L 3 RA 34/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 25 RA 53/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 RA 34/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 26.03.2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten auch im Berufungsverfahren. Der Streitwert wird auf 455,46 EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die nach dem Tod der Leistungsberechtigten F T auf deren von der Beklagten geführte Konto überwiesene Hinterbliebenenrente zu erstatten.

Die Leistungsberechtigte bezog von der Klägerin eine Hinterbliebenenrente in Höhe von zuletzt 908,34 DM monatlich und eine Versichertenrente in Höhe von 1.266,28 DM monatlich. Beide Renten wurden laufend auf das von der Beklagten geführte Girokonto überwiesen. Die Leistungsberechtigte verstarb am 24.08.2001. Die Hinterbliebenenrente für den Monat September 2001 wurde noch auf das bei der Beklagten geführte Girokonto überwiesen.

Mit einem bei der Niederlassung Rentenservice am 18.09.2001 eingegangenem Schreiben teilte die Beklagte mit, dass die Rückforderung überzahlter Beträge zu der Kundin F T nicht bearbeitet werden könne, da über das Geld bereits verfügt worden sei. Auf ein Rückforderungsverlangen der Klägerin vom 21.12.2001, in dem diese nach Abzug der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung die Rücküberweisung eines Betrages in Höhe von 890,99 DM (455,56 EUR) verlangte, teilte die Beklagte nochmals mit, dass über die Rente anderweitig verfügt worden sei.

Mit Schreiben vom 22.05.2003 wandte sich die Klägerin unter Hinweis auf § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Rentenversicherung- (SGB VI) erneut an die Beklagte und bat um Übersendung einer genauen Kontoaufstellung für die Zeit vom 25.08.2001 bis zur Auflösung des Kontos. Die Beklagte übersandte eine Kopie der Monatskontoblätter für die Zeit vom 25.08.2001 bis zum 14.09.2001. Ferner teilte sie mit, dass sie keine Verpflichtung sehe, den Betrag in Höhe von 890,99 DM zurückzuüberweisen, da das Konto zu keinem Zeitpunkt ein Guthaben ausgewiesen habe.

Das Konto befand sich am 24.08.2001 mit einem Betrag in Höhe von 3.516,29 DM im Soll. Bis zum 14.09.2001 wurden Buchungen wie folgt vorgenommen:
30.08.2001:
Geldautomatenauszahlung in Höhe von 500,00 DM, Abbuchung der Miete in Höhe von 680,00 DM, Gutschrift der Versichertenrente in Höhe von 1.266,28 DM sowie der Hinterbliebenenrente in Höhe von 908,34 DM;
31.08.2001:
Rücküberweisung der Miete in Höhe von 680,00 DM;
03.09.2001:
Abbuchung eines Versicherungsbeitrages in Höhe von 668,40 DM;
am 04.09.2001:
Gutschrift der Krankenkasse in Höhe von 480,00 DM;
05.09.2001:
zwei Auszahlungen am Geldautomaten in Höhe von je 300,00 DM sowie eine Scheckgutschrift in Höhe von 200,00 DM;
10.09.2001, 11.09.2001 und 14.09.2001 Auszahlungen am Geldautomaten in Höhe von je 200,00 DM;
17.09.2001:
Auszahlung am Geldautomaten in Höhe von 1.700,00 DM und am
14.04.2001:
Eingang einer Überweisung in Höhe von 3.125,03 DM.
Das Konto stand am 14.09.2001 mit 1.605,04 DM im Soll.

Die Klägerin hat am 08.09.2003 Klage erhoben. Die Rente in Höhe von 903,34 DM für September 2001 sei überzahlt worden. Nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verbleibe eine Überzahlung in Höhe von 890,99, DM (455,56 EUR). Da das Konto der Leistungsberechtigten bei Eingang der Rente im Soll gewesen sei, habe die Beklagte die Geldleistung zur Minderung der Forderung aus dem Dispositionskredit und damit zur Befriedigung "eigener Forderungen” verwendet. Dies sei nicht zulässig. Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 09.04.2002 (Az: B 4 RA 64/01 R) könnten auch aus einem ungedeckten Konto Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden.

Die Beklagte bezieht sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 09.12.1998 (Az: B 9 V 48/97 R) und ist der Auffassung, der Entreicherungseinwand könne immer dann geltend gemacht werden, wenn nicht genügend Guthaben auf dem Konto ausgewiesen sei und zugleich nach Eingang der Rente noch Abverfügungen vorgenommen worden seien. Unerheblich sei, ob das Konto im Haben oder im Soll geführt worden sei

Mit Urteil vom 26.03.2004 hat das Sozialgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts die Beklagte zur Zahlung von 455,46 EUR verurteilt. Die Beklagte habe bei Eingang der Rente eine Saldierung mit einer eigenen Forderung vorgenommen und somit den überwiesenen Betrag zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet. Die Verpflichtung zur Rücküberweisung sei auch nicht dadurch entfallen, dass bei Eingang der Rückforderung über den Betrag durch Geldautomatenverfügungen und Lastschrift anderweitig verfügt worden sei. Ein Entreicherungseinwand sei nicht mehr möglich, wenn das Konto bei Eingang des Rückforderungsverlangens kein zur vollen oder teilweisen Erstattung ausreichendes Guthaben aufweise und das Geldinstitut den Kontostand unter einem dem Wert der Geldleistung oder Gutschrift entsprechenden Betrag gesenkt habe, um eigene Forderungen zu befriedigen. Die Verfügungen seien nicht aus der geleisteten Rente erfolgt, sondern nur dadurch ermöglicht worden, dass das Geldinstitut den erhobenen Forderungen im Rahmen des dem Versicherten eingeräumten Überziehungskredits entsprochen habe. Auf ein im Soll stehendes Konto eingegangene Rentenbeträge seien nicht als durchlaufender Posten zu behandeln und könnten nicht durch spätere Verfügungen wieder aufgezehrt werden. Bei einem im Haben befindlichen Konto werde durch die Gutschrift ein Guthaben begründet. Es finde ein endgültiger Vermögensübergang zu Gunsten des Berechtigten statt. Bei einem im Soll befindlichen Konto erfolge zunächst nur eine Befriedigung des Geldinstituts. Die folgenden Verfügungen erfolgten somit nur aus dem Dispositionskredit. Das Risiko, dass Forderungen aus einem Dispositionskredit nicht mehr eingetrieben werden können, könne nicht durch die Versichertengemeinschaft übernommen werden.

Gegen das ihr am 23.04.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.05.2004 Berufung eingelegt. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Rente auf einem im Haben oder im Soll geführtem Konto eingehe. Zahle der Rentenempfänger einen anderweitigen Kredit regelmäßig aus der Rente, entfalle nach Ansicht des Sozialgerichts ein Rückforderungsanspruch, weil die Verfügung nicht zu beanstanden sei. Gleiches müsse gelten, wenn die kontoführende Stelle diesen Kredit in Form eines Dispositionskredits eingeräumt habe. In diesem Fall werde die Rente nur "vorfinanziert”. Auch dieses gehöre zum Vermögen des Rentenempfängers. Der Betrag, um den ein Kunde sein Konto überziehen dürfe, gehöre zu seinem Vermögen und könne auch nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte gepfändet werden. Wenn demnach bei einem im Soll geführtem Konto Gutschriften erfolgten, verrechne das Geldinstitut nicht mit eigenen Forderungen, denn der Kunde könne sofort über diese Gutschriftbeträge wieder verfügen. Eine Verrechnung finde erst statt, wenn der Kunde keine Möglichkeit mehr habe über die eingehenden Gutschriften zu verfügen. Ihr entstehe ein Schaden, wenn nach dem Tod des Kunden niemand vorhanden sei, den noch offenen Betrag aus dem Dispositionskredit zurückzuzahlen. Sie habe den Rentenbetrag nicht erhalten, weil dieser einem Dritten zu Gute gekommen sei. Dringe die Klägerin mit ihrem Begehren durch, könnten die Kreditinstitute gehalten sein, Rentenempfängern keine Dispositionskredite ohne die Gestellung von Sicherheiten mehr einzuräumen. Dies könne wirtschaftlich nicht gewollt sein.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 26.03.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Im Falle des Todes eines Rentenempfängers hätte ein Fremdkreditinstitut, bei dem eine Verbindlichkeit des Rentners bestehe, auch nur einen Anspruch gegen die Erben. Es sei kein Grund ersichtlich, dass ein kontoführendes Kreditinstitut, auf dessen Konto die Rente eingehe, eine Gläubigerbevorzugung erfahren solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (Az: 000), verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 455,56 EUR zu zahlen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte in dieser Höhe einen Rückerstattungsanspruch gem. § 118 Abs. 3 SGB VI.

Hiernach gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Postgiroamt oder einem anderen Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 14.07.2003 (Az: L 3 RJ 42/03) entschieden hat, ist dem Geldinstitut "eine Berufung auf den alleinig dem Anspruch entgegenhaltenden anspruchsvernichtenden Einwand der anderweitigen Verfügung (§ 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI) deswegen verwehrt, weil das Konto des Versicherten, auf dem die unter dem Rückforderungsvorbehalt aus § 118 Abs. 3 SGB VI stehende Rentenzahlung eingegangen ist, bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens durchgehend einen negativen Saldo aufgewiesen hat."

Zur Rückerstattung ist das Geldinstitut nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 53/01 R, SozR 3-2600 § 118 Nr. 9), der der Senat auch insoweit folgt, nämlich ohne weiteres verpflichtet, solange es den Wert der überwiesenen "Geldleistung" noch nicht in das Vermögen des Kontoinhabers durch eine entsprechende Gutschrift auf das in der Überweisung genannte Konto übertragen hat und bis diese Übertragung für den Kunden (im Regelfall mit der sogenannten Abrufpräsenz, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar 1988, II ZR 320/87, BGHZ 103, 143 ff., NJW 1988, 1320 ff.) wirksam wird; bis dahin steht ihm nämlich lediglich die nur durch den Bankvertrag mit dem Kunden gebundene faktische Verfügungsmacht zu. Dasselbe gilt, wenn die Übertragung des Wertes der Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt und das Vermögen des Inhabers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert werden. Denn hier führt das relative öffentlich-rechtliche Befriedigungsverbot aus § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI in Verbindung mit dem Rückforderungsvorbehalt nach Satz 1 dazu, dass die Verrechnung im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger wie auch zum Bankkunden unwirksam bleibt; das Geldinstitut darf den Wert des überwiesenen Betrages nicht zur Befriedigung eigener Forderungen (gegen dem Kontoinhaber) verwenden. Drittens muss das Geldinstitut dem Rückforderungsbegehren des Rentenversicherungsträgers auch nachkommen, soweit das Konto im Zeitpunkt der Gutschrift kein Minus aufweist oder soweit durch die Gutschrift ein Guthaben des Kontoinhabers begründet wird und damit bereits ein endgültiger Vermögensübergang zu seinen Gunsten eingetreten ist. Der Entreicherungseinwand ist dabei prinzipiell möglich, wenn bei Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers das in der Überweisung genannte Konto kein zur vollen oder teilweisen Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und das Geldinstitut den Kontostand nicht (nachträglich) unter einen dem Wert der Geldleistung oder Gutschrift entsprechenden Betrag gesenkt hat, um eigene Forderungen zu befriedigen. Nur in diesen Fällen können, wie auch hier von der Klägerin verlangt, weitere Empfänger von Geldleistungen auf der Grundlage von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in Anspruch genommen werden.

Hier hat sich das Konto der Versicherten ab der Gutschrift der unter gesetzlichem Rückforderungsvorbehalt aus § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stehenden Rente bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens der Klägerin beim kontoführenden Geldinstitut im Soll befunden und genügte zu keinem, insbesondere auch keinem zwischenzeitlichen Zeitpunkt zur Abdeckung der Rückforderung. Sämtliche vom Geldinstitut zur Begründung seines dem Ziel nach anspruchsvernichtenden Einwandes der anderweitigen Verfügung nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI angegebenen nachfolgenden Verfügungen erfolgten bei wirtschaftlicher Betrachtung daher auch nicht aus einem der Versicherten zuzurechnenden Guthaben, sondern lediglich im Rahmen des ihm vom Geldinstitut eingeräumten Überziehungskredites.

Ob in diesem auch hier vorliegenden Fall die Berufung auf anderweitige Verfügungen vor Eingang des Rückforderungsverlangens überhaupt zulässig ist, wird in der Literatur wohl nicht einheitlich und zum Teil kritisch gesehen bzw. nur durch Wiedergabe der Leitsätze des BSG behandelt (Störmann in: Gemeinschaftskommentar, Stand November 2002, Rdnrn. 8 ff. zu § 118; Hauck-Haines/Terdenge, Sozialgesetzbuch 2. Band, Stand Januar 2002, Rdnrn. 10 ff. zu § 118; Heinz, Probleme bei der Rentenrückforderung gemäß § 118 Abs. 3 und 4 SGB VI, ZfS. 1998, 265 ff. m.w.N.; Pflüger, Zur Rückforderung nach dem Tode des Berechtigten fortgezahlter Rentenbeträge nach § 118 Abs. 3 und 4 SGB VI, DAngVers 2002, 293 ff.). Der Senat folgt jedoch der nach seiner Auffassung zutreffenden Ansicht des Bundessozialgerichts. Entscheidend stellt nämlich der 4. Senat des BSG (Urteil vom 04.08.1998, - B 4 RA 72/97 R -, sowie Urteile vom 20.12.2001 - B 4 RA 37/01 R -, - B 4 RA 44/01 R -, B 4 RA 53/01 R; vgl. hierzu Pflüger, a.a.O.), darauf ab, wegen der durch die Überweisungsnachricht des Postrentendienstes vom kontoführenden Geldinstitut erlangten faktischen Verfügungsmacht und der im Rahmen des Bankvertrages gegenüber dem Bankkunden, dem Versicherten oder seinem Rechtsnachfolger erweiterten wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeit bestimme § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI die Haftung des Geldinstitutes auf Erstattung des Wertes der Geldleistung. Der Erstattungsanspruch erlösche, sobald und soweit dieser Haftungsgrund nicht mehr bestehe. Dies sei nur der Fall, wenn der Wert der Geldleistung sowohl aus der unmittelbaren Verfügungsmacht als auch aus der bankvertraglich begründeten Verwertungsbefugnis des Geldinstitutes endgültig ausgeschieden sei, und ein anderer als das Geldinstitut oder kumulativ andere durch ihm gegenüber rechtswirksame Verfügungen den Kontostand unter den Wert gesenkt hätten. Dementsprechend setze bereits die Anwendung des Entreicherungseinwandes aus Satz 3 voraus, dass der Wert der überwiesenen Geldleistungen nicht im Vermögen des Geldinstitutes geblieben sei. Da dieses ohnehin ab Eingang der Überweisung bis zur "Gutschrift" auf das darin angegebene Konto die lediglich durch den Bankvertrag mit dem Kunden privatrechtlich gebundene faktische Verfügungsmacht habe, werde es von der Erstattungspflicht solange nicht frei, bis es den Wert der überwiesenen Geldleistungen durch eine Gutschrift auf das in der Überweisung genannte Konto vollständig in das Vermögen des Kontoinhabers und in dessen Verfügungsmacht übertragen habe. Nur unter dieser Voraussetzung der Vermögensübertragung und ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens für den Kunden sei die Einwendungsregelung überhaupt anwendbar. Der Entreicherungseinwand sei nur eröffnet, wenn der übertragene Wert der Geldleistung weder durch den Übertragungsakt selbst noch durch andere Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen des Geldinstituts nach der Übertragung, die es nach dem Bankvertrag mit dem Kunden vornehmen durfte, bei wirtschaftlicher Betrachtung wieder in das Vermögen des Geldinstitutes geflossen sei. Dementsprechend greife der Entreicherungseinwand nur durch, wenn es ausschließlich auf den - im Verhältnis zum Geldinstitut rechtswirksamen - Verfügungen Dritter beruhe, dass bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers das in der Überweisung genannte Konto kein die Erstattung ganz oder teilweise deckendes Guthaben aufweise. Liege dies aber daran, dass das Geldinstitut selbst - in welcher Rechtsform und durch welche Rechtshandlung auch immer - den entsprechenden Betrag aus dem Konto wieder in sein Vermögen rückgeführt hat, komme es auf Verfügungen Dritter schlechthin nicht mehr an.

Der Entreicherungseinwand ist hiernach ausschlossen, soweit die Gutschrift wie im vorliegenden Fall auf ein durchgehend im Soll befindliches Konto erfolgt, das im gesamten Zeitraum bis zum Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers keinen Stand aufwies, aufgrund dessen der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers aus dem Vermögen des Versicherten bzw. seiner Rechtsnachfolger entsprochen werden konnte. Die potentielle Erfüllung dieser Verbindlichkeit bzw. die zur Begründung des Entreicherungseinwandes dienenden Verfügungen zu Gunsten Dritter (der potentiell nach § 118 Abs. 4 SGB VI in Anspruch zu nehmenden Verfügenden und Empfänger bzw. Erben) werden vielmehr erst dadurch möglich, dass das Geldinstitut den erhobenen Forderungen im Rahmen des dem Versicherten eingeräumten Überziehungskredites entspricht. Derartige nachfolgende Verfügungen aus einem durchgehend im Soll befindlichen Konto sind nicht geeignet, den Entreicherungseinwand aus § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI zu eröffnen, weil dies nicht der von § 118 Abs. 3, 4 SGB VI beabsichtigten und rechtlich durch die zeitliche und inhaltliche Abfolge der Ansprüche charakterisierten Risikoverteilung unter Berücksichtigung auch der Interessen der Versichertengemeinschaft entspricht. Das letztlich vom Geldinstitut mit Recht zutragende Risiko eines Verlustes entspringt der Bereitschaft der Kreditinstitute, durch Einräumung großzügiger und hochverzinslicher Überziehungsmöglichkeiten auch Kontenbelastungen zu erlauben, deren Ausgleich angesichts der Höhe der periodischen Eingänge auf dem belasteten Konto bei objektiver Betrachtung risikobehaftet ist. Dabei kann nicht ausschlaggebend sein, ob im Zwischenzeitraum zwischen Rentenüberzahlung und Eingang der Rückforderung (zufällig) eine nach dem Bankvertrag vorgesehene periodische Verrechnung des Geldinstitutes mit eigenen Forderungen stattgefunden hat (vgl. auch Urteil des Senats vom gleichen Tag, - L 3 RJ 42/03 -). Denn abgesehen von der nächstliegenden Überlegung, dass diese Verrechnung, so sie den Schutzbetrag des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI tangiert, nach § 118 Abs. 3 Satz 4 relativ im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger und zum Versicherten unwirksam ist, ist es nicht hinnehmbar, eine Rückforderung und indirekt damit auch die Möglichkeit einer Inanspruchnahme Dritter nach § 118 Abs. 4 SGB VI davon abhängig zu machen, ob die Verrechnung zeitlich zufällig im Betrachtungszeitraum stattgefunden hat.

Eine solche zufällige Abhängigkeit widerspräche nicht nur sowohl dem evidenten Normziel des § 118 Abs. 3, 4 SGB VI, eine Rückforderung zu Unrecht erbrachter Rentenleistungen im wirtschaftlichen Interesse der Versichertengemeinschaft zu ermöglichen als auch der Rangfolge und Abhängigkeit der Rückforderungsmöglichkeiten nach § 118 Abs. 4 SGB VI andererseits. Diese zufällige Abhängigkeit trüge vor allem bei der vom erkennenden Senat im Anschluss an die Rechtssprechung des 4. Senats des BSG zugrundegelegten wirtschaftlichen Betrachtung nicht dem Gesichtspunkt keine Rechnung, dass einem kontoführenden Geldinstitut, welches weitere Verfügungen zu Lasten eines ohnehin im Soll stehenden Kontos zugelassen hat, immerhin entgegenzuhalten ist, dass es ein mögliches (Ausfalls-)Risiko bei Ausbleiben bzw. Rückforderungen periodischer Eingänge bewusst und im wirtschaftlichen Interesse übernommen hat, was bei Verfügenden, Empfängern und Erben als Adressaten der Rückforderung nach §§ 118 Abs. 4 SGB VI, 50 SGB X nicht zu gewichten ist."

Dem ist nichts hinzuzufügen. Zumal auch der 4. Senat des Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 08.06.2004, Az: B 4 RA 42/03 R an seiner Rechtsprechung festgehalten hat und der 5. Senat in seinem Urteil vom 11.12.2002, Az: B 5 RJ 42/01 R im Ergebnis entsprechend entschieden hat.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, die Rücküberweisungspflicht in diesen Fällen führe dazu, dass Rentnern möglicherweise keine Dispositionskredite ohne die Stellung von Sicherheiten eingeräumt würden, ist darauf hinzuweisen, dass Dispositionskredite u.a. wegen des Ausfallrisikos nur gegen Zahlung nicht unerheblicher Zinsen eingeräumt werden. Realisiert sich das Ausfallrisiko, ist es nicht Aufgabe der Versichertengemeinschaft, hierfür einzustehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Im Hinblick auf die Vielzahl gleichlautender Entscheidungen mehrerer Senate des Bundessozialgerichts ist von einer gefestigten Rechtsprechung auszugehen.
Rechtskraft
Aus
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