L 16 B 182/04 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KR 768/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 182/04 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Antragstellerin (im Folgenden: ASt in) einen Anspruch auf Versorgung mit Krankengymnastik in Doppelstunden hat, den sie bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen möchte.

Die am 00.00.1946 geborene ASt in, die bei der Antragsgegnerin (im Folgenden: AG in) gegen Krankheit versichert ist, leidet u. a. an einer spastischen Hemiparese links infolge einer Hirnblutung im Jahre 1990. Die Versorgungsverwaltung hat einen Grad der Behinderung von 100 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) anerkannt. Seit 1990 erhielt sie dreimal wöchentlich Krankengymnastik in Doppelstunden. Unter dem 29.07.2004 und 20.08.2004 verordnete ihr die behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychiatrie I wiederum 10 mal Krankengymnastik in Doppelstunden, während die AG in nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit Bescheid vom 08.09.2004 nur je 10 Einzelbehandlungen genehmigte. Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die ASt in geltend, innerhalb einer Therapieeinheit könnten nicht sämtliche Muskelkrämpfe der vielfältigen betroffenen Muskelgruppen auf ihrer linken Körperseite beseitigt werden. Die schmerzmildernde Wirkung der Krankengymnastik sei ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Lebensqualität. Zur Begründung verwies die ASt in auf Bescheinigungen der behandelnden Ärztin I und der Psychotherapeutin C, die übereinstimmend die medizinische Indikation für Doppelbehandlungen gegeben sahen. Die Zunahme des Muskeltonus führe zu einer verstärkten Sturzgefahr. Da sie zu Jahresbeginn einen Magendurchbruch infolge der jahrelangen Verabreichung von Schmerzmitteln erlitten habe, stünden ihr diese nun nicht mehr zu Schmerzlinderung zur Verfügung. Nach erneuter Einschaltung des MDK teilte die AG in der ASt in mit weiterem Bescheid vom 21.09.2004 mit, sie verbleibe bei ihrer Auffassung und werde zukünftig keine Kostenübernahmeerklärung für Krankengymnastik in Doppelstunden mehr erteilen. Auch gegen diesen Bescheid legte die ASt in Widerspruch ein. Die beiden Vorverfahren ruhen.

Am 01.10.2004 hat die ASt in den geltend gemachten Anspruch auf Versorgung mit Krankengymnastik in Doppelstunden im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens weiterverfolgt. Sie hat geltend gemacht, die Reduzierung der Krankengymnastik auf Einzelbehandlungen habe zu einer Steigerung der Muskelkrämpfe und damit verbundener erhöhter Schmerzen geführt. Ihr Gesundheitszustand verschlechtere sich rapide. Sie müsse seit der Reduzierung der Krankengymnatik auf Schmerzinjektionen und Schlafmittel zurückgreifen. Um eine weitere Zunahme der Muskelkrämpfe und der Schmerzen zu verhindern, sei die Genehmigung der Verordnung von Krankengymnastik in Doppelstunden dringend geboten. Zur Glaubhaftmachung hat sie eine Bescheinigung von Dr. B, Ärztin für Innere Medizin, vom 21.10.2004 vorgelegt ... Danach liegen bei der Klägerin stärkste Muskelschmerzen vor. Nach der Reduktion der Krankengymnastik seien 2 bis 3 mal wöchentlich Infusionen zur Schmerzbekämpfung erforderlich. Die Genehmigung der Krankengymnastik im früheren Umfang sei dringend geboten.

Die ASt in hat beantragt,

die AG in im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bei der ASt in die Kosten für Doppelstunden der Krankengymnastik zu übernehmen.

Die AG in hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat die Auffassung vertreten, Krankengymnastik in Doppelstunden sei nicht mehr notwendig. Krankengymnastik stelle keine Dauertherapie zur Schmerzreduktion dar, sondern diene der Erhaltung oder Verbesserung der Beweglichkeit und Geschicklichkeit sowie der Selbstversorgung und Alltagsbewältigung. In Übereinstimmung mit dem MDK sei nicht nachvollziehbar, warum es in 15 Jahren nicht möglich geworden sei, eine Eigenübungsbehandlung zu erlernen. Auch stünden eine medizinische Schmerztherapie - ohne Magenbelastung - sowie antispastische Medikamente zur Verfügung. Bei der ASt in lägen keine spezifischen Schädigungen vor, die noch durch Krankengymnastik therapierbar seien. Seit Oktober 2004 verordnet die behandelnde Neurologie I nur noch 3 mal wöchentlich Krankengymnastik als Einzelbehandlung. Geplant sei die weitere Reduktion der Krankengymnastik, ab November 2004 auf zwei mal wöchentlich als Einzelbehandlung, später auf einmal wöchentlich.

Mit Beschluss vom 27.10.2004 hat das Sozialgericht den Antrag der ASt in auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es lägen weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Es sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin keine Eigenbehandlungen erlernen könne. Dies ermögliche ihr die AG in, indem sie drei mal wöchentlich Krankengymnastik als Einzelbehandlung gewähre. Daneben sei der ASt in zumutbar, zur Schmerzlinderung auf den Magen nicht belastende Schmerzmittel und antispastische Mittel zurückzugreifen. Krankengymnastik diene nicht in erster Linie der Schmerztherapie.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des oben genannten Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 28.10.2004 zugestellten Beschluss hat diese am 22.11.2004 Beschwerde eingelegt. Sie nimmt zur Begründung auf eine ergänzende Bescheinigung der behandelnden Psychotherapeutin C vom 03.11.2004 und 08.02.2005 Bezug. Diese vertritt die Ansicht, eine Einzelstunde reiche nicht aus, um den erhöhten Muskeltonus zu lösen. Dieser baue sich mehr und mehr auf. Die früher regelmäßig mit einer Doppelstunde Krankengymnastik verbundene Schmerzlinderung sei nicht mehr zu erreichen. In den sieben Wochen seit Umstellung der Dauer einer krankengymnastischen Behandlung hätten sich die Schritte der ASt in verkürzt, der Gang sei unsicherer, die ASt in habe Gleichgewichtsprobleme. Ihr drohe der Verlust der Gehfähigkeit, wenn die Frequenz der krankengymnastischen Behandlung nicht wieder erhöht werde. Eigenübungen kämen für die ASt in nicht in Betracht, da bereits das Heben des linken Armes oder Beines den Tonus erhöhten und die Bewegungsfähigkeit bzw. Standfestigkeit beeinträchtigten. Bei der ASt in kämen nur passive, tonuslösende Techniken, wie manuelle Quer- und Längstdehnung der Muskulatur in Betracht, die sie nicht selbst durchführen könne. Mit Attesten vom 04.11.2004 und 15.02.2005 haben der behandelnde Arzt für Orthopädie Dr. T sowie Frau Dr. B Krankengymnastik in Doppelstunden zur Erhaltung der Selbsthilfefähigkeit der ASt in und zur Schmerzbekämpfung für dringend erforderlich gehalten. Letztere hat darauf hingewiesen, dass seit der Reduzierung der Krankengymnastik, eventuell wegen der Zunahme der Schmerzen, auch die Blutdruckmedikation um ein Vielfaches habe erhöht werden müssen. Durch die verstärkte Spastik sei es Anfang Juni 2005 zu einem Sturz mit massiven Prellungen gekommen. Die in der letzten Zeit aufgetretenen Wassereinlagerungen machten zusätzliche Lymphdrainage dringend erforderlich.

Die ASt in beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.10.2004 zu ändern und die AG in im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie dreimal wöchentlich mit Doppelstunden Krankengymnastik zu versorgen.

Die AG in beantragt,

die Beschwerde der ASt in gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.10.2004 zurückzuweisen.

Sie erachtet den angefochtenen Beschluss als zutreffend. Bei einem hochgradig psychisch überlagerten Krankheitsbild sei nicht nachvollzieh- und begründbar, dass eine Beschwerdelinderung nur durch Krankengymnastik in Doppelstunden erreichbar sein solle. Es sei darauf hinzuweisen, dass die ASt in nach wie vor dreimal wöchentlich Krankengymnastik, allerdings als Einzelbehandlung. Zusätzlich habe sie Verordnungen über Massagen und Fangobehandlungen vorgelegt. Zweck der zum 01.07.2004 neu gefassten Heilmittelrichtlinien sei es, gerade Dauerverordnungen zu überprüfen und, wenn sie außerhalb des Regelfalls lägen, ärztlich gesondert zu überprüfen. Offensichtlich sei vorliegend seitens der behandelnden Ärzte nicht in ausreichendem Maße eruiert worden, ob bei der ASt in aus langjähriger Gewohnheit ein menschlich zwar verständliches, medizinisch aber nicht begründbares Anspruchsdenken entwickelt habe. Der ASt in habe sie seit längerem angeraten, zur Linderung der Schmerzen eine schmerztherapeutische Behandlung durchzuführen. Die Behandlung in einer Klinik, die auf Schmerztherapie spezialisiert sei, habe die ASt in abgebrochen. Es sei stark zu bezweifeln, dass die Blutdruckmedikation durch Bewegung zu beeinflussen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und der Prozessakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung waren.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Beschluss vom 27.10.2004 den Antrag der ASt in auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ein Anspruch der ASt in auf Versorgung mit Doppelstunden von Krankengymnastik dreimal wöchentlich nicht ersichtlich.

Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.08.1999, Az.: 2 VR 1/99, Juris-Dokumentation, WBRE410005955, RdNr. 24 f.; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNr. 31 m. w. N.), ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie hier von der ASt in begehrt wird, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.08.1999, Az.: 2 VR 1/99, Juris-Dokumentation, WBRE410005955, RdNr. 24 f.; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNr. 31 m. w. N.

Wie das Sozialgericht zu Recht erkannt hat, fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch. Die ASt in hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Gewährung von Doppelbehandlungseinheiten in dem geltend gemachten Umfang - bei der hier erstrebten Vorwegnahme der Hauptsache - zur Abwendung wesentlicher Nachteile unabdingbar sind und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

Gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach S. 2 Nr. 3 der Norm die Versorgung u. a. mit Heilmitteln. Versicherte haben gemäß § 32 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt nach § 92 Abs. 1 SGB V die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährt für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten. Er soll nach S. 2 Nr. 6 insbesondere Richtlinie beschließen über u. a. die Verordnung von Heilmitteln. Bestandteil dieser Heilmittel-Richtlinien (Heilmittel-RL), Stand: 16.03.2004, www.ikk.de, gültig ab dem 01.07.2004, sind die Indikatoren geregelt, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikatoren, die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und die Besonderheiten der Wiederholungsverordnungen (vgl. II. Nr. 8 der Heilmittel-VO). Der Heilmittel-VO liegt ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Therapieziel erreicht werden kann, vgl. II. Nr. 11 der Heilmittel-VO. Die maximale Verordnungsmenge bei Erst- und Folgeverordnungen beträgt bis zum Erreichen der Gesamtverordnungsmenge jedes Regelfalls in der Physikalischen Therapie, zu der die Krankengymnastik zählt, bis zu sechs Einheiten (II. Nr. 11.2.3). Verordnungen außerhalb des Regelfalls, insbesondere längerfristige Verordnungen bedürfen einer besonderen Begründung mit prognostischer Einschätzung. Parallel dazu hat eine weiterführende Diagnostik zu erfolgen, um auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten (II. Nr.s 11.3 und 11.4). Schließlich hat der Vertragsarzt vor jeder Verordnung von Heilmitteln zu prüfen, ob entsprechend dem Gebot der Wirtschaftlichkeit das angestrebte Behandlungsziel auch durch eigenverantwortliche Maßnahmen der Patienten, durch Hilfsmittelversorgung oder durch Verordnung eines Arzneimittels unter Abwägung der jeweiligen Therapierisiken qualitativ gleichwertig und kostengünstiger erreicht werden kann. Dann haben diese Maßnahmen Vorrang gegenüber einer Heilmittelverordnung (II. Nr. 13). Weggefallen ist durch die vorliegend anwendbare Neufassung der Heilmittel-RL insbesondere die Langfristverordnung, die in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass die Gesetzlichen Krankenkassen die Notwendigkeit der Therapie oder von Behandlungsalternativen in der Regel nicht vorab durch den MDK prüfen lassen konnten (siehe Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Änderung der Heilmittel-RL vom 08.06.2004, Nr. 2.5). Im Fall der ASt in indiziert die fortlaufend - genehmigte - Verordnung von dreimal wöchentlich Krankengymnastik in der Einzelbehandlungseinheit bereits, dass eine Konstellation außerhalb des Regelfalls angenommen wird; denn der Regelfall bei dem bei der ASt in vorliegenden Krankheitsbild (ZNS-Erkrankungen einschließlich des Rückmarks nach Vollendung des 18. Lebensjahres - ZNS2) sieht eine Gesamtverordnungsmenge von 30 Einheiten bei einer Frequenzempfehlung von mindestens einmal wöchentlich vor. Diese Gesamtverordnungsmenge wird bereits durch die genehmigten Einzelbehandlungseinheiten bei weitem überschritten. Eine überzeugende Begründung für eine darüber hinausgehende Ausweitung der Verordnungen hat die ASt in in keiner Weise glaubhaft gemacht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die ursprünglichen Verordnungen vom 29.07. und 20.08.2004 Folgeverordnungen darstellen, bei denen der verordnende Arzt äußerst sorgfältig deren Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen hat. Ob dies der Fall gewesen ist und fortlaufend - bei Ausstellen von Verordnungen in der Zukunft - der Fall sein wird, erscheint zumindest zweifelhaft. Dagegen spricht zunächst offensichtlich seit 15 Jahren unveränderte Behandlungsfrequenz und der Umstand der Langzeitverordnung. Welche Alternativen zur Verordnung von Heilmitteln die behandelnde Ärztin geprüft (und verworfen) hat, ist von der ASt in nicht vorgetragen worden. Auch ergibt sich aus den oben genannten Verordnungen, die beispielhaft erscheinen, keinerlei Begründung für die Behandlungsfrequenz. Außer der Diagnose enthalten die Verordnungen lediglich den Hinweis, dass die Gefahr einer irreversiblen Verschlechterung bei Unterbrechung bestehe. Dies vermag allenfalls die Langzeittherapie an sich, nicht aber die Häufigkeit der wöchentlichen Behandlung, geschweige denn von Doppelbehandlungseinheiten zu begründen. Auch der Zusatz "PNF" (proprioceptive neuromuskuläre Facilitation) beinhaltet nur den Hinweis an den Physiotherapeuten, dass die gesamten Muskelgruppen, die bei einem bestimmten Bewegungsablauf eingesetzt werden, in die Behandlung einzubeziehen ist. Eine Glaubhaftmachung ist der ASt in auch über die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht gelungen. Soweit sich diese nicht ohnehin in der Angabe erschöpfen, die Doppelbehandlungen seien medizinisch indiziert, wird lediglich auf das allgemeine Krankheitsbild bei der ASt in verwiesen. Dieses ist jedoch bereits bei der Festlegung des Regelfalls durch die Heilmittel-RL hinreichend berücksichtigt worden und hat zur Festlegung von Gesamtverordnungsmenge und Frequenzempfehlung geführt. Dass die ASt in darüber hinaus von ihrem Krankheitsbild her Besonderheiten aufweist, die diesen von einem Regelfall abheben, ergibt sich nicht aus einer einzigen vorgelegten ärztlichen Bescheinigung. Ob tatsächlich seit der Reduzierung der Krankengymnastik eine Verschlechterung des Beschwerdebildes eingetreten ist, kann ebenfalls dahinstehen, da der Senat keine offen zu Tage tretende Kausalität zwischen der Behandlungsfrequenz und den eingetretenen Verschlechterungen des Beschwerdebildes (Bluthochdruck, Schmerzsyndrom, Spastik) zu erkennen vermag. Insoweit ist eine Vielzahl von Ursachen, auch psychischer Art, denkbar. Im Übrigen wäre - insoweit ist der AG in in der Argumentation zu folgen - seit langem bereits zu überprüfen gewesen, ob beispielsweise eine Schmerztherapie - anstelle von Krankengymnastik - Abhilfe schaffen könnte. Die ihr angebotene diesbezügliche Möglichkeit hat die ASt in jedenfalls nicht genutzt. Angesichts der aufgezeigten Einwände lässt sich ein Versorgungsanspruch der ASt in nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bejahen. Die ASt in kann insoweit nur auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden mit der Möglichkeit, durch weitere, gezielte Beweiserhebungen von Amts wegen eine eingehendere medizinische Klärung der Behandlungsmöglichkeiten zu erreichen. Dabei wird vorrangig durch Einholung medizinischer Fachgutachten zu prüfen sein, ob die derzeit begründet erscheinenden Bedenken der Beklagten letztlich durchgreifen.

Die Beschwerde war daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, vgl. § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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