L 20 B 11/05 SO ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 SO 89/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 11/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 25.07.2005 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Kosten für die Unterbringung der Antragsteller im St. K-Haus, B-feld 00, X vorläufig, längstens jedoch für ein halbes Jahr, zu übernehmen. Kosten der Antragsteller sind von der Antragsgegnerin in beiden Rechtszügen zu übernehmen.
2. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Q aus B bewilligt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen, das der Beschwerde nicht abgeholfen hat, ist begründet.

Die vom Senat im einstweiligen Anordnungsverfahren vorzunehmende Interessenabwägung geht zugunsten der Antragsteller aus. Bei der im Rahmen des § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- erforderlichen Interessenabwägung (vgl. hierzu BverfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05) spricht mehr dafür, den Antragstellern vor-läufig die Leistungen für einen Aufenthalt im Heim für Mutter, Vater und Kind zu bewilligen. In tatsächlich und rechtlich komplexen Sachen, in denen wie hier die Zuordnung der begehrten Leistung entweder zum Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) oder zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (XII) (SGB XII) bzw. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit nicht mit der notwendigen Sicherheit geklärt werden kann, ist im Einzelfall eine umfassende Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Hierbei hat sich der Senat davon leiten lassen, dass mehr dafür als dagegen spricht, die Aufnahme der Antragsteller in X sicherzustellen.

Im Anschluss an ihren Aufenthalt in den S Kliniken E sollen die Antragsteller in X unter fachlicher Anleitung befähigt werden, ihre alltägliche Lebenssituation zu bewältigen und ihre Kinder selbständig und verantwortungsvoll zu betreuen. Dem Zusammenleben mit ihren Kindern kommt ein hoher Stellenwert zu. Würden die Kosten für den Aufenthalt in X nicht übernommen, müssten die beiden Kinder - der Sohn N ist am 00.00.2004, die Tochter B am 00.00.2003 geboren - in einer Pflegefamilie oder in einem Heim untergebracht werden. Damit ist - auch unter besonderer Berücksichtigung des Alters der Kinder - eine weitere Entfremdung zwischen ihnen und den Antragstellern nicht auszuschließen. Gegen die Möglichkeit, die Familie in T in einer Wohnung unterzubringen, spricht, dass die Antragsteller ohne fachliche Betreuung, wie sie in X angeboten wird, mit der Erziehung überfordert wären. Auch die Antragsgegnerin war sich deshalb in der Helferkonferenz am 21.04.2004 mit den behandelnden Ärzten und Betreuern der Antragsteller einig, dass eine Weiterbetreuung in X in Betracht kommt.

Angesichts der weitreichenden negativen Folgen, die mit einer Versagung der Leistung verbunden wären, wiegt das Interesse der Antragsgegnerin, vorläufig nicht zur Leistung verpflichtet zu werden, weniger schwer. Ihr bleibt die Möglichkeit, gegen den Beigeladenen im Erstattungswege (§§ 10.3ff SGB X) vorzugehen, falls sich dessen Zuständigkeit herausstellt.

Da die Heimunterbringung zumindest für 6 Monate vorgesehen ist, ergibt sich die im Tenor ausgewiesene zeitliche Beschränkung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.

Den Antragstellern ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe (§ 73a SGG, § 114 Zivilprozessordnung) zu bewilligen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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