscheidung erbracht worden seien, mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch jedoch nicht zuerkannt worden sei. Der Bescheid über die vorläufige Leistungsbewilligung sei bestandskräftig geworden. Die abschließende Entscheidung sei rechtmäßig, da die Beklagte nicht verpflichtet sei, eine rechtswidrige Arbeitslosengeldbemessung zum Ausgangspunkt der Arbeitslosenhilfebemessung zu machen und die Klägerin wegen der von ihrem Ehemann bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente nicht bedürftig sei.

Gegen das ihr am 28. Mai 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Juni 2002 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, der Grund der Vorläufigkeit müsse in einem Bescheid äußerst präzise in jedem einzelnen Fall angegeben werden; es dürfe nicht einfach der Gesetzestext abgeschrieben werden. Da die scheinbar erklärten Vorbehalte für den weiteren Gang der Dinge keine Rolle gespielt hätten, seien sie nichtig. Sie habe nicht getäuscht, keine falschen Angaben gemacht, sondern alle Unterlagen peinlich genau ausgefüllt; der Fehler liege allein auf Seiten der Beklagten. Sie genieße auch Vertrauensschutz, da sie das Geld ausgegeben habe und der Fehler nicht förmlich ins Auge springe. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) nicht vor.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. März 2002 sowie die Bescheide der Beklagten vom 23. Januar 1998 und vom 30. Juni 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 31. Juli 1997 hinaus Arbeitslosenhilfe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 24. März 2005 aufgeführten Akten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin ist zur Erstattung der vorläufig erbrachten Leistungen verpflichtet, da ihr mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zustand; aus diesem Grund konnte sie auch für die Folgezeit keine Arbeitslosenhilfe beanspruchen.

Die Erstattungsforderung der Beklagten wie auch der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe für die strittige Zeit richten sich nach den erst am 31. Dezember 1997 ausser Kraft getretenen Bestimmungen des AFG.

Rechtsgrundlage der Erstattungsforderung der Beklagten ist § 147 Abs. 2 Satz 2 AFG. Danach sind die aufgrund einer vorläufigen Bewilligungsentscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Bei dem Bescheid vom 27. Juni 1997, mit dem der Klägerin Arbeitslosenhilfe bewilligt wurde, handelte es sich um eine vorläufige Bewilligungsentscheidung. Der Bescheid enthielt an verschiedener Stelle den klaren und deutlichen Hinweis, dass die Entscheidung lediglich vorläufig ergehe. Auf die Erstattungspflicht im Falle der endgültigen Zuerkennung eines geringeren Leistungsanspruches oder dessen endgültiger Versagung wurde hingewiesen; zudem war der Text des § 147 AFG beigefügt.

Dem Rückforderungsanspruch der Beklagten steht auch nicht entgegen, dass die im Bescheid vom 27. Juni 1997 angeführten Gründe der Vorläufigkeit teilweise unzutreffend waren bzw. im Laufe des Verfahrens durch andere Gründe ersetzt wurden. Die Klägerin kann mit diesen Einwänden nicht gehört werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 15. August 2002 - B 7 AL 24/01 R – (SozR 3-4100 § 147 Nr. 1) die Frage verneint, ob im Rahmen der Überprüfung des Erstattungsbescheides überhaupt noch geltend gemacht werden kann, die ursprünglichen Bewilligungen hätten nicht als vorläufig ergehen dürfen und seien gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG rechtswidrig gewesen. Da die Möglichkeit bestanden habe, die Einwände bereits gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid als solchen geltend zu machen und diesen anzugreifen, dieser jedoch bestandskräftig geworden sei, könne er – hinsichtlich der Vorläufigkeit – nicht mehr überprüft werden.

Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall. Die Klägerin hätte ihre Auffassung, dass überhaupt kein Grund für eine vorläufige Entscheidung vorgelegen und sie Anspruch auf eine endgültige Entscheidung gehabt habe, dadurch zum Ausdruck bringen können, dass sie den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 1997 wegen seiner Vorläufigkeit angefochten hätte. Sie hat diesen Bescheid jedoch bestandskräftig werden lassen.

Im Übrigen setzt § 147 Abs. 2 Satz 2 AFG lediglich voraus, dass ´aufgrund der vorläufigen Entscheidung` Leistungen erbracht worden sind; dies ist vorliegend der Fall. Aus welchem Grund die Bewilligung nur vorläufig erfolgte, ist schon nach dem Gesetzeswortlaut für die Erstattung der erbrachten Leistungen irrelevant. Maßgeblich ist allein, dass der Klägerin aufgrund der deutlichen Hinweise im Bescheid vom 27. Juni 1997 bekannt war, dass sie wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung nicht auf deren Bestand vertrauen durfte.

Der Bescheid vom 30. Juni 1998, mit dem endgültig über den Arbeitslosenhilfeanspruch der Klägerin entschieden, dieser mangels Bedürftigkeit verneint und eine Erstattungsforderung geltend gemacht wurde, ist formell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Bei einer auf § 147 AFG gestützten Erstattungsforderung finden die §§ 44 ff. SGB X keine Anwendung, so dass die insoweit erhobenen Einwände der Klägerin ins Leere gehen. Vertrauensschutz gibt es bei der Ersetzung einer vorläufigen Entscheidung durch eine (anders lautende) endgültige Entscheidung nicht. § 147 AFG stellt insofern eine eigenständige Regelung gegenüber § 50 SGB X dar (BSG a.a.O. m.w.N.). Dass die Klägerin den genauen Grund für die Vorläufigkeit nicht kannte bzw. sich dieser geändert hat, begründet angesichts der ihr möglichen Anfechtung der vorläufigen Entscheidung (s.o.) keinen gesonderten Vertrauensschutz; entscheidend ist, dass ihr die Vorläufigkeit bekannt war.

Es bedurfte auch keiner Anhörung der Klägerin - weder vor Erlass der endgültigen Entscheidung noch vor der Festsetzung der Erstattungsforderung - , da diese durch die vorläufige Leistungsbewilligung noch keine gesicherte Rechtsposition erlangt hatte (so auch Brand in Niesel, AFG-Kommentar, 2. Auflage 1997, § 147 RdNr. 17). Im Übrigen lief zum Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Bescheides bereits das Petitionsverfahren, in dem die Klägerin umfänglich Stellung genommen hat; die Stellungnahme ist auch der Beklagten zur Kenntnis gegeben worden. Schließlich wäre ein etwaiger Anhörungsmangel durch eine Nachholung im Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden.

Ermessen hatte die Beklagte hinsichtlich der Erstattungsforderung nicht auszuüben (BSG a.a.O. m.w.N.).

Der Bescheid vom 30. Juni 1998 ist auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe verneint, da ihr Leistungsanspruch niedriger als das zu berücksichtigende Einkommen ihres Ehemannes ist.

Nach § 134 Abs. 1 AFG hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosenhilfe beantragt hat (Nr. 1), keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat (Nr. 2), die Vorfrist erfüllt (Nr. 4) und bedürftig ist (Nr. 3). Dass die Klägerin die übrigen Leistungsvoraussetzungen mit Ausnahme der Bedürftigkeit erfüllt, steht zu Recht nicht im Streit.

Die Klägerin ist nicht bedürftig. Dies wäre gemäß § 137 Abs. 1 AFG nur dann der Fall, wenn (soweit) sie ihren Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht (die Anrechnung von Vermögen nach § 137 Abs. 2 AFG steht nicht im Streit). Das zu berücksichtigende Einkommen des Ehemannes der Klägerin übersteigt jedoch deren Leistungssatz.

Die Beklagten hat den der Klägerin zustehenden Leistungssatz korrekt mit DM 114,60 für das Jahr 1996, mit DM 112,80 für das Jahr 1997 und mit DM 112,91 für das Jahr 1998 ermittelt. Insbesondere hat sie der Berechnung zu Recht ein Bemessungsentgelt von DM 270,00 wöchentlich zugrunde gelegt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt dem Bescheid vom 31. Januar 1995, mit dem ihr Arbeitslosengeld bewilligt wurde, keine Bindungswirkung in dem Sinne zu, dass auch bei der Prüfung des nachfolgenden Arbeitslosenhilfeanspruchs das der Arbeitslosengeld-Bewilligung (irrtümlich) zugrunde gelegte Bemessungsentgelt maßgeblich wäre.

Zwar ist auch für die Bemessung der Arbeitslosenhilfe grundsätzlich das Arbeitsentgelt maßgeblich, nach dem sich zuletzt das Arbeitslosengeld gerichtet hat (§ 136 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AFG). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr ist als Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe dasjenige Arbeitsentgelt anzusehen, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt von Rechts wegen zu bemessen war (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 11 AL 89/99 R = SozR 3-4100 § 136 Nr. 12). Zur Begründung hat das BSG auf die - von ihm im Einzelnen dargestellte - Rechtsentwicklung und die systematischen Zusammenhänge verwiesen; hierauf nimmt der Senat Bezug. Von Rechts wegen hätte der Klägerin jedoch Arbeitslosengeld nur unter Zugrundelegung eines erheblich niedrigeren Bemessungsentgelts von DM 270.- wöchentlich (statt der tatsächlich zugrunde gelegten DM 710.-) zugestanden.

Zutreffend hat die Beklagte der Berechnung lediglich das Einkommen zugrunde gelegt, das die Klägerin während ihrer Tätigkeit bei der Firma K. W. AG tatsächlich erzielt hat.

Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 AFG (i.V. m. § 134 Abs. 4 AFG) ist Arbeitsentgelt im Sinne des § 111 Abs. 1 AFG das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat. Für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts wird gemäß § 112 Abs. 3 Satz 1 AFG grundsätzlich das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl von Arbeitsstunden vervielfacht, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt.

Nach § 112 Abs. 4 Nr. 3 AFG ist jedoch die vereinbarte Arbeitszeit als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, wenn nicht nur vorübergehend weniger als die tariflichen oder üblichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden vereinbart waren. So liegt es hier.

Zwar liegt weder ein Arbeitsvertrag noch eine sonstige schriftliche Vereinbarung vor, doch belegt die faktische Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin, dass es zumindest eine mündliche Abrede gegeben hat, nach der diese nur im Bedarfsfalle - quasi auf Abruf - zum Einsatz kam. Ausweislich der Angaben der K. W. AG war sie dort nämlich im Bemessungszeitraum - 1. Juni 1992 bis 21. August 1993 - für eine jeweils unterschiedliche Anzahl von monatlichen Arbeitstagen (zwischen 6 und 15 Arbeitstagen) und monatlichen Arbeitsstunden (zwischen 13 und 113,75 Stunden) beschäftigt.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27. Juli 1993, L 1 Ar 76/02 = E-LSG Ar-038) an, dass als ´vereinbarte Arbeitszeit` im Zweifel die tatsächlich geleistete und vergütete Arbeitszeit anzusehen und von dem Inhalt des Arbeitsvertrages auszugehen ist, den er durch seine spätere einvernehmliche Ausgestaltung erhalten hat.

Nach dem Regelungszusammenhang des § 112 AFG muss sich eine kürzere als die tarifliche oder übliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit an sich immer auf das Bemessungsentgelt auswirken, weil das Bemessungsentgelt ansonsten höher als das Arbeitsentgelt sein könnte, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000, B 11 AL 60/00 R). Mehr als deutlich wird dies im Falle der Klägerin, der unter irrtümlicher Zugrundelegung der tariflichen Arbeitszeit Arbeitslosengeld in einer Höhe - DM 294,60 wöchentlich - gewährt wurde, welche sogar ihr durchschnittliches wöchentliches Bruttoarbeitsentgelts aus der vorangegangenen Beschäftigung (DM 243,45) deutlich überstieg.

Ergänzend verweist der Senat darauf, dass die Arbeitszeitvereinbarung nach der Rechtsprechung des BSG nicht von ihrer arbeitsrechtlichen Wirksamkeit abhängt. Auch eine arbeitsrechtlich unwirksame Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit führt nur zur Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, denn das Arbeitslosengeld (wie auch die Arbeitslosenhilfe) dient nicht zur Auffüllung eines einvernehmlich nur teilweise erfüllten Arbeitsvertrages (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000, B 11 AL 60/00 R m.w.N.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem durch das Beschäftigungsförderungsgesetz eingefügten § 112 Abs. 4a Satz 1 AFG, der – als lex specialis zu § 112 Abs. 4 Nr. 3 AFG (Brand in Niesel, a.a.O., § 112 RdNr. 25) - bestimmt, dass bei Vorliegen einer Teilzeitvereinbarung die längste regelmäßige Arbeitszeit zugrunde zu legen ist, und erstmals auf Arbeitslose anzuwenden ist, deren Anspruch nach dem 31. Juli 1994 entstanden ist (§ 242t Abs. 4 AFG). Die Regelung fände zwar grundsätzlich auch auf die Klägerin Anwendung, doch kann diese hieraus schon deshalb keine Rechte herleiten, weil Rechtsfolge der Vorschrift die Zugrundelegung der längsten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist, die für den Arbeitslosen während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums galt; ein derartiger Zeitraum läßt sich jedoch wegen der von Woche zu Woche stark schwankenden Umfangs ihrer Arbeitszeit für die Klägerin nicht feststellen.

Schließlich kann die Klägerin einen Anspruch auf Zugrundelegung eines höheren Bemessungsentgelts auch nicht aus § 112 Abs. 7 AFG herleiten. Nach dieser Härtefallregelung wäre das tarifliche oder ortsübliche Entgelt zugrunde zu legen, wenn der Arbeitslose innerhalb des verhältnismäßig kurzen Bemessungszeitraums ein wesentlich geringeres Arbeitsentgelt erzielt hat, als es seiner eigentlichen, während eines längeren Zeitraums ausgeübten Tätigkeit entspricht.

Abgesehen davon, dass § 112 Abs. 7 AFG vorliegend schon deswegen nicht passt, weil die Vorschrift – wie deren Rechtsfolge, die Berücksichtigung eines fiktiven Arbeitsentgelts, verdeutlicht - lediglich einen niedrigeren Stundenlohn, nicht aber eine geringere Arbeitszeit ausgleichen will, findet sie deswegen keine Anwendung, weil die Klägerin außerhalb des vom 1. Juni 1992 bis 21. August 1993 dauernden Bemessungszeitraums keinen wesentlich höheren Verdienst erzielt als innerhalb. Da nach § 112 Abs. 7 AFG allein auf die in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung ausgeübte Tätigkeit abzustellen ist, reicht der Zeitraum nur bis zum 20. Oktober 1991 zurück, da sich die Klägerin am 21. Oktober 1994 arbeitslos gemeldet hat. In der Zeit vom 20. Oktober 1991 bis 31. Mai 1992 war die Klägerin jedoch ebenfalls - unter vergleichbaren Bedingungen - bei der K. W. AG beschäftigt.

Nicht zu beanstanden ist auch die Höhe des nach § 138 AFG zu berücksichtigenden Einkommens des Ehemannes der Klägerin, welche die Beklagte korrekt mit DM 203,48 beziffert hat.

Im Rahmen der Bedürftigkeitprüfung sind gemäß § 138 Abs. 1 Satz 1 AFG als Einkommen das Einkommen des Arbeitslosen (Nr. 1) sowie das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, soweit es den Freibetrag übersteigt (Nr. 2), zu berücksichtigen.

Als Einkommen des Ehemannes zu berücksichtigen ist die diesem gezahlte Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von DM 2079,32 (Wochenbetrag DM 479,84) abzüglich gezahlter Sozialversicherungsbeiträge (DM 156,98, p.W. DM 36,22) und Versicherungsprämien (DM 21,74, p.W. DM 5,02) sowie abzüglich des Freibetrages in Höhe von – wöchentlich - DM 235,12.

Die Beklagte hat den Freibetrag zutreffend mit 53 % der Nettorente des Ehemannes (DM 1922,34) festgelegt, da als solcher gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 AFG ein Betrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe nach § 136 Abs. 1 AFG, die dem Einkommen (Abs. 2 Satz 1) des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht, anzusetzen ist. Die hier maßgebliche Fassung des § 138 AFG beruht auf der mit Wirkung zum 1. April 1996 erfolgten Änderung durch das Gesetz vom 24. Juni 1996 (Art. 1 AlhiRG, BGBl I, 878). Die Neuregelung beinhaltet - wegen der zuvor umstrittenen Berechnung des Freibetrages für Erwerbsunfähigkeitsrenten - eine Klarstellung der Art, dass seither die Erwerbsunfähigkeitsrente dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt ist (vgl. Kärcher in Niesel, AFG-Kommentar, § 138 RdNr. 15 f.).

Da der Klägerin somit wegen des den Leistungssatz übersteigenden anzurechnenden Einkommens ihres Ehemannes überhaupt kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zustand, hat die Beklagte die Erstattungsforderung zu Recht in Höhe der aufgrund des vorläufigen Bescheides erbrachten Leistung festgesetzt; sie hat auch den Rückforderungsbetrag korrekt berechnet.

Soweit die Klägerin die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 1. August 1997 beansprucht, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Da das anzurechnende Einkommen ihres Ehemannes – wie dargelegt - ihren Leistungsanspruch überstieg, stand ihr auch für die Folgezeit kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zu.

Nach alledem war daher die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Abschließend weist der Senat die Klägerin nochmals darauf hin, dass außer Frage steht, dass nicht sie, sondern die Beklagte die Überzahlung verursacht hat. Es gibt jedoch keinen Rechtsgrundsatz der Art, dass derjenige, der aufgrund eines Versehens der Gegenseite zu viel Geld erhalten hat, dieses auch behalten darf. Für die Auffassung der Klägerin, nicht nur die bereits zu Unrecht erhaltene Arbeitslosenhilfe behalten zu dürfen, sondern darüber hinaus trotz Fehlens der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen auch für die Zukunft Anspruch auf diese Leistung zu haben, fehlt dem Senat jegliches Verständnis. Im Übrigen sei die Klägerin daran erinnert, dass sie bereits erheblich von den Fehlern der Beklagten profitiert hat, da sie das ihr gezahlte Arbeitslosengeld in vollem Umfang behalten durfte, obwohl ihr dieses nur in weitaus geringerer Höhe (und für kürzere Zeit) zugestanden hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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