L 16 B 3/05 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KR 707/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 3/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob der Auszahlungsbetrag einer durch den Arbeitgeber finanzierten Kapitallebensversicherung bei der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und der Pflegeversicherung zu berücksichtigen und welcher Beitragssatz maßgebend ist.

Am 00.00.1976 schloss der frühere Arbeitgeber des Antragstellers (ASt.) bei der J Vereinigte Lebensversicherung aG zu Gunsten des ASt. zusätzlich zu dessen Gehalt eine Lebensversicherung über eine Versicherungssumme in Höhe von 75.000 DM zuzüglich Überschussbeteiligung als betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung ab. Der monatliche Zahlbetrag des Arbeitgebers lag zu Beginn bei 249,75 DM monatlich, zuletzt bei 1.532,40 EUR jährlich. Der Vertrag sah u. a. vor, dass dem Arbeitgeber das Recht vorbehalten bleiben sollte, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles ende, es sei denn, der Versicherte (Arbeitnehmer) habe das 35. Lebensjahr vollendet und entweder die Versicherung habe 10 Jahre oder das Arbeitsverhältnis 12 Jahre und die Versicherung 3 Jahre bestanden. Für den Fall des Versterbens des Ast. enthält der Vertrag eine Regelung über Hinterbliebenenversorgung. In der Folgezeit kam der Arbeitgeber regelmäßig seiner Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag nach.

Mit Wirkung zum 01.07.2004 erhielt der am 00.00.1941 geborene ASt. Leistungen aus der gesetzlichen Altersrente und wurde Mitglied der KVdR. Aus der o. g. Lebensversicherung, deren Vertragsende zum 01.08.2004 eintrat, ließ er sich einen Teilbetrag in Höhe von 23.051,79 EUR auszahlen, den überwiegenden Teil in Höhe von 55.000 EUR zahlte er in einen Rentenversicherungsvertrag bei der J ein.

Auf Grund einer entsprechenden Vorabinformation der J Versicherung stellte die Antragsgegnerin (AG in) mit Bescheid vom 13.07.2004 fest, dass für den Gesamtbetrag in Höhe von 78.051,79 EUR über einen Zeitraum von 10 Jahren Beitragspflicht, beginnend am 01.08.2004, bestehe. Der Gesamtbetrag der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung liege, ausgehend von Beitragssätzen in Höhe von 7,4 % (Krankenversicherung) bzw. 1,7 % (Pflegeversicherung), bei monatlich 59,19 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 03.08.2004 "berichtigte" die AG in den ursprünglichen Bescheid dahingehend, dass der volle Beitragssatz von 14,8 % bei der Krankenversicherung anzusetzen sei, so dass sich der Gesamtbetrag auf 107,00 EUR erhöhe.

Unter Hinweis auf anhängige Parallelverfahren, bei denen es ebenfalls um die Beitragspflicht auf Kapitalleistungen ging, legte der ASt. Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Dies lehnte die AG in mit Bescheid vom 13.10.2004 ab. Über den Widerspruch des ASt. hat die AG in noch nicht entschieden.

Am 01.12.2004 hat der ASt. bei dem Sozialgericht Köln im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Aussetzung der Vollziehung weiterverfolgt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Beiträge erhebe die AG in zu Unrecht. Da die ausgezahlte Versicherungssumme auf zusätzlich zum Arbeitsentgelt gezahlten Beiträgen seines Arbeitgebers beruhe, zählten sie nicht zum Arbeitsentgelt; zudem überstiegen die Zuwendungen des Arbeitgebers nicht 1.752,00 EUR jährlich und seien damit beitragsfrei. Es handele sich bei dem Auszahlungsbetrag aus der Lebensversicherung auch nicht um versicherungspflichtige, rentenähnliche Versorgungsbezüge, da der Betrag in einer Summe als einmalige Kapitalzahlung fällig gewesen sei. Zumindest aber sei die zum 01.01.2004 ohne jede Übergangsregelung eingeführte Verdoppelung der Beitragshöhe für die gesetzliche Krankenversicherung verfassungswidrig.

Der ASt. hat sinngemäß beantragt,

die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides der AG in vom 13.07.2004 in Gestalt des Bescheides vom 03.08.2004 anzuordnen.

Die AG in hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig und die zugrunde liegenden Normen als verfassungsgemäß erachtet.

Mit Beschluss vom 09.12.2004 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen und im Wesentlichen darauf abgestellt, es fehle nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage an einer offenbaren Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den seinen Bevollmächtigten am 14.12.2004 zugestellten Beschluss hat der ASt. am 11.01.2005 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung verweist er auf seinen bisherigen Vortrag. Ergänzend trägt er vor, die Beitragspflicht in Höhe von 107,00 EUR pro Monat stelle für ihn eine erhebliche finanzielle Dauerbelastung dar. Bei einer zu erwartenden Verfahrensdauer von ca. 2 ½ Jahren liege die Gesamtsumme bei rund 3.200,00 EUR.

Der ASt. beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 09.12.2004 zu ändern und nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen.

Die AG in beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der ASt. habe keine Tatsachen genannt, die darauf schließen ließen, die Beitragsbelastung führe für ihn zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte. Der vom Gesetzgeber beabsichtigten Rechtsfolge entspreche es in Beitragsangelegenheiten, einem Rechtsmittel vom Grundsatz her keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der AG in Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht mit Beschluss vom 09.12.2004 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der AG in vom 13.07.2004 in Gestalt des Bescheides vom 03.08.2004 zurückgewiesen. Ein solcher Anspruch besteht nicht.

Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 86a Abs.1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt jedoch gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Mit Einlegung des Widerspruchs gegen den o.g. Bescheid, mit dem die AG in dem ASt. eine Beitragspflicht auferlegt hat, ist keine aufschiebende Wirkung eingetreten. Gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabe- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, vgl. § 86a Abs. 2 S. 2 SGG (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, §86b RdNr. 12b). Der Antrag kann schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O., § 86b RdNr. 8a) bzw. vor Klageerhebung (vgl. § 86b Abs. 3 SGG) gestellt werden.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 86a Abs. 3 S. 2 SGG bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Misserfolg. Anderenfalls wäre angesichts der vielfältigen Rechtsprobleme wie auch der oftmals bestehenden Notwendigkeit einer umfassenden Sachverhaltsklärung in Beitragsangelegenheiten eine Aussetzung der Vollziehung regelmäßig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 18.12.2002, Az.: L 16 B 70/02 KR ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de, m. w. N.). Je größer die Erfolgsaussichten sind, um so geringer stellen sich die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des ASt. dar (Meyer-Ladewig, a. a. O., § 86b RdNr.12c m. w. N.).

Aus formalen Gesichtspunkten ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Zwar bestehen Bedenken, ob der angefochtene Bescheid, der keine Rechtsgrundlagen benennt, den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an die Begründung eines Verwaltungsaktes entspricht. Bei gebundenen Entscheidungen - wie hier - wirken sich bloße Begründungsmängel jedoch auf die Rechtmäßigkeit der Regelung selbst nicht aus (vgl. auch BSG SozR 3-4100 § 152 Nr. 9) und rechtfertigen gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 42 S. 2 SGB X grundsätzlich nicht die Aufhebung des Verwaltungsaktes, da sie im noch nicht abgeschlossenen Widerspruchs- bzw. im Gerichtsverfahren nachgeholt werden können. Nachholen kann die AG in ebenfalls Begründung und Ermessensausübung für die förmliche teilweise Rücknahme des Bescheides vom 13.07.2004 (hinsichtlich des Beitragssatzes für die Krankenversicherung) gemäß § 45 SGB X. Der Senat hat jedoch keine Bedenken, die "Berichtigung" der Beitragshöhe mit Bescheid vom 03.08.2004 als teilweise Rücknahme auszulegen.

Ernstliche Zweifel im oben genannten Sinne ergeben sich auch nicht aus der Berücksichtigung der Einnahmen des ASt. aus der Lebensversicherung als beitragspflichtige Einnahmen.

Die zum 01.08.2004 fällig gewordene Lebensversicherungssumme stellt eine beitragspflichtige Einnahme des ASt. gemäß §§ 5 Abs. 1 Nr. 12, 186 Abs. 9, 220, 223, 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dar. Das Sozialgericht hat unter Auswertung des Versicherungsantrages und der dort fixierten Versicherungsbedingungen zutreffend entschieden, dass es sich dabei um Versorgungsbezüge im Rahmen der be-trieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V handelt. Die Ausführungen des Bevollmächtigten des ASt. zu der Behandlung der Lebensversicherungssumme als Arbeitsentgelt u.a. nach § 226 SGB V gehen fehl; denn es geht nicht um die Berücksichtigung der Einnahme während des Bestehens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, das bereits einen Monat vor Fälligkeit der Lebensversicherung endete. Nach § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V gelten Renten der betrieblichen Altersversorgung als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zählen nach der Rechtsprechung des Bun-dessozialgerichts (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 47; Niesel/Peters, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Loseblattsammlung, Stand: März 2005, § 229 SGB V RdNr. 12 m. w. N.) damit alle Versorgungsleistungen ("Renten"), die entweder von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung oder aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer früheren beruflichen Tätigkeit erworben worden sind. Der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen ist die Leistung, wenn sie - in der hier einzig interessierenden Fallkonstellation - die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezweckt, also der Sicherung seines Lebensstandards nach seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dienen soll. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa Leistungen zur Vermögensbildung, zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit oder Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Weiter kommt es für die Zuordnung einer Leistung zur betrieblichen Altersversorgung nicht darauf an, welche Gründe den Arbeitgeber dazu veranlassten, die Versorgung zuzusprechen. Entscheidend ist vielmehr, welchem Zweck die versprochene Leistung dient sowie ob der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer nur Bezugsberechtigter ist und deshalb der Zusammenhang mit der Berufstätigkeit gewahrt ist (BSG, SozR 2200 § 180 Nr. 47, dass., SozR 3-2500 § 229 Nr. 13; Krauskopf/Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2005, § 229 RdNr. 13).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Senat keine Bedenken, die dem ASt. seitens seines Arbeitgebers gewährte Lebensversicherung als "Rente" der betrieblichen Altersversorgung einzustufen. Die Beitragslast hat ausschließlich bei dem Arbeitgeber gelegen; dieser war Versicherungsnehmer, der ASt. Bezugsberechtigter. Im Hinblick auf den vertraglich vereinbarten Ablauf der Versicherung kurz vor Vollendung des 65. Lebensjahres durch den ASt. bestehen keine Zweifel, dass es sich um eine Altersversorgung sowie im Hinblick auf die Bezugsberechtigung naher Angehöriger des ASt. im Fall seines vorzeitigen Versterbens um eine Hinterbliebenenversorgung handelt. Über die Klausel, unter bestimmten Voraussetzungen die Versicherungsleistungen für sich in Anspruch nehmen zu können, hat der Arbeitgeber den Bezug zum Arbeitsverhältnis hergestellt.

Bedenken gegen die Berücksichtigung der Lebensversicherungssumme bei der Beitragsberechnung ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich um eine einmalige Zahlung handelt. Nach § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, wenn an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung tritt oder eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden ist, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate. Die Voraussetzungen dieser mit Wirkung zum 01.01.2004 durch Art. 1 Nr. 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190) eingeführten Norm liegen vor. Die in einer Summe fällig gewordene Lebensversicherung ist eine einmalige, damit nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die zum 01.01.2004 durch den Gesetzgeber vorgenommene Gleichstellung von regelmäßig wiederkehrenden und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen bestehen nicht. Insbesondere ist kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ersichtlich. Der Gesetzgeber hat vielmehr gerade aus Gründen der Gleichbehandlung aller betroffenen die zuvor noch bestehende Regelungslücke geschlossen (vgl. Niesel/Peters, a. a. O., § 229 SGB V RdNr. 16 m. w. N.). Der Fall des ASt. verdeutlicht das Bedürfnis nach einer Gleichstellung der Leistungen. Die ihm in einer Summe zugeflossene Lebensversicherung hat er zu rund 70 % in einem Rentenversicherungsvertrag - mit wiederkehrender Leistungsauszahlung - angelegt. Ohne die Gleichstellung von regelmäßig wiederkehrenden und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen bei der Beitragsbemessung läge ein typischer Umgehungstatbestand vor, den der Gesetzgeber ab dem 01.01.2004 beseitigt hat: Allein der Umstand der dem Abschluss des Rentenversicherungsvertrages bei der J vorausgehenden Auszahlung der Kapitallebensversicherung in einer Summe hätte nach früherer Rechtslage dazu geführt, dass diese nicht hätte berücksichtigt werden können, ohne dass sich die Lebenssituation des ASt. im Verhältnis zu einem Mitglied der KVdR, das von Beginn an eine betriebliche Altersrente als regelmäßig wiederkehrende Leistung erhält, unterschieden hätte.

Schließlich lassen sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht aus der Verdoppelung der Beitragshöhe herleiten. Die mit dem vom 14.11.2003 (BGBl. I 2003, 2190) zum 01.01.2004 eingeführte Änderung des § 248 SGB V hinsichtlich der Höhe des Beitragssatzes bzgl. der Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge bei Versicherungspflichtigen aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen verstößt nicht gegen das GG.

Nach § 248 SGB V gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der jeweils am 01.07. geltende allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. Den Beitrag hat die AG in mit Bescheid vom 13.07.2004 in Gestalt des Bescheides vom 03.08.2004 in zutreffender Weise, wie der ASt. auch einräumt, festgesetzt.

Auf verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 248 Abs. 1 S. 1 SGB V n.F. lässt sich eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nicht stützen. Nur erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, die die Vorlage nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht erforderlich erscheinen lassen, rechtfertigen den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. BVerfG, DVBl. 1996, 1367; Schwarz/Dumke, Kommentar zur Abgabenordnung, RdNr. 85 zu § 361 m. w. N.). Derartige Bedenken vermag der Senat nicht zu erkennen (vgl. ebenso SG München, S 2 KR 321/04, www.jurisweb.de, Kennziffer KSRE-078840317; SG Köln, S 19 KR 387/04, www.jurisweb.de, Kennziffer KSRE-019800414, Revisionen anhängig beim BSG unter den Az. B 12 KR 29/04 R und B 12 KR 3/05 R).

Die Grundrechte des ASt. aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG sind nicht beeinträchtigt. Das hieraus folgende Verbot der echten Rückwirkung belastender Gesetze (vgl. BVerfGE 15, 313, 324; 25, 371, 404) ist nicht verletzt, weil die im November 2003 verabschiedete Gesetzesänderung erst mit Wirkung zum 01.01.2004 in Kraft getreten ist. Die Norm entfaltet im Verhältnis zum ASt., von dem Beiträge erst ab dem 01.08.2004, mithin nach Inkrafttreten der gesetzlichen Erhöhung vom halben auf den allgemeinen Beitragssatz zum 01.01.2004, gefordert werden, auch keine unechte Rückwirkung (vgl. auch Beschluss des erkennenden Senates vom 03.06.2004, Az.: L 16 B 39/04 KR ER, mit dem der Senat verfassungsrechtliche Bedenken auch bei einem vor dem 01.01.2004 bestehenden Versicherungsverhältnis mit ausführlicher Begründung verneint hat). Es erscheint bereits fraglich, ob die bloße Hoffnung auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Berücksichtigung der fällig werdenden Lebensversicherung schutzwürdig sein kann. Jedenfalls aber konnte die zugrunde liegende Rechtslage (halbe Beitragshöhe) für die Zukunft nicht gesichert erscheinen. Bereits im Rahmen seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung der Zugangsmöglichkeit zur KVdR durch § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) hatte das BVerfG darauf verwiesen, dass die beitragsrechtlich unterschiedliche Behandlung des Einkommens freiwilliger und pflichtversicherter Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung bedenklich erscheine (BVerfG, Beschluss vom 15.03.2000, Az.: 1 BvL 16/96, SozR 3-2500 § 5 Nr. 42 S. 188). Dass es infolgedessen zur verstärkten Heranziehung von Einkommen der Pflichtversicherten in der Zukunft kommen könnte, musste daher für den betroffenen Personenkreis und damit auch für den ASt. nahe liegen.

Im Übrigen überwiegen im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung die mit der Regelung des § 248 Abs. 1 Satz 1 SGB V verfolgten öffentlichen Belange. Der Gesetzgeber hat die Neuregelung damit begründet, dass Rentner, deren Leistungsaufwendungen inzwischen nur noch zu 43 % durch die Beiträge gedeckt würden, in angemessenem Umfang an der Finanzierung dieser Aufwendungen beteiligt würden (BT-Drucks. 15/1525). Damit trägt die Regelung als Teil eines im GMG enthaltenen Bündels von Maßnahmen zur Erhöhung der Beitragseinnahmen und damit zur Erhaltung der Stabilität des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung bei (vgl. BVerfGE 82, 209, 230; BVerfG, NJW 2001, 1779, 1780). Diese Gemeinwohlziele zu erreichen, wäre dem Gesetzgeber voraussichtlich nicht oder nicht in genügendem Maße gelungen, wenn er sich auf die Maßnahmen der Einführung einer Praxisgebühr und höherer Eigenbeteiligungen der Versicherten beschränkt hätte. In diesem Zusammenhang war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, anderweitige Steuereinnahmen, wie etwa die Tabaksteuer, zum Ausgleich eines beitragsfinanzierten Versicherungssystems heranzuziehen.

Die Regelung verletzt auch nicht das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Willkürverbot und das Sozialstaatsprinzip. Es stellt keinen willkürlichen Akt der Gesetzgebung dar, wenn der Gesetzgeber im Rahmen beitragsfinanzierter Leistungen auch weitere Einkünfte einbezieht und damit auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherten abstellt. Auch das Sozialstaatsprinzip enthält nicht das Gebot, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang und zu bestimmten Beiträgen zu gewähren (vgl. BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 27 S. 111 m. w. N.).

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG gebietet keinen Schutz vor Beitragsänderungen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 30 S. 136). Der Anspruch auf die Versorgungsbezüge selbst, der der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG unterliegt, bleibt hingegen unberührt, denn dieser verbleibt dem Grunde nach in unveränderter Höhe dem Versicherten erhalten. Dass hieraus Beiträge zur Krankenversicherung aufzubringen sind, wird durch eine rechtlich und wirtschaftlich angemessene Gegenleistung in Gestalt der Kranken-Vollversicherung ausgeglichen (vgl. BSG a. a. O.).

Die sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Bedenken gegen die Neufassung des § 248 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind nicht von solcher Tragweite, dass sie die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides gebieten könnten. Die entsprechende Regelung in der sozialen Pflegeversicherung hat das BSG bereits für verfassungsgemäß erachtet (vgl. BSG SozR 3-3300 § 55 Nr. 3). In Anbetracht des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Verwirklichung des Sozialstaatsgrundsatzes (vgl. BVerfGE 82, 60, 80 m. w. N.) sowie seiner Berechtigung bei der Ordnung von Massenerscheinungen, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein wegen der damit verbundenen Härte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG, SozR 3-2500 § 240 Nr. 39 S. 193 m. w. N. zu seiner ständigen Rechtsprechung), sind die insoweit bestehenden Zweifel nicht von solchem Gewicht, dass sie bereits die Aussetzung der Vollziehung notwendig erscheinen lassen.

Schließlich rechtfertigt sich die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer unbilligen Härte im Sinne von § 86a Abs. 3 S. 2 Halbsatz 2 SGG. Die Beitragsforderung ist ihrer Höhe nach offensichtlich nicht geeignet, den wirtschaftlichen Bestand des ASt., insbesondere im Hinblick auf den Zufluss der Lebensversicherung in Höhe von rd. 80.000 EUR zu Rentenbeginn, ernsthaft zu gefährden. Der von dem Bevollmächtigten des ASt. errechnete, sich während der Verfahrensdauer ergebende Gesamtbetrag liegt bei lediglich 4 % dieser Summe, verteilt auf 2 ½ Jahre, der Gesamtbetrag der Beiträge bei ca. 16 % des Auszahlungsbetrages der Lebensversicherung, verteilt auf 10 Jahre. Sonstige Umstände, die eine unbillige Härte begründen könnten, sind vom ASt. weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Die Beschwerde musste daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, vgl. § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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