L 6 RA 334/03

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 5 RA 765/01
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 RA 334/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein "Meister der volkseigenen Bauindustrie" der ehemaligen DDR erfüllt nicht die persönliche Voraussetzung für eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z.ZAVO-techInt. In der ehemaligen DDR konnte sich nicht jeder, der im Baubereich tätig war und Arbeiten ausführte, die auch zu den Aufgaben eines Architekten gehörten "Architekt" nennen. Voraussetzung hierfür war ein entsprechendes abgeschlossenes Hochschulstudium.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 1. November 1968 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Der 1932 geborene Kläger hat von 1947 bis Juni 1950 den Beruf des Zimmerers erlernt. In diesem Beruf arbeitete er bis August 1958 in verschiedenen Betrieben. Nach Besuch der Meisterschule für Bauwesen - Fachschule für Bautechnik B. – ab dem 1. September 1958 bestand er am 28. Juli 1959 die staatliche Prüfung als Meister der Volkseigenen Bauindustrie, Fachrichtung Industriebau. Danach war er bis September 1960 als Meister beim VEB Spezialbau L. und ab Oktober 1960 als Sachbearbeiter, später als Referatsleiter im Bauamt W. beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. November 1968 begann der Kläger die Tätigkeit als Direktor des Investitionskonsortiums Aufbau Wohnstadt L. Den Arbeitsvertrag schloss er mit dem Rat des Bezirkes E., Hauptplanträger Komplexer Wohnungsbau ab. Zu seinen Arbeitsaufgaben gehörte entsprechend dem Beschluss des Rates des Bezirkes vom 2. Dezember 1968 die Vorbereitung, Koordinierung und Durchführung aller Investitionsmaßnahmen im weiteren Neubaugebiet L. einschließlich der Bauleitung. Ab dem 1. Juli 1972 war der Kläger bei dem Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau - Bezirk E. - Leiter der Außenstelle L. Diese Tätigkeit übte er bis zum 30. Juni 1990 und darüber hinaus aus.

In das Register der volkseigenen Wirtschaft wurde am 26. Februar 1969 der Hauptinvestor Komplexer Wohnungsbau beim Hauptplanträger Komplexer Wohnungsbau des Rates des Bezirkes E. und als übergeordnetes Verwaltungsorgan der Rat des Bezirkes E., Abteilung Hauptplanträger Komplexer Wohnungsbau und Wohnungspolitik E., eingetragen, am 18. Juni 1973 laut Änderungsantrag vom 31. Mai 1973 als Bezeichnung des Betriebes "Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau - Bezirk E. -" und als übergeordnetes Organ der Rat des Bezirkes E., Bezirksbauamt. Am 30. März 1981 wurde laut Änderungsantrag vom 12. März 1981 als Bezeichnung des Betriebes "VEB Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau - Bezirk E. –" geführt und am 21. März 1990 wurde laut Änderungsantrag vom 20. März 1990 die Bezeichnung des Betriebes in "B. Thüringen", staatlicher Betrieb geändert.

In der Systematik der Volkswirtschaftszweige war der Betrieb der Wirtschaftsgruppe 9 (staatliche Verwaltungen, gesellschaftliche Organisationen) zugeordnet.

Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Vom 1. Januar 1980 bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).

Im Oktober 1999 beantragte er die Anerkennung seiner Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die Überführung der Zusatzversorgungsanwartschaften.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2001 lehnte die Beklagte die Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 1. Juli 1959 zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen ab. Die Qualifikation als Meister entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei insoweit unbeachtlich.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, zuletzt sei er als Leiter der Außenstelle L. bei dem Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau L. tätig gewesen. Dieser sei für die Lösung der Aufgaben des komplexen Wohnungsbaus des Bezirkes E. sowie für die Kreise Worbis, Nordhausen, Heiligenstadt, Mühlhausen und Bad Langensalza verantwortlich gewesen. Als Leiter der Außenstelle seien ihm vier Bauingenieure, drei technische Kräfte sowie fünf Erstausstatter für Kinderkrippen/Kindergarten unterstellt gewesen. Der zu betreuende Investitionsaufwand habe jährlich zwischen 115 bis 120 Millionen Mark gelegen. Er sei übertariflich bezahlt worden. Im Vergleich zur Honorarordnung für Architekten (HOAI) sei der Betreuungsaufwand mit der Leistungsphase 6 bis 9 gleichzusetzen. Für die Leistungsphasen 1 bis 5 habe die Möglichkeit bestanden, im Rahmen der Wahrnehmung betrieblicher Interessen zur Mitarbeit beauftragt zu werden. Die Erwirkung der Ernennung zum Bauingenieur habe er nicht betrieben. Er überreichte die Stellenbeschreibung seiner Tätigkeit für die Zeit nach der Wende. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Als Meister habe der Kläger lediglich im Wege einer Ermessensentscheidung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen werden können. Dies sei durch die damals dazu berufenen Stellen nicht erfolgt und könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt (bzw. ersetzt) werden.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, seine seit November 1968 ausgeübten Tätigkeiten hätten denen eines Ingenieurs entsprochen. Er sei nach der höchsten Gehaltsgruppe für Ingenieure bezahlt worden. Außerdem sei festzustellen, dass es sich bei seinem Arbeitgeber ab dem 1. Januar 1982 um einen "echten" VEB gehandelt habe. Dies ergebe sich aus seinem Sozialversicherungsausweis. Er hat eine Urkunde zur Verleihung des Architekturpreises des Bezirkes E. 1975 vorgelegt. Danach wurde dem Kollektiv, bestehend aus zwei Architekten, einem Diplom-Architekten, einem Bauingenieur und einem Meister der Volkseigenen Bauindustrie - dem Kläger - der Architekturpreis verlieren.

Mit Urteil vom 10. Februar 2003 hat das Sozialgericht Nordhausen die Klage abgewiesen. Die berufliche Qualifikation als Meister entspreche nicht den in der Versorgungsordnung genannten beruflichen Qualifikationen bzw. dem dort genannten Berufsbild. Allein die Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit reiche nicht aus. Zudem sei er auch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder das Bauwesens beschäftigt gewesen.

Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, auf Grund seiner jahrelangen erfolgreichen leitenden Tätigkeit nehme er für sich die Berufsbezeichnung "Architekt" in Anspruch. Diese müsse nicht immer mit einem Ingenieurabschluss verbunden sein, weil es ansonsten einer besonderen Benennung in der Verordnung vom 17. August 1950 nicht bedurft hätte. Im Übrigen habe er außerbetrieblich die Arbeit eines Architekten durch Projektierung von Eigenheimen, Planungen für Erweiterungen/Reparaturen an Eigenheimen und sonstigen Gebäuden verrichtet. Bei der Berufsbezeichnung "Architekt" handele es sich um eine langfristige Überlieferung für Fachleute, die in der Lage seien und die fachlichen Fähigkeiten hätten, Gebäude und bauliche Anlagen nach den Regeln der Baukunst und den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen - Bauordnung usw. - zu errichten sowie technische und wirtschaftliche Planungen zu erarbeiten und deren Ausführung zu überwachen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. Februar 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 1. November 1968 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) nach Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) und die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils. Die Berufsbezeichnung "Architekt" setzte eine Hochschulausbildung voraus. Den Anordnungen über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3. März 1976 und vom 18. April 1988 sei zu entnehmen, dass diejenigen, die die Hochschulausbildung Architektur durchlaufen hätten, die Berufsbezeichnung "Diplomingenieur" führen. Darüber hinaus ergebe sich aus der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 4. März 1988, das über die Erteilung der Berufsbezeichnung eine Urkunde ausgestellt werden musste. Eine Verleihung des Titels "Architekt" durch staatliche Stellen sei an den Kläger nicht erfolgt.

Der Senat hat eine Auskunft der Architektenkammer Thüringen vom 12. März 2004 eingeholt und deren Antwort vom 19. Juli 2004 (mit Anlagen) aus einem beim 3. Senat des Thüringer Landessozialgerichts anhängig gewesenen Rechtsstreit (Az.: L 3 RA 307/03) beigezogen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 11. November 1968 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.

Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssysteme im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.

Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor; weder hatte er eine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt noch hatte er eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts. Der Kläger war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrages oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Für ihn gilt auch nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, denn er hatte vor dem 30. Juni 1990 keine Rechtsposition inne, die er hätte verlieren können.

Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art. 17 EV) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Bundessozialgericht (BSG) vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung auch zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. u.a. BSG vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 und vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 56/01). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz hängt nach § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt, GBl. I Nr. 93, S. 844) und § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 62, S 487) von drei Voraussetzungen ab (vgl. u.a. BSG vom 9. April 2002, in: SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 6). Generell war dieses System eingerichtet für:

(1) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung) und zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 deren 2. DB z. ZAVO-techInt) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO- techInt gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Dabei kommt es für die Anwendbarkeit des AAÜG nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die am 1. August 1991 gegebene bundesrechtliche Rechtslage an.

Der Kläger war nach Besuch der Fachschule für Bauwesen vom 1. September 1958 bis zum 31. Juli 1959 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Meister der volkseigenen Bauindustrie" zu führen. Ihm wurde dagegen keine Berechtigung verliehen, eine andere Berufsbezeichnung zu führen und er hat eine solche auch tatsächlich nicht geführt. Insoweit fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung für eine nachträgliche Einbeziehung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und es kann dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen erfüllt wären.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt gelten als Angehörige der technischen Intelligenz i.S. des § 1 der ZAVO-techInt: Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaues, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehören ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 können auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium beziehungsweise die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleiden, wie Stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausüben, eingereiht werden.

Nach der Überzeugung des Senats konnte sich - entgegen der Auffassung des Klägers - in der DDR nicht jeder, der im Baubereich tätig war und teilweise Arbeiten ausgeführt hat, die auch zu den Aufgaben eines Architekten gehörten, "Architekt" nennen.

Nach der Auskunft der Architektenkammer Thüringen vom 19. Juli 2004 wurden in der ehemaligen DDR an einigen ausgewählten Fach- und Hochschulen sowie an einer Universität die Fachrichtungen "Architektur", "Gebiets- und Stadtplanung", "Innenarchitektur" und "Landschaftsarchitektur" gelehrt. Dies waren die Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar mit dem Hochschulabschluss in den Fachrichtungen "Architektur" und "Stadtplanung", die technische Universität Dresden mit dem Hochschulabschluss in den Fachrichtungen "Architektur" und "Landschaftsarchitektur", die Kunsthochschule Berlin-Weißensee in der Fachrichtung "Architektur", die Fachhochschule für angewandte Kunst Heiligendamm in der Fachrichtung "Innenarchitektur" und die Fachschule für Bauwesen Zittau in der Fachrichtung "Architektur". Von diesen Hoch- bzw. Fachschulen wurden nach Abschluss des Studiums in den verschiedenen Fachrichtungen die Berechtigungen zum Führen der Berufsbezeichnung "Architekt" (Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar), "Diplomingenieur" (Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar, Technische Universität Dresden), "Diplom-Architekt" (Kunsthochschule Berlin-Weißensee), "Innenarchitekt" (Fachschule für angewandte Kunst Heiligendamm) und "Bauingenieur" (Fachschule für Bauwesen Zittau) verliehen.

Insofern gab es in der ehemaligen DDR nach Abschluss eines Hochschulstudiums - entgegen der Auskunft der Architektenkammer Thüringen vom 12. März 2004 – tatsächlich die Berufsbezeichnung "Architekt". Im Umkehrschluss folgt daraus, dass ohne abgeschlossenes Studium keine Berechtigung bestand, den Titel "Architekt" zu führen. Dass diese Berufsbezeichnung auch in der DDR ein Hochschulstudium voraussetzte, ergibt sich auch aus der Anordnung über die Zulassung privater Ingenieure und Architekten vom 1. Oktober 1964 (Gbl. II Nr. 92, S. 763, im Folgenden: Anordnung). Nach § 5 Abs. 1 der Anordnung sind dem Antrag auf Zulassung als privater Ingenieur oder Architekt u.a. folgende Unterlagen beizufügen: Nachweis der fachlichen Ausbildung und des abgeschlossenen Hoch- oder Fachschulstudiums (Nr. 1). Auch hieraus folgt, dass in der ehemaligen DDR selbstverständlich davon ausgegangen wurde, dass ein Architekt ein Hoch- oder Fachschulstudium abgeschlossen hatte. Über ein solches verfügt der Kläger nicht.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieser während des Bestehens der DDR für sich die Berufsbezeichnung "Architekt" in Anspruch genommen hatte. In der von ihm eingereichten Urkunde über die Verleihung des Architektenpreises im Jahr 1975 wurde er ausdrücklich als Meister der volkseigenen Bauindustrie und nicht wie die übrigen Mitglieder des Kollektivs als Architekt beziehungsweise Bauingenieur genannt.

Der Kläger war auch nicht berechtigt die Berufsbezeichnung "Bauingenieur" zu führen. Dies behauptet er selbst nicht.

Eine mögliche einzelvertragliche Einbeziehung, wie sie in § 1 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung vorgesehen war, kann nach § 5 Abs. 1 AAÜG keine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem begründen. Denn insoweit bedurfte es jeweils einer Einzel- (Ermessens-) entscheidung. Eine Anknüpfung an eine derartige Regelung der Versorgungssysteme verbietet sich bundesrechtlich, weil sie im Hinblick auf eingeräumte Entscheidungsspielräume eine gegebenenfalls willkürliche, das heißt gleichheitswidrige Verwaltungspraxis der DDR fortsetzen würde (vgl. BSG vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 56/01 R, nach juris).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die mit entsprechender Qualifikation in das Zusatzversorgungssystem einbezogen worden, nicht vor. Der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, solche bereits in den Versorgungsordnungen angelegten Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitungen anknüpfen (vgl. Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).

Nach Abschluss des Verfahrens war auf die zusätzlichen Ausführungen und Anträge des Klägers im Schriftsatz vom 26. April 2005 nicht einzugehen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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