L 8 AL 121/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 450/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 121/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. Februar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Förderung der Teilnahme an einem Deutschlehrgang streitig.

Die 1965 geborene Klägerin kam am 30.06.1997 mit ihrem Ehemann und ihrem 1991 geborenen Sohn aus Aserbaidschan in die Bundesrepublik Deutschland. Ihr wurde der Status eines Kontingentenflüchtlings bescheinigt. Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes 1998 und Bezug von Erziehungsgeld bis 30.08. 2000 beantragte sie am 23.04.2001 die Förderung eines sechsmonatigen Deutschsprachlehrganges. Mit Bescheid vom 10.07.2001 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine Leistungsgewährung sei nur möglich, wenn die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland noch nicht länger als drei Jahre zurückliege. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2001 als unbegründet zurück.

Das von der Klägerin angerufene Sozialgericht Augsburg (SG) hat mit Urteil vom 12.02.2004 die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Förderung der Teilnahme an einem Deutschlehrgang nach den gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen der §§ 419 Abs.2 Satz 1 bis 3, 420 Abs.1 und 2 SGB III. Eine Beschränkung der Leistungsgewährung auf Personen, deren Einreise noch nicht länger als drei Jahre zurückliege, finde in dem Gesetz keine Grundlage; es handle sich insoweit um eine interne Arbeitsanweisung der Beklagten, an die das Gericht nicht gebunden sei.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, eine nur dem Wortlaut folgende Auslegung der gesetzlichen Regelungen verkenne Sinn und Zweck des Gesetzes. Unter Beachtung der Belange der Versichertengemeinschaft wäre es nicht vertretbar, einen Förderungsanspruch zeitlich unbegrenzt bejahen zu wollen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12.02.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Eine Grundlage für die einschränkende Auslegung der eindeutigen gesetzlichen Regelungen durch die Beklagte sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe bis Mai 1995 in Aserbaidschan bei einer Wohnungsbaugenossenschaft als Sekretärin und Hausmeisterin vollschichtig gearbeitet und ihre Arbeit wegen des Auftretens eines depressiven Syndroms aufgeben müssen. An diesen Erkrankungen habe sie auch noch in den Jahren nach ihrer Einreise in Deutschland gelitten. Aufgrund dieser Krankheitssymptomatik sei es ihr nicht möglich gewesen, in den Jahren 1996 und 1997 zu arbeiten.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist ist zulässig (§§ 143,151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Förderungsleistungen für den Besuch eines Deutschlehrganges.

Zwar gehört sie entgegen der Auffassung der Beklagten zu dem anspruchsberechtigten Personengkreis nach § 420 Abs.1 Nr.3 SGB III, da sie ein Kontingentflüchtling im Sinne dieser Bestimmung ist; die Tatsache, dass zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung mehr als drei Jahre seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vergangen waren, steht einem Anspruch nicht entgegen, da das Gesetz eine diesbezügliche Einschränkung nicht enthält, wie das SG zu Recht dargelegt hat. Dennoch erfüllt die Klägerin nicht die besonderen Voraussetzungen nach § 420 Abs.3 Satz 1 Nr.2 i.V.m. Satz 2 SGB III, da sie im letzten Jahr vor ihrer Ausreise im Herkunftsland Aserbaidschan eine Erwerbstätigkeit von mindestens 70 Kalendertagen nicht ausgeübt hat. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus Satz 2 dieser Vorschrift, wonach diese Voraussetzung als erfüllt gilt, wenn eine Erwerbstätigkeit von mindestens 70 Kalendertagen im letzten Jahr vor der Ausreise wegen der besonderen Verhältnisse im Herkunftsland nicht ausgeübt werden konnte und die Nichtgewährung der Eingliederungshilfe eine unbillige Härte darstellen würde. Nach ihren eigenen Angaben beruht die Tatsache, dass die Klägerin im Jahr vor der Ausreise nicht wenigstens 70 Kaldendertage eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, nicht auf den besonderen Verhältnissen in Aserbaidschan, sondern auf den persönlichen Verhältnissen der Klägerin, die wegen ihrer Erkrankung eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben konnte. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber keine Ausnahme von dem Erfordernis der Erwerbstätigkeit in dem dargestellten Umfang erlassen. Hieran ist das Gericht gebunden. Der Gesetzgeber knüpft den Anspruch an den Nachweis, dass der Antragsteller bereits vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu dem Kreis der erwerbstätigen Personen gehörte, und deshalb eine Unterstützung der Eingliederung in den hiesigen Arbeitsmarkt durch die Förderung eines Sprachlehrganges angezeigt ist. Für die Abgrenzung des Personenkreises, dem diese Förderungsleistungen eröffnet werden, steht dem Gesetzgeber ein weiterer Ermessensspielraum zu, so dass die Bestimmung des § 420 Abs.2 Satz 1 Nr.2, Satz 2 SGB III keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Somit war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12.02.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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