L 8 RA 67/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 69/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 RA 67/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.09.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind zwischen den Beteiligten auch für den Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Förderung einer dreijährigen Umschulung zur Ergotherapeutin als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahme.

Die am 00.00.1970 geborene Klägerin absolvierte von 1980 bis 1986 die Realschule und von August 1986 bis Juni 1989 eine Ausbildung zur Fleischerei-Fachverkäuferin. Sie arbeitete nach ihren Angaben bis Dezember 1994 in ihrem erlernten Beruf als Fleischerei-Fachverkäuferin und war von Januar bis Juni 1996 zunächst als Leiterin und dann als Verkäuferin in einer Käseabteilung, von Juli 1996 bis Januar 1997 als Küchenhilfe in einer Großküche und ab Januar 1997 als Beiköchin in einer Großküche der U Deutschland GmbH in L tätig. Die Klägerin unterzog sich vom 28.11. bis 24.12.2001 einem Heilverfahren in der B Klinik in Bad T zu Lasten der Beklagten. In dem Entlassungsbericht stellte der Arzt für Orthopädie Dr. X folgende Diagnosen:

Idiopathische Kyphose vom thorakalen Typ
chron. HWS-Syndrom
Zervicobrachialgie bds.
Lumboischialgie
Reaktive Depression

Zur Sozialanamnese wird in dem Bericht ausgeführt, die Klägerin sei seit 12.02.2001 arbeitsunfähig wegen Depressionen. Die Klägerin könne noch mittelschwere Arbeiten im freien Wechsel im Sitzen, im Stehen oder im Gehen ohne Einschränkung der Arbeitsorganisation vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten in andauernden Zwangshaltungen, mit ständigem Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten sowie Arbeiten in andauernder Vorbeugehaltung. Wegen noch bestehender reaktiver Depressionen würde die Klägerin als arbeitsunfähig entlassen. Aufgrund der ungünstigen Arbeitssituation würde eine Umschulungsmaßnahme angestrebt. Hierzu biete sich das gewünschte Berufsbild "Erzieherin" an. Die Klägerin habe Interesse an einer entsprechenden Tätigkeit bekundet.

Die Klägerin beantragte am 12.02.2002 bei der Bundesanstalt für Arbeit die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie unterzog sich vom 30.01. bis 05.02.2002 einer beruflichen Assessment - Maßnahme im Berufsförderungswerk N. Diese führte zu dem Ergebnis, die Klägerin sei auf eine berufliche Neuorientierung angewiesen und interessiere sich für eine Umschulung zur Erzieherin oder zur Arbeitspädagogin. Während die intellektuellen Voraussetzungen für eine solche Ausbildung gegeben seien, sei die gesundheitliche Eignung nicht zweifelsfrei zu klären gewesen. Es werde daher empfohlen, zunächst eine 14tägige Berufsfindung und Arbeitserprobung durchzuführen, bei welcher sowohl auf Sozialberufe als auch auf andere Alternativen eingegangen werden sollte.

Die Klägerin legte ein ärztliches Attest vom 29.01.2002 der Fachärztin für Psychiatrie D vom 29.01.2002 vor, wonach sich die Klägerin seit März 2001 in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung befindet. Sie leide an einer ausgeprägten Erschöpfungsdepression bei Überforderung im beruflichen Umfeld. Insbesondere die körperliche Belastung als Küchenhilfe sei hier anzuführen. Psychisch sei die Klägerin nun ausreichend stabilisiert, um an einer Berufsfindungsmaßnahme teilzunehmen.

In dem Schriftsatz vom 06.03.2002 äußerte die Klägerin, ihr Berufswunsch sei es, Ergotherapeutin zu werden. Da sie aus einem fachfremden Bereich komme, die Aufnahmeverfahren in den entsprechenden Ausbildungseinrichtungen im April 2002 liefen, sei es für sie wichtig, im Vorfeld ein Berufspraktikum zu machen.

Die Berufsfindung und Arbeitserprobung fand vom 17.07.2002 bis 30.07.2002 im Berufsförderungswerk N statt. In dem Abschlussbericht vom 05.08.2002 wurde ausgeführt, dass die Klägerin nach eingehender Beschäftigung mit berufskundlichem Informationsmaterial bei ihrem Interesse am Berufsbild der Ergotherapeutin verblieben sei. Nur bei einer Ablehnung der Ausbildungsfinanzierung des Kostenträgers würde sie sich mit den kaufmännischen Berufen neu befassen, wobei sie sich für die Kauffrau im Gesundheitswesen interessiert gezeigt habe. Anhand der Erprobungsergebnisse könne eine Ausbildung zur Ergotherapeutin befürwortet werden. Zu bedenken seien aber arbeitsmedizinische Einschränkungen, die sie in ihrem späteren Tätigkeitsfeld einengen würden. Arbeitsmedizinisch war in dem Gutachten vom 23.07.2002 von Dr. I ein Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei erheblicher Skoliose der Wirbelsäule, Neigungen zu allergischem Ekzem bei Modeschmuckkontakt sowie psychiatrischerseits in dem Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H eine langandauernde reaktive Depression im Rahmen eines psycho-sozialen Konflikts bei deutlicher Rückbildung der Symptomatik diagnostiziert worden. Dr. I kam zu der Beurteilung, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Überkopfarbeiten, vermehrtes Bücken, vermehrte Geh- und Stehbelastung, Heben und Tragen schwerer Lasten sollten unterlassen werden. Außerdem sollten hautbelastende Tätigkeiten, Tätigkeiten im Feuchtbereich kritisch betrachtet werden, Kontakte zu Allergenen gemieden werden. Ggf. sei hier eine hautärztliche gutachterliche Untersuchung und Stellungnahme erforderlich. Dr. H führte aus, mittlerweile bestehe aus psychiatrischer Sicht Schulungs- und Arbeitsfähigkeit. Gegen eine Umschulung zur Ergotherapeutin spreche seines Erachtens nichts. Bei hoher Eigeninitiative und realitätsgerechtem Umgang mit dem neuen Berufsbild sei die Prognose als äußerst günstig zu bezeichnen.

Entgegen der zuvor getroffenen Einschätzung sah der Beratungsärztliche Dienst das Umschulungsziel als Ergotherapeutin aufgrund der medizinischen Feststellungen während der Arbeits- und Berufsfindungsmaßnahme als nicht mehr leidensgerecht an. Die arbeitsmedizinischen Einschränkungen seien bei einer Tätigkeit als Ergotherapeutin nicht einhaltbar.

Mit Bescheid vom 18.12.2002 lehnte die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Sie führte zur Begründung aus, einer Kostenübernahme für die Umschulung zur Ergotherapeutin könne nicht entsprochen werden, da dieser Beruf nicht leidensgerecht sei (Zwangshaltungen, Vermeidung von Heben und Tragen schwerer Lasten, psychische Minderbelastbarkeit) und keine Tatsachen und Umstände vorlägen, die eine den Förderrahmen überschreitende Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich machten. Die BfA sei grundsätzlich bereit, weiterhin zu prüfen, welche anderweitigen leidensgerechten und im Förderrahmen liegenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kämen.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.12.2002 Widerspruch ein.

Die Klägerin trug vor, es handele sich bei der Umschulung zur Ergotherapeutin um einen leidensgerechten Berufswunsch. Das Berufsziel sei fachmedizinischerseits befürwortet worden. Auch im Rahmen eines jetzt durchgeführten Vorpraktikums in der Abteilung Ergotherapie des neurologischen Rehabilitationszentrums "H" sei ihr attestiert worden, dass sie für die Ausbildung zur Ergotherapeutin bestens geeignet sei. Eine ausführliche Bescheinigung des neurologischen Rehabilitationszentrums H vom 18.11.2002 wurde vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, die Ausbildung zur Ergotherapeutin könne nach den maßgebenden Bestimmungen gemäß § 9 und 10 Sozialgesetzbuch 6. Buch - SGB VI - nicht befürwortet werden. Es sei davon auszugehen, dass die gewünschte Ausbildung zur Ergotherapeutin nicht erfolgversprechend sei. Eine dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben sei aus ärztlicher Sicht durch diese Maßnahme nicht gewährleistet. Die bestehenden gesundheitlichen Anforderungen der Tätigkeit einer Ergotherapeutin an die körperliche Konzentration seien mit den orthopädischen Leiden nicht vereinbar. Es bestehe insoweit eine ausgeprägte korsettpflichtige thorakolumbale Skoliose. Des Weiteren bestehe eine Neigung, bei psychischer Belastung mit depressiver Symptomatik zu reagieren. Danach sei ein uneingeschränkter Einsatz in allen das Berufsfeld der Ergotherapeutin umfassenden Arbeitsbereichen nicht möglich. Die Eignung für den Umschulungsberuf müsse sich auf den gesamten Berufsbereich erstrecken und dürfe nicht nur einzelne Teilbereiche des Umschulungsberufs abdecken. Zudem dürfe die Förderungsdauer von 2 Jahren nur überschritten werden, wenn der Versicherte nur durch eine länger dauernde Maßnahme eingegliedert werden könne. Gründe für die Annahme, dass eine volle Rehabilitation nur durch eine mehr als 2jährige Ausbildung möglich sei, seien nicht zu erkennen. Die BfA sei auf Antrag weiterhin bereit zu prüfen, ob eine andere als die von der Klägerin gewünschte Ausbildung im Rahmen der zweijährigen Regelförderungsdauer in Betracht komme. Eine Reintegrationsmaßnahme im Bürobereich werde empfohlen, da hier eine wechselnde Körperhaltung möglich sei.

Gegen den am 27.05.2003 per Einschreiben übersandten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 24.06.2003 Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die von der Beklagten angeführten Ablehnungsgründe seien nicht zutreffend. Aus fachmedizinischer Sicht sei eine Umschulung zur Ergotherapeutin vielmehr befürwortet worden. Hinzu komme, dass die Klägerin auf freiwilliger Basis ein Praktikum in der Abteilung Ergotherapie des neurologischen Rehabilitationszentrums H absolviert habe. Von dort sei ihr bestätigt worden, dass sie bestens für die Ausbildung im Beruf der Ergotherapeutin geeignet sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 zu verurteilen, ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer finanziellen Förderung der bereits begonnenen Ausbildung zur Ergotherapeutin zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie bleibe bei der Beurteilung, dass weder die psychische noch die orthopädische Belastbarkeit der Klägerin eine umfassende Eignung für die Tätigkeit einer Ergotherapeutin ergäben. Die Schwerpunkte der Ergotherapie lägen u.a. in der motorisch-funktionellen, geistig-seelisch-funktionellen Therapie und der Arbeitstherapie. Die geistig-seelisch funktionelle Anwendung finde Anwendung in der Psychiatrie, Psychosomatik, Neurologie, Geriatrie, Pädiatrie sowie bei allen Krankheitsbildern und Behinderungsformen, die eine psychische Führung des Patienten verlangten. Sie sei gekennzeichnet durch Einzel- und Gruppentherapie mit akut und chronisch Kranken, der Durchführung von Maßnahmen, die zur aktiven Bewältigung der Situation der Patienten beitrügen, der Vermittlung von Erfolgsaussichten, der Förderung der Hilfestellung der Patienten untereinander, der Anregung zu selbständigem Handeln, der Hilfe der Gewinnung des Selbstvertrauens und der Kontaktfähigkeit, der psychischen Stabilisierung, der Förderung von affektiven, emotionalen Fähigkeiten wie Ausdauer, Geduld, Frustrationstoleranz, der Behandlung von Kindern mit frühkindlichen Hirnschädigungen, der Förderung der geistigen Entwicklung. Diese Tätigkeiten erforderten eine starke psychische Belastbarkeit, ein hohes Maß an Selbstvertrauen und Selbstsicherheit, eine hohe Frustrationstoleranz und eine große Konfliktfähigkeit, über die bei der Klägerin Zweifel beständen. Überdies seien als Ergotherapeut auch schwere körperlichen Arbeiten bei Bewegungsübungen und Mobilisation schwer behinderter, schwer kranker Patienten erforderlich. Auch Zwangsarbeiten ließen sich hierbei nicht ausschließen. Die Klägerin habe sich über die medizinischen Bedenken der Beklagten hinweggesetzt und sich für mögliche Alternativen unzugänglich gezeigt. Diese könne aber nicht dazu führen, die inhaltlichen medizinischen Bedenken zu entkräften. Es seien zudem keine Umstände ersichtlich, die eine Ausbildung von mehr als 2 Jahren erforderlich machten. Gerade die bestehenden Berufsförderungswerke böten im Rahmen einer zweijährigen Ausbildung einen breiten und ausgiebig gestreuten Berufskatalog an, mit dem auch die Klägerin innerhalb des zweijährigen Regelförderungsrahmens des § 37 SGB IX voll rehabilitiert werden könne.

Das Sozialgericht hat Befundberichte über die Klägerin eingeholt.

Die Ärztin für Psychiatrie D hat am 11.10.2003 berichtet, bei der Klägerin eine schwere Depression bei depressiver Persönlichkeit diagnostiziert zu haben, zuletzt sei die Klägerin im September 2002 in der Praxis behandelt worden.

Die Dipl.-Psychologin L hat am 04.10.2003 mitgeteilt, die Klägerin wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome in der Zeit vom 20.06.2001 bis 22.07.2003 behandelt zu haben. Die Klägerin sei inzwischen von ihrer Depression geheilt, die Verbesserungen seien Anfang 2002 deutlich geworden.

Die praktische Ärztin Dr. E hat am 17.10.2003 mitgeteilt, die Klägerin vom 25.04.2000 bis 10.07.2003 behandelt zu haben wegen gastroenteritischer Beschwerden, bekannter Migräne, bekannter BWS-LWS-Skoliose mit chronischen Rückenschmerzen, ovarieller Dysfunktion mit Androgenüberschuss, rez. Sinusitiden, Eisenmangelanämie, latenter Hypothyreose, reaktiver Depression bei chronischem Familienkonflikt und Verdachts auf Lipomrezidiv linke Leiste bei Zustand nach Lipomoperation.

Der Orthopäde Dr. I1 hat am 25.11.2003 ausgeführt, die Klägerin in der Zeit vom 20.11.2000 bis 19.05.2003 behandelt zu haben. Er habe eine idioipatwische Skoliose und beginnende medialseitige Gonarthrose diagnostiziert. Eine Veränderung der Befunde sei nicht eingetreten.

Das Sozialgericht hat weiter Vorerkrankungs- und Arbeitsunfähigkeitsaufzeichnungen von der Innungskrankenkasse Nordrhein (Versicherung vom 01.08.1986 bis 12.11.1989 und 13.11.1989 bis 31.03.1992), der Gmünder Ersatzkasse (von 1995 bis 1999) sowie von der Betriebskrankenkasse für Heilberufe (Versicherung ab 01.06.1999) beigezogen.

Die Klägerin hat eine Übersicht über den Ablauf des Rehabilitationsverfahrens vorgelegt (Bl. 86, 87 der Gerichtsakte). Sie führt dazu aus, sie sei in einem sehr frühen Stadium durch die Berufsfindungsmaßnahme und Hinweise einer Sozialarbeiterin auf den Beruf der Ergotherapeutin aufmerksam gemacht worden. Es könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie hätte zunächst nicht alle für sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme möglichen Berufe ausfindig gemacht oder ausprobiert.

Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin weiter eine Bescheinigung der staatlich anerkannten Fachschule für Ergotherapie U in L vorgelegt, wonach sie seit dem 28.04.2003 die Ausbildung zur Ergotherapeutin an dieser Schule absolviere. Zusammenfassend wird in dieser Bescheinigung die Beurteilung vertreten, dass aus der heutigen Sicht die Klägerin für die Ausbildung zur Ergotherapeutin und für die spätere Berufsausbildung als Ergotherapeutin gut bis sehr gut geeignet sei.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.09.2004 abgewiesen Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das am 29.09.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.10.2004 Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor, das Sozialgericht hätte zur Klärung der Eignung der Klägerin für den Beruf einer Ergotherapeutin eine fachorthopädische und psychiatrische Begutachtung veranlassen müssen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.09.2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 zu verurteilen, die von ihr begonnene Ausbildung zur Ergotherapeutin nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu fördern, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die begonnene Rehabilitationsmaßnahme für die Dauer von 2 Jahren zu fördern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass eine Tätigkeit als Ergotherapeutin auf Dauer nicht leidensgerecht sei und daher eine Umschulung in diesem Beruf nicht gewährt werden könne. Im Anschluss an die Ausführungen des Sozialgerichts bleibe festzustellen, dass eine uneingeschränkte Eignung für den Beruf der Ergotherapeutin nicht vorliege. Entgegen dem Vortrag der Klägerin hätten während der 14-tägigen Erprobung im Berufsförderungswerk N auch geeignete berufliche Alternativen im kaufmännischen Bereich erarbeitet werden können. Insoweit seien der Klägerin auch Büroberufe wie z.B. Bürokauffrau, Kauffrau im Gesundheitswesen, welche durchweg im Rahmen der Regelförderungsdauer von 2 Jahren durchgeführt werden könnten, aus gesundheitlichen Gründen zumutbar.

Im Erörterungstermin am 16.03.2005 hat die Klägerin erklärt, seit August 2004 in der praktischen Ausbildung der Gesamtausbildung zur Ergotherapeutin zu sein. Im Rahmen der praktischen Ausbildung sei sie mit den unterschiedlichsten Behindertenstufen in Kontakt gekommen, also von Schwerstbehinderten bis zu behinderten Kindern. Sie habe die angetroffenen Situationen ausgesprochen gut verkraftet und auch eine gewisse beruflich-professionelle Distanz dazu gewonnen. Dies sei ihr von den Ausbildern auch jeweils bestätigt worden. Insgesamt habe sie die Erfahrung gewonnen, dass ihr die vorher ab April 2003 absolvierte theoretische Ausbildung mit dem überwiegenden sitzenden Anteil körperlich schwerer gefallen sei als der anschließende praktische Bereich. Von daher sei sie der Überzeugung, dass die Ausübung des Berufes eher weniger Probleme bereiten würde als die Ausübung eines Büroberufes. Sie finanziere die Ausbildung mit ersparten Mitteln. Die reinen Ausbildungskosten beliefen sich auf ca. 18.000 Euro.

Die Anregung der Klägerin, dass die Beklagte in ähnlicher Form, wie es im Unfallversicherungsbereich möglich sei, eine Teilförderung der begonnenen Ausbildungsmaßnahme im Vergleichswege bewilligen könne, lehnte die Beklagte ab, weil eine zeitlich nur anteilige Förderung nach den für sie maßgebenden gesetzlichen Grundlagen nicht zulässig sei. Selbst wenn eine uneingeschränkte gesundheitliche Eignung vorliegen würde, was aber weiter bestritten werde, könne die Beklagte keinen Ausnahmefall von der Zweijahresbegrenzung erkennen. Denn es lägen keine weiteren besonderen Umstände hierfür vor, wie z.B. Art und Schwere einer Behinderung sowie deren voraussichtliche Entwicklung und die damit verbundene Belastungsfähigkeit oder gar Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes. Vielmehr seien durch die durchgeführte Arbeitserprobung und Abklärung der beruflichen Eignung Ausbildungsalternativen benannt worden, die eine Rehabilitation und damit dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben auch innerhalb der Zwei-Jahres-Frist ermöglichten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Förderung der von ihr begonnenen Umschulung zur Ergotherapeutin nicht zu.

Die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 10 und 11 Sozialgesetzbuch 6. Buch - SGB VI) für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind erfüllt. Die Beklagte hat ihre Zuständigkeit für die erforderliche berufliche Rehabilitation der Klägerin auch anerkannt. Streitig sind lediglich die Eignung der selbst beschafften Umschulungsmaßnahme zur Ergotherapeutin sowie die Frage, ob die Dauer der begonnenen Maßnahme - drei Jahre - einer Förderung entgegensteht.

Der Senat hat offen gelassen, ob mit der von der Klägerin selbst beschafften und bezahlten Umschulung zur Ergotherapeutin das Ziel von Teilhabeleistungen, die gesundheitsbedingte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit zu überwinden und eine möglichst dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erreichen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), realisiert werden kann. Die von der Beklagten - allerdings erst nach der Aufnahme der selbst beschafften Umschulungsmaßnahme - vorgebrachten gesundheitlichen Bedenken, die Klägerin sei wegen ihrer orthopädischen, psychiatrischen und ggfs. hautärztlichen Gesundheitsstörungen zur Ausübung wesentlicher Ausübungsformen und Anforderungen des Ergotherapeutenberufes nicht in der Lage, bedurfen ebenso wenig einer gerichtlichen Klärung wie die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erstattung selbst beschaffter Leistungen gemäß § 15 Sozialgesetzbuch 9. Buch - SGB IX vorliegen.

Die länger als zwei Jahre dauernde Ausbildung steht einer Förderung durch die Beklagte entgegen.

Nach § 37 Abs. 2 SGB IX sollen, im Wesentlichen inhaltsgleich mit der Vorgängervorschrift § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, Leistungen zur beruflichen Weiterbildung in der Regel bei ganztägigem Unterricht nicht länger als 2 Jahre dauern, es sei denn, dass das Teilhabeziel nur über eine länger dauernde Leistung erreicht werden kann oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine länger dauernde Leistung wesentlich verbessert werden kann.

Die Ausnahme-Voraussetzungen für eine über zwei Jahre hinaus gehende Förderung sind hier nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der im Berufsförderungswerk N durchgeführten Berufsfindungs- und Arbeitserprobungsmaßnahmen haben behinderungsgerechte Umschulungsalternativen im kaufmännisch-verwaltenden Bereich bestanden, die nicht länger als 2 Jahre dauern würden. Nach dem Ergebnis der Erprobung hat bei der Klägerin eine vorwiegende Neigung, aber nur eine bedingte gesundheitliche Eignung für die Tätigkeiten einer Ergotherapeutin, jedoch uneingeschränkte Eignung für kaufmännisch-verwaltende Berufe bis zum gehobenen Ausbildungsniveau bestanden (z.B. Kauffrau im Gesundheitswesen). Gründe für eine rechtlich relevante Abneigung oder gesundheitsbedingte Nichteignung gegen einen kaufmännisch-verwaltend ausgerichteten Umschulungsberuf sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich; ein kaufmännischer Zielberuf knüpfte vielmehr an den bisherigen beruflichen Werdegang der Klägerin an, weil sie bereits eine Ausbildung als Fachverkäuferin absolviert und mehrere Jahre diesen Beruf ausgeübt hat. Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin bestehen insoweit nicht. Die zur Umschulung in Aussicht genommenen Büroberufe gestatten typischerweise einen Wechsel im Bewegungsablauf unter Vermeidung von Zwangshaltungen, sie entsprechen mithin den Anforderungen, die insbesondere infolge der bei der Klägerin bestehenden Wirbelsäulen-Veränderungen zu beachten sind.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Gewährung der hilfsweise beantragten Teilförderung der begonnenen Maßnahme für die Dauer von 2 Jahren zu. Es besteht hierfür keine Anspruchsgrundlage. Eine vergleichbare Teilförderungsregelung, wie sie das Unfallversicherungsrecht gemäß § 35 Abs. 3 SGB VI für die berufliche Rehabilitation vorsieht, existiert für das für die Beklagte als Rentenversicherungsträger maßgebende Regelungswerk nicht. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf allgemeine Geltung der besonderen unfallversicherungsrechtlichen begünstigenden Regelung besteht nicht. Besondere Leistungsausgestaltungen dieser Art liegen in dem traditionell gegliederten System des Rehabilitationsrechts begründet, das durch das am 01.07.2001 in Kraft getretene SGB IX nicht vollständig aufgehoben worden ist (vgl. Gesetzesbegründung Bundestags-Drucksache 14/5074 Seite 92 bis 98).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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