L 6 B 12/05 R

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 5 RA 3043/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 12/05 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine Beschwerde gegen die Ablehung einer Protokollberichtigung ist stets unzulässig (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 23. Juli 2002 - Az.: 8 S 1500/02; a.A. Bayerischer VGH vom 9. Februar 2000 - Az.: 12 C 99.1576, LSG Berlin vom 25. März 2003 - Az.: L 6 B 120/02 RA, OLG Koblenz vom 26. Februar 1986 - Az.: 8 W 121/86).
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 12. Januar 2005 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer verfolgt mit seiner Beschwerde die vom Sozialgericht abgelehnte Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 25. März 2004 in seinem rentenversicherungsrechtlichen Verfahren (Az.: S 5 RA 55/03) weiter.

In der Hauptsache (Az.: S 5 RA 3043/04) begehrt der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme seines rentenversicherungsrechtlichen Verfahrens, mit dem er die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) beansprucht hat. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Gotha am 25. März 2004 im rentenversicherungsrechtlichen Ausgangsverfahren hat der Beschwerdeführer ausweislich des Sitzungsprotokolls nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Klage zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 12. Januar 2005 hat der Vorsitzende der 5. Kammer des Sozialgerichts Gotha die vom Beschwerdeführer beantragte Protokollberichtigung abgelehnt, ohne zuvor eine Stellungnahme der Protokollführerin eingeholt zu haben. Zur Begründung führt der Beschluss aus, dass das Protokoll vom 25. März 2004 den Erfordernissen des § 122 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 160 der Zivilprozessordnung (ZPO) entspreche. Eine Aufnahme des in der Sitzung erteilten Hinweises auf die Möglichkeit der Verhängung von Rechtsmissbräuchlichkeitskosten sei entbehrlich, da er weder zwingend aufzunehmen sei, noch sei in der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Antrag auf Aufnahme ins Protokoll gestellt worden. Außerdem sei die Klage zurückgenommen worden und Rechtsmissbräuchlichkeitskosten seien tatsächlich nicht verhängt worden. Der Beschluss ist als unanfechtbar bezeichnet.

Gegen den ihm am 15. Januar 2005 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit am 31. Januar 2005 beim Sozialgericht eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt.

Die Beklagte äußert die Auffassung, dass die Beschwerde unzulässig sei, da der Beschluss des Sozialgerichts unanfechtbar sei.

Das Sozialgericht hat die Beschwerde mit Verfügung vom 31. Januar 2005 ohne Nichtabhilfeentscheidung – diese sei aus Gründen der Unanfechtbarkeit des Beschlusses nicht möglich – dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdegerichtsakte und der beigezogenen Prozessakten des Sozialgerichts Gotha (Az.: S 5 RA 3043/04 und S 5 RA 55/03) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Eine Beschwerde gegen die Ablehnung einer Protokollberichtigung ist stets unzulässig (so die wohl herrschende Meinung: vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Juli 2002 – Az.: 8 S 1500/02 in NVwZ-RR 2003, S. 318 m.w.N.; Mayer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage 2002, § 172 Rdnrn. 5 und 6d sowie § 122 Rdnr. 9 jeweils m.w.N.).

Der Mindermeinung, die die Auffassung vertritt, dass sie ausnahmsweise zulässig ist, soweit der Beschwerdeführer nicht (nur) die inhaltliche Unrichtigkeit des Protokolls rügt, sondern Verfahrensfehler bei der Ablehnung der beantragten Berichtigung – etwa wenn sie unzutreffenderweise als unzulässig abgelehnt worden sei – geltend macht (so z.B. der Bayerische VGH in st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 9. Februar 2000 – Az.: 12 C 99.1576 in NVwZ-RR 2000, S. 843; ebenso LSG Berlin, Beschluss vom 25. März 2003 – Az.: L 6 B 120/02 RA, nach juris), folgt der Senat nicht. Die Abfassung der Sitzungsniederschrift gemäß § 122 SGG i.V.m. §§ 160 ff. ZPO ist als unvertretbare Verfahrenshandlung Sache des Instanzgerichts. Das Beschwerdegericht hingegen kann nicht wissen, ob und inwieweit das Protokoll möglicherweise unrichtig ist. Dem entspricht auch der Wille des Gesetzgebers. So heißt es in der amtlichen Begründung der Bundesregierung zu § 164 ZPO (BT-Drs. 7/2729 S. 63), dass eine Anfechtungsmöglichkeit der Protokollberichtigung nicht vorgesehen sei, weil das übergeordnete Gericht, da es an der Sitzung nicht teilgenommen habe, zu einer Überprüfung des Protokolls nicht geeignet erscheine. Dies muss umgekehrt auch für die Ablehnung der Protokollberichtigung gelten. Dabei kann hier dahinstehen, ob es sich bei dem Beschluss, der eine beantragte Protokollberichtigung ablehnt, um eine Entscheidung eigener Art handelt, die nicht unter § 172 Abs. 1 SGG fällt (so z.B. Geiger in Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auflage 1998, § 105 Rdnr. 29 sowie VGH Baden-Württemberg, a.a.O., zum insoweit vergleichbaren § 146 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung), oder um eine prozessleitende Verfügung i.S.d. § 172 Abs. 2 SGG, bei der eine Beschwerde von Gesetzes wegen ausscheidet (so Mayer-Ladewig, a.a.O., § 172 Rdnrn. 5 und 6d; a.A., allerdings ohne Begründung, LSG Berlin, a.a.O.). Denn jedenfalls sieht das SGG hiergegen keine Beschwerdemöglichkeit vor; auch die gemäß § 122 SGG entsprechend anzuwendenden §§ 159 bis 165 ZPO sehen keinen besonderen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über einen Antrag auf Protokollberichtigung vor (VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Letztlich würde die Einräumung einer Beschwerdemöglichkeit lediglich zur Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Verfahrensvorschriften den Rechtsschutz über die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten hinaus ausdehnen, wofür nach Auffassung des Senats keine Notwendigkeit besteht.

Auch soweit ganz vereinzelt vertreten worden ist, dass eine Beschwerde gegen den die Protokollberichtigung aus Sachgründen abweisenden erstinstanzlichen Beschluss statthaft sei und sich das Beschwerdegericht durch Anhörung des Erstrichters und Protokollführers sachkundig machen könne (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 26. Februar 1986 – Az.: 8 W 121/86 in MDR 1986, S. 593), folgt der Senat dem ebenfalls nicht. Denn es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, die Beweiskraft des Protokolls (§ 165 ZPO) zu ändern, so lange nicht eine Protokollfälschung erwiesen ist (vgl. Stöber in Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 164 Rdnr. 11). Eine solche wird vom Beschwerdeführer ersichtlich nicht behauptet.

Schließlich dürfte dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall darüber hinaus auch die Beschwer hinsichtlich der abgelehnten Protokollberichtigung fehlen, da es unstreitig und inzwischen auch aktenkundig ist, dass im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Gotha am 25. März 2004 von dem Vorsitzenden der 5. Kammer vor der Klagerücknahme die Verhängung von Verschuldenskosten angedroht wurde. Es ist deshalb für den Senat nicht erkennbar, inwiefern es in dem vom Beschwerdeführer angestrengten Wiederaufnahmeverfahren auf die begehrte Protokollberichtigung ankommen sollte.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 202 SGG i.V.m. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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