L 11 KA 93/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KA 74/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 93/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.03.2001 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung von Sprechstundenbedarfsregressen für die Quartale I/1994 bis IV/1996.

Der Kläger ist Arzt für Neurologie und Psychiatrie und zur vertragsärztlichen Versorgung in E zugelassen.

Der Prüfungsausschuss setzte bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf der Grundlage eines statistischen Fallkostenvergleiches für die streitigen Quartale Sprechstundenbedarfsregresse in Höhe von insgesamt 23.885,17 DM fest.

Mit seinen Widersprüchen machte der Kläger geltend, der Prüfungsausschuss habe nicht allein von einem Missverhältnis ohne Berücksichtigung der Praxisbesonderheiten und der Gesamtwirtschaftlichkeit der Praxis ausgehen dürfen; im Übrigen habe auch vor der streitigen Regressierung eine Beratung erfolgen müssen. Aus den hohen Überschreitungswerten habe sich für den Prüfungsausschuss aufdrängen müssen, dass derartige Überschreitungen nur durch Praxisbesonderheiten zu erklären seien. Diese ergäben sich aus dem Umstand, dass eine effektive Medikation bei einer hohen Anzahl ausländischer Patienten nur durch die von ihm gewählte Behandlungsmöglichkeit gegeben gewesen sei; die Wirtschaftlichkeit seiner Verordnungsweise liege darin, dass er den Patienten die notwendige Versorgung zukommen lasse und gleichzeitig die Gefahr einer Medikamentenhortung reduziere. Aus der Ursachen- und Kostenstatistik ergebe sich weiterhin, dass er bei den Arbeitsunfähigkeitszeiten, dem Krankenhauseinweisungen, den Arzneikosten und den physikalisch-medizinischen Leistungen Einsparungen erzielt habe.

Der Beklagte wies die Widersprüche des Klägers mit Bescheid vom 19.01.2000 zurück und führte zur Begründung aus, die vom Prüfungsausschuss festgelegten Regresse seien wegen der vorliegenden Überschreitungen zu bestätigen gewesen, da der Mehraufwand im Sprechstundenbedarf nicht auf Besonderheiten in der Praxis zurückzuführen sei. Die Anzahl der abgerechneten Infusionsleistungen korreliere nicht mit der Anzahl der bezogenen Infektionsbestecke; darüber hinaus sei auffällig, dass Mittel, die nur für einen Patienten bestimmt seien, über Sprechstundenbedarf abgerechnet worden seien. Der vom Kläger geltend gemachte hohe Ausländeranteil stelle keine Praxisbesonderheit dar, denn es gebe keinen Erfahrungssatz, dass Patienten mit mangelnden deutschen Sprachkenntnissen einen erhöhten Sprechstundenbedarfsaufwand bedingen würden. Eine Kompensation durch Minderaufwendungen in anderen Bereichen lägen nicht vor; im Übrigen sei dem Kläger im Vergleich zur Gebietsgruppe ein Mehraufwand von 100 % zugestanden worden.

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner Klage gewandt, zu deren Begründung er auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren Bezug nimmt. Ergänzend hat er ausgeführt, aus der Anlage B zu seinem Schriftsatz vom 18.01.2000 ergebe sich unmissverständlich ein Zusammenhang zwischen den relativ geringen Krankenhauseinweisungen und dem Mehraufwand an Sprechstundenbedarf. Der Beklagte habe im Übrigen seine Darlegungen gänzlich ignoriert und statt dessen ausgeführt, er hätte den kausalen Zusammenhang nicht dargelegt. 92 % der Sprechstundenbedarfskosten entfielen auf das benötigte Infusionsmaterial; diese Behandlungsart stelle eine Besonderheit seiner Praxis dar; deshalb seien diese Kosten von dem gesamten Sprechstundenbedarfskosten im Vergleich zu den anderen Ärzten seiner Gebietsgruppe zunächst abzuziehen. Neben dem bereits benannten hohen Anteil ausländischer Patienten (47 %) betrage der Rentneranteil seiner Praxis 44 %. Für diese Patientenkreise sei es sinnvoll, zunächst ein- bis zweimal mit einer Infusion die Behandlung vorzunehmen, um dann später eine Behandlung mit Tabletten überhaupt zu ermöglichen. Dadurch würden Arzneimittelkosten gespart. Hinsichtlich der Diskrepanz zwischen den abgerechneten Infusionsleistungen und der Anzahl der bezogenen Infusionsbestecke sei darauf hinzuweisen, dass er teilweise Infusionsleistungen nicht abgerechnet habe, um nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu geraten.

Der Kläger hat beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 19.01.2000 aufzuheben und diesen zu verpflichten, über seine Widersprüche unter Beachtung der Rechtsverfassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf die Ausführungen in seinem Bescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 14.03.2001 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen der Begründung des Beklagten im angefochtenen Beschluss angeschlossen; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.

Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, die Vergleichsgruppe der Nervenärzte sei inhomogen, da eine beachtliche Anzahl seiner ärztlichen Kollegen die Zusatzbezeichnung Psychotherapie führe. Er habe einen hohen Anteil an Ausländern und Rentnern. Es seien seine kompensatorischen Einsparungen bei Krankenhauseinweisungen, physikalischer Therapie, Arzneimittelverordnungen sowie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.03.2001 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 19.01.2000 zu verurteilen, erneut unter Beachtung der Rechtsverfassung des Senats zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen schließen sich dem Antrag und der Rechtsauffassung des Beklagten an.

Die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Dortmund - S 9 KA 8/03 - haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses des Beklagten, denn dieser ist rechtmäßig und beschwert ihn nicht gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten.

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Dortmund, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt bereits deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil der Kläger im Wesentlichen lediglich sein Vorbringen aus den Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Hinweis des Klägers auf die mangelnde Homogenität der Vergleichsgruppe der Nervenärzte nicht erfolgreich sein kann. Denn einerseits erfolgte dieser Vortrag nicht schon im Verwaltungsverfahren, so dass es dem Beklagten nicht möglich war, sich mit diesem Argument auseinanderzusetzen. Darüber hinaus hat der Beklagte einen anwenderbezogenen Vergleich vorgenommen, so dass nur die Nervenärzte berücksichtigt worden sind, die auch entsprechende Sprechstundenbedarfsverordnungen vorgenommen haben; dies ist bei überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzten bezogen auf Infusionsbestecke nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 und 193 SGG in der Fassung vor dem 01.01.2002.

Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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