L 17 U 430/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 5034/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 430/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 12.10.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung für forstwirtschaftliche Grundstücke streitig.

Der am 1954 geborene Kläger ist Miteigentümer eines forstwirtschaftlichen Grundstücks von 4.210 m² in der Gemarkung S ...

Mit Bescheid vom 05.04.2001 über Kastasterveränderungen und Beitragsberechnung stellte die Beklagte bei ihm neue Katasterverhältnisse fest und betrachtete ihn als beitragspflichtig.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er sei kein selbstständiger Unternehmer und unterhalte keinen landwirtschaftlichen Betrieb. Er führe auch keinerlei Tätigkeiten auf dem Grundstück aus.

Mit Änderungsbescheid vom 05.10.2001 forderte die Beklagte eine Umlage für die Jahre 1997 bis 2000 in Höhe von 357,80 DM.

Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, dass die Grundstücke Schenkungen seiner Schwiegereltern seien. Damit sei keine Unternehmertätigkeit verbunden noch fließen ihm Erträge zu.

Mit Bescheid vom 15.02.2002 machte die Beklagte Beiträge (Umlage 2001) in Höhe von 45,60 DM geltend.

In seinem Widerspruch wiederholte der Kläger, dass keine regelmäßigen Pflegearbeiten durchgeführt würden. Insofern bestehe kein Unfallrisiko. Zudem handle es sich um Brachland, das dauerhaft nicht landwirtschaftlich genutzt werde.

Die Beklagte erließ am 17.02.2003 einen weiteren Beitragsbescheid (Umlage 2002).

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2003 den Widerspruch gegen die vorangegangenen Bescheide zurück mit der Begründung, der Kläger sei als Unternehmer anzusehen und deshalb Mitglied der Berufsgenossenschaft. Die Bewirtschaftung land- bzw. forstwirtschaftlicher Flächen werde unterstellt und löse damit Beitragspflicht aus.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, sie aufzuheben. Er hat vorgetragen, dass er das streitgegenständliche Grundstück weder betreten noch bewirtschaftet oder sonstwie genutzt habe. Im Übrigen bestreite er, dass es sich um eine Waldfläche handle. Aus dem Bayer. Waldgesetz ergebe sich auch keine Bewirtschaftungspflicht.

Mit Schreiben vom 08.07.2003 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger landwirtschaftlicher Unternehmer sei. Die veranlagte Fläche liege auch über der Geringfügigkeitsgrenze.

Am 07.08.2003 hat der Kläger die Forstfläche an die Gemeinde S. verkauft. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 26.03.2004 (Umlage 2003) noch eine Beitragsabrechnung vorgenommen, so dass insgesamt ein ausstehender Beitrag in Höhe von 377,89 EUR anstand.

Mit Urteil vom 12.10.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, die streitgegenständlichen Gründstücke seien keine Waldgrundstücke. Verpflichtungen aus dem Bayer. Waldgesetz beträfen nur Schutzwälder. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 11.01.2005 ausgeführt, aufgrund der vorliegenden Luftbildaufnahmen handle es sich zweifelsfrei um Wald. Nach Art 14 des Bayer. Waldgesetzes sei der Kläger bis August 2003 verpflichtet gewesen, seine Waldgrundstücke nachhaltig, fachkundig und planmäßig zu bewirtschaften und sie vor tierischen und pflanzlichen Schädlingen zu schützen. Insoweit liege ein konkreter Gesetzesbefehl vor, der ein bestimmtes Verhalten gebiete.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 12.10.2004 sowie die Bescheide vom 05.10.2001, 15.02.2002 und 17.02.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2003 sowie den Bescheid vom 26.03.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 12.10.2004 zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2005 haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter in der Sache als Einzelrichter entscheidet.

Ergänzend wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.

Der Berichterstatter konnte im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle des Senats entscheiden (§ 155 Abs 3, 4 SGG).

Der Beitragsbescheid vom 26.03.2004 ist Gegenstand des Verfahrens geworden (§§ 153 Abs 1, 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Dieser Bescheid ist im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergangen und regelt das streitige Rechtsverhältnis für weitere Zeiträume, die sich an denen anschließen, über die die vorherigen Verwaltungsakte entschieden haben.

Sachlich ist die Berufung aber nicht begründet.

Die Beklagte hat den Kläger zu Recht für die Geschäftsjahre 1997 bis 2003 als forstwirtschaftlichen Unternehmer der Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung unterworfen. Nach § 150 Sozialgesetzbuch (SGB) VII werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaft durch Beiträge der Unternehmer, die versichert sind oder Versicherte beschäftigen, aufgebracht. Gemäß § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII ist Unternehmer derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen geht.

Die landwirtschaftliche Unfallversicherung erfasst gemäß § 123 Abs 1 Nr 1 SGB VII u.a. Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft. Die Annahme eines Unternehmens für Forstwirtschaft setzt grundsätzlich voraus, dass der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfügt, der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet wird (BSG Beschluss vom 12.06.1989 - 2 BU 175/88 -).

Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger forstwirtschaftlicher Unternehmer i.S. der §§ 2 Abs 1 Nr 5a, 123 Abs 1 Nr 1 SGB VII und damit beitragspflichtig ist. Aus den von der Beklagten vorgelegten Fotoaufnahmen der streitgegenständlichen Grundstücke des Klägers lässt sich ohne weiteres erkennen, dass hier Wald vorliegt. In Übereinstimmung mit dem Urteil des BSG vom 28.09.1999 (B 2 U 40/98 R) kann die Bearbeitung des Waldes entsprechend der Eigenart der Forstwirtschaft auf verschiedene Weise erfolgen. Während die sog. Nachhaltsunternehmen jedes Jahr schlagreifes Holz ernten, findet dies bei den sog. aussetzenden Unternehmen nur in mehrjährigen Zwischenräumen statt, wobei sich die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz über Jahrzehnte hinziehen können. Danach können sich forstwirtschaftliche Unternehmen zumindest über lange Zeiträume hinweg in ihrer äußeren Erscheinung stark unterscheiden. Gemeinsam ist insoweit lediglich der Bestand von Flächen, auf denen Bäume wachsen bzw. nachwachsen. Irgendwelche konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen (z.B. Pflanzung, Fällung) bzw. deren Spuren gehören nicht zum notwendigen Erscheinungsbild des forstwirtschaftlichen Unternehmens.

Es ist von einer - widerleglichen - Vermutung auszugehen, dass bei bestehenden Nutzungsrechten und forstwirtschaftlichen Flächen auch bei einer fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahme die forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer vorliegt. Eine solche Vermutung wird in tatsächlicher Hinsicht dadurch gestützt, dass von einem "Brachliegenlassen" in der Forstwirtschaft jedenfalls dann keine Rede sein kann, wenn auf den forstwirtschaftlichen Flächen noch Bäume stehen, wachsen oder nachwachsen. In rechtlicher Hinsicht lässt sich die Vermutung anführen, dass die Waldbesitzer nach dem Bayer. Waldgesetz zur Erhaltung des Waldes und damit zur Bewirtschaftung des Waldes verpflichtet sind. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Einhaltung dieser Pflichten waldrechtlich gesichert ist.

Für die Widerlegung der Vermutung ist es erforderlich, dass greifbare Umstände auf eine andersartige Nutzung hinweisen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die äußeren Umstände erkennen lassen, dass der Grund und Boden nicht zur periodischen Gewinnung von Forsterzeugnissen genutzt, der Wald etwa als Baugelände oder zum Liegenlassen als "Urwald" aus wissenschaftlichen Gründen oder als sonstiges Versuchs- und Übungsgelände erworben wird (BSG vom 03.05.1984 - 11 RK 1/83 -; BSG vom 28.09.1999 aaO).

Der 2. Senat des BSG hat auch klargestellt, dass die landwirtschaftliche Unfallversicherung für das Vorliegen eines Unternehmens keine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt, nicht auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr abstellt und nicht nach den Maßstäben des Baurechts nachhaltig und mit einer auf Dauer berechneten und auf Dauer lebensfähigen Planung oder Nutzung größerer Waldflächen mit einer gewissen Intensität betrieben werden muss. Nach Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist vielmehr entscheidend allein die Tatsache, dass forstwirtschaftliche Arbeiten, wie z.B. Maßnahmen zur Verhütung von Schäden, die Kontrolle des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen, verrichtet werden. Die darin liegenden möglichen Risiken sollen durch die Unfallversicherung soweit wie möglich abgedeckt werden (BSG vom 28.09.1999 aaO).

Das Unternehmen des Klägers stellte bei einer Waldfläche von 4.210 m² auch kein Kleinstunternehmen i.S. des § 123 Abs 2 SGB VII dar. Bei den Waldflächen handelt es sich weder um Haus-, Zier- oder andere Kleingärten. Ihre Fläche überschreitet 2.500 m² bei weitem. Auch eine Versicherungsbefreiung nach § 5 SGB VII scheidet aus (Höchstfläche 1.200 m²).

Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Kläger bis 07.08.2003 forstwirtschaftlicher Unternehmer und damit beitragspflichtig war. Er war Eigentümer von Grund und Boden, auf dem Bäume stehen, und Nutzungsberechtigter einer forstwirtschaftlichen Fläche. Es besteht daher die Vermutung, dass er forstwirtschaftlich tätig war. Diese Vermutung ist nicht widerlegt. Dass nach den Feststellungen des Gerichts vor dem Verkauf des Waldgrundstücks keine Bearbeitung der forstwirtschaftlichen Flächen stattfand, reicht zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Die bloße Absicht, auf einer bestimmten forstwirtschaftlichen Fläche keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten, ändert an deren Eigenschaft als solche so lange nichts, wie dort forstwirtschaftliche Pflanzen wachsen.

Im Übrigen spielt es für die Vermutung der Bewirtschaftung keine Rolle, wie die Einhaltung der Pflichten des Waldbesitzers im einzelnen waldrechtlich gesichert war. Entscheidend ist, dass ein konkreter Gesetzesbefehl - nicht ein bloßer Programmsatz - vorlag, der ein bestimmtes Verhalten geboten hatte. Dies war hier der Fall. In Art 14 Abs 1 des Waldgesetzes für Bayern ist festgelegt, dass der Wald im Rahmen der Zweckbestimmung des Waldgesetzes sachgemäß zu bewirtschaften und vor Schäden zu bewahren ist.

Die Berufung des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Die Entscheidung des SG ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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