S 12 KR 32/04 Ko

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 32/04 Ko
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 27.07.2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren hatte der Bezirk Schwaben die Antragstellerin auf Übernahme der Krankenbehandlungskosten einer Patientin verklagt. Im Verlauf des Verfahrens hat sie schließlich die Forderung des Bezirks anerkannt und sich dem Grunde nach zur Übernahme der Kosten des Verfahrens bereit erklärt. In einem weiteren Schriftverkehr einigten sich die Beteiligten auch über die vorzunehmende Verzinsung. Der Bezirk erklärte daraufhin die Annahme des Anerkenntnisses der Antragstellerin und erklärte die Klage für erledigt.

Mit Beschluss vom 13.07.2005 hat die Vorsitzende der 12. Kammer der Antragstellerin insbesondere die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers unter gleichzeitiger Festsetzung des Streitwerts auferlegt. Mit Kostenrechnung vom 27.07.2005 setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts die Gerichtskosten ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 2.218,88 EUR wie folgt fest:

Verfahren im Allgemeinen (Nr. 4110 KV) ... 97,00 EUR

Beschluss § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG
iVm § 161 Abs. 2 VwGO (Nr. 4118 KV) ... 145,50 EUR

Rechnungsbetrag ...242,50 EUR

Gegen diese Kostenrechnung hat die Antragstellerin Erinnerung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Urkundsbeamtin die Beschlussgebühren Nr. 4118 KV zu Unrecht in Ansatz gebracht habe. Die Vorschrift des § 161 Abs. 2 VwGO sei vorliegend nicht anzuwenden, weil die Beteiligten des Hauptsacheverfahrens keine beiderseitigen bzw. übereinstimmenden Erledigungserklärungen abgegeben hätten. Die Beklagte habe ein Anerkenntnis abgegeben, welches die Klägerin (und Antragstellerin dieses Verfahrens) angenommen habe. Das Sozialgericht Augsburg habe daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Übrigen habe sich die Antragstellerin ausdrücklich bereit erklärt die Kosten des Verfahrens dem Grunde nach zu tragen, sie dürfe deshalb nicht mit einer Beschlussgebühr belegt werden (Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 29.03.2004 in dem Verfahren S 5 KR 188/02).

Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Kostenrichter zur Entscheidung vor.

II.

Anzuwenden ist das Gerichtskostenrecht in der bis 30.06.2004 geltenden Fassung, weil der der Kostenentscheidung zugrunde liegende Rechtsstreit vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 01.07.2004 anhängig geworden ist (§ 72 GKG in der Fassung des Artikel 1 Kostrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004).

Die eingelegte Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 27.07.2005 ist zulässig aber unbegründet. Das Gericht ist zur Entscheidung über die Erinnerung gemäß § 5 GKG und 8 GKG befugt.

Die Erinnerung ist unbegründet, soweit sie eine Rechtswidrigkeit der Kostenrechnung vom 27.07.2005 behauptet. Für das Hauptsacheverfahren sind nach § 197a Ab. 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes zu erheben, da weder Kläger noch Beklagte zu dem in § 183 privilegierten Personenkreis gehören. Grundlage für die Höhe der zu erhebenden Kosten ist § 11 GKG in Verbindung mit der Anlage 1 zu § 11 Abs. 2 GKG. Dort ist in Nr. 4118 als Gebührentatbestand der Erlass eines Beschlusses nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 2 VwGO geregelt. Ein solcher Beschluss ist vorliegend unstreitig ergangen, die Gebühr war somit zu erheben. Die Kostenrechnung vom 27.07.2005 setzt also lediglich die unanfechtbare Kostenentscheidung vom 13.07.2005 um. Eine fehlerhafte Rechtsanwendung ist insofern nicht erkennbar.

Die Erinnerung ist auch aus keinem sonstigen Grund erfolgreich. Der Vortrag der Antragstellerin, dass der Beschluss vom 13.07.2005 wegen der von ihr erklärten Bereitschaft zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten nicht notwendig gewesen wäre und unzutreffend § 161 Abs. 2 VwGO anwende, ist rechtlich nicht eindeutig qualifizierbar. Interpretiert man den Vortrag dahingehend, dass die Antragstellerin die Aufhebung des Beschlusses vom 13.07.2005 anstrebt, kann sie damit nicht gehört werden, weil die angegriffene Kostenentscheidung nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar ist, die Erinnerung wäre insoweit bereits unzulässig.

Die Erinnerung bleibt zulässig, wenn man mit dem entscheidenden Gericht die Einlassung der Antragstellerin als Anregung wertet, von den für den Beschluss vom 13.07.2005 erhobenen Kosten nach Nr. 4118 des KV nach § 8 GKG abzusehen. Nach dieser Vorschrift werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Eine Unrichtigkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn und soweit das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Regelung verstoßen hat und der Verstoß auch offen zutage tritt (Peter Hartmann, Kostengesetz, 33. Auflage, § 8 GKG Anmerkung 8).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt in dem Beschluss der 12. Kammer vom 13.07.2005 kein offener Verstoß gegen eine gesetzliche Norm. Ausgangspunkt ist § 197a SGG. Danach sind in Verfahren, in denen die Beteiligten nicht gemäß § 183 SGG privilegiert sind Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes zu erheben. Die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden, wobei § 161 Abs. 2 VwGO keine Anwendung findet, wenn eine Klage zurückgenommen wird. Grundsätzlich ist festzustellen, dass (auch) im Rahmen der vorstehend genannten Entscheidungen stets von Amts wegen über die Kosten zu befinden ist (Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auflage, § 161 RdNr. 1; Kopp, VwGO, 10. Auflage, § 161 Anmerkung 3). Dies bedeutet, dass diese Entscheidungen unabhängig davon ergehen, ob bzw. welche Anträge insoweit gestellt sind. So sieht auch die hier aufgrund der Verweisung aus § 197a SGG zutreffend zur Anwendung gebrachte Vorschrift des § 161 VwGO zwingend eine gerichtliche Entscheidung, sei es durch Urteil, sei es durch Beschluss, über die Kosten vor. Anders ist die Formulierung der Vorschrift " ... hat ... zu entscheiden" nicht zu verstehen. Die Norm ist in ihrem Erklärungsgehalt eindeutig und zweifelsfrei.

Der Beschluss vom 13.07.2005 ist nicht deshalb fehlerhaft im Sinne von § 8 GKG, weil § 161 Abs. 2 VwGO nicht anwendbar wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Ausweislich der beigezogenen Akte des Hauptsacheverfahrens hat der dortige Kläger, nachdem die Antragstellerin ein Anerkenntnis in der Hauptsache sowie der Zinsen abgegeben hatte die Erledigung des Rechtsstreits erklärt. Für diesen Fall sieht das in Bezug genommene Recht der VwGO hinsichtlich der Kosten des Verfahrens nur die Anwendung des § 161 VwGO vor. Denn das Verfahren wurde weder durch einen Vergleich (§ 160 VwGO) noch durch eine Klagerücknahme (§ 155 VwGO) beendet.

Explizit hat im Hauptsacheverfahren lediglich der dortige Kläger die Erledigung der Hauptsache erklärt. Es kann nun nach Auffassung des Gerichts dahinstehen, ob der Entscheidung des LSG Berlin vom 28.04.2004 (L 6 B 44/03 AL ER) zu folgen ist, wonach § 161 Abs. 2 VwGO auch im Rahmen von einseitig gebliebenen Erledigungserklärungen Anwendung findet. Denn die Antragstellerin hat nach Auffassung des Gerichts ihrerseits zumindest sinngemäß eine entsprechende Erledigterklärung im Schriftsatz 29.04.2005 zum Ausdruck gebracht (§§ 133, 157 BGB). Denn damit hat sie zumindest schlüssig erklärt, dass sie die Gegenseite in vollem Umfang klaglos stellt und es einer Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr bedarf.

Von der in § 161 VwGO normierten Entscheidungspflicht (siehe oben) ist das Gericht auch nicht durch § 54 GKG befreit. In dieser Vorschrift wird geregelt, dass Kostenschuldner auch derjenige ist, der die Kosten durch eine dem Gericht mitgeteilte Erklärung übernommen hat. § 54 GKG ist systematisch im Zusammenhang mit § 49 GKG zu sehen. Dort ist der Grundsatz geregelt, dass in gebührenpflichtigen Verfahren grundsätzlich der Kostenschuldner ist, der als Antragsteller den Anfall der Gebühren veranlasst hat. § 54 GKG erweitert lediglich den als Kostenschuldner in Betracht kommenden Personenkreis für die Staatskasse. Für sie tritt der Entscheidungsschuldner (§ 54 Nr. 1 GKG) ebenso wie der Übernahmeschuldner (§ 54 Nr. 2 GKG) neben den Anlassschuldner des § 49 GKG. Sämtliche Schuldner der §§ 49 und 54 GKG haften der Staatskasse als Gesamtschuldner (Hartmann a.a.O. § 49 RdNr. 1 f.). § 54 GKG vergrößert also den Schuldnerkreis der Staatskasse für die zu erhebenden Gerichtsgebühren und hat deshalb den alleinigen Zweck, die Realisierung des Gebührenanspruchs des Staates zu optimieren. Auch eine Übernahmeerklärung, wie vorliegend seitens der Antragstellerin geltend gemacht und abgegeben befreit das Gericht daher nicht von der Pflicht nach Maßgabe der Gesetze (hier §§ 197a SGG, 161 VwGO) über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (Hartmann a.a.O. § 54 Anmerkung 16). Der nicht näher begründeten gegenteiligen Auffassung des Sozialgerichts Köln (a.a.O.) kann nicht gefolgt werden.

Mit dem Kostenbeschluss vom 13.07.2005 wird der Tatbestand der unrichtigen Sachbehandlung im Sinne von § 8 GKG also nicht erfüllt. Das Gericht war zum Erlass des Beschlusses verpflichtet. Bei rechtmäßiger Sachbehandlung kann von einer Kostenerhebung gemäß § 8 GKG nicht abgesehen werden.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung nach § 197 Abs. 2 SGG endgültig.

Gegen den Beschluss ist - soweit das Gericht die Anwendung von § 8 GKG verneint hat - die Beschwerde entsprechend der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrung statthaft. Im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung kommt das GKG in der seit 01.07.2004 gültigen Fassung zur Anwendung (§ 72 Nr. 1 GKG in der Fassung von Artikel 1 Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004).
Rechtskraft
Aus
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