L 8 AL 306/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 993/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 306/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung einer Mobilitätshilfe als Zuschuss in Höhe von 5.000,00 DM streitig.

Die 1961 geborene Klägerin beantragte mit einem bei der Beklagten am 26.03.2001 eingegangenen Schreiben eine "Wegzugsprämie" und bezog sich auf mit einer Sachbearbeiterin S. vor Antritt ihrer Tätigkeit am 01.07.2000 in D. bei M. geführte Gespräche und Schriftwechsel wegen Unterstützung hinsichtlich der auf sie im Zusammenhang mit dem Umzug zukommenden Kosten.

Mit Bescheid vom 03.04.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte aus, Leistungen gem. § 10 SGB III könnten gewährt werden, wenn u.a. der Antrag vor Eintritt des Ereignisses bei der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsamts C. gestellt und ein Dauerarbeitsvertrag nachwiesen werde. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Arbeitsamtsbezirk C. arbeitslos gemeldet gewesen sei und den Antrag nach Eintritt des Ereignisses (Arbeitsaufnahme) gestellt habe.

In ihrem Widerspruch gab die Klägerin an, vor Antritt ihrer Tätigkeit einen Dauerarbeitsvertrag beim Arbeitsamt nachgewiesen zu haben. Da der Vertrag eine Probezeit von sechs Monaten vorsehe, könne die Wegzugsprämie erst nach erfolgreichem Ablauf der Probezeit (mit Eintritt des Ereignisses) beantragt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Arbeitsamt C. habe als Einzelfallhilfe den Job-Bonus mit Wirkung zum 01.08.2000 eingeführt. Die Klägerin habe die Beschäftigung bereits am 01.07.2000 und damit vor Inkrafttreten dieser Förderungsmöglichkeit aufgenommen. Darüberhinaus sei die Leistung erst mit Posteingang vom 26.03.2001 und damit verspätet beantragt worden.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, von November 1998 bis Dezember 1999 in D. beschäftigt gewesen zu sein und sich ab Januar 2000 arbeitslos gemeldet zu haben. Ihre Einkommenssituation in den Jahren 1998 bis August 2001 zeige, dass sie unter dem Existenzminimum gelegen habe. Auf Anraten des Arbeitsamtes C. habe sie am 27.06.2001 eine Umzugskostenbeihilfe beantragt, die mit Bescheid vom 29.06.2001 bewilligt worden sei; jedoch sei die Beihilfe nicht als Einmalzahlung wie bei Gewährung des Job-Bonus, sondern in Form eines Darlehens in Höhe von 4.405,62 DM, das sie in monatlichen Raten von 734,27 DM zurückzahlen solle, gewährt worden.

Die Klägerin hat diesen Bewilligungsbescheid vom 29.06.2001 und den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch vorgelegt.

Mit Urteil vom 07.05.2004 hat das Sozialgericht München (SG) die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei bei Erlass der Richtlinien des Arbeitsamtes C. vom 01.08.2000 nicht mehr arbeitslos gemeldet gewesen, weil sie bereits am 01.07.2000 eine Arbeit in der Nähe von M. aufgenommen habe. Eine rückwirkende Leistungsgewährung und damit eine Förderung bereits bestehender Arbeitsverhältnisse sehe die Richtlinie nicht vor. Es könne deshalb dahinstehen, inwieweit die Arbeitsämter zur Gewährung von Leistungen befugt seien, obwohl die in § 10 Abs.2 SGB III vorgesehende Rechtsverordnung, die das Nähre zu der Freien Förderung, insbesondere zu deren Voraussetzungen, Grenzen und zu dem Verfahren regeln solle, noch nicht erlassen worden sei. Desweiteren sei auch unbeachtlich, ob eine Leistungsgewährung auch deshalb ausscheide, weil die Klägerin den Antrag am 26.03.2001 fast neun Monate nach ihrer Arbeitsaufnahme und damit verspätet gestellt habe.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, die Beraterin S. habe ihr eine finanzielle Unterstützung wegen ihrer erheblichen Mehraufwendungen zugesichert, es aber unterlassen, sie über die speziellen Fördermittel zu unterrichten. Sie habe im Vertrauen auf diese Zusage den Arbeitsvertrag unterzeichnet und am 01.07.2000 die Tätigkeit aufgenommen. Erst durch andere Arbeitslose des Arbeitsamtes C. sowie durch die Medien habe sie von den Förderungsmöglichkeiten durch Mobilitätshilfe erfahren. Sie fühle sich gegenüber anderen Arbeitslosen des Arbeitsamtes C. , die im Zeitraum 01.08. bis 31.12.2000 in Kenntnis des Job-Bonus eine auswärtige Tätigkeit aufgenommen hätten, ungleich behandelt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.05.2004 sowie den Bescheid vom 03.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Job-Bonus gem. § 10 SGB III sei erstmals zum 01.08.2000 eingeführt worden, weshalb eine Beratung zu dieser Leistung vor diesem Termin nicht habe erfolgen können; die Arbeitsaufnahme habe schon zum 01.07.2000 stattgefunden. Eine Beratung hinsichtlich einer Kostenübernahme bei einem Umzug vor dem 01.08.2000 habe nur bezüglich der sonst üblichen Mobilitätshilfen nach den §§ 53, 54 SGB III erfolgen können; danach seien Umzugshilfen jedoch nur als Darlehen möglich gewesen. Die Einführung des Job-Bonus sei als Stichtagsregelung zu betrachten. Eine Ausnahmeregelung existiere nicht, auch wenn damit für betroffene, deren Umzug vor dem 01.08.2000 erfolgt sei, eine ungünstigere Förderung in Form des Darlehens erfolgt sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.

Gem. § 10 Abs.1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl. I S.3843) können die Arbeitsämter bis zu 10 % der im Eingliederungstitel enthaltenen Mittel für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu erweitern. Die freien Leistungen müssen den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen und dürfen nicht gesetzliche Leistungen aufstocken. Bei Leistungen an Arbeitgeber ist darauf zu achten, Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden. Projektförderungen sind zulässig.

§ 10 Abs.1 SGB III eröffnete den einzelnen Arbeitsämtern die Möglichkeit, 10 % der ihnen für Eingliederungsmaßnahmen zugewiesenen Mittel für Leistungen einzusetzen, die in den gesetzlichen Regelungen nicht enthalten sind. Jedoch sind die Arbeitsämter nicht verpflichtet, solche zusätzlichen Leistungen vorzusehen, vielmehr ist dies in ihr Ermessen gestellt. Von seinem Ermessen hat das Arbeitsamt C. in der Weise Gebrauch gemacht, dass es ab 01.08.2000 die Bewilligung einer Einmalzahlung von 5.000,00 DM im Zuge der Aufnahme einer auswärtigen versicherungspflichtigen Tätigkeit ohne Möglichkeit des täglichen Pendelns gem. § 121 SGB III vorsah. Damit hat das Arbeitsamt C. für die Zeit vor dem 01.08.2000 eine solche Förderung nicht vorgesehen. Dies ist unbedenklich, da es, wie dargelegt, nicht verpflichtet war, eine solche zusätzliche Leistung im Sinne von § 10 Abs.1 SGB III zu bewilligen. Der in der Richtlinie vom 01.08.2000 enthaltene Passus, dass der formlose Antrag vor Eintritt des Ereignisses Arbeitsaufnahme/Ausbildungsbeginn zu stellen ist, zeigt, dass eine Rückwirkung für bereits vor dem 01.08.2000 erfolgte Arbeitsaufnahmen nicht gewollt war. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den Antrag verspätet gestellt hat. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.3 GG liegt nicht vor, da die Festlegung der Anspruchsberechtigung für Leistungsfälle ab dem 01.08.2000 nicht willkürlich ist. Die einzelnen Arbeitsämter sind berechtigt und verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Mittel sachgerecht zu bewirtschaften und auf die entsprechende Arbeitsmarktsituation und die Höhe der bereits in Anspruch genommenen Mittel ab einem bestimmten Zeitpunkt durch Bewilligung zusätzlicher Leistungen zu reagieren.

Unabhängig davon dürfte die Richtlinie wegen Verstoßes gegen § 10 Abs.1 Satz 2 SGB III ohnehin unwirksam sein, weshalb ein Anspruch auf eine Einmalzahlung auf sie nicht gestützt werden könnte. Denn gem. § 10 Abs.1 Satz 2 SGB III müssen die freien Leistungen den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen und dürfen nicht gesetzliche Leistungen auf-stocken. Mobilitätshilfen sind aber bereits in den §§ 53, 54 SGB III vorgesehen und dort abschließend geregelt. § 54 Abs.5 SGB III sieht eine Umzugskostenbeihilfe nur als Darlehen für das Befördern des Umzugsgutes vor. Die Bewilligung eines nicht zurückzuzahlenden Zuschusses für den gleichen Anlass bedeutet aber eine Aufstockung der gesetzlichen Leistung, die nach § 10 Abs.1 Satz 2 SGB III nicht zulässig ist. Durch das Aufstockungsverbot soll gerade die Gefahr der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Arbeitslosen, abhängig von der in den verschiedenen Arbeitsamtsbezirken herrschenden Praxis, vermieden werden (vgl. Mutschler, Nomos-Kommentar, SGB III, Rn.11 zu § 10).

Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Mai 2004 zurückzuweisen. Die Entscheidung konnte trotz Abwesenheit der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 18.02.2005 ergehen, da die Klägerin mit Terminsmitteilung vom 01.02.2005 von dem Termin benachrichtigt und ihr mitgeteilt worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden kann. Dem in ihrem Schreiben vom 13.02.2005, eingegangen am 14.02.2005, gestellten Antrag, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verschieben, war nicht zu entsprechen, da die Klägerin keine trifftigen Gründe hierfür vorgetragen hat. Insbesondere stellt die Tatsache, dass sie bis 06.02.2005 Urlaub hatte, keinen Grund dar, den Termin aufzuheben, da der Klägerin genügend Zeit blieb, sich auf den Termin vorzubereiten, zumal ihr die Berufungserwiderung der Beklagten vom 08.11.2004 mit Schreiben vom 22.11.2004 übersandt worden war. Die von ihr genannte berufliche Beanspruchung stellt ebenfalls keinen erheblichen Grund für eine Terminsänderung im Sinne von § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs.1 Satz 1 ZPO dar, da solche beruflichen Gründe grundsätzlich hinter der Terminswahrnehmung zurückzustehen haben; dies ist der Klägerin am 15.02.2005 telefonisch und mit Schreiben vom 15.02.2005 mitgeteilt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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