S 8 KR 210/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 210/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage der Kostenerstattung für die Anschaffung der Weichlagerungsmatratze "Wellness" des Herstellers L.

Die 1963 geborene Klägerin leidet an einer Polyarthrose, juveniler Osteochondrose der Wirbelsäule, Binnenschädigungen des Kniegelenks, Impingement-Syndrom der Schulter, Skoliose, rezidivierenden Lumboischalgien, Coxarthrose beiderseits und an einem chronischen Schmerzsyndrom.

Die Klägerin beantragte im Mai 2003 die Übernahme der Kosten für die Anschaffung der Weichlagerungsmatratze bzw. orthopädischen Matratze "Wellness" mit individueller Körperzonen-Anpassung des Herstellers L. Sie legte eine Verordnung und Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin T1 sowie den entsprechenden Kostenvoranschlag (1.354,60 Euro) vor. Nach der Anhörung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 20.06.2003 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei der Matratze um einen Gegenstand des täglichen Lebens handele, dessen Anschaffung in den Eigenverantwortungsbereich der Versicherten falle. Der Effekt der Spezialmatratze könne auch mit einer Schaumstoffmatratze mit einer gewissen Härtung erreicht werden.

Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2003 zurück.

Die Klägerin hat gegen die ablehnenden Bescheide Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren der Kostenübernahme für die Weichlagerungsmatratze weiterverfolgt. Sie macht geltend, dass die Matratze zur schmerzlindernden Lagerung erforderlich sei. Normale Weichlagerungsmatratzen sowie eine hochwertige Bandscheibenmatratze der Firma T2 seien nicht mehr ausreichend gewesen. Die Matratze "Wellness" sei dagegen individuell hergestellt worden, durch die Zusammensetzung von über 1.000 Würfeln der verschiedensten Härtegrade.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2003 zu verurteilen, die Kosten der Weichlagerungsmatratze "Wellness" des Herstellers L zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den dort ausgeführten Gründen für rechtmäßig.

Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die im Internet veröffentlichte Produktinformation des Herstellers L und die Veröffentlichung der Stiftung Warentest über durchgeführte Matratzenteste sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte auch in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, da sie in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, §§ 110, 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Klage ist unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Übernahme oder Erstattung der für die Matratze "Wellness" aufgewandten Kosten zu.

Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken,orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Vorliegend stellt die Anschaffung einer Matratze die Anschaffung eines allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, was nach der zitierten Vorschrift des § 33 SGB V dazu führt, dass die Krankenversicherung für die entsprechenden Kosten nicht aufzukommen hat. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen hinsichtlich der Versorgung mit Hilfsmitteln dahingehend begrenzt, dass Krankenkassen für die Anschaffung von Hilfsmitteln nicht mehr aufzukommen haben, sobald es sich bei diesen um Gegenstände handelt, die nicht speziell für Kranke und/oder Behinderte hergestellt sind, sondern von gesunden Personen ebenso wie von Behinderten benutzt werden. Diese Gegenstände sind von der Leistungspflicht der Krankenkassen auch ausgeschlossen, wenn sie im Einzelfall dem Kranken und/oder Behinderten - wie der Klägerin - in hohem Maße medizinisch helfen. Bei der Frage, ob es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens oder um ein Hilfsmittel handelt, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Konzeption des Herstellers abzustellen. So ist der Gegenstand kein Hilfsmittel, wenn er schon von seiner Konzeption her nicht vorwiegend für Kranken und/oder Behinderte gedacht ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 22.08.2001 - B 3 P 13/00 R - ; in: SozR 3-3300 § 40 Nr. 7). Matratzen, auch wirbelsäulengerechte oder rückenfreundliche, werden von gesunden Personen ebenso wie von Behinderten benutzt und benötigt. So wirbt der Hersteller L für seine Matratzen durch Angaben wie: "Lebensfreude durch gesunden Schlaf", "Traum vom erholsamen Schlaf", "Entdecken Sie Energie und Vitalität völlig neu". Das Anpreisen dieser Vorteile richtet sich nicht nur an Kranke und/oder Behinderte, sondern in gleichem Maße an gesunde Personen. Soweit der Hersteller insbesondere die Matratze "Wellness" ausdrücklich bei "Rückenschmerzen, Hüftschmerzen, Fersenschmerzen, Kopfschmerzen durch Verspannungen, Nackenschmerzen, Schlafstörungen bei Seitenschlaf und Allergien" empfiehlt, könnte dies für das Konzept des Vertriebes an Kranke und/oder Behinderte sprechen. Letztlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben, da eine Kostenerstattungspflicht der Beklagten jedenfalls aus folgendem Grund ausscheidet:

Einer Kostentragungspflicht der Beklagten steht entgegen, dass Versicherte auch im Falle des Zur-Verfügung-Stellens eines behinderungsgerechten Hilfsmittels, das die Anschaffung eines anderen Gebrauchsgegenstandes erspart (z. B. orthopädische Schuhe anstelle von Konfektionsschuhen, ein behinderungsspezifischer anstelle eines handelsüblichen Computers) einen Eigenanteil an den Kosten zu erbringen haben, der der Höhe der ersparten Anschaffung entspricht. Vorliegend wäre selbst im Falle einer Bewilligung die Klägerin deshalb zur Zahlung der Kosten verpflichtet, die sie für die Beschaffung einer qualitativ gleichwertigen Matratze erspart hätte. Es kann davon ausgegangen werden, dass die betragsmäßige Höhe des Eigenanteils an die Kosten der Matratze "Wellness" zumindest herangereicht hätte. Denn die Klägerin hat mit der "Wellness-Matratze" eine qualitativ hochwertige Matratze erhalten und müsste sich die ersparten Kosten von einer entsprechend hochwertigen Matratze anrechnen lassen. Ein Anschaffungspreis in Höhe von ca. 1350,00 Euro liegt dabei noch im Bereich der üblichen Preisspanne für Matratzen, wie sich aus den Ausführungen der Stiftung Warentest im Jahre 2003 ergibt ("im Test: 17 Matratzen, Preise: 169,00 Euro bis 1.480,00 Euro" - siehe unter: www.stiftung-warentest.de - ).

Entsprechende (abschlägige) Entscheidungen bezüglich der Versorgung mit sog. Bandscheibenmatratzen haben auch das Bayrische Landessozialgericht (Urteil vom 15.07.2004 - L 4 KR 125/03 - ) und das Sozialgericht Gelsenkirchen (Urteile vom 21.03.2003 - S 24 KR 69/02 - und vom 10.10.2003 - S 6 KN 32/03 KR - ; alle Urteile veröffentlicht in: www.sozialgerichtsbarkeit.de, Stichwort: Entscheidungen) getroffen.

Zusammengefasst und zur Verdeutlichung für die Klägerin sei nochmals ausgeführt, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen für Gegenstände, die im Allgemeinen auch von Gesunden benutzt werden (können) - sog. allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens - nicht aufzukommen hat, auch wenn die Anschaffung im Einzelfall medizinisch notwendig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved