L 8 AL 356/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 150/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 356/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 18.06.2001 streitig.

Der 1949 geborene Kläger kam am 19.10.1986 als Spätaussiedler aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland. Ab 15.01.1990 war er als Kontrolleur bzw. Qualitätsprüfer bei der Firma F. Fahrzeug- und Maschinenfabrik-GmbH & Co. KG beschäftigt. Vom 08.12.1994 bis 25.04.1996 bezog er Krankengeld. Ab 30.05.1996 erhielt er Sozialhilfe. Am 18.12.2000 schloss er mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, wonach der Arbeitsvertrag zum 31.12.2000 aufgelöst werde und der Kläger gemäß §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes als sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 15.000,00 DM erhalte. Mit der Erfüllung dieses Aufhebungsvertrages bestünden keinerlei Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung.

Ein Antrag des Klägers auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit vom 26.09.1995 war von der LVA Niederbayern-Oberpfalz mit Bescheid vom 14.03.1996, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 17.07.1996, abgelehnt worden. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut (S 52 RJ 958/96), das die LVA zur Zahlung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis 31.05.2000 verurteilt hatte, hob das Bayer. Landessozialgericht (L 5 RJ 338/99) mit Urteil vom 06.04.2001 auf und wies die Klage ab.

Am 18.06.2001 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 25.10.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Anwartschaftszeit sei nicht erfüllt, da der Kläger innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 18.06.2001 nicht mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden habe. Einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) habe er ebenfalls nicht, da er innerhalb der Vorfrist von einem Jahr vor dem 18.06.2001 kein Alg bezogen habe.

Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er habe im Februar 1996 ein Schreiben der Krankenkasse erhalten, in dem er aufgefordert worden sei, beim Arbeitsamt einen Antrag auf Alg zu stellen. Er habe sich daraufhin beim Arbeitsamt Landshut unter Vorlage dieses Briefes gemeldet und seine Situation geschildert, wonach er seit 1994 wegen Beschwerden an der Lendenwirbelsäule arbeitsunfähig sei. Es sei aufzuklären, warum ihm auf seinen Antrag auf Gewährung von Alg im Frühjahr 1996 hin nicht Alg bewilligt worden sei. Vorsorglich beantrage er, im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn ihm im Jahr 1996 Alg bewilligt worden wäre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2002 wies die BBeklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Fehlen der persönlichen Arbeitslosmeldung könne ebensowenig wie die fehlende Verfügbarkeit als tatsächliche Voraussetzung für den Alg-Anspruch nachträglich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden.

Mit seiner zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Anwartschaftszeit erfüllt zu haben, weil er bis 31.12.2000 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Firma F. gestanden habe. Im Übrigen habe er auf die Empfehlung der Krankenkasse hin beim Arbeitsamt vorgesprochen. Im Mai sei er noch einmal vorstellig geworden und habe einen Antrag stellen wollen, sei jedoch an das Sozialamt verwiesen worden.

Das SG hat mit Urteil vom 14.05.2004 die Klage abgewiesen. In der dreijährigen Rahmenfrist vom 18.06.1998 bis 17.06.2001 habe der Kläger weder in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden noch Krankengeld bezogen. Auch unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches lasse sich der geltend gemachte Alg-Anspruch nicht begründen. Die Arbeitslosmeldung sei eine Tatsachen- und keine Willenserklärung und nach der Rechtsprechung des BSG nicht durch das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu ersetzen (BSG SozR 4100 § 105 Nr.2; 1300 § 28 Nr.1).

Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verweist der Kläger darauf, bis 31.12.2000 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis bei der Firma F. gestanden zu haben. Das SG habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, da es ungeprüft von dem Nichtvorliegen eines Versicherungspflichtverhältnisses ausgegangen sei, während es hätte ermitteln müssen, ob der Kläger möglicherweise wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit weder von sich aus noch aus der Sicht seines Arbeitgebers gesundheitlich in der Lage gewesen sei, wieder an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren oder eine andere Tätigkeit im gleichen Betrieb auszuüben. Zugunsten des Klägers sei zu vermuten, dass bis zum Abschluss des Aufhebungsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses der grundsätzliche Wille bestanden habe, das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinne fortzusetzen mit der Folge, dass auch bis zu diesem Zeitpunkt ein Versicherungspflichtverhältnis vorgelegen habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 14.05.2004 sowie den Bescheid vom 25.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 18.06.2001 Arbeitslosengeld zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Weder für die Meldung beim Arbeitsamt noch für die ihm möglicherweise gegebenen Auskünfte könne der Kläger Nachweise erbringen. Auch wenn man unterstelle, der Kläger sei tatsächlich beim Arbeitsamt gewesen, sei die Annahme nicht gerechtfertigt, dort sei eine Falschberatung erfolgt. Denkbar sei, dass der Kläger nach Hinweis auf die Zumutbarkeit der Aufnahme von Beschäftigungen im Verweisungsberuf primär sein Begehren auf Sozialleistungen des Rentenversicherungsträgers gerichtet und gegenüber der Beklagten verneint habe, für die vom Rentenversicherungsträger festgestellten Verweisungsberufe subjektiv zur Verfügung zu stehen. Ein noch nicht erloschener Anspruch auf Alg aus früherer Anwartschaft habe deshalb bei Antragstellung im Jahre 2001 nicht bestanden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Alg ab 18.06.2001 hat.

Der Kläger hat die nach § 117 Abs.1 Nr.3 SGB III für den Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da er innerhalb der Rahmenfrist, die gemäß § 124 Abs.1 SGB III drei Jahre beträgt und mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg beginnt, nicht wenigstens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr.1 SGB III). Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, wenn er geltend macht, bis 31.12.2000 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden zu haben. Denn das bloße Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ist nicht mit einem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 24 Abs.1, 2, 25 Abs.1 SGB III gleichzusetzen. Hierfür ist entscheidend, dass eine Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Im vorliegenden Fall hat aber das Beschäftigungsverhältnis mit der am 08.12.1994 begonnenen Arbeitsunfähigkeit, deren Ende nicht absehbar war, geendet. Dieser Fall kann nicht gleichgestellt werden mit den vom Kläger angesprochenen Fallkonstellationen, wonach das Beschäftigungsverhältnis während eines Streiks, unbezahlten oder bezahlten Urlaubs oder Krankheit weiter bestehen kann; solche Unterbrechungen lassen das Beschäftigungsverhältnis nur dann weiter bestehen, wenn sein Ende absehbar ist, während dies im vorliegenden Fall nicht gegeben war.

Unabhängig davon setzt die Annahme eines die Anwartschaftszeit erfüllenden Versicherungspflichtverhältnisses voraus, dass für die Beschäftigung ein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Denn nach § 24 Abs.3 Nr.2 SGB III in der bis 31.12.1998 geltenden Fassung besteht das Versicherungspflichtverhältnis für Beschäftigte für Zeiten eines Beschäftigungsverhältnisses, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, längstens für einen Monat fort. Für die Zeit ab 01.01.1999 ergibt sich dies aus § 7 Abs.3 Satz 1 SGB IV in der Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl.I S.2998), wonach eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gilt, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruchh auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Unstreitig hat der Kläger in der Zeit vom 08.12.1994 bis 31.12. 2000 kein Arbeitsentgelt bezogen. Mit dem Aufhebungsvertrag wurde lediglich eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz vereinbart, die aber kein Entgelt für eine tatsächlich geleistete Beschäftigung darstellt.

Der Vortrag des Klägers, 1996 zweimal beim damaligen Arbeitsamt Landshut vorgesprochen zu haben, begründet einen Anspruch auf Alg ab 18.06.2001 ebenfalls nicht. Zum einen sind solche Vorsprachen nicht nachgewiesen und fehlt insbesondere der Nachweis der hierbei abgegebenen Erklärungen; insoweit räumt der Kläger in seiner Berufungsbegründungsschrift vom 10.03.2005 selbst ein, dass die Unaufklärbarkeit dieser Tatsachen zu seinen Lasten geht und dies auch nicht durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geheilt werden kann. Zum anderen stand der Kläger in der Folgezeit der Arbeitsvermittlung durch die Beklagte nicht zur Verfügung, da er dort nicht als arbeitsuchend geführt wurde, was ihm bekannt war. Im Übrigen folgt der Senat den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils des SG und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der EEntscheidungsgründe ab.

Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 14.05.2004 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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