L 16 B 1/05 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 195/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 1/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 26. November 2004 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auf 17.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 2. bis 5., die bis zum 05.11.2003 als versicherungspflichtige Arbeitnehmer im Maklerbüro der Antragstellerin (im Folgenden: ASt in) tätig waren. Mit notariellem Vertrag vom 06.11.2003 gründeten die Brüder I L und C L die Q Vermögensverwaltung AG (im Folgenden: AG) mit Sitz in V. Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung eigener Vermögenswerte. Das Grundkapital beträgt 50.000 EUR. Durch Beschluss vom 06.11.2003 bestellten die Gründer den dreiköpfigen Aufsichtsrat der AG und stellten gemäß § 28 Aktiengesetz (AktG) die Satzung der AG fest. Der Aufsichtsrat bestellte am selben Tag u. a. die Beigeladenen zu 2. bis 5. zu Mitgliedern des insgesamt sechsköpfigen Vorstands. Einen Vergütungsanspruch bzw. einen Anspruch auf Aufwandsentschädigung für die Vorstandsmitglieder regelt der Gesellschaftsvertrag vom 06.11.2003 nicht. Unter Berufung auf die Bestellung der Beigeladenen zu 2. bis 5. zu Vorstandsmitgliedern der AG führte die ASt in in der Folgezeit keine Rentenversicherungsbeiträge bezüglich der Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. bis 5. im Maklerbüro der ASt in mehr ab.

Nachdem die Antragsgegnerin (im Folgenden: AG in) der ASt in auf eine entsprechende Anfrage hin zunächst unter dem 03.12.2003 die Auskunft erteilt hatte, die Beigeladenen zu 2. bis 5. seien als Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft auch in allen daneben ausgeübten Beschäftigungen nicht rentenversicherungspflichtig, nahm sie diesen Bescheid mit weiterem Bescheid vom 12.12.2003 zurück und stellte die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 2. bis 5. in ihrem Beschäftigungsverhältnis bei der ASt in fest. Den dagegen gerichteten Widerspruch der ASt in wies die AG in mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2004 als unbegründet zurück. Gemäß § 1 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung unterlägen Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften in Beschäftigungen außerhalb von Konzernunternehmen generell der Rentenversicherungspflicht. Die Übergangsvorschrift des § 229 Abs. 1a SGB VI greife im Falle der ASt in nicht, da diese mit der Bestellung der Beigeladenen zu 2. bis 5. zu Vorstandsmitgliedern der AG rechtsmissbräuchlich gehandelt habe. Die Bestellung sei allein zu dem Zweck erfolgt, die Beigeladenen zu 2. bis 5. von der Rentenversicherungspflicht freizustellen.

Auf der Grundlage einer am 28.04.2004 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Beigeladene zu 1. nach Anhörung der ASt in mit Bescheid vom 12.08.2004 das Fortbestehen der Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 2. bis 5. über den 05.11.2003 hinaus fest und bezifferte den Nachforderungsbetrag für 2003 mit 3.497,52 EUR. Das diesbezügliche Widerspruchsverfahren ruht. Den Antrag der ASt in auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat die Beigeladene zu 1. abgelehnt. Zugleich hat die AG in die ASt in u. a. unter dem 02.07.2004 aufgefordert, unverzüglich die Meldungen zur Sozialversicherung für die Beigeladenen zu 2. bis 5. zu korrigieren und die Rentenversicherungsbeiträge nachzuzahlen, sowie für den Fall, dass rechtzeitig keine Zahlungen geleistet werden, eine entsprechende Belastung des Beitragskontos auf der Grundlage von Schätzungen in Aussicht gestellt.

Unter dem Aktenzeichen S 6 KR 144/04 ist bei dem Sozialgericht Aachen ein Hauptsacheverfahren, gerichtet auf Aufhebung des Bescheides vom 12.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2004, anhängig.

Am 07.07.2004 hat die ASt in bei dem Sozialgericht Aachen im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend gemacht, die aufschiebende Wirkung der Klage müsse angeordnet werden. Ihr Aufschubinteresse hat die ASt in mit der für sie finanziell bedeutsamen Höhe der geforderten Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 2. bis 5. begründet, die ihre Liquidität und Kreditwürdigkeit ernsthaft beeinträchtige. Auch sei der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtswidrig. Die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 229 Abs. 1a SGB VI lägen vor mit der Folge, dass für die Beigeladenen zu 2. bis 5. keine Rentenversicherungspflicht bezüglich der Tätigkeit in ihrem, der ASt in, Maklerbüro bestehe. Zwar sei die AG am 06.11.2003 noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen; sie habe aber bereits als Vor-AG bestanden. Deren Rechte und Pflichten gingen ohne weiteres Zutun auf die AG über.

Die ASt in hat sinngemäß beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage S 6 KR 144/04 gemäß § 86 b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anzuordnen.

Die AG in hat beantragt,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, es bestünden weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung noch habe die ASt in dargelegt, warum die Vollziehung des Verwaltungsaktes für sie eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge habe. Die Voraussetzungen des § 86b Abs.1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 SGG lägen nicht vor.

Die Beigeladenen zu 1., auf die sich erstinstanzlich die Beiladung beschränkte, hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Mit Beschluss vom 26.11.2004 hat das Sozialgericht den Antrag der Ast in zurückgewiesen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden nicht. Die Übergangsvorschrift des § 229 Abs. 1a SGB VI sei nicht anwendbar, da am Stichtag, dem 06.11.2003, noch keine Aktiengesellschaft vorgelegen habe. Diese entstehe gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 AktG erst mit der Eintragung im Handelsregister. Die AG in sei auch zur Rücknahme des zunächst erteilten Bescheides vom 03.12.3003 gemäß § 45 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) berechtigt gewesen. Wegen der weiteren Begründung wird auf den o. g. Beschluss Bezug genommen.

Gegen den ihren Bevollmächtigten am 06.12.2004 zugestellten Beschluss hat die ASt in am 23.12.2004 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, sie habe auf Druck der AG in am 20.01.2005 die Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 2. bis 5. in Höhe von 3.437,52 EUR für die Zeit vom 06.11. bis zum 31.12.2003 und in Höhe von 22.670,48 EUR für das Jahr 2004 abgeführt. An ihrem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage halte sie dennoch fest; die AG in müsse bei einem Erfolg der Beschwerde die gezahlten Beiträge erstatten.

Die ASt in beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 26.11.2004 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage S 6 KR 144/04 gemäß § 86b Abs. 1 SGG anzuordnen.

Die AG in beantragt,

die Beschwerde der ASt in gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 26.11.2004 zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, spätestens mit der Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge sei der Anordnungsgrund - Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung - entfallen. Falls sich im Hauptsacheverfahren erweisen sollte, dass die Beiträge zu Unrecht eingezogen worden seien, würden diese selbstverständlich unverzüglich erstattet werden.

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

die Beschwerde der ASt in gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 26.11.2004 zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Argumentation der AG in an.

Die Beigeladenen zu 2. bis 5. stellen keine eigenen Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessaktes sowie der Verwaltungsvorgänge der AG in sowie der Beigeladenen zu 1. verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Gründe:

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit seinem Beschluss vom 26. November 2004 den Antrag der ASt in auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht zurückgewiesen.

Gemäß § 86a Abs. 1 SGG in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144), in Kraft getreten zum 02.01.2002, haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Um eine solche Entscheidung handelt es sich vorliegend: Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2004 hat die AG in unter Rücknahme des Bescheides vom 03.12.2003 die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 2. bis 5. dem Grunde nach festgestellt und damit gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG über Beitragspflichten der ASt in entschieden.

Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides kann in den Fällen des § 86a Abs. 2 SGG gemäß Abs. 3 S. 1 der Vorschrift von der erlassenden Verwaltungsstelle ganz oder teilweise ausgesetzt werden. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen (vgl. Abs. 2 S. 2), wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabe- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 86a Abs. 3 S. 2 SGG). In den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, kann das Gericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind nicht ersichtlich. Solche ernstlichen Zweifel sind nur anzunehmen, wenn der Erfolg des Rechtsmittels deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Misserfolg. Anderenfalls wäre angesichts der vielfältigen Rechtsprobleme wie der Schwierigkeiten einer umfassenden Sachverhaltsklärung in Beitragsangelegenheiten eine Aussetzung der Vollziehung regelmäßig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. grundlegend LSG NRW, Beschluss vom 18.12.2002, Az.: L 16 B 70/02 KR ER m. w. N., und Beschluss vom 03.06.2004, Az.: L 16 B 39/04 KR ER, jeweils veröffentlicht bei www.sozialgerichtsbarkeit.de; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86a RdNr. 27 m. w. N.).

Der Erfolg des Rechtsmittels - Klage vor dem Sozialgericht - ist nicht deutlich wahrscheinlicher als ein möglicher Misserfolg. Auf der Grundlage der in einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist von einer Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 2. bis 5. in der gesetzlichen Rentenversicherung bezüglich ihrer Tätigkeit für die ASt in über den 06.11.2003 hinaus auszugehen; darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 03.12.2003 bei summarischer Prüfung des § 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen, begünstigenden Verwaltungsaktes) vor. Der Bescheid vom 03.12.2003 war rechtswidrig, weil er § 1 Satz 4 SGB VI widersprach. § 1 S. 4 SGB VI bestimmte in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung, dass die Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft nicht versicherungspflichtig sind. Durch Art. 1 Nr. 2 des 2. Gesetzes zur Änderung des 6. Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (BGBl. 2300 I, 3013) wurde S. 4 wie folgt gefasst: "Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten." Als Übergangsrecht fügte der Gesetzgeber in § 229 SGB VI mit dem neuen Abs. 1a folgende Bestimmung ein: "Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, die am 06. November 2003 in einer weiteren Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig waren, bleiben in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig. Sie können bis zum 31. Dezember 2004 die Versicherungspflicht mit Wirkung für die Zukunft beantragen."

Es kann offen bleiben, ob der Gesetzgeber grundsätzlich mit der Rechtsfigur eines sogenannten Rechtsmissbrauchs - es handelt sich dabei um den Gebrauch von Rechten, also um rechtmäßiges Handeln, wenn auch möglicherweise nicht in einem vom Gesetzgeber intendierten Zweck - eine an sich zulässige Rechtsgestaltung mit ihren entsprechenden auch sozialrechtlichen Folgen verwehren könnte, wie dies die Spitzenverbände der Kranken-, Unfall-, Rentenversicherungsträger sowie der Bundesagentur für Arbeit und mit ihnen die AG in und die Beigeladene zu 1. annehmen (vgl. zu dem Problem SG Frankfurt, Urt. vom 15.09.2004, Az.: S 20 KR 2217/04, Juris-Dokumentation, KSRE079021017, RdNr. 22 = NJW-RR 2005, 43 ff). Sie stützen sich bei ihrer Argumentation auf die Gesetzesbegründung (vgl. zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und soziale Sicherung vom 05.11.2003, BTDrs. 15/1893, S. 11 f.).

Mit dem Bundessozialgericht (vgl. u. a. BSG, Urt. vom 19.06.2001, Az.: B 12 KR 44/00 R, Juris-Dokumentation, KSRE068821517, RdNrn. 21 und 23) kann zwar davon ausgegangen werden, dass die wirksame Bestellung zum Vorstand einer Aktiengesellschaft nach altem Recht die generelle Versicherungsfreiheit nach sich zog, selbst wenn dies zu einer sozialpolitisch höchst unerwünschten Befreiung der Vorstandsmitglieder von der Versicherungspflicht führte. Jedoch bezieht sich die Befreiungsnorm des § 1 S. 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2003 geltenden Altfassung nur auf die Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer bereits bestehenden Aktiengesellschaft. Auf den angeblichen Rechtsmissbrauch braucht nicht abgestellt zu werden, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des angeblichen Rechts nicht einmal förmlich ordnungsgemäß erfüllt sind.

Dementsprechend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Verwaltungsaktes; denn die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 229 Abs. 1a SGB VI, auf die sich die ASt in beruft, liegen nicht vor. Die Beigeladenen zu 2. bis 5. sind am Stichtag, dem 06.11.2003, nicht Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft gewesen. Eine Aktiengesellschaft, dessen Vorstand sie angehören könnten, existierte zu diesem Zeitpunkt mangels Eintragung ins Handesregister noch nicht. Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 AktG besteht eine Aktiengesellschaft als solche vor der Eintragung in das Handelsregister nicht. Im Rahmen einer typisierenden und damit einfachen, sicheren und gleichmäßigen Rechtsanwendung erscheint es zumindest bei einer Übergangsvorschrift, die in ihrer Funktion als Ausnahme von der Regel restriktiv auszulegen ist, nicht geboten, auch bereits die Vor-Aktiengesellschaft sowie die in Vollzug gesetzte Vor-Aktiengesellschaft als Gesamthandgesellschaften eigener Art (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 6. Aufl. 2004, § 29 RdNrn. 1 f., § 41 RdNrn. 3, 4 m. w. N.) unter den Begriff der Aktiengesellschaft im Sinne von §§ 1 S. 4, 229 Abs. 1a SGB VI zu fassen; dies widerspräche der genannten Regelung des § 41 Abs. 1 S. 1 AktG. Auch soweit in der Literatur die sog. Identitätstheorie vertreten wird (vgl. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 27 II 3 d m. w. N.), wonach es sich bei der Vorgesellschaft einer Aktiengesellschaft und der späteren juristischen Person um denselben Rechtsträger handele, wird der Eintragung ins Handelsregister eine besondere Bedeutung zugemessen, die die Aktiengesellschaft erst entstehen lasse und alle Vorschriften des Aktiengesetzes anwendbar mache. Für eine an § 41 Abs. 1 S. 1 AktG orientierte Auslegung des § 229 Abs. 1a SGB VI spricht aber auch der Praktikabilitätsgedanke. Das Aktiengesetz sieht umfassende Prüfungspflichten des Registergerichts vor und formalisiert das Eintragungsverfahren. Der Eintragung selbst kommt konstitutive Wirkung zu. Die Gründungsprüfung gemäß §§ 33 ff. AktG bei einer nicht eingetragenen Aktiengesellschaft sowie die materiell-rechtliche Einschätzung einer nicht eingetragenen Vorstandsbestellung müsste, wenn man nicht auf eine formelle Eintragung ins Handelsregister anknüpfte, ansonsten durch eine schwierige und aufwändige, durch eine Massenverwaltung kaum zu leistende Parallelwertung der Einzugsstelle nachvollzogen werden (so auch Buczko, Rentenversicherungspflicht von AG-Vorständen, DAngVers 2004, 161, 169; SG Frankfurt, Urt. vom 15.09.2004, Az.: S 20 KR 2217/04, a. a. O., RdNrn. 24 f. m. w. N.). Bis zu der Eintragung selbst kann im Übrigen ein Eintragungsantrag zurückgezogen werden. Allein ein notarieller Vertrag zur Gründung der Aktiengesellschaft oder die Festlegung einer Satzung, auch die Bestellung von Organen führen nicht zwangsläufig und immer zu der Eintragung und damit letztlich nicht zwangsläufig zur Entstehung der Aktiengesellschaft als solcher.

Auf Vertrauensschutz i.S. von § 45 Abs. 2 SGB X kann sich die ASt in ebenfalls nicht berufen. Der Gründungsvorgang der Aktiengesellschaft war zum Stichtag am 06.11.2003 nicht abgeschlossen, da es, wie ausgeführt, an der Eintragung in das Handelsregister fehlte. Insoweit besteht kein Vertrauensschutz darauf, dass bestehende rechtliche Regelungen, hier Beitragsregelungen, auch in Zukunft unverändert bleiben werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der in der Regel langwierige Gründungsvorgang erst am Stichtag selbst beginnt.

Der Senat hat schließlich auch keine Bedenken, dass im Übrigen die Voraussetzungen für die Rücknahme des ursprünglich erteilten Bescheides vom 03.12.2003 gemäß § 45 SGB X gegeben sind. Zwar hat die AG in das ihr obliegende Ermessen offensichtlich weder im Bescheid vom 12.12.2003 noch im Widerspruchsbescheid vom 19.05.2004 ausgeübt. Angesichts der klaren Rechtslage dürfte aber von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein, zumal auch der angefochtene Aufhebungsbescheid (vom 12.12.2003) zeitlich unmittelbar dem fehlerhaften Erstbescheid (vom 03.12.2003) folgte. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass die im November 2003 gegründete AG zwischenzeitlich in das Handelsregister eingetragen worden ist.

Dass die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für sie eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 86a Abs. 3 S. 2 SGG), hat die ASt in schließlich ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr hat sie inzwischen rd. 25.000 EUR an Beiträgen nachentrichtet, ohne dass offensichtlich wirtschaftliche Schwierigkeiten aufgetreten sind. Auch hat die AG in die sofortige Erstattung der geleisteten Beiträge für den Fall des rechtskräftigen Obsiegens der ASt in im Hauptsacheverfahren zugesagt. Im Übrigen widerspräche die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Hinblick auf § 28g S. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) dem Interesse der ASt in, denn es besteht die Gefahr, dass diese die auch abzuführenden Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung nicht mehr nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens gegenüber den Beigeladenen zu 2. bis 5. geltend machen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 197 a SGG.

Der Streitwert wird auf 17.000 EUR (22.670,48 EUR x 3 Jahre x ¼) festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 1 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist es in Beitragsstreitigkeiten regelmäßig sachgerecht, nur ¼ der im Hauptsacheverfahren streitigen Beitragsforderungen als Streitwert festzusetzen (vgl. ausführlich: LSG NRW, Beschluss vom 21.01.2004 - L 16 B 102/03 KR -), bei Statusfeststellungen ist auf das Dreifache des Jahresbetrages abzustellen (LSG NRW, Beschluss vom 10.01.2005, Az.: L 5 B 28/04 KR m. w. N.).

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, vgl. § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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