L 6 P 769/01

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 15 P 1059/98
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 P 769/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Vereinbarung, die Bestandsschutz nach § 73 Abs. 4, Abs. 3 SGB XI begründet, muss grundsätzlich mit dem Träger der Pflegeversicherung, d.h. mit der für den Betrieb der Einrichtung nach innen und außen verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person, abgeschlossen sein. Eine Pflegeeinrichtung kann nicht Inhaber des Rechts auf Bestandsschutz sein (vgl. Thüringer LSG vom 10. November 1998 - Az.: L 3 P 302/96; LSG Niedersachsen vom 2. Juli 1998 - Az.: L 4 KR 167/97 ER).

2. Die Verurteilung zu einem rückwirkenden Abschluss eines Versorungsvertrages ist - entsprechend der Rechtsprechung zur Zulassung eines Arztes zur Kassenversorung - nicht möglich (Anschluss BSG vom 29. Mai 1996 - Az.: 3 RK 26/95).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagten zu Recht die Gewährung von Bestandsschutz im vollen Umfang für die Einrichtung der Klägerin - Pflegeheim L. - nach § 73 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) abgelehnt haben. Hilfsweise begehrt die Klägerin den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit Wirkung zum 1. Juli 1996.

Die Klägerin betreibt seit dem 1. Januar 1995 das Pflegeheim L. Sie beantragte am 13. September 1995 bei der Beklagten zu 1) die Einräumung von Bestandsschutz für die Pflegeheime L., T. und L. Die Heime seien bis zum 31. Dezember 1994 vom Eigenbetrieb "Zentrale Heimverwaltung des Landkreises Altenburg/Schmölln" erfasst gewesen und zum 1. Januar 1995 bei ihr integriert worden. Sie reichte einen gemeinsamen Strukturerhebungsbogen vom 13. September 1995 ein. Vor dem 1. Januar 1995 sei vollstationäre Pflege auf Grund einer Vereinbarung mit den Sozialhilfeträgern erbracht worden. Ganzjährig würden 113 vollstationäre Plätze vorgehalten. Es würden altersverwirrte Pflegebedürftige und im Einzelfall pflegebedürftige Erwachsene betreut. Sie überreichte ihre Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger vom 29. Dezember 1994. Die Leistungsvereinbarung trat mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in Kraft.

Mit Schreiben vom 23. April 1996 teilte der Beigeladene dem Thüringer Ministerium für Soziales und Gesundheit mit, bei dem Pflegeheim L. handele es sich um eine Behinderteneinrichtung.

Am 20. Juni 1996 fand eine gemeinsame Sitzung des Gremiums nach § 81 SGB XI statt. Thema der Beratung war die Anerkennung des Bestandsschutzes für die von den Beklagten vorgeschlagenen Einrichtungen, u.a. laut vorliegender Liste das Pflegeheim L.

Mit Bescheid vom 25. Juni 1996 lehnten die Beklagten die Gewährung von Bestandsschutz für das Pflegeheim L. ab. Nach § 71 Abs. 4 SGB XI seien stationäre Einrichtungen, in denen die medizinische Vorsorge oder Rehabilitation, die berufliche oder soziale Eingliederung, die schulische Ausbildung oder die Erziehung Kranker oder Behinderter im Vordergrund stünden, keine stationäre Pflegeeinrichtungen.

Die Klägerin teilte der Beklagten zu 1) mit, im Pflegeheim L. seien 56 Heimbewohner untergebracht, welche die Voraussetzungen nach dem SGB XI erfüllten. Sie listete die Heimbewohner namentlich auf; 53 Plätze seien für Behinderte vorgesehen.

Gegen den Bescheid vom 25. Juni 1996 erhob die Klägerin am 15. Juli 1996 beim Sozialgericht Altenburg Klage, mit dem Antrag, für 56 Heimbewohner Bestandsschutz anzuerkennen (Az.: S 15 P 1111/96).

Mit Bescheid vom 30. Oktober 1996 gewährten ihr die Beklagten Bestandsschutz für die Gebäudeteile R. und S. (2. und 3. Etage) für 60 Dauerpflegeplätze als vollstationäre Pflegeeinrichtung nach § 73 Abs. 4 SGB XI. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage beim Sozialgericht zurück.

Im Februar 1997 teilte sie der Beklagten zu 1) mit, nach Aussage eines Mitarbeiters des Landessozialamtes Meiningen werde es auf Grund der Teilung des Hauses in eine Pflegeeinrichtung nach dem SGB XI und eine Behinderteneinrichtung nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu Problemen bei der Abrechnung der 42 Heimbewohner in der Behindertenhilfe kommen, weil nur vier Anerkennungsbescheide nach §§ 39, 40 BSHG vorlägen. Künftig sollten vom Landessozialamt Meiningen nur noch die Heimkosten für die nach §§ 39, 40 BSHG anerkannten Heimbewohner und die anderen Kosten von der Pflegekasse übernommen werden.

Im März 1997 informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin dahingehend, dass keine weiteren Leistungen von den Beklagten zu erwarten seien, da es sich um eine Behinderteneinrichtung handele. Mit Schreiben vom 4. Juli 1997 informierte der Beigeladene die Beklagte zu 1), dass mit der Klägerin Einigkeit darüber bestehe, dass es sich bei der Einrichtung insgesamt um ein Pflegeheim handle.

Am 21. Juli 1997 beantragte das Landratsamt Altenburger Land im Auftrag der Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 30. Oktober 1996. Das Pflegeheim L. sei eine Einrichtung, deren inhaltlicher Zweck fast ausschließlich von der Hilfe zur Pflege bestimmt werde. Es liege keine Konzeption vor, die Gegenteiliges besage. Es handele sich nicht um eine Behinderteneinrichtung. Von den 109 Heimbewohnern hätten 105 einen Bescheid "Hilfe zur Pflege nach dem SGB XI" bzw. nach § 68 BSHG. Alle Heimbewohner seien durch den MDK begutachtet und zum überwiegenden Teil in eine Pflegestufe nach dem SGB XI eingestuft worden. Nur für zwei Heimbewohner sei eine Eingliederungshilfe möglich.

Mit Bescheid vom 5. Februar 1998 teilten die Beklagten der Klägerin mit, es werde weiterhin die Auffassung vertreten, dass eine rückwirkende Bestandsschutzerteilung für die gesamte Einrichtung nicht erfolgen könne.

Mit Schreiben vom 22. April 1998 forderte die Beklagte zu 1) die Klägerin auf, einen neuen Antrag auf Abschluss eines Versorgungsvertrages zu stellen. Dieser Aufforderung kam diese nach und beantragte den Abschluss eines Versorgungsvertrages rückwirkend ab dem 1. Juli 1996 und reichte einen neuen Strukturerhebungsbogen ein.

Am 24. Juni 1998 hat die Klägerin beim Sozialgericht Altenburg Klage auf Anerkennung des Bestandsschutzes ab dem 1. Juli 1996 erhoben. Mit Bescheid vom 5. Februar 1998 hätten die Beklagten die Gewährung von Bestandsschutz abgelehnt. Das Schreiben vom 5. Februar 1998 sei nicht als Bescheid gekennzeichnet; es handele sich aber um einen solchen. Im Übrigen bestünden auch formelle Mängel. Es fehle an ihrer Anhörung, an einer Begründung des Bescheides sowie an der erforderlichen Mitwirkung des Sozialhilfeträgers. In der mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 2001 hat die Klägerin hilfsweise beantragt, die Beklagte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages ab dem 1. Juli 1996 zu verpflichten. Sie überreichte eine Liste der durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung e. V. (MDK) erfolgten Einstufungen der 49 "behinderten" Bewohner nach dem Pflegeversicherungsgesetz.

Die Beklagten haben eingewandt, Voraussetzung für die Anerkennung von Bestandsschutz sei, dass die Pflegeeinrichtung vor dem 1. Januar 1995 ambulante Pflege, teilstationäre Pflege oder Kurzzeitpflege auf Grund von Vereinbarungen mit Sozialhilfeträgern erbracht habe. Die Klägerin habe nach dem Vertrag mit dem Landratsamt Altenburger Land erst ab dem 1. Januar 1995 Sozialleistungen erbracht. Die fehlende Einvernahme könne mit Mehrheitsentscheidung nach § 81 Abs. 1 SGB XI i. V. m. § 213 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) ersetzt werden.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 1999 hat das Sozialgericht den Freistaat Thüringen beigeladen. Er hat vorgetragen, 1996 hätten sich ausschließlich Pflegefälle nach § 68 BSHG in der Einrichtung befunden.

Mit Urteil vom 9. Oktober 2001 hat das Sozialgericht Altenburg die Klage abgewiesen. Nach den vorliegenden Unterlagen handle es sich bei der Einrichtung für die die Klägerin die Feststellung von Bestandsschutz begehre, nicht um eine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI, sondern um eine Einrichtung der Behindertenhilfe im Sinne von § 71 Abs. 4 SGB XI. Die ergebe sich aus dem Schreiben des Beigeladenen vom 23. April 1996. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages ab dem 1. Juli 1996.

Im Berufungsverfahren stützt die Klägerin ihr Begehren auf § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Das Einvernehmen der Beklagten mit den Trägern der Sozialhilfe, es handele sich bei dem streitbefangenen Heim der Klägerin um eine Behinderteneinrichtung, belege nicht die tatsächliche Situation zum 1. Januar 1995. Das Schreiben des Beigeladenen vom 23. April 1996 stehe in einem völlig anderen Kontext. Im Übrigen hätten die Beklagten im Oktober 1996 einen Versorgungsvertrag für 60 Plätze nach dem SGB XI abgeschlossen und insofern selbst anerkannt, dass der Inhalt des Schreibens vom 23. April 1996 so nicht richtig sein könne. Außerdem habe die Heimaufsicht im Dezember 2000 bei unveränderten Verhältnissen einen neuen Bescheid für 80 plus 9 (personengebundene) Dauerpflegeplätze erteilt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Altenburg vom 9. Oktober 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 1998 aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, abzuändern und festzustellen, dass für das Heim L. Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3, Abs. 4 SGB XI seit dem 1. Juli 1996 besteht,

hilfsweise, das Urteil des Sozialgericht Altenburg vom 9. Oktober 2001 teilweise und den Bescheid vom 5. Februar 1998 aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, ab dem 21. Juli 1997 abzuändern und festzustellen, dass für das Heim Löbichau Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3, Abs. 4 SGB XI besteht und über den Antrag der Klägerin vom 21. Juli 1997 auf die Feststellung von Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3, Abs. 4 SGB XI für das Heim L. seit dem 1. Juli 1996 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

hilfsweise, das Urteil des Sozialgericht Altenburg vom 9. Oktober 2001 teilweise aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, einen Versorgungsvertrag für weitere 49 Pflegeplätze nach § 72 SGB XI für das Heim L. mit der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 an abzuschließen.

Die Beklagten zu 1), 3), 4), 5) und 6) beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Begründung verweisen sie auf die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils.

Die Beklagten zu 2) und 7) und der Beigeladene haben keinen Antrag gestellt.

Der Beigeladene teilt mit, die seitens der Klägerin ihr in Rechnung gestellten Pflegekosten seien vollumfänglich beglichen worden. Für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 31. August 1997 seien keine Pflegekosten nach § 43 SGB XI in Rechnung gestellt worden. Ab dem 1. September 1997 sei nach Vorlage der Abtretungserklärung der Klägerin vom 26. August 1997 hinsichtlich der Leistungen nach § 43 SGB XI eine Korrektur der Pflegekostenabrechnung dahingehend erfolgt, dass diese auch die Leistungen nach § 43 SGB XI erhalte. Für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 31. August 1997 bestehe keine Bereitschaft nachträglich für die Zahlung der Leistungen nach § 43 SGB XI einzutreten.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akten des Beigeladenen Bezug genommen, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Senat konnte in Abwesenheit der Beklagten zu 2) und 7) entscheiden, weil diese mit der Ladung nach § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden.

Der Bescheid vom 5. Februar 1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, den Bescheid vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, aufzuheben. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages mit Wirkung zum 1. Juli 1996.

Der Haupt- und der Hilfsantrag zu 1) sind als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklagen zulässig. Der Hilfsantrag zu 2) ist unzulässig, da es an einer Entscheidung der Beklagten bezüglich des Antrages vom 12. Mai 1998 auf Abschluss eines Versorgungsvertrages fehlt.

Die Beklagten haben die Klägerin mit Bescheid vom 5. Februar 1998 mitgeteilt, dass eine rückwirkende Bestandsschutzerteilung für die gesamte Einrichtung nicht erfolgen kann. Die beklagten Verbände handeln in ihrer Funktion als Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam (§ 81 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Zwar fehlt es an einer örtlichen Stelle, die als Behörde im organisatorischen oder bürokratischen Sinne angesehen werden könnte, doch ist der Gesetzgeber offensichtlich davon ausgegangen, dass die Landesverbände bei der Erfüllung der ihnen gemeinsam übertragenen Aufgaben insgesamt als Entscheidungsträger ohne gemeinsame örtliche Verwaltungsstelle handeln (vgl. Bundessozialgericht (BSG) vom 6. August 1998 – Az.: B 3 P 8/97 R, nach juris). Der Bescheid vom 5. Februar 1998 enthält eine verbindliche Regelung bezüglich des Antrages der Klägerin auf Anerkennung des Bestandsschutzes rückwirkend ab dem 1. Juli 1996. Zur Begründung verweisen die Beklagten auf den Bescheid vom 25. Juni 1996. Damit wird eine Abänderung dieses Bescheides - so weit diese nicht bereits mit Bescheid vom 30. Oktober 1996 erfolgt ist - abgelehnt. Nicht entscheidend ist, dass der Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. Dies führt lediglich dazu, dass die Frist für die Erhebung des Widerspruchs oder der Klage nicht zu laufen beginnt.

Bei der ursprünglichen Ablehnung der Feststellung des Bestehens eines Bestandsschutzes für die Einrichtung der Klägerin mit Bescheid vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, handelt es sich ebenfalls um einen Verwaltungsakt. Die Qualifizierung als Verwaltungsakt ergibt sich aus § 73 Abs. 2 Satz 2 SGB XI. Die dort für den Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrages getroffenen Regelungen setzen voraus, dass es sich bei dieser Entscheidung der Beklagten um einen Verwaltungsakt handelt. Entsprechendes muss für den Fall gelten, in dem es nicht um die Ablehnung einer Zulassung, sondern um die Verneinung einer Zulassung auf Grund der Bestandsschutzregelungen, die die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, geht (vgl. BSG, a.a.O.).

Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht ferner nicht entgegen, dass kein Vorverfahren stattgefunden hat. Ist eine Widerspruchsstelle nicht bestimmt, so ist nach § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzlich die nächsthöhere Behörde für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständig. Hier kämen nur die Aufsichtsbehörden der betroffenen Kassenverbände in Betracht, bei denen es sich jedoch um oberste Bundes- oder Landesbehörden handelt, was nach § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Zuständigkeit der Ausgangsbehörde begründet. Deren im Klageverfahren gestellter Antrag auf Abweisung der Klage ersetzt ausnahmsweise - da Klagegegner und Widerspruchsstelle identisch sind - das Vorverfahren, weil von einer Nachholung keine andere Entscheidung zu erwarten und deshalb eine gerichtliche Klärung nicht zu vermeiden ist.

Soweit die Klägerin mit dem Hauptantrag eine Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, sowie die Feststellung des Bestehens von Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3, Abs. 4 SGB XI für das Heim L. begehrt, ist der Antrag unbegründet.

Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei der Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 2 SGB X ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Der Bescheid vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, ist bestandskräftig geworden. Der Bescheid vom 30. Oktober 1996 ist nach § 96 SGG Gegenstand des unter dem Az.: S 15 P 1111/96 beim Sozialgericht Altenburg anhängig gewesenen Rechtsstreits geworden. Mit dem Bescheid vom 30. Oktober haben die Beklagten dem damaligen Klagebegehren der Klägerin entsprochen. Unter dem 13. November 1996 hat die Klägerin daraufhin Klage zurückgenommen.

§ 44 Abs. 1 SGB X ist hier nicht anwendbar, da es sich bei der Vergütung von Pflegeleistungen, die die Klägerin letztendlich begehrt, nicht um Sozialleistungen handelt. Insoweit käme bei Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5. Februar 1998 nur die Verpflichtung der Beklagten nach § 44 Abs. 2 SGB X in Betracht, den streitigen Bescheid für die Zukunft aufzuheben und über den Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Bescheides für die Vergangenheit erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, es sei denn es läge hinsichtlich der Aufhebung des Bescheides für die Vergangenheit eine Ermessensreduzierung auf Null vor.

Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, ab dem 21. Juli 1998 liegen nicht vor. Der Bescheid ist jedenfalls zu Gunsten der Klägerin nicht zu beanstanden.

Maßgebend ist die durch das 1. SGB XI-Änderungsgesetz vom 14. Juni 1996 (BGBl. I S. 830) mit Wirkung ab dem 25. Juni 1996 eingetretene Rechtslage. Nach § 72 Abs. 1 SGB XI dürfen Pflegekassen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 SGB XI gilt übergangsweise ein Versorgungsvertrag mit vollstationären Pflegeeinrichtungen als abgeschlossen, die vor dem 1. Januar 1995 Pflege auf Grund von Vereinbarungen mit Sozialleistungsträgern erbracht haben. Nach § 73 Abs. 3 SGB XI gilt mit Pflegeeinrichtungen, die vor dem 1. Januar 1995 ambulante Pflege oder Kurzzeitpflege auf Grund von Vereinbarungen mit Sozialleistungsträgern erbracht haben, ein Versorgungsvertrag als abgeschlossen. Satz 1 gilt nicht, wenn die Pflegeeinrichtung die Anforderungen nach § 72 Abs. 3 Satz 1SGB XI nicht erfüllt und die zuständigen Landesverbände der Pflegekassen dies im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe (§ 72 Abs. 2 Satz 1 SGB XI) bis zum 30. Juni 1995 gegenüber dem Träger der Einrichtung schriftlich geltend machen. Satz 1 gilt auch dann nicht, wenn die Pflegeeinrichtung die Anforderungen nach § 72 Abs. 3 Satz 1 DGB XI offensichtlich nicht erfüllt. Die Pflegeeinrichtung hat bis spätestens zum 31. Mai 1995 die Voraussetzungen für den Bestandsschutz nach den Sätzen 1 und 2 durch Vorlage von Vereinbarungen mit Sozialleistungsträgern sowie geeignete Unterlagen zur Prüfung und Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit gegenüber einem Landesverband der Pflegekassen nachzuweisen. Der Versorgungsvertrag bleibt wirksam, bis er durch einen neuen Versorgungsvertrag abgelöst oder nach § 74 SGB XI gekündigt wird. Nach § 73 Abs. 4 SGB XI gilt Absatz 3 für vollstationäre Pflegeeinrichtungen entsprechend mit der Maßgabe, dass der für die Vorlage der Unterlagen nach Satz 3 maßgebliche Zeitpunkt der 30. September 1995 und der Stichtag nach Satz 2 der 30. Juni 1996 ist.

Die Gewährung von Bestandsschutz für die Klägerin nach § 73 Abs. 4 SGB XI scheitert hier bereits daran, dass sie vor dem 1. Januar 1995 keine Pflegeleistungen erbracht hat. Insoweit kann an dieser Stelle dahingestellt sein bleiben, inwieweit Bestandsschutz rückwirkend gewährt werden könnte. Sie hat das Heim L. zum 1. Januar 1995 übernommen und eine Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger mit Wirkung vom 1. Januar 1995 vorgelegt. Die Vereinbarung, die Bestandsschutz begründet, muss grundsätzlich mit dem Träger der Pflegeeinrichtung abgeschlossen sein. Träger der Pflegeeinrichtung ist dabei die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung nach innen und außen verantwortliche natürliche oder juristische Person (vgl. Grünewald in "Die Sozialversicherung" 1996, S. 29). § 73 Abs. 3 Satz 1 SGB XI spricht zwar von der "Pflegeeinrichtung", die Pflegeeinrichtung - hier das Heim L. - kann aber nicht Inhaber des Rechtes auf Bestandsschutz sein (vgl. Thüringer LSG vom 10. November 1998 - Az.: L 3 P 302/96, LSG Niedersachsen vom 2. Juli 1998 - Az.: L 4 KR 167/97 ER in: SGb 1998, S. 475). Dies ergibt sich schon aus § 73 Abs. 3 Satz 2 SGB XI, wonach die Ablehnung des Bestandsschutzes gegenüber dem Träger der Einrichtung zu erfolgen hat. Dementsprechend erlischt auch der Bestandsschutz, wenn der Träger der Einrichtung wechselt. Der Trägerwechsel ist hier zum 1. Januar 1995 erfolgt; die Klägerin hat daher zuvor keine Sozialleistungen auf Grund von Vereinbarungen mit Sozialleistungsträgern erbracht und kann daher auch keinen Bestandsschutz für sich herleiten.

Soweit sie mit dem Hilfsantrag zu 2) eine Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Versorgungsvertrages mit Wirkung zum 1. Juli 1996 begehrt, handelt es sich um eine unzulässige Leistungsklage. Der Abschluss eines Versorgungsvertrages kann nicht mit einer Leistungsklage begehrt werden, zulässige Klageart wäre eine Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG, a.a.O.). Es bedarf zunächst einer Entscheidung der Beklagten bezüglich eines Antrages der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrages. Dies ergibt sich aus § 73 Abs. 2 SGB XI. Danach ist gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Pflegekassen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.

An einer solchen ablehnenden Entscheidung der Beklagten fehlt es bisher. Mit Bescheid vom 25. Juni 1996, abgeändert durch Bescheid vom 30. Oktober 1996, wurde lediglich über den Antrag für das Heim L. Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3 und Abs. 4 SGB XI zu gewähren, entschieden. Eine eigenständige Prüfung und entsprechende Ablehnung des Abschlusses eines Versorgungsvertrages unabhängig vom Bestehen des Bestandsschutzes nach § 73 Abs. 3 und Abs. 4 SGB XI lässt sich dem Bescheid nicht entnehmen. Eine solche war auch nicht Gegenstand der Beratung des gemeinsamen Gremiums nach § 81 SGB XI am 20. Juni 1996. Über den Antrag der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrages vom 22. April 1998 liegt keine Entscheidung der Beklagten vor.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Verurteilung der Beklagten zu einem rückwirkenden Abschluss eines Versorgungsvertrages auch nicht in Betracht käme. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Bereich des Krankenhausrechts, die hier entsprechend anzuwenden ist (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2004 – Az.: L 6 P 617/01). Danach begründet der Vertrag aufgrund der Annahme der Bereiterklärung den Status als Vertragskrankenhaus - hier als zugelassene Pflegeeinrichtung -, der durch den Versorgungsvertrag begründet wird. Beide Vertragsarten haben den Charakter einer Statusverleihung mit vielfältigen Folgen, nämlich umfangreichen Rechten und Pflichten, für das Krankenhaus - hier die Pflegeeinrichtung - den Träger, und die Krankenkasse sowie deren Verbände - hier für die Klägerin sowie die Landesverbände der Pflegekassen. Von daher ist eine rückwirkende Statusverleihung, wie auch bei der Zulassung eines (Zahn-) Arztes zur Kassenversorgung oder wie etwa im Berufs-, Namensänderungs- oder Einbürgerungsrecht rechtlich nicht möglich (vgl. BSG vom 29. Mai 1996 - Az.: 3 RK 26/95, nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl. BSG vom 24. September 2003 - Az.: B 8 KN 3/02 KR R). Die Aufwendungen der Beklagten waren danach nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs. 4 Satz 1 SGG). Die Ausnahmeregelung in § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG, wonach im Verfahren nach § 116 Abs. 2 Satz 1 und 4 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte auch die Aufwendungen der Behörden, der Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erstattungsfähig sind, gilt nur für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach dem SGB V; sie ist bei Einführung der Pflegeversicherung nicht auf Streitigkeiten in Angelegenheiten nach dem SGB XI erweitert worden.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzung nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved