Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 45 SB 3027/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 76/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. September 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1936 geborene Klägerin streitet um die Anerkennung der Merkzeichen „G“ wegen erheblicher Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und „B“ wegen der Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Auf den Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 23. Dezember 1999, den sie mit einem Mamma-Carcinom links begründete, stellte der Beklagte durch Bescheid vom 22. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2000 deren Grad der Behinderung - GdB - mit nunmehr 90 fest. Hierbei fanden folgende, zum Teil schon seit längerem bekannte Behinderungen Berücksichtigung:
a) Seelische Störungen
b) Operiertes Brustdrüsenleiden links im Stadium der Heilungsbewährung
c) Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen
d) Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck, Herzdurchblutungsstörungen
e) Hautleiden, Allergie
Für die Behinderungen zu a) und c) bis e) übernahm der Beklagte die auf Empfehlung des Internisten Dr. S zuletzt im Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 1998 festgestellten GdB von 60, 20, 20, 10. Das operierte Brustdrüsenleiden wies er im Sinne der Heilungsbewährung mit einem GdB von 50 aus. Die medizinischen Voraussetzungen für die hier streitigen Merkzeichen vermochte er nicht zu erkennen.
Der im anschließenden Klageverfahren von dem Sozialgericht zum medizinischen Sachverständigen bestellte Praktische Arzt T B konnte aufgrund seiner am 6. April 2001 durchgeführten Untersuchung bei der Klägerin bislang unberücksichtigt gebliebene zusätzliche Funktionseinschränkungen nicht feststellen. Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“ und „B“ schloss er aus. Bei der Klägerin finde sich keine Erkrankung mit nennenswerter Rückwirkung auf die Gehfähigkeit. Vonseiten der Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule seien weder eine akute Reizsymptomatik noch neurologische Ausfallerscheinungen festzustellen. Die beklagten Taubheitsgefühle im Bereich des linken Beines könnten auf eine chronische Wurzelreizsymptomatik der Lendenwirbelsäule hindeuten. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stehe ohne Zweifel die paranoide Psychose. Es finde sich ein sehr eingegrenztes Wahnsystem ohne Rückwirkung auf die Orientierungsfähigkeit der Klägerin. Sie habe sich zum Untersuchungszeitpunkt zu Zeit, Ort, Person und Situation voll orientiert gezeigt. Sie sei auch nicht infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Sie sei ungeachtet ihrer paranoiden Psychose in der Lage, sich ohne Gefahren für sich oder andere im Alltagsleben wie auch im öffentlichen Straßenverkehr fortzubewegen. Eine Begleitperson sei nicht erforderlich (Gutachten vom 11. April 2001).
Durch den Gerichtsbescheid vom 2. September 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Aufgrund der medizinischen Ermittlungen des Beklagten im Verwaltungsverfahren und des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen TB stehe fest, dass die Klägerin weder erheblich gehbehindert noch auf eine ständige Begleitung angewiesen sei.
Gegen den am 29. September 2001 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 29. Oktober 2001. Sie macht geltend, sie leide an einer nicht zur Anerkennung gekommenen Polyneuropathie und Angstzuständen mit Fallneigung, die im Juli 1995 auf der Treppe zum U-Bahnhof Leinestraße zu einem plötzlichen Drehschwindel, einem Sturz und längerer Bewusstlosigkeit geführt hätten. Zur Untermauerung ihres Vorbringens stützt sie sich auf das ärztliche Attest des Dr. L, Arzt für Innere Medizin in Minden, vom 4. Februar 2002.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. September 2001 aufzuheben sowie den Bescheid vom 22. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2000 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihr das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“ und „B“ anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat im Zuge weiterer Ermittlungen diverse von der Klägerin eingereichte Unterlagen zur Gerichtsakte genommen und die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie - Psychotherapie - Dr. S zur medizinischen Sachverständigen ernannt. Sie hat in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 31. Mai 2002 das Vorliegen einer anhaltenden wahnhaften Störung bei der Klägerin bestätigt gefunden. Diese liege seit 20 Jahren vor und müsse als chronisch angesehen werden. Trotz der subjektiven Beeinträchtigung durch paranoide Vorstellungen und Befürchtungen bewältige die Klägerin ihren Alltag ungeachtet weitgehender sozialer Isolierung sehr kompetent. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr habe sie nicht feststellen können. Es liege keine Einschränkung des Gehvermögens vor. Auch auf ständige Begleitung sei die Klägerin nicht angewiesen. Sie sei ohne Begleitung zur gutachterlichen Untersuchung gelangt und besuche seit Jahren in größeren Abständen ihre Mutter in Westdeutschland, jeweils ohne Begleitung.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird außerdem auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte mit den medizinischen Sachverständigengutachten und auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch darauf, dass bei ihr die medizinischen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“ und „B“ anerkannt werden. Nach den vorhandenen medizinischen Unterlagen ist die Klägerin weder in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, noch ist sie bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf eine ständige Begleitung angewiesen.
Die Voraussetzungen des Merkzeichens „G“, die früher in §§ 59, 60 des Schwerbehindertengesetzes geregelt waren, definieren nunmehr die §§ 145, 146 des Sozialgesetzbuches, 9. Buch -SGB IX-, im wesentlichen inhaltsgleich. Für das Merkzeichen „G“ wird verlangt, dass der Schwerbehinderte infolge einer Einschränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Die Einschränkung kann orthopädisch begründet sein, sie kann aber auch auf innere Leiden, auf ein Anfallsleiden oder auf Störungen der Orientierungsfähigkeit zurückgeführt werden. Ohne das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ ist die Anerkennung der Notwendigkeit einer ständigen Begleitung für die Klägerin, die nicht zu dem durch andere Erschwernisse begünstigten Personenkreis gehört (vgl. hierzu Ziff. 32.3, S. 168, 169 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht nach dem Schwerbehindertengesetz 1996), nicht denkbar.
Beide Instanzen sind den Bedenken der Klägerin, die die Entscheidung des Beklagten für unrichtig hält, gewissenhaft nachgegangen und haben sie von hierfür besonders qualifizierten medizinischen Sachverständigen untersuchen lassen. Sowohl der Praktische Arzt B in seinem Gutachten vom 11. April 2001 als auch die als Nervenfachärztin mit dem schweren Krankheitsbild der Klägerin gut vertraute Dr. S in ihrem Gutachten vom 31. Mai 2002 haben keine sie überzeugenden Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass das Gehvermögen der Klägerin im Sinne der zuvor dargelegten Voraussetzungen in einer Weise eingeschränkt ist, dass sie nur noch unter großen Schwierigkeiten oder überhaupt nicht mehr ortsübliche Wegstrecken bis zu 2 km bewältigen kann. Nach den Beobachtungen des Arztes B gehen von den Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule der Klägerin weder eine akute Reizsymptomatik noch neurologische Ausfallerscheinungen aus. Er schließt lediglich aus den von der Klägerin geklagten Taubheitsgefühlen im Bereich des linken Beines auf eine mögliche chronische Wurzelreizsymptomatik der Lendenwirbelsäule. Diese mag zwar das Laufen zeitweilig erschweren, aber nicht entscheidend einschränken. Dieser Rückschluss rechtfertigt sich aufgrund des nach mehrfachen Untersuchungen der Klägerin und Auswertung diverser Krankheitsunterlagen für das orthopädische Beschwerdebild anerkannten Einzel-GdB von 20. Für die von Dr. L im Attest vom 4. Februar 2002 bescheinigte Polyneuropathie fanden sich bei den gutachterlichen Untersuchungen keine Hinweise.
Von internistischer Seite liegen bei der Klägerin keine bedeutsamen Beschwerden vor, insbesondere kein ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigendes Herzleiden oder durch ein Lungenleiden bedingte Atembeschwerden, die sich auf die Gehfähigkeit auswirken könnten.
Ein Mangel an Orientierungsfähigkeit oder ein ärztlich nachgewiesenes Anfallsleiden hat Frau Dr. S gleichfalls ausgeschlossen. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Untersuchung des Nervenarztes K vom 25. August 1995, der in seinem Gutachten auf eine wegen mangelnder Krankheitseinsicht fehlende Behandlungsbereitschaft der Klägerin hingewiesen und den von ihr behaupteten Schwindel als mit großer Wahrscheinlichkeit psychogen bezeichnet hat. Aus den Gutachten der Nervenärztin G vom 25. April 1989 und der Ärztin für Nervenheilkunde B vom 5. November 1997 (jeweils im Verwaltungsverfahren abgegeben) ergeben sich ebenfalls keine Gesichtspunkte für eine andere Einschätzung des Krankheitsbildes der Klägerin und deren Einfluss auf ihr Gehvermögen.
Aus den zu den Akten gelangten medizinischen Erkenntnissen lässt sich nach alledem das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ nicht begründen. Damit muss auch der Anspruch auf das Merkzeichen „B“ scheitern.
Die Kostenentscheidung, die dem Ergebnis in der Hauptsache entspricht, beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die 1936 geborene Klägerin streitet um die Anerkennung der Merkzeichen „G“ wegen erheblicher Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und „B“ wegen der Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Auf den Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 23. Dezember 1999, den sie mit einem Mamma-Carcinom links begründete, stellte der Beklagte durch Bescheid vom 22. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2000 deren Grad der Behinderung - GdB - mit nunmehr 90 fest. Hierbei fanden folgende, zum Teil schon seit längerem bekannte Behinderungen Berücksichtigung:
a) Seelische Störungen
b) Operiertes Brustdrüsenleiden links im Stadium der Heilungsbewährung
c) Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen
d) Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck, Herzdurchblutungsstörungen
e) Hautleiden, Allergie
Für die Behinderungen zu a) und c) bis e) übernahm der Beklagte die auf Empfehlung des Internisten Dr. S zuletzt im Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 1998 festgestellten GdB von 60, 20, 20, 10. Das operierte Brustdrüsenleiden wies er im Sinne der Heilungsbewährung mit einem GdB von 50 aus. Die medizinischen Voraussetzungen für die hier streitigen Merkzeichen vermochte er nicht zu erkennen.
Der im anschließenden Klageverfahren von dem Sozialgericht zum medizinischen Sachverständigen bestellte Praktische Arzt T B konnte aufgrund seiner am 6. April 2001 durchgeführten Untersuchung bei der Klägerin bislang unberücksichtigt gebliebene zusätzliche Funktionseinschränkungen nicht feststellen. Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“ und „B“ schloss er aus. Bei der Klägerin finde sich keine Erkrankung mit nennenswerter Rückwirkung auf die Gehfähigkeit. Vonseiten der Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule seien weder eine akute Reizsymptomatik noch neurologische Ausfallerscheinungen festzustellen. Die beklagten Taubheitsgefühle im Bereich des linken Beines könnten auf eine chronische Wurzelreizsymptomatik der Lendenwirbelsäule hindeuten. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stehe ohne Zweifel die paranoide Psychose. Es finde sich ein sehr eingegrenztes Wahnsystem ohne Rückwirkung auf die Orientierungsfähigkeit der Klägerin. Sie habe sich zum Untersuchungszeitpunkt zu Zeit, Ort, Person und Situation voll orientiert gezeigt. Sie sei auch nicht infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Sie sei ungeachtet ihrer paranoiden Psychose in der Lage, sich ohne Gefahren für sich oder andere im Alltagsleben wie auch im öffentlichen Straßenverkehr fortzubewegen. Eine Begleitperson sei nicht erforderlich (Gutachten vom 11. April 2001).
Durch den Gerichtsbescheid vom 2. September 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Aufgrund der medizinischen Ermittlungen des Beklagten im Verwaltungsverfahren und des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen TB stehe fest, dass die Klägerin weder erheblich gehbehindert noch auf eine ständige Begleitung angewiesen sei.
Gegen den am 29. September 2001 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 29. Oktober 2001. Sie macht geltend, sie leide an einer nicht zur Anerkennung gekommenen Polyneuropathie und Angstzuständen mit Fallneigung, die im Juli 1995 auf der Treppe zum U-Bahnhof Leinestraße zu einem plötzlichen Drehschwindel, einem Sturz und längerer Bewusstlosigkeit geführt hätten. Zur Untermauerung ihres Vorbringens stützt sie sich auf das ärztliche Attest des Dr. L, Arzt für Innere Medizin in Minden, vom 4. Februar 2002.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. September 2001 aufzuheben sowie den Bescheid vom 22. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2000 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihr das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“ und „B“ anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat im Zuge weiterer Ermittlungen diverse von der Klägerin eingereichte Unterlagen zur Gerichtsakte genommen und die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie - Psychotherapie - Dr. S zur medizinischen Sachverständigen ernannt. Sie hat in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 31. Mai 2002 das Vorliegen einer anhaltenden wahnhaften Störung bei der Klägerin bestätigt gefunden. Diese liege seit 20 Jahren vor und müsse als chronisch angesehen werden. Trotz der subjektiven Beeinträchtigung durch paranoide Vorstellungen und Befürchtungen bewältige die Klägerin ihren Alltag ungeachtet weitgehender sozialer Isolierung sehr kompetent. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr habe sie nicht feststellen können. Es liege keine Einschränkung des Gehvermögens vor. Auch auf ständige Begleitung sei die Klägerin nicht angewiesen. Sie sei ohne Begleitung zur gutachterlichen Untersuchung gelangt und besuche seit Jahren in größeren Abständen ihre Mutter in Westdeutschland, jeweils ohne Begleitung.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird außerdem auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte mit den medizinischen Sachverständigengutachten und auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch darauf, dass bei ihr die medizinischen Voraussetzungen für die Merkzeichen „G“ und „B“ anerkannt werden. Nach den vorhandenen medizinischen Unterlagen ist die Klägerin weder in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, noch ist sie bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf eine ständige Begleitung angewiesen.
Die Voraussetzungen des Merkzeichens „G“, die früher in §§ 59, 60 des Schwerbehindertengesetzes geregelt waren, definieren nunmehr die §§ 145, 146 des Sozialgesetzbuches, 9. Buch -SGB IX-, im wesentlichen inhaltsgleich. Für das Merkzeichen „G“ wird verlangt, dass der Schwerbehinderte infolge einer Einschränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Die Einschränkung kann orthopädisch begründet sein, sie kann aber auch auf innere Leiden, auf ein Anfallsleiden oder auf Störungen der Orientierungsfähigkeit zurückgeführt werden. Ohne das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ ist die Anerkennung der Notwendigkeit einer ständigen Begleitung für die Klägerin, die nicht zu dem durch andere Erschwernisse begünstigten Personenkreis gehört (vgl. hierzu Ziff. 32.3, S. 168, 169 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht nach dem Schwerbehindertengesetz 1996), nicht denkbar.
Beide Instanzen sind den Bedenken der Klägerin, die die Entscheidung des Beklagten für unrichtig hält, gewissenhaft nachgegangen und haben sie von hierfür besonders qualifizierten medizinischen Sachverständigen untersuchen lassen. Sowohl der Praktische Arzt B in seinem Gutachten vom 11. April 2001 als auch die als Nervenfachärztin mit dem schweren Krankheitsbild der Klägerin gut vertraute Dr. S in ihrem Gutachten vom 31. Mai 2002 haben keine sie überzeugenden Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass das Gehvermögen der Klägerin im Sinne der zuvor dargelegten Voraussetzungen in einer Weise eingeschränkt ist, dass sie nur noch unter großen Schwierigkeiten oder überhaupt nicht mehr ortsübliche Wegstrecken bis zu 2 km bewältigen kann. Nach den Beobachtungen des Arztes B gehen von den Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule der Klägerin weder eine akute Reizsymptomatik noch neurologische Ausfallerscheinungen aus. Er schließt lediglich aus den von der Klägerin geklagten Taubheitsgefühlen im Bereich des linken Beines auf eine mögliche chronische Wurzelreizsymptomatik der Lendenwirbelsäule. Diese mag zwar das Laufen zeitweilig erschweren, aber nicht entscheidend einschränken. Dieser Rückschluss rechtfertigt sich aufgrund des nach mehrfachen Untersuchungen der Klägerin und Auswertung diverser Krankheitsunterlagen für das orthopädische Beschwerdebild anerkannten Einzel-GdB von 20. Für die von Dr. L im Attest vom 4. Februar 2002 bescheinigte Polyneuropathie fanden sich bei den gutachterlichen Untersuchungen keine Hinweise.
Von internistischer Seite liegen bei der Klägerin keine bedeutsamen Beschwerden vor, insbesondere kein ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigendes Herzleiden oder durch ein Lungenleiden bedingte Atembeschwerden, die sich auf die Gehfähigkeit auswirken könnten.
Ein Mangel an Orientierungsfähigkeit oder ein ärztlich nachgewiesenes Anfallsleiden hat Frau Dr. S gleichfalls ausgeschlossen. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Untersuchung des Nervenarztes K vom 25. August 1995, der in seinem Gutachten auf eine wegen mangelnder Krankheitseinsicht fehlende Behandlungsbereitschaft der Klägerin hingewiesen und den von ihr behaupteten Schwindel als mit großer Wahrscheinlichkeit psychogen bezeichnet hat. Aus den Gutachten der Nervenärztin G vom 25. April 1989 und der Ärztin für Nervenheilkunde B vom 5. November 1997 (jeweils im Verwaltungsverfahren abgegeben) ergeben sich ebenfalls keine Gesichtspunkte für eine andere Einschätzung des Krankheitsbildes der Klägerin und deren Einfluss auf ihr Gehvermögen.
Aus den zu den Akten gelangten medizinischen Erkenntnissen lässt sich nach alledem das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ nicht begründen. Damit muss auch der Anspruch auf das Merkzeichen „B“ scheitern.
Die Kostenentscheidung, die dem Ergebnis in der Hauptsache entspricht, beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved