L 5 KR 12/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 SF 5105/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 12/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 48/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 8. November 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH in H.,. Mit Bescheid vom 18.09.1998 forderte die Beklagte zu 1) aufgrund einer Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge sowie Zuschläge von insgesamt 32.873,00 EUR ein. Widerspruch, Klage, Berufung sowie Nichtzulassungsbeschwerde blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23.12.1998, Urteil SG Landshut vom 08.11.2002 - S 4 SF 5003/99 P, Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23.03.2004 - L 5 KR 62/03, Beschluss des Bundessozialgerichts vom 01.07.2004 - B 12 KR 33/04 B).

Unter dem 04.06.2004 erhob die Klägerin eine "Vollstreckungsgegenklage" gegen die Beklagte zu 1) mit dem Begehren, den Beitragsbescheid vom 18.09.1998 zu beseitigen (einschließlich Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz - Az.: SG Landshut S 12 SF 5087/04, S 12 SF 5088/04 ER). Mit Telefax vom 09.08.2004, 11.48 Uhr, nahm die Klägerin unter Angabe dieser Aktenzeichen die Klage und die Anträge zurück.

Mit Telefax vom 09.08.2004, 16.40 Uhr, hat die Klägerin erneut Vollstreckungsgegenklage erhoben mit identischen Anträgen und Vorbringen wie in dem zurückgenommenen Klageverfahren. Sie hat gegenüber den Beklagten geltend gemacht, der Ausgangsbescheid vom 18.09.1998 sei rechtswidrig und müsse aufgehoben werden; die Vollstreckung aus diesem Bescheid sei unzulässig.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.11.2004 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei unzulässig, soweit die Überprüfung des Ausgangsbescheides gefordert werde; es fehle an einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Im Übrigen fehle es an einem Rechtsschutzinteresse. Zudem habe die Klägerin keine neuen Tatsachen vorgebracht.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und geltend gemacht, sie sei berechtigt, gemäß § 767 Zivilprozessordnung (ZPO) Einwendungen gegen den Ausgangsbescheid der Beklagten zu 1), welche passiv legitimiert sei, vorzubringen. Ein Forderungsübergang auf die Einzugsstellen oder Vollstreckungsstellen liege nicht vor, so dass sie Einwendungen gegen die Beitragsforderung geltend machen dürfe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.11. 2004 sowie den Bescheid vom 18.09.1998 aufzuheben, hilfsweise die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 18.09.1998 für unzulässig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.11.2004 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die beigezogenen Gerichtsakten der vorangegangenen Verfahren, auf deren Beiziehung die Klägerin in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde und die Gegenstand der Verhandlung vom 05.04.2005 waren sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die am Monatag 20.12.2004 frist- und formgerechte eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, was sich aus mehreren Gründen ergibt.

I.

Eine Klagerücknahme erledigt nach § 102 Satz 2 SGG den Rechtsstreit in der Hauptsache. Dies hat zur Folge, dass der prozessuale Anspruch auf gerichtliche Entscheidung über den Klagegegenstand verbraucht ist und dass der Kläger, der damit auf die weitere Verfolgung seiner Ansprüche verzichtet hat, wegen des gleichen Sachverhalts nicht nochmals das Gericht anrufen darf (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG vom 28.04.1967 - SozR § 102 Nr.9; BSG vom 27.09.1983 - SozR 1500 § 102 Nr.5).

Das Klageverfahren S 12 SF 5087/04 vom 04.06.2004 war als "Vollstreckungsgegenklage" überschrieben und hatte folgende Anträge beinhaltet: "Aussetzung der Vollziehung bis zur Rechtskraft der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO. Die Zwangsvollstreckung aus dem Beitragsbescheid vom 18.09. 1998 für unzulässig zu erklären. Die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Weiterhin wird beantragt, den Beitragsbescheid vom 18.09.1998 für unzulässig zu erklären."

Der 18-seitige Klageschriftsatz hatte begonnen wie folgt: "1. Die Firma T. GmbH (im Folgenden GmbH genannt) wurde am 11.10.1993 mit Gesellschaftervertrag des ..."

Der Schriftsatz hatte geendet mit den Worten: "Im Übrigen erhielt die Betriebsnummer 85371805 bereits die Anschlussprüfung für den Prüfzeitraum 01.01.1998 bis 31.12.2001 über die LVA Passau mit einer Nachberechnung für Herrn T.H., KJ 1997/1998. Es handelte sich um die der Klägerin bekannte zivilisierte Art einer Betriebsprüfung, so dass wir weiteren Prüfungen gerne entgegen sehen."

Diese Klage hatte die Klägerin mit Telefax vom 09.08.2004, 11.48 Uhr, unter Angabe des Aktenzeichens ausdrücklich zurückgenommen. Damit war das Klageverfahren beendet, die geltend gemachten Ansprüche auf gerichtliche Überprüfung verbraucht.

Mit Telefax vom 09.08.2004, übermittelt um 16.40 Uhr, erhob die Klägerin erneut eine "Vollstreckungsgegenklage" mit den Anträgen:

"Die Klägerin beantragt: Aussetzung der Vollziehung bis zur Rechtskraft der Vollstreckungsgegenklage nach § 769 ZPO. Die Zwangsvollstreckung aus dem Beitragsbescheid vom 18.09. 1998 für unzulässig zu erklären. Die Kosten des Rechtsstreites der Beklagten aufzuerlegen. Weiterhin wird beantragt, den Beitragsbescheid vom 18.09.1998 für unzulässig zu erklären."

Die Klagebegründung begann mit den Worten: "1. Die Firma T. GmbH (im Folgenden GmbH genannt) wurde am 11.10.1993 mit Gesellschaftervertrag des ..."

Der Schriftsatz endete mit den Ausführungen: "Im Übrigen erhielt die Betriebsnummer 85371805 bereits die Anschlussprüfung für den Prüfzeitraum 01.01.1998 bis 31.12.2001 über die LVA Passau mit einer Nachberechnung für Herrn T.H., KJ 1997/1998. Es handelte sich um die der Klägerin bekannte zivilisierte Art einer Betriebsprüfung, so dass wir weiteren Prüfungen gerne entgegen sehen."

Auch die übrigen Ausführungen der Klägerin waren mit denjenigen der zurückgenommenen Klage identisch. Es handelt sich somit eine inhalts- und wortgleiche Klage, die nach der rechtswirksamen Zurücknahme vom 09.08.2004, 11.48 Uhr verbraucht war und nicht mehr erneut erhoben werden durfte. Das Klagebegehren war deshalb wegen Klageverbrauchs unzulässig.

II.

Gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) ist die Klage unzulässig, weil aus dem gesamten Vorbringen zu entnehmen ist, dass sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 18.09.1998 wehrt und diesen zu beseitigen wünscht. Weil aber die Beklagte zu 1) alleinige Ausgangsbehörde dieses Bescheides ist, können die Beklagten zu 2) und 3) auf Beseitigung dieses Bescheides nicht in Anspruch genommen werden.

III.

Eine Vollstreckungsgegenklage im Sinne von § 767 ZPO oder § 767 ZPO analog ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zulässig. Die Vollstreckungsgegenklage ist eine Besonderheit des zivilrechtlichen Verfahrens und resultiert insbesondere aus den dortigen Präklusionsvorschriften. Sie ermöglicht es dem Schuldner, Einwendungen gegen einen Anspruch geltend zu machen, die nicht präkludiert sind. Die Vollstreckungsgegenklage ist somit auf das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren und das sozialgerichtliche Verfahren nicht anwendbar, welche durch den Amtsermittlungsgrundsatz geprägt sind (§ 103 SGG) und Präklusionsnormen nicht enthalten.

IV.

Soweit die Klägerin eine Überprüfung des Bescheides vom 18.09. 1998 begehrt, ist die sofortige Klageerhebung unzulässig ( § 87 ff. SGG). Es fehlt an einer Vorbefassung durch die Ausgangsbehörde, an einem zunächst durchzuführenden Verwaltungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -.

Die Berufung musste somit in vollem Umfange ohne Erfolg bleiben.

Der Senat konnte trotz Nichterscheinens der Klägerin im Verhandlungstermin vom 05.04.2005 entscheiden. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Geschäftsführerin der Klägerin konnte aufgehoben werden, da das persönliche Erscheinen nicht zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnet worden war, sondern um die Aussichtslosigkeit der Berufung darzulegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs.2 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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