L 4 RJ 66/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 RJ 99/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RJ 66/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24. März 2000 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte wehrt sich gegen die Pflicht zur Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit; streitig ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen.

Der am 00. November 1957 geborene Kläger hat von Juli 1973 bis Juli 1976 eine Lehre als Maler und Lackierer durchlaufen. Er hat am 30. Juli 1976 die Gesellenprüfung als Maler bestanden. Sodann war er bis 1994 als Maler und Lackierer berufstätig gewesen. Daran schloß sich eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit an. Im Jahre 1994 erlitt der Kläger im Bereich der linken Hand einen im wesentlichen folgenlos ausgeheilten Arbeitsunfall sowie im Bereich des linken Fußes und des linken Schlüsselbeines einen Freizeitunfall. Von Juli 1996 bis Oktober 1996 nahm er an einer Arbeitsbelastungserprobung teil. Er durchlief während dieser Zeit mit Erfolg ein Praktikum im Großhandel für Malerbedarf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Ärztlichen Entlassungsbericht vom 04. November 1996 verwiesen. Eine im Februar 1997 begonnene Umschulung zum Bürokaufmann wurde im April 1997 wegen Rückenbeschwerden abgebrochen. Sodann war er zunächst arbeitsunfähig erkrankt sowie erneut arbeitslos und -suchend gemeldet.

Am 19. August 1998 beantragte er die Gewährung von Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Gemäß dem von ihm dazu vorgelegten ärztlichen Attest der praktischen Ärzte Dres. T/ I vom 15. August 1998 sei er wegen einer sekundären Sprunggelenksarthrose links, einer Osteochondrose der Halswirbelsäule und eines Facettensyndroms der Lendenwirbelsäule auf Dauer für den erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf als Maler berufsunfähig. Die Beklagte ließ den Kläger orthopädisch begutachten. In seinem Gutachten vom 24. September 1998 berichtete Dr. S/ N von einer in allen Abschnitten gut erhaltenen Wirbelsäulenbeweglichkeit. Die Schulter- und Ellenbogengelenke seien vollbeweglich. Die Funktion der Hände sei erhalten. Ebenso seien die Knie- und Hüftgelenke vollbeweglich. Er diagnostizierte im wesentlichen ein Wirbelgleiten ersten Grades im Lenden-Kreuzsegment, einen geringen Verschleiß des linken Sprunggelenks nach Bruch und operativer Behandlung sowie einen verheilten Schlüsselbeinbruch beidseits. Das Wirbelgleiten sei älter und ein weiteres Abgleiten nicht zu befürchten. Eine Einschränkung bestünde nur für schwere körperliche Arbeiten. Der Kläger sei mit Sicherheit vollschichtig einsatzfähig in jeder leichten und manchmal auch mittelschweren Tätigkeit auch im Berufsbereich des Malers und Lackierers. Ein Mißverhältnis zwischen vorgebrachten Klagen und zu objektivierendem Befund sei deutlich. Die Bewegungsabläufe, die nicht zum direkten Untersuchungsgang gehörten, würden flott und ohne Behinderung durchgeführt, auch wenn sie belastend seien. Als Maler und Lackierer bzw. in gehobener Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger weiterhin mittelschwere Tätigkeiten, im Gehen, Stehen, Sitzen sowie in wechselnder Körperhaltung, vollschichtig verrichten. Die Einsatzbeschränkungen seien nicht erheblich. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 die Rentengewährung ab. Der Kläger sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Er könne in seinem bisherigen Beruf weiterhin vollschichtig arbeiten.

Dagegen hat der Kläger Widerspruch mit der Begründung erhoben, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Maler und Lackierer arbeiten zu können. Er könne keine Leitern mehr besteigen oder längere Zeit in gebückter Haltung verharren. Er könne den rechten Arm nicht mehr nach hinten dehnen und nicht den Kopf längere Zeit nach oben halten. Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle bei der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 1999 zurück. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Er genieße zwar den Berufsschutz als Facharbeiter, könne jedoch noch alle leichten und mittelschweren Tätigkeiten im Beruf als Maler und Lackierer vollschichtig verrichten. Er könne auch in gehobener Stellung sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Der Kläger sei zumutbar auf die Tätigkeiten eines Lackierers von Kleinteilen und Kleingeräten, als Fachberater im Tapetengroßmarkt und auch als Hauswart in großen Wohn- und Wirtschaftsanlagen zu verweisen.

Gegen diesen am 15. März 1999 zugegangenen Bescheid hat der Kläger am 15. April 1999 Klage erhoben und sein Begehren auf die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit vom 01. September 1998 an beschränkt.

Zur Begründung hat er behauptet, in ganz erheblichem Maße an Rückenschmerzen, Beschwerden an der rechten Schulter sowie Nackenbeschwerden zu leiden. Er könne deswegen keine Leitern mehr besteigen, nicht längere Zeit in gebückter Haltung verharren, den rechten Arm nicht mehr nach hinten dehnen und den Kopf nicht längere Zeit nach oben halten. Desweiteren hat er zur Begründung der Klage ein ärztliches Schreiben des Orthopäden Dr. A/I vom 08. April 1999 vorgelegt. Danach sei die Lendenwirbelsäule in allen Richtungen frei entfaltbar. Es bestünde keine radikuläre Symptomatik. Unterschenkel- sowie Oberschenkelumfang seien jeweils seitengleich. "Es werde bei der Ablehnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit bleiben."

Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt.

Das Sozialgericht hat neben anderen einen Befundbericht des Dr. T vom 08. Juli 1999 eingeholt. Demnach seien dem Kläger leichte körperliche Arbeiten vollschichtig möglich. Eine längere einseitige Belastung des linken Beines solle vermieden werden. Das Sozialgericht hat den Kläger chirurgisch begutachten lassen. In seinem Gutachten vom 08. Dezember 1999 hat der Sachverständige Dr. T1/B mitgeteilt, die freie passive und aktive Beweglichkeit der Schultergelenke sei ohne Schmerzangaben. Der Schürzen- und Nackengriff sei beidseits problemlos vorführbar. Die Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke seien ebenso freibeweglich wie die Hände. Auch Hüft- und Kniegelenke seien freibeweglich. Das linke obere und untere Sprunggelenk seien deutlich eingeschränkt beweglich. Die Beweglichkeit rechts sei unauffällig. Die von dem Kläger angegebenen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der rechten Schulter könnten nicht nachvollzogen werden. Die Beschwerden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule würden überzogen dargestellt. Die Bewegungseinschränkung sei eher gering. Die jetzt erhobenen Befunde seien mit denen des Gutachtens vom 23. September 1998 nahezu deckungsgleich, ebenso die Beschwerden. Der Sachverständige diagnostizierte im wesentlichen einen vorzeitigen Verschleiß im Bereich des linken oberen Sprunggelenkes, eine Verschiebung des 5. Lendenwirbelkörpers gegenüber dem Kreuzbein, ausgeprägte Verschleißveränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule sowie einen Zustand nach Bruch des rechten Schlüsselbeins. Er mutete dem Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, wechselweise im Gehen, Stehen, Sitzen, ohne längere gebückte Haltung sowie ohne einseitige körperliche Belastung, vollschichtig zu. Die Wegefähigkeit sei uneingeschränkt. Der Kläger gebe selbst eine freie Gehstrecke von 30 bis 40 Minuten an. Darüber hinaus hat das Sozialgericht den Beteiligten berufskundliche Unterlagen übersandt.

Mit Urteil vom 24. März 2000 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger vom 01. Sepember 1998 an Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Der Kläger sei berufsunfähig. Er könne nicht mehr im erlernten Beruf als Maler und Lackierer arbeiten. Es handele sich dabei um eine überwiegend mittelschwere bis gelegentlich schwere Arbeit, überwiegend im Stehen, zeitweise in Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten, Hocken, Knien und Bücken. Der Kläger könne wegen seiner orthopädischen Leiden nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Er genieße den Berufsschutz als Facharbeiter. Er könne nicht als Lackierer von Kleinteilen arbeiten. Auch diese Tätigkeit sei mit einseitiger Körperhaltung sowie Arbeiten in gebückter Haltung verbunden. Es erscheine der Kammer nicht möglich, kleinere Gegenstände im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu lackieren. Der Kläger könne nicht mehr als Hauswart/-meister arbeiten. Diese leichte bis mittelschwere Tätigkeit sei mit Arbeiten in Zwangshaltungen verbunden. Es handele sich keinesfalls um eine Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Auch fielen dabei Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung an. Der Kläger sei nicht zumutbar auf die Tätigkeit als Kundenberater in einem Tapetengroßmarkt zu verweisen. Die Befragung verschiedener Fach- und Baumärkte im Raum Aachen habe ergeben, daß die Einarbeitungszeit für einen kontaktfreudigen Handwerker mehr als drei Monate betrage. Es würde diesem an verkäuferischen Fähigkeiten fehlen. Diese müßten erst erlernt werden. Auch beinhalte diese Tätigkeit fast ständiges Gehen und Stehen.

Gegen dieses ihr am 11. April 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. April 2000 Berufung eingelegt.

Sie behauptet, der Kläger könne noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Sie ist der Auffassung, der Kläger sei ebenso auf die Tätigkeit eines Malers und Lackierers, der Beschriftung, Schilder und Werbeobjekte herstelle, zu verweisen wie auf die Tätigkeit eines Hausmeisters im Bereich der Wohnungswirtschaft. Er könne auch vollschichtig als Dekorationsmaler arbeiten. Es handele sich dabei um eine körperlich leichte Tätigkeit, überwiegend im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24. März 2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, ihm seien keine zumutbaren Verweisungstätigkeiten zu benennen. Die Tätigkeit eines Lackierers von Kleinteilen werde in Zwangshaltung und einseitiger Körperhaltung verrichtet. In die Tätigkeit eines Dekorations- oder Schildermalers könne er sich nicht binnen drei Monate wettbewerbsfähig einarbeiten. Er habe in seinem Beruf als Maler tapeziert, Decken gestrichen, Türen und Fenster lackiert sowie kleinere Flickarbeiten an Wänden ausgeführt. Auch als Fachverkäufer und Hausmeister könne er nicht tätig sein. Für beides besitze er keine entsprechenden Qualifikationen. Die Tätigkeit eines Warenmalers sei keine Facharbeitertätigkeit.

Der Senat hat von dem Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen/ Düsseldorf eine berufskundliche Stellungnahme eingeholt. Das Landesarbeitsamt hat am 04. August 2000 mitgeteilt, als berufsnahe Tätigkeiten seien dem Kläger noch die des Warenmalers/-Warenspritzlackierers zu benennen. Es handele sich dabei um eine leichte Arbeit im Wechsel von Stehen und Sitzen bzw. im Sitzen. Der Kläger könne auch als Dekorations-/Schildermaler tätig sein. Es handele sich um eine leichte Arbeit im Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen, die vereinzelt überkopf auf Leitern und Gerüsten ausgeübt werde. Des weiteren könne er als Fachberater/-verkäufer in Baumärkten tätig sein. Diese Arbeit werde ganztägig im Gehen, Stehen und zeitweise im Sitzen verrichtet. Ansonsten sei der Kläger auf die Tätigkeit eines Hausmeisters in Wohn-/Wirtschaftsanlagen zu verweisen. Es handele sich um leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, überwiegend im Gehen, Stehen, zum Teil in Zwangshaltung. In alle Tätigkeiten könne der Kläger sich binnen einer Einarbeitungszeit von bis zu drei Monaten wettbewerbsfähig einarbeiten. Alle Tätigkeiten stünden in nennenswertem Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Hinsichtlich der Einzelheiten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen und zum Verfahrensgegenstand gemachten Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger vom 01. September 1998 an Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Der Kläger kann von der Beklagten nicht unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide vom 01. September 1998 an die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit verlangen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (vgl. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI).

Rente wegen Berufsunfähigkeit erhält gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, wer berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist eine versicherte Person berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderungen auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen herabgesunken ist. In diesem Sinne ist der Kläger nicht berufsunfähig. Er kann noch einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen und auf diese Weise zumindest noch die Hälfte der Einkünfte einer mit ihm vergleichbaren versicherten Person (sogenannte gesetzliche Lohnhälfte) erzielen. Die Fähigkeit des Klägers, durch erlaubte Erwerbsfähigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen (Erwerbsfähigkeit), ist zwar durch verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen herabgemindert, jedoch nicht soweit, daß diese Fähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen einer gesunden Vergleichsperson herabgesunken ist.

Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Kläger noch zumindest leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, wechselweise im Gehen, Stehen, Sitzen, ohne längere gebückte Haltung sowie ohne einseitige körperliche Belastung, vollschichtig verrichten kann. Sein berufliches Leistungsvermögen wird im wesentlichen durch einen Zustand nach Bruch des linken oberen Sprunggelenks, eine angeborene Verschiebung des 5. Lendenwirbelkörpers gegenüber dem Kreuzbein, Verschleißveränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule sowie einen Zustand nach Bruch des rechten Schlüsselbeines herabgesetzt. Wie sich aus dem inhaltlich ergiebigen und widerspruchsfreien Gutachten des Dr. T1 vom 08. Dezember 1999 in Verbindung mit dem orthopädischen Gutachten des Dr. S vom 24. September 1998 sowie dem Befundbericht des Dr. T vom 08. Juli 1999 ergibt, stehen diese bei dem Kläger diagnostizierten Gesundheitsstörungen einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Die orthopädischen Gesundheitsstörungen schränken in ihrer wechselseitigen Beeinflussung das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nicht auf weniger als acht Stunden täglich ein. Die Lendenwirbelsäule ist ebenso wie alle Wirbelsäulenabschnitte im übrigen frei entfaltbar und in ihrer Beweglichkeit gut erhalten. Die Schultergelenke sind ohne Schmerzangaben frei passiv und aktiv beweglich. Der Schürzen- und Nackengriff ist beidseits problemlos vorführbar. Die Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke sind ebenso wie die Hände freibeweglich. Bei seitengleichem Umfang der Ober- und Unterschenkel sind die Hüft- und Kniegelenke freibeweglich. Bei freier Beweglichkeit des rechten oberen- und unteren Sprunggelenkes beschränkt sich die bei dem Kläger auf orthopädischem Gebiet festzustellende Bewegungseinschränkung im wesentlichen nur auf das linke obere und untere Sprunggelenk. Ein Mißverhältnis zwischen vorgebrachten Klagen und dem zu objektivierenden Befund ist deutlich. Die Bewegungsabläufe, die nicht zum direkten Untersuchungsgang gehören, werden flott und ohne Behinderung durchgeführt, auch wenn sie belastend sind. Die angegebenen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der rechten Schulter können nicht nachvollzogen werden. Die Beschwerden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule werden überzogen dargestellt. Hinweise auf ein seelisches Leiden von rentenbedeutsamem Ausmaß haben sich nicht ergeben.

Auch wenn der Kläger aufgrund seines eingeschränkten beruflichen Leistungsvermögens gegebenenfalls die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Maler mit Tapezierarbeiten, Deckenstreichen, Türen und Fenster lackieren sowie Ausführung kleinerer Flickarbeiten an Wänden nicht mehr verrichten kann, ist er nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 SGB VI. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfaßt gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten der versicherten Person entsprechen und ihr unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (vgl. Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 32, 107, und 169). Die

soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Berufe durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion/besonders hochqualifizierter Facharbeiter, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138 und 140). Der Kläger ist aufgrund seines beruflichen Werdegangs, seiner dadurch erlangten Kenntnisse und Fähigkeiten in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters einzustufen. Er hat in seiner zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung eine Tätigkeit verrichtet, für die er eine dreijährige abgeschlossene Lehre gebraucht hat. Der Kläger ist sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit eines Fachberaters/-verkäufers in Baumärkten zu verweisen. Bei dieser Tätigkeit werden Waren vorgeführt und Kunden fachlich über Beschaffenheit, Verwendung und Eigenschaften der Produkte beraten. Es handelt sich dabei um, der Tätigkeit in der von dem Kläger durchlaufenen Arbeitserprobung ähnliche, in der Regel leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, im Stehen und Gehen mit der Möglichkeit, zeitweise im Sitzen, insbesondere beim Ausstellen von Kassenbons und Führen von Bestands- und Bestellisten zu arbeiten. Diese Tätigkeit knüpft an die von dem Kläger durch die Ausbildung zum Maler und Lackierer erworbenen und durch die Ausübung der Tätigkeit als Maler vertieften Kenntnisse und Fähigkeiten an. Sie berücksichtigt darüber hinaus, daß der Kläger bereits im Rahmen der Arbeitsbelastungserprobung mit Erfolg ein Praktikum im Großhandel für Malerbedarf durchlaufen hat. Der Kläger kann sich auch aufgrund der während der Arbeitserprobung gezeigten Umstellungsfähigkeit in diese Tätigkeit binnen einer Einarbeitungszeit von drei Monaten wettbewerbsfähig einarbeiten. Diese Tätigkeiten stehen in nennenswertem Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Soweit das Sozialgericht anhand von Erhebungen im Bereich Aachen davon abgesehen hat, diese Tätigkeit dem Kläger zu benennen, ist dies unbeachtlich. Es kommt nicht auf die Verhältnisse im Bereich Aachen, sondern auf die Verhältnisse im entsprechenden Arbeitsfeld in der gesamten Bundesrepublik Deutschland an.

Ausnahmen von der Annahme der grundsätzlichen Verwertbarkeit des Restleistungsvermögens können allenfalls dann in Betracht kommen, wenn eine versicherte Person nach ihrem Gesundheitszustand nicht dazu in der Lage ist, die ihr ansich zumutbaren Arbeiten zu den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten, oder wenn sie außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von ihrer Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 53 und 95). Ein solcher Ausnahmefall liegt bei dem Kläger nicht vor. Den medizinischen Feststellungen nach kann er unter betriebsüblichen Bedingungen auch hinsichtlich der Pausen arbeiten und sind ihm übliche An- und Abmarschwege zu und von der Arbeit von mehr als 500 Meter täglich zu Fuß zumutbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Die Revision war nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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