L 3 U 29/00

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 26 U 379/94
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 29/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. März 2000 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zuständigkeit der Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für bestimmte Unternehmensbereiche streitig.

Die Klägerin, deren Rechtsvorgängerin im Jahre 1926 als Deutsche P. GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Vertrieb von elektrotechnischen Artikeln jeder Art insbesondere der P. Glühlampenfabrik E., der P. Radio-AG E. und der P. Metall Glühlampenfabrik E." gegründet wurde, entwickelt, produziert und vertreibt weltweit elektrotechnische Artikel unterschiedlicher Zweckbestimmung. Seit Gründung hat es mehrfach Änderungen der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion gegeben. So wurde im Jahre 1937 der Unternehmensgegenstand in "Herstellung und Vertrieb von elektrotechnischen Artikeln jeder Art" geändert, später der Sitz von B. nach H. verlegt und auch der Name mehrfach geändert. Bezogen auf das Jahr 1951 (Eintragung im Handelsregister am 24. Mai 1951) lauten Firma und Gegenstand des Unternehmens der so genannten Hauptniederlassung in H. "Deutsche P. Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Herstellung und Vertrieb industrieller Erzeugnisse, insbesondere elektrotechnischer Artikel und der Handel mit solchen". Durch Verschmelzungsvertrag vom 6. September 1989 wurde schließlich die P. GmbH mit der Allgemeine Deutsche P. Industrie GmbH, der bisherigen Konzernholding, verschmolzen, welche alsdann ihren Namen in den der heutigen Klägerin änderte. Der Unternehmensgegenstand der Klägerin lautet gegenwärtig "Entwicklung, Herstellung, Vertrieb, Vermietung (Leasing), Montage und Wartung von Erzeugnissen und technischen Anlagen sowie Software jeder Art, insbesondere unter der Bezeichnung ´P.´ ".

Die Klägerin befindet sich mit ihren Herstellungsbereichen bei der Beigeladenen in Versicherung, während die nicht-produzierenden, im Wesentlichen dem Vertrieb dienenden und sämtlich rechtlich unselbständigen Unternehmens¬bereiche/Zweignieder¬lassungen bei der Beklagten in Versicherung sind und von dieser getrennt veranlagt werden. Den jeweils ergangenen Aufnahmebescheiden der Beklagten liegen entsprechende Aufnahmeanträge der Klägerin zugrunde. Im Einzelnen sind dies die Hauptniederlassung (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1951, der Unternehmensbereich Consumer Electronics (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1951, der Unternehmensbereich Diktiersysteme (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1992, der Unternehmensbereich Lichtvertrieb (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1989, der Unternehmensbereich Elektrohausgeräte (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1990, der Unternehmensbereich Components (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1951 und der Unternehmensbereich Semiconductors (Mitgliedsnummer M XXXXX) seit dem Jahre 1992. Das Verhältnis der Zahl der Beschäftigten im Herstellungsbereich in Deutschland zu derjenigen in den übrigen Unternehmensbereichen in Deutschland wird von der Klägerin mit 10 zu 1 angegeben (etwa 16.000 zu 1.700 im Jahr 1993, 9229 zu 901 im Jahr 1999 und 8132 zu 832 im Jahr 2004).

Unter dem 26. Oktober 1993 beantragte die Klägerin die Überweisung dieser Unternehmensbereiche an die Beigeladene: Sie stelle sich in ihrer heutigen Form als Gesamtunternehmen im Sinne des § 647 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) mit einer Hauptniederlassung, fünf rechtlich unselbständigen Unternehmensbereichen sowie 10 rechtlich unselbständigen Fabriken für Elektroartikel dar. Zum Konzern gehörten außerdem noch die rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften. Nach der besonderen Zuständigkeitsregel des § 647 Abs. 1 RVO solle bei Gesamtunternehmen nur ein einziger Versicherungsträger zuständig sein. Jedoch seien die rechtlich unselbständigen Unternehmensbereiche, die sich ausschließlich mit dem Vertrieb der elektrotechnischen Produkte beschäftigten, überwiegend bei der Beklagten mitgliedschaftlich organisiert, während Fabriken und Laboratorien bei der Beigeladenen unfallversichert seien. Als einheitliches Unternehmen der Elektrotechnik sei man aber daran interessiert, eine einheitliche Betreuung durch einen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sicherzustellen, der dem Geschäftszweck entspreche. Es seien neue juristische Strukturen entstanden, denen auch in Bezug auf die Zugehörigkeit zur Berufsgenossenschaft Rechnung getragen werden müsse. Das Prinzip der Einheitlichkeit in der Berufsgenossenschafts-Zuständigkeit müsse nicht nur für einen Betrieb, sondern auch für ein einheitliches Unternehmen mit seinen diversen Betriebsstätten realisiert werden. Andernfalls ließen sich betriebsübergreifende Pflichten bei je nach Berufsgenossenschaft unterschiedlichen Pflichtinhalten nur schwer erfüllen. Hier sei an die zentralen Funktionen wie den Hauptsicherheitsingenieur, den Hauptwerksarzt und das zentrale Sozialwesen zu denken. Deren unternehmensbezogenes Tätigwerden werde kontraproduktiv beeinflusst, wenn die unterschiedlichen Rechtsvorschriften mehrerer Berufsgenossenschaften beachtet werden müssten. Auch erhöhe sich die Zahl relevanter Ansprechpartner bei Zuständigkeit von mehr als einer Berufsgenossenschaft pro Unternehmen. Eine Zuständigkeit der satzungsgemäß Unternehmen des Großhandels mit und ohne Lager sowie Lagerei- und Speicherunternehmen betreuenden Beklagten für die rechtlich unselbständigen Unternehmensbereiche der Klägerin sei nicht gegeben. Es sei vielmehr für die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin insgesamt die Beigeladene zuständig, welche nach ihrer Satzung Unternehmen betreue, deren Gegenstand u.a. die Herstellung elektrotechnischer Erzeugnisse und elektrischer Großgeräte sei. Es würden auch kaum noch Lager in Deutschland unterhalten. Die Distribution erfolge direkt ab Fabrik. Noch bestehende Lager würden ins Ausland verlegt. Großhandel finde nicht statt. Veräußert werde nur an Wiederverkäufer, und zwar Produkte, die im Konzern selbst hergestellt würden. An Endverbraucher werde nur noch im Personalverkauf veräußert. In der Hauptniederlassung schließlich werde gar kein Handel mit Waren getrieben. Diese biete vielmehr Dienstleistungen innerhalb des Konzerns an und übe Leitungsfunktionen aus.

Die Beklagte stellte daraufhin interne Ermittlungen in ihrem Geschäftsbereich an. Die befragten technischen Aufsichtsbeamten gaben an, dass sich hinsichtlich der Unfallverhütungsarbeit und hinsichtlich des technischen Aufsichtsdienstes keine Besonderheiten im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu zwei Berufsgenossenschaften ergeben hätten. Vielmehr habe man erfahren, dass finanzielle Erwägungen für den Wunsch nach einem Wechsel der Berufsgenossenschaft ausschlaggebend seien.

Mit Bescheid vom 11. August 1994 lehnte die Beklagte das Überweisungsbegehren ab. Ein Grund für eine Überweisung nach § 667 Abs. 1 RVO sei nicht ersichtlich. Sie, die Beklagte, sei die für die Vertriebsorganisation der Klägerin nach den §§ 646 ff. RVO sachlich zuständige Berufsgenossenschaft. Denn zum Großhandel rechneten auch Verkaufsniederlassungen von Herstellungswerken, weil diese die gleichen Aufgaben hätten wie andere Großhandelsbetriebe. Insoweit unterscheide die Klägerin selbst streng zwischen Fertigung und Vertrieb. Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen, die eine Überweisung rechtfertigten, seien auch nicht eingetreten. Dies gelte namentlich angesichts der geschilderten Änderung der juristischen Strukturen. Es sei nur eine Holding mit der Hauptniederlassung verschmolzen worden. Eingetreten seien jedoch weder Veränderungen in der Organisation noch in Bezug auf die beschäftigten Mitarbeiter in den Vertriebsbereichen. Im Übrigen gelte der Grundsatz, dass ein Betrieb, der – wie hier – längere Zeit unbeanstandet einer Berufsgenossenschaft angehört habe, mangels einer wesentlichen Veränderung und eines offensichtlichen Irrtums bei der die Mitgliedschaft begründenden Aufnahme dort zu belassen sei. Der mit der Mitgliedschaft bei zwei unterschiedlichen Berufsgenossenschaften verbundene zusätzliche Verwaltungsaufwand führe zumal angesichts der automatischen Datenverarbeitung zu keinen eine Überweisung rechtfertigenden Unzuträglichkeiten. Auf den Bescheid wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 1994 wies die Beklagte den unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vorbringens und mit dem Hinweis, dass auch das letzte von der Klägerin geführte Lager mittlerweile geschlossen worden sei, begründeten Widerspruch zurück. Weder seien wesentliche Veränderungen in den Betriebsverhältnissen zu verzeichnen noch liege eine unrichtige Eintragung im Sinne des § 664 Abs. 3 RVO vor. Die Eintragung eines Unternehmens sei dann unrichtig, wenn sie auf Grund eines so gröblichen Irrtums erfolgt sei, dass der Verbleib des Betriebes bei der formal zuständig gewordenen Berufsgenossenschaft der gesetzlichen Zuständig¬keitsregelung eindeutig zuwiderlaufen würde, oder wenn schwerwiegende Unzuträglichkeiten nachweisbar seien, welche die Belassung bei der Berufsgenossenschaft als unbillige Härte erscheinen ließe. Hieran fehle es.

Das Sozialgericht hat der daraufhin fristgerecht erhobenen Klage durch Urteil vom 13. März 2000 stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die unselbständigen Unternehmensbereiche Hauptniederlassung, Consumer Electronics, Diktiersysteme, Licht, Elektrohausgeräte, Components und Semiconductors mit Wirkung vom 1. Januar 1994 an die Beigeladene zu überweisen, und zur Begründung ausgeführt, es bestehe für sämtliche unselbständigen Betriebe der Klägerin Unternehmeridentität. Durch Aufgabe der rechtlichen Selbständigkeit der Betriebe Hauptniederlassung, Licht, Components und Semiconductors sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Aufgabe der rechtlichen Selbständigkeit der Hauptniederlassung stelle auch für die schon immer rechtlich unselbständigen Bereiche Consumer Electronics, Diktiersysteme und Elektrohausgeräte Unternehmeridentität mit der Klägerin her, weil diese Betriebe durch die Hauptniederlassung geleitet worden seien und weiter geleitet würden. Es lägen alle Voraussetzungen für die Annahme eines Gesamtunternehmens im Sinne des § 647 Abs. 1 RVO vor. Dies gelte auch angesichts des Einwandes der Beklagten, dass es sich insoweit nur um eine formalrechtliche Änderung gehandelt habe. Als Hauptunternehmen sei der bei der Beigeladenen versicherte unselbständige Produktionsbereich anzusehen, weil dieser Bereich innerhalb des Gesamtunternehmens auf Grund der Zahl der Arbeitskräfte, der Entgeltsumme und des Wertes der Betriebseinrichtungen den wirtschaftlichen Schwerpunkt bilde und die Produktion von Elektroartikeln für die Klägerin prägend sei.

Das Urteil ist der Beklagten am 19. Juni 2000 zugestellt worden.

Diese hat am 5. Juli 2000 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, auf den Sachverhalt seien nicht die Vorschriften der RVO, sondern diejenigen des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Siebten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VII – anzuwenden, weil es sich vorliegend um eine Verpflichtungsklage handele. Die Voraussetzungen des sonach einschlägigen § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII lägen nicht vor. Die Firmenhistorie zeige, dass vom Zeitpunkt der erstmaligen Eintragung bei der Beklagten bis zum heutigen Zustand die Zahl der Gesellschaften nach anfänglicher Zunahme wieder reduziert worden sei durch die Verschmelzung der P. GmbH mit der Allgemeine Deutsche P. Industrie GmbH und die Rücknahme der rechtlichen Verselbständigung des Licht-Vertriebes. Demgegenüber habe die Beklagte seit dem Zeitpunkt der erstmaligen Eintragung den Vertrieb der P.-Produkte in Versicherung erhalten. Dieser sei von Beginn an personalmäßig zentral über die Hauptniederlassung geleitet worden, welche ebenfalls von Beginn an über die Verwaltungsgesellschaft die Interessen der niederländischen Muttergesellschaft berücksichtigt habe. Weder sei die damalige Eintragung offensichtlich unrichtig gewesen noch hätten sich wesentliche Änderungen der Verhältnisse ergeben.

Die seinerzeitige Aufnahme des Vertriebsteiles der Klägerin sei nicht im Sinne einer anfänglichen Unrichtigkeit nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu beanstanden gewesen, weil eine die Betriebsüberweisung rechtfertigende anfängliche Unrichtigkeit nur bei eindeutigem Verstoß gegen die gesetzliche Zuständigkeitsregelung oder bei schwerwiegenden Unzuträglichkeiten anzunehmen sei. Hieran fehle es, weil seinerzeit zwischen den einzelnen Teilunternehmen (Produktion einerseits und Vertrieb andererseits) kein wirtschaftlicher und betriebstechnischer Zusammenhang bestanden und es sich sonach nicht um ein Gesamtunternehmen im Sinne des § 631 RVO a. F. gehandelt habe. Denn es habe eine räumliche Trennung der Teilunternehmen vorgelegen, gemeinsame Betriebseinrichtungen hätten gefehlt, und ein Austausch von Arbeitnehmern sei nicht erfolgt. Schwere Unzuträglichkeiten hätten ebenso wenig vorgelegen. Sie könnten sich immer nur aus Umständen ergeben, die geeignet seien, Schwierigkeiten im Aufbau und der Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung selbst hervorzurufen. Hierzu gehöre weder eine unterschiedliche Beitragshöhe noch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand.

Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII liege ebenso wenig vor. Im Hinblick auf die Grundsätze der Katasterrichtigkeit und Katasterstetigkeit führten nur solche nachhaltigen wesentlichen Betriebsveränderungen zu einer Überweisung, die das Gepräge des Unternehmens grundlegend umgestaltet hätten. Grundlegend bedeute, dass das Unternehmen, die Tätigkeit, nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft passe. Da sich Änderungen stets auf Art und Gegenstand des Unternehmens beziehen müssten, sei eine formal- und gesellschaftsrechtliche Zusammenfassung bislang selbständiger Unternehmensteile oder von unselbständigen Unternehmensteilen in verschiedene Rechtspersonen keine wesentliche Änderung der betrieblichen Verhältnisse. Letztlich sei bei der Klägerin lediglich der Vertrieb modernisiert und gestrafft worden, was keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse darstelle. Es liege weiterhin ein dem Großhandel gleichzusetzender Betrieb von Verkaufsniederlassungen vor, für den die Beklagte auch zuständig sei, wenn keine Lager unterhalten würden. Schließlich sei eine Überweisung mit Wirkung für die Vergangenheit – wie sie das Sozialgericht vorgenommen habe – gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. März 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. März 2000 zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen und verteidigt die Entscheidung des Sozialgerichts. Schon die ursprüngliche Eintragung in das Unternehmerverzeichnis sei unrichtig gewesen, weil sie gegen den Grundsatz verstoßen habe, dass ein Gesamtunternehmen, welches nach ihrer Auffassung vorliege, bei nur einem Träger der Unfallversicherung zu veranlagen sei. Im Übrigen ergäben die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen sehr wohl eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Auch sei im Vertriebsbereich eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass dieser Teil mit der Produktion untrennbar verzahnt sei.

Die Beigeladene schließt sich dem Vorbringen der Klägerin an. Sie hält das erstinstanzliche Urteil ebenfalls für zutreffend.

Im Senatstermin am 7. August 2002 ist der Klägerin aufgegeben worden, vorzutragen und zu belegen, welche tatsächlichen Veränderungen der einzelnen Unternehmensbereiche der Klägerin zu welchem Zeitpunkt erfolgt sind. Sie hat mit Schriftsatz vom 26. Juni 2003 vorgetragen, sie – die Klägerin – habe sich vom reinen Vertriebsbetrieb zum Herstellerbetrieb mit Eigenvertrieb gewandelt. Um einen solchen habe es sich bereits zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns im Jahre 1951 gehandelt, so dass Unrichtigkeit der Eintragung von Anfang an bestanden habe. Wesentliche Änderungen hätten sich hinsichtlich der Verkaufsniederlassungen ergeben. Anfang der 80er Jahre hätten noch fünf Verkaufsniederlassungen mit 15 Auslieferungs- und Außenlagern bestanden. Ebenso habe ein Reparaturservice für Geräte der Unterhaltungselektronik bestanden. Der Vertrieb der Ware sei regional erfolgt. Mitte der 80er Jahre sei dann eine Konzentration auf zwei Zentrallager und Lieferzentren erfolgt. Als Folge der Konzentration im Handel sei dann schließlich der regionale Vertrieb Mitte der 90er Jahre ganz aufgegeben worden. Sämtliche Niederlassungen und Verkaufsbüros sowie Servicestützpunkte seien geschlossen worden. Die Betreuung der Kunden erfolge über Außendienstmitarbeiter, welche mit Hilfe von Telefon, Laptop und Handy und entsprechender Software in sog. homeoffices arbeiteten. Nachdem das letzte Lager in D. 1995 geschlossen worden sei, würden sämtliche in P.-Fabriken weltweit hergestellten Waren entweder direkt an Kunden ausgeliefert oder bei externen Dritten gelagert, welche sodann die Auslieferung vornähmen. Es gebe bei ihr kein Personal mehr, welches Ware physisch bewege. Der Anzahl der "Verkäufer" in Relation zu der Zahl der in der Herstellung Beschäftigten habe sich zu Lasten der "Verkäufer" geändert.

Die Beklagte beharrt auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen auf ihrem Rechtsstandpunkt. Die von der Klägerin angegebenen Änderungen der Vertriebsstruktur seien nur die üblichen Anpassungen an die Erfordernisse des Marktes. Sie gäben keinen Anlass für einen Wechsel des Versicherungsträgers. Außer innerorganisatorischen und gesellschafts¬rechtlichen Änderungen habe die Klägerin nichts vorzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf denjenigen der von der Beklagten vorgelegten Sachakten Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Unternehmen der Klägerin an die Beigeladene zu überweisen. Die hierfür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nach den Vorschriften des SGB VII, das insoweit am 1. Januar 1997 in Kraft getreten ist (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes – UVEG – vom 7. August 1996 – BGBl. I S. 1254) und demgemäß auch bereits vom Sozialgericht hätte beachtet werden müssen. Gesetzesänderungen, die während der Rechtshängigkeit einer Verpflichtungsklage (hier der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage) eintreten, sind grundsätzlich vom Gericht zu beachten, sofern das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfassen will (Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 14. Juli 1993, BSGE 73, 25, 27 = SozR 3-2500 § 116 Nr 4; BSG, Urteil vom 28. Januar 1998 – B 6 KA 44/96 R – m.w.N.). Das ist hier der Fall. Die für die Überweisung von Unternehmen maßgebenden §§ 664 Abs. 3 und 667 Abs. 1 RVO wurden mit Wirkung zum 1. Januar 1997 aufgehoben (Art 35 Nr. 1 UVEG). Eine hiervon abweichende Regelung des Übergangsrechts (§§ 212 ff SGB VII) fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 1998 – B 2 U 31/97 R – ). Für den geltend gemachten Anspruch auf Überweisung ist nunmehr § 136 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 SGB VII maßgebend. Die Vorschrift hat die bisherigen Regelungen in der RVO zur Überweisung von Unternehmen unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Rechtsprechung übernommen und konkretisiert (Amtl. Begründung zu § 136 Abs. 1 SGB VII, BT-Drucks 13/2204, Seite 108). Sie regelt nunmehr zusammenfassend, unter welchen Voraussetzungen bei anfänglicher Unrichtigkeit (im Folgenden a) oder bei nachträglicher Änderung der festgestellten Zuständigkeit (im Folgenden b) das Unternehmen an den zuständigen Unfallversicherungsträger zu überweisen ist.

a) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens liegen die Voraussetzungen für eine Überweisung wegen anfänglicher Unrichtigkeit der Feststellung der Zuständigkeit nicht vor.

Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Diese Regelung übernimmt die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 664 Abs. 3 RVO, einer Spezialregelung gegenüber § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Danach war die Berichtigung der Eintragung eines Unternehmens in das Unternehmerverzeichnis einer Berufsgenossenschaft nur dann zulässig, wenn diese aufgrund eines so gröblichen Irrtums erfolgt war, dass die weitere Belassung des Betriebes bei der formal zuständig gewordenen Berufsgenossenschaft der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung eindeutig zuwiderlaufen würde, oder wenn schwerwiegende Unzuträglichkeiten nachweisbar waren, welche die Belassung des Betriebes bei der formal zuständig gewordenen Berufsgenossenschaft als unbillige Härte erscheinen ließe, wobei jeweils auf den Zeitpunkt des Erlasses des Aufnahmebescheides abzustellen war (grundlegend Urteil vom 28. November 1961, BSGE 15, 282, 288 f; Urteil vom 28. Oktober 1974, BSGE 38, 187, 191).

Die sachliche Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft richtet sich grundsätzlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens, d.h. nach dessen Tätigkeit (vgl. § 122 Abs. 1 SGB VII, § 646 Abs. 2 RVO), wobei als Unternehmen jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, gerichtet auf einen einheitlichen Zweck und ausgeübt mit einer gewissen Regelmäßigkeit, verstanden wird (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1973, BSGE 36, 111, 115). Das Unternehmen ist damit begrifflich von der natürlichen oder juristischen Person des Unternehmers zu trennen. Für die Zuständigkeit einer Berufsgenossenschaft bedeutet dies, dass die maßgeblichen Rechtsbeziehungen nicht über die Person, d.h. den Unternehmer und damit im vorliegenden Falle die P. GmbH in ihren unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen Ausformungen, hergestellt werden, sondern durch Art und Gegenstand der ausgeübten Tätigkeit. Die Mitgliedschaft des Unternehmers bei der für sein Unternehmen sachlich zuständigen Berufsgenossenschaft ist lediglich eine Rechtsfolge der durch die Aufnahme der Tätigkeit herbeigeführten materiell-rechtlichen Mitgliedschaft. Das Unternehmen entscheidet über die sachliche Zugehörigkeit, und zwar unabhängig davon, wer, d.h. welcher Unternehmer die Tätigkeit ausübt. Ob ein Fall ursprünglich unrichtiger sachlicher Zuständigkeit oder ein Fall nachträglich veränderter sachlicher Zuständigkeit vorliegt, ist somit an den auf die wirtschaftliche Tätigkeit bezogenen Verhältnissen bei der erstmaligen Aufnahme des Unternehmens in einer Berufsgenossenschaft zu messen. Dagegen hat ein Unternehmerwechsel in der Regel keine Auswirkung auf die sachliche Zuständigkeit.

Für die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auftretende Klägerin ist hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes von der Eintragung im Handelsregister auszugehen. Er gibt Aufschluss über den Gesellschaftszweck. Zu beachten ist hierbei, dass – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – es sich nicht um 7 einzelne Unternehmen handelt, die Aufnahme bei der Beklagten fanden und hinsichtlich derer ein Zuständigkeitswechsel angestrebt wird, sondern vielmehr um ein Unternehmen, nämlich den Deutschland-Vertrieb der inzwischen weltweit unter dem Namen P. produzierten Erzeugnisse. Dafür spricht die durch die Handelsregisterauszüge nachgewiesene Firmenhistorie. Die Unterteilung in verschiedene Mitgliedsbetriebe hatte nach allen im Verfahren zutage getretenen Umständen lediglich abrechnungstechnische Gründe.

Maßgeblich für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften ist auch unter der Geltung des SGB VII der Bundesratsbeschluss vom 21. Mai 1885 betreffend die Bildung der Berufsgenossenschaften (Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungsamts – AN – 1885, 143) mit den hier einschlägigen Änderungen vom 1. November 1901 (AN 621) und vom 10. Oktober 1912 (AN 925), das vom Reichsversicherungsamt aufgestellte alphabetische Verzeichnis der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit (AN 1885, 254; 1986, 134; 1903, 404; 1906, 477), ferner (soweit mit den erwähnten Bundesratsbeschlüssen in Übereinstimmung stehend) das im Einvernehmen der gewerblichen Berufsgenossenschaften aufgestellte Alphabetische Verzeichnis der Gewerbezweige mit Angabe der Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Alphabetisches Verzeichnis) und schließlich die Satzung der Beklagten. Denn die nunmehr in § 122 Abs. 1 SGB VII (ebenso wie nach dem Recht der RVO, vgl. dort § 646 Abs. 2) vorgesehene, die Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Einzelnen regelnde Rechtsverordnung ist bis zum heutigen Tage nicht erlassen worden (st. Rspr. des BSG, vgl. etwa Urteil vom 30. Januar 1975, BSGE 39, 112 f., 116 sowie Urteil vom 4. August 1992, BSGE 71, 85, 86).

Hinsichtlich der einzelnen Unternehmensbereiche der Klägerin bestand bei deren Aufnahme weder ein eindeutiger Widerspruch zu der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung (aa), noch gibt es insoweit Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte (bb).

aa) Vorliegend verweist das Alphabetische Verzeichnis wegen der "Verkaufsstellen von Herstellungsbetrieben" in Übereinstimmung mit den erwähnten Bundesratsbeschlüssen auf die Zuständigkeit der Beklagten, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ihrer Satzung für den Großhandel mit und ohne Lager, den Handel und den Verkauf an gewerbliche und landwirtschaftliche Verwender zuständig ist. Die Aufnahme der gesamten Vertriebsorganisation der Klägerin in die Versicherung der Beklagten stand damit nicht von Beginn an in einem eindeutigen Widerspruch zu dieser Zuständigkeitsordnung. Vielmehr entsprach sie durchaus dem Wortlaut des Alphabetischen Verzeichnisses, trug den Besonderheiten der Firmenstruktur der Klägerin Rechnung und entsprach auch letztlich dem Willen der Klägerin. Insoweit wird nämlich in allen vorliegenden Handelsregistereintragungen betreffend die Klägerin zur Beschreibung des Gesellschaftszwecks neben der Entwicklung und der Herstellung elektrotechnischer Artikel gesondert auch auf den Vertrieb derselben und – bezogen auf das Jahr der erstmaligen Versicherung der Klägerin bei der Beklagten, das Jahr 1951 – sogar auf den Handel mit denselben abgehoben. Auch hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Aufnahme des jeweiligen Unternehmensbereiches bei der Beklagten gegenteilige Vorstellungen nicht entwickelt und der Aufnahme nicht nur nicht widersprochen, sondern diese sogar jeweils begehrt und hierzu in dem entsprechenden Aufnahmefragebogen ausdrücklich auf "Vertrieb" bzw. im Falle des Unternehmensbereichs Elektrohausgeräte sogar auf den "Handel mit kleinen Elektrogeräten" hingewiesen. Klägerin und Beklagte gingen folglich übereinstimmend von einem Sachverhalt aus, der die Zuständigkeit der Beklagten für den Vertrieb der P.-Erzeugnisse zumindest nahe liegend erscheinen ließ.

Etwas anderes ergibt sich für den jeweiligen Aufnahmezeitpunkt nicht aus § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO (nunmehr § 131 SGB VII). Nach dieser Vorschrift ist bei Unternehmen, die verschiedenartige Bestandteile umfassen, die Berufsgenossenschaft zuständig, der das Hauptunternehmen angehört. Hieraus folgt eine besondere Zuständigkeitsregel für Bestandteile eines Unternehmens. Ihre Anwendung setzt voraus, dass die verschiedenartigen Unternehmensteile ein Gesamtunternehmen bilden, dem das Hauptunternehmen sein Gepräge gibt. Letzteres ist damit maßgeblich für die sozialversicherungsrechtliche Stellung des Gesamtunternehmens (BSG, Urteil vom 30. Januar 1975, BSGE 39, 112, 117). Entscheidend ist hierbei eine lebensnahe Betrachtung, bei der Umstände wie eine einheitliche Unternehmensleitung und ein räumlicher Zusammenhang der Betriebsteile und der Austausch von Arbeitskräften von Bedeutung sind. Nach den gesamten Fallumständen liegt jedenfalls nicht im Sinne einer gröblichen Unrichtigkeit nahe, dass die ausschließlich mit dem Vertrieb befassten Unternehmensbereiche der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt als Teile eines Gesamtunternehmens der Produktion elektrotechnischer Artikel hätten ausschließlich bei der Beigeladenen versichert werden müssen. Hierfür ist wiederum die zunächst die Handelsregistereintragung für die einzelnen Unternehmensbereiche maßgeblich. Sie bestimmt jeweils gesondert den Unternehmensgegenstand in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht und gibt im Falle der Klägerin keinen Hinweis auf eine etwaige Eingliederung der Vertriebsbereiche in diejenigen der Produktion, sie spricht vielmehr für deren unternehmerische Selbständigkeit. Gleiches ergibt sich aus den von der Klägerin jeweils erstellten Aufnahmefragebögen. Ihnen lässt sich kein Hinweis dafür entnehmen, dass der maßgebliche Wille der Unternehmensleitung dahin gegangen sei, die Klägerin mit allen ihren Unternehmensbereichen als ein einheitlicher Versicherung bei der Beigeladenen unterliegendes Gesamtunternehmen anzusehen. Versicherung bei der Beigeladenen hat die Beklagte vielmehr im Einzelfalle ausdrücklich lediglich für ihre Herstellungsbereiche reklamiert, während sie den Vertrieb ihrer Erzeugnisse der Versicherung bei der Beklagten unterstellt hat und dies im Hinblick auf die Selbständigkeit dieses Unternehmensbereiches auch wollte. Es bestand zudem eine räumliche Trennung von der Produktion. Ein Austausch von Arbeitskräften fand ebensowenig statt. Beides ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Nach allem können im jeweils maßgeblichen (Aufnahme-) Zeitpunkt allenfalls Zweifel an der Zuständigkeit der Beklagten bestanden haben. Dies reicht jedoch für die Annahme eines eindeutigen Widerspruchs zu den Zuständigkeitsregeln nicht aus.

bb) Schwerwiegende Unzuträglichkeiten bei Festhalten an den jeweiligen Aufnahmebescheiden lassen sich ebensowenig feststellen. Sie liegen nicht schon bei einer unterschiedlichen Beitragshöhe vor (BSG, Urteil vom 28. November 1961, BSGE 15, 282), sondern ohnehin nur dann, wenn die Versicherung bei unterschiedlichen Berufsgenossenschaften sich auf den Aufbau oder die Durchführung der Unfallversicherung, insbesondere der Unfallverhütung auswirkt. Dies ist nach den Ermittlungen der Beklagten nicht der Fall. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Dass eine einheitliche Versicherung aus ihrer Sicht "produktiver" ist, vermag eine schwerwiegende Unzuträglichkeit nicht zu begründen. Von einem erhöhten Verwaltungsaufwand ist angesichts der gegenwärtigen Möglichkeiten elektronischer Datenverarbeitung nicht mehr auszugehen.

b) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fehlt es auch an den Voraussetzungen für eine Überweisung wegen Änderung der Zuständigkeit. Gemäß § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII hat der Unfallversicherungsträger das Unternehmen an die zuständige Berufsgenossenschaft zu überweisen, wenn sich nachträglich die ursprünglich richtig festgestellte Zuständigkeit für ein Unternehmen ändert. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S. des § 48 SGB X, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, liegt vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Die in § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII enthaltene Definition der für eine Zuständigkeitsänderung erforderlichen wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse entspricht den von der Rechtsprechung zum bisherigen § 667 Abs. 1 RVO entwickelten Kriterien (vgl. etwa BSG Urteile vom 19. März 1991, BSGE 68, 205, 207; vom 13. Oktober 1993 - 2 RU 23/92 - HV-INFO 1993, 2677; vom 14. Dezember 1995, BSGE 77, 162 ff.). Danach sollen im Hinblick auf die Grundsätze der Katasterrichtigkeit und Katasterstetigkeit nur solche nachhaltigen wesentlichen Betriebsveränderungen zu einer Überweisung führen, die das Gepräge des Unternehmens (seine Struktur) grundlegend umgestaltet haben. "Grundlegend" bedeutet, dass das Unternehmen, die Tätigkeit, nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft passt, der die beiden zentralen Aufgaben Unfallverhütung und Erbringung von Entschädigungsleistungen übertragen sind. Da sich die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft nach Art und Gegenstand des Unternehmens richtet (§ 122 Abs. 1 SGB VII; § 646 Abs. 2 RVO), muss sich die wesentliche Änderung im Unternehmen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Herstellungsweise der Erzeugnisse, die in Betracht kommenden Arbeitsvorgänge sowie die dabei benutzten Betriebseinrichtungen beziehen (hierzu grundlegend BSG, Urteil vom 11. August 1998, B 2 U 31/97 R). Dieser Rechtsprechung folgt der erkennende Senat.

An einer derartigen, die tatsächlichen Verhältnisse betreffenden wesentlichen Änderung fehlt es auch angesichts der auf den Auflagenbeschluss des Senats durch die Klägerin gegebenen Erläuterungen. Die vorgenommene Änderung der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion betrifft – anders als dies das Sozialgericht gesehen hat – lediglich die Unternehmerpersönlichkeit, nicht jedoch das Unternehmen, mithin den Vertrieb. Dieser bleibt hiervon unberührt. Eine grundlegende Änderung der Arbeitsvorgänge beim Vertrieb der P.-Erzeugnisse, die einer fortbestehenden Zugehörigkeit zur Gefahrgemeinschaft der bei der Beklagten versicherten Unternehmen entgegenstehen, ist nach allem für den Senat nicht ersichtlich. Auf die Vorhaltung von Lagerkapazität kommt es nach der Satzung der Beklagten nicht an. Auf die Beweisangebote der Klägerin zur Vertriebsstruktur braucht deshalb nicht eingegangen zu werden; dieses Vorbringen kann als wahr unterstellt werden. Denn auch nach den erfolgten Änderungen vertreibt das Unternehmen der Klägerin wie bisher die P.-Erzeugnisse, und zwar über die hier streitgegenständlichen Unternehmensbereiche. Damit erschöpfen sich aber die vorgenommen Änderungen in einer Straffung der Vertriebsstruktur und eine Anpassung an neuere Erkenntnisse der Betriebswirtschaft.

Schließlich ergibt auch der Gesichtspunkt der Schaffung eines neuen Gesamtunternehmens im Sinne des § 131 SGB VII keine wesentliche Änderung. Wenn die Klägerin behauptet, dem Vertrieb komme durch "Verzahnung mit der Produktion" mittlerweile keine eigenständige Bedeutung mehr zu, so vermag der Senat dem auf der Grundlage des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht zu folgen. Die Klägerin hat keinerlei tatsächliche Veränderungen in der Unternehmensstruktur dargelegt, die – anders als bei der Aufnahme des Unternehmens – es nunmehr rechtfertigten, von einem Gesamtunternehmen, bestehend aus einem Hauptunternehmen "Produktion" und einem Nebenunternehmen "Vertrieb" auszugehen. So hat die Klägerin namentlich nichts dafür vorgetragen, dass etwa die Leitungsmacht insgesamt nunmehr bei den Produktionsbetrieben liegt. Bei lebensnaher Betrachtung dürfte es betriebswirtschaftlich eher umgekehrt sein, dass nämlich die Produktion über den Vertrieb gesteuert wird. Hierfür spricht gerade der zunehmende Verkauf weltweit hergestellter Produkte. Schließlich ist auch das zahlenmäßige Verhältnis der Beschäftigten im Vertrieb gegenüber denjenigen in der inländischen Produktion über die Jahre konstant und damit die Bedeutung des Vertriebs innerhalb des Konzerns auch unter diesem Blickwinkel trotz durchgeführter Rationalisierungen unverändert geblieben. All dies rechtfertigt die getrennte Versicherung der unterschiedlichen Unternehmensbereiche auch für die Zukunft.

Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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