L 10 AL 443/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 340/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 443/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2004 sowie der Bescheid vom 15.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2003 insoweit aufgehoben, als die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für 25.04.2003 aufgehoben wurde.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen Eintritts einer Sperrzeit von sechs Wochen und die Rückerstattung überzahlter Leistungen.

Der am 1968 geborene Kläger hatte nach Entstehen des Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.05.1998 eine berufliche Eingliederungsmaßnahme abgebrochen und bezog nach Erschöpfung des Anspruches auf Alg aufgrund seines Antrages vom 09.04.2002 ab 30.04.2002 für die Dauer eines Jahres (bis 29.04.2003) erneut Alhi (Bescheid vom 17.05.2002).

Am 05.03.2003 unterbreitete ihm die Beklagte einen Vermittlungsvorschlag als Call-Center-Agent bei der Fa. M. (im Folgenden Fa.M.), der eine Rechtsfolgenbelehrung enthalten haben soll. Mit Schreiben vom 07.03.2003 bewarb sich der Kläger auf diese Stelle. Am 13.03.2003 teilte die Fa.M. (Zeugin S. -S.-) mit, der Kläger habe ihr die Bewerbung zugesandt und sei telefonisch gebeten worden, sich vorzustellen. Dazu sei er jedoch nicht bereit gewesen. Er habe angegeben, sich nur beworben zu haben, um keine Sperre zu bekommen. Als Call-Center-Agent habe er nicht arbeiten wollen.

Am 21.03.2003 schrieb der Kläger an die Fa.M., er bedauere das vorangegangene Gespräch, er habe sich im Irrtum befunden, für den er sich entschuldige. Er bat um eine Stelle als Bürokaufmann.

Auf dieses Schreiben nahm der Kläger in seiner Anhörung am 27.03.2003 Bezug.

Mit Bescheid vom 15.04.2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 15.03.2003 auf und forderte überzahlte Leistungen für die Zeit vom 15.03.2003 bis 31.03.2003 in Höhe von 344,93 EUR zurück. Eine Sperrzeit von sechs Wochen, beginnend am 15.03.2003 sei eingetreten. Der Kläger habe das Zustandekommen eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Der Erstattungsanspruch werde mit laufenden Geldleistungen aufgerechnet.

Ab 26.04.2003 bewilligte die Beklagte erneut Alhi (Bescheid vom 16.04.2003).

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.04.2003 begründete der Kläger damit, die Zeugin S. habe das Telefonat abrupt und ohne ihm Gelegenheit zur Erklärung zu geben, abgebrochen. Sie hätte sich auch früher um seine Angelegenheit kümmern können, so dass ein so kurzfristiges Erscheinen nicht erforderlich gewesen wäre. Er habe um ca. 13.00 Uhr, als die Zeugin nicht mehr erreichbar gewesen sei, mit einer anderen Mitarbeiterin der Fa.M., nämlich Frau G. (im Folgenden: G.), die Angelegenheit geklärt.

Hierzu erklärte die Zeugin S., ihre Angaben könnten durch die Auszubildende Klante bestätigt werden. Sie habe die Bewerbungsmappe des Klägers erhalten und wegen der einzuhaltenden Fristen den Kläger sofort angerufen und um ein Bewerbungsgespräch gebeten. Dies habe er abgelehnt, zumal er als Bürokaufmann tätig sein wolle, nicht aber als Call-Center-Agent. Er habe sich aber von der Beklagten aus bewerben müssen. Um 13.00 Uhr habe er noch nochmals telefonisch mit Frau G., die von dem vorangegangenen Telefonat nichts wusste, gesprochen und erklärt, er möchte dem Kunden der Fa.M. noch vorgeschlagen werden. Die Frist zum Vorschlag von Arbeitskräften an die Kunden sei jedoch, was Frau G. nicht gewusst habe, bereits abgelaufen. Eine Nachmeldung des Klägers habe der Kunde wegen Fristablaufs abgelehnt. Der Kläger habe sich danach erneut mehrfach bei der Fa.M. beworben, sich für sein Verhalten entschuldigt und gebeten, die bereits gemachten Angaben zurückzunehmen, damit er keine Sperre bekäme.

Gestützt auf diese Aussagen der Zeugin S. wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2003 zurück. Gemäß § 144 Abs 4 Satz 1 Nr 2c Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) betrage die Dauer der Sperrzeit sechs Wochen.

Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, die Zeugin S. lüge. Im Übrigen habe sie ihn um 11.40 Uhr angerufen und ein Vorstellungsgespräch vereinbaren wollen. Sie habe dabei unter Zeitdruck gestanden, weil sie für einen Kunden keine Bewerber mehr gehabt habe. Die Bewerberprofile habe sie erst um 15.00 Uhr abgeben müssen. Entschuldigt habe er sich lediglich für den Gesprächsverlauf, nicht jedoch für sein Verhalten gegenüber der Zeugin S. Dieses sei tadellos gewesen. Im Übrigen hätte er auch nicht rechtzeitig zu einem Vorstellungsgespräch von seinem Wohnort aus erscheinen können, wenn die Bewerberprofile bereits um 13.00 Uhr hätten abgegeben werden müssen. Die Auszubildende Klante sei als Zeugin zu vernehmen. Er habe weder eine angebotene Stelle abgelehnt, noch erklärt, nicht rechtzeitig zum Vorstellungsgespräch erscheinen zu können. Die Eltern des Klägers haben schriftlich bestätigt, er habe um 11.45 Uhr telefoniert und sich dabei korrekt verhalten.

Das SG hat die Zeugin S. uneidlich vernommen. Die Bewerberprofile hätten um 13.00 Uhr beim Kunden abgegeben werden müssen. Sie habe den Kläger im Laufe des Vormittages des 13.03.2003 angerufen und gebeten, bis Mittag vorbeizuschauen. Dies habe er abgelehnt, er wolle nicht in einem Call-Center arbeiten und auch nicht sofort erscheinen. Nach dem Gespräch mit Frau G. habe man versucht, ihn noch nachzumelden, der Kunde habe dies jedoch abgelehnt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.09.2004 abgewiesen. Der Kläger habe sich nicht so verhalten, wie es üblicherweise von einem an der Arbeitsaufnahme interessierten Arbeitnehmer zu erwarten sei. Dies sei der glaubhaften Aussage der Zeugin S. zu entnehmen, die allein den Inhalt des Telefonats wiedergeben könne. Dies werde auch durch das Entschuldigungsschreiben des Klägers vom 21.03.2003 belegt. Die Auszubildende Klante sei daher nicht zu befragen. Auf die zeitlichen Probleme mit einer umgehenden Vorstellung habe der Kläger nicht hingewiesen. Vielmehr habe er angegeben, nicht in einem Call-Center arbeiten zu wollen und damit eine angebotene Beschäftigung abgelehnt.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt. Er habe sich gegenüber der Zeugin S. korrekt verhalten. Diese lüge oder könne sich nicht mehr erinnern. Die Auszubildende Klante habe tatsächlich nichts von dem Gespräch hören können. Er rege an, diese sowie auch seine Eltern, insbesondere seinen Vater, als Zeugen zu vernehmen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 14.09.2004 sowie den Bescheid vom 15.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Ein Befangenheitsantrag des Klägers "gegen das Gericht" wegen "Rechtsbeugung", nachdem dem Wunsch des Klägers nicht nachgekommen worden war, seinen Vater als Zeugen zu laden, wurde vom Senat als rechtsmissbräuchlich mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2005 als unzulässig verworfen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte, die Akte des SG S 10 AL 268/00, die Akte des BayLSG L 11 AL 247/02 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nur zum geringen Teil begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 15.03.2003 bis 24.04.2003 aufgehoben hat. Der Bescheid vom 15.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2003 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Überzahlte Leistungen für diesen Zeitraum sind zu erstatten. Eine Sperrzeit von sechs Wochen ist eingetreten. Abzuändern ist das Urteil sowie der Bescheid vom 15.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2003 lediglich insoweit, als die Bewilligung von Alhi auch für den 25.04.2003 aufgehoben wurde.

Ohne Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit ist, ob die Beklagte den Anspruch auf Leistungen später - zusätzlich - wegen Verschweigens von Vermögen aufgehoben bzw. zurückgenommen hat.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Vergangenheit stellt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs 3 SGB III dar.

Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie bei der Bewilligung von Alhi vorliegend - aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X). Gemäß § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorliegen.

Eine wesentliche Änderung hinsichtlich des Anspruches auf Alhi ist eingetreten, denn dieser Anspruch ruht gemäß § 198 Satz 1 und 2 SGB III in der vom 01.01.2003 bis 31.12.2004 geltenden Fassung, § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 2 SGB III in der vom 01.01.2003 bis 05.08.2004 geltenden Fassung.

Die Voraussetzungen zur Festsetzung einer Sperrzeit liegen hier vor. Dem Kläger ist ein Vermittlungsvorschlag unterbreitet worden, der mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen worden sein soll. Dies ergibt sich aus der vom Kläger unterschriftlich bestätigten Erklärung über das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses. Hierin erklärt der Kläger, über die Rechtsfolgen, die eintreten, wenn er ohne wichtigen Grund eine angebotene Arbeit ablehnt bzw. nicht antritt, belehrt worden zu sein. Anhaltspunkte dafür, dass diese Rechsfolgenbelehrung inhaltich unzutreffend gewesen sei, fehlen.

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 2 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert hat (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat durch sein Verhalten die angebotene Tätigkeit abgelehnt. Eine angebotene Beschäftigung wird dann nicht angenommen, wenn eine entsprechende Erklärung gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber erfolgt oder die Ablehnung dem schlüssigen Verhalten des Arbeitslosen zu entnehmen ist. Dem genannten Verhalten des Arbeitslosen muss der eindeutige Wille entnommen werden können, dass dieser nicht bereit ist, die ihm angebotene Beschäftigung anzunehmen (Niesel, SGB III, 2.Auflage, § 144 Rdnr 57). So ist es hier. Der Kläger hat durch sein Verhalten am Telefon eine Tätigkeit als Call-Center-Agent abgelehnt. Nach den für den Senat nachvollziehbaren und überzeugenden Auskünften der Zeugin S. im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wie auch vor dem SG hat der Kläger ein umgehendes Erscheinen abgelehnt. Er hat ebenfalls erklärt, nicht als Call-Center-Agent arbeiten zu wollen. Dies ergibt sich auch aus seiner späteren Bewerbung bei der Fa.M., im Rahmen derer er sich ausdrücklich als Bürokaufmann zur Verfügung gestellt hat. Bei dem Bewerbungsgespräch selbst hat er - wie unbestritten feststeht - nicht auf die zeitlichen Schwierigkeiten eines umgehenden Erscheinens hingewiesen. Auch dies spricht dafür, dass er an der Stelle als Call-Center-Agent nicht allzusehr interessiert war. Nur die Ablehnung einer umgehenden Vorstellung bzw. die Ablehnung einer Tätigkeit als Call-Center-Agent bzw. die Art und Weise, wie der Kläger dies gegenüber der Zeugin S. dargetan hat, lassen sein späteres Verhalten, nämlich das Verfassen eines Entschuldigungsschreibens, erklären.

Ohne Belang für den Eintritt einer Sperrzeit bleibt allerdings, dass der Kläger ca. um 13.00 Uhr nochmals versucht hat, die Fa.M. anzurufen und dabei mit Frau G. gesprochen hat. Auch der Versuch der Fa.M., ihn noch nachzumelden, ändert an seinem vorangegangenen Verhalten nichts. Zum einen kam dieser Versuch zu spät und zum anderen war die Vereitelungshandlung des Klägers bereits erfolgt.

Eine Vernehmung der Auszubildenden Klante wie auch der Eltern des Klägers zu dem Inhalt des Gespräches mit der Zeugin S. erscheint dem Senat nicht als geboten, denn die Auszubildende hat den Inhalt des Gesprächs nicht mitgehört - zumindest wird dies vom Kläger nicht angegeben -, vielmehr kann sie lediglich die Wortwahl des einzelnen Gesprächsteilnehmers wiedergeben. Dabei ist jedoch nicht ersichtlich, was die Auszubildenden Klante zugunsten des Klägers aussagen sollte. Auf sie wurde von der Zeugin S. zur Stützung ihrer Aussagen hingewiesen. Die Eltern selbst haben bereits gegenüber dem SG schriftlich Angaben zum Verhalten des Klägers bei dem Telefonat gemacht. Deren Aussagen liegen somit vor. Dem Beweisantrag des Klägers dahingehend, seinen Vater zu vernehmen, war nicht zu folgen, denn der Kläger hat nicht dargelegt, was der Vater entscheidungsrelevantes über seine schriftlichen Aussagen - die der Senat als wahr unterstellt hat - hinaus hätte vorbringen können. Der Vater könnte - ebenso wie die Mutter, die der Kläger nicht mehr als Zeugin angeboten hat - nichts dazu aussagen, was die Zeugin S. auf der anderen Seite der Telefonleitung dem Kläger gesagt hat. Die Worte und insbesondere Fragen der Zeugin S. auf der anderen Seite der Telefonleitung waren jedoch entscheidend, denn die Angemessenheit der Angaben des Klägers gegenüber der Zeugin lässt sich nur nachvollziehen, wenn der gesamte Gesprächsablauf verfolgt werden kann. Eine Vernehmung des Vaters des Klägers hätte hierzu nichts erbringen können und war daher auch ein ungeeignetes Beweismittel. Dass die Eltern den beiderseitigen Gesprächsverlauf mitgehört hätten, hat der Kläger im Übrigen nicht angegeben. Es war zudem zunächst nur davon die Rede, die Mutter hätte das Telefonat entgegen genommen und dann an ihn, den Kläger übergeben. Welche weiteren Angaben der Vater zu dem Telefonat geben können soll, hat der Kläger trotz Nachfrage des Senates nicht angegeben. Nach alledem ist der Senat der Auffassung, dass die Angaben der Zeugin S. als am Ausgang des Verfahrens nicht interessierte Person überzeugend sind. Zudem ist ein Vorstellungsgespräch bei der Fa.M. nicht zustande gekommen, obwohl - nach Aussage des Klägers - diese an einem solchen interessiert gewesen wäre. Dies scheiterte aber am Interesse des Klägers, ohne dass dieser auf die zeitlichen Schwierigkeiten einer umgehenden Anreise - so seine eigene Angabe - hingewiesen hat. Unabhängig vom Inhalt des Telefonates mit der Zeugin S. ist hierin bereits die Vereitelungshandlung zu sehen. Im Übrigen wird hier auf die Ausführungen des SG gemäß § 153 Abs 2 SGG hingewiesen.

Ein wichtiger Grund zur Ablehnung des Beschäftigungsverhältnisses bzw. zur Vereitelung eines Vorstellungsgespräches ist nicht ersichtlich. Der vorliegende Einzelfall bietet keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Grundes. Ob ein wichtiger Grund für die Ablehnung eines Arbeitsangebotes angenommen werden kann, ist unter Berücksichtigung des Grundgedankens der Sperrzeitregelung, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu verteten hat und an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft, zu beurteilen. Im Ergebnis soll eine Sperrzeit dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11).

Dem Kläger konnte ein anderes Verhalten zugemutet werden. Er hätte zunächst von vornherein auf die Probleme mit einem rechtzeitigen Erscheinen hinweisen müssen und können, falls diese tatsächlich bestanden hätten. Weiter hätte er nicht erklären dürfen, nicht als Call-Center-Agent arbeiten zu wollen. Er hat damit konkret die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Ein wichtiger Grund ist, nachdem ihm eine solche Tätigkeit aufgrund seiner langen Arbeitslosigkeit zuzumuten ist (§ 121 SGB III), objektiv nicht gegeben. Somit ist eine Sperrzeit eingetreten und der Anspruch auf Alhi ruht.

Gemäß § 144 Abs 2 SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Hier beginnt die Sperrzeit am 14.03.2003 kraft Gesetzes zu laufen.

Gemäß § 144 Abs 4 Satz 1 Nr 2c SGB III beträgt die Sperrzeit sechs Wochen im Falle der zweiten Ablehnung einer Arbeit oder beruflichen Eingliederungsmaßnahme oder des zweiten Abbruchs einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach Entstehen des Anspruches. Dies ist hier der Fall, denn der Kläger hat nach Entstehen des Anspruchs auf Alg, der mit dem Anspruch auf Alhi als Einheit anzusehen ist (§ 198 Satz 1 SGB III) bereits einmal eine Eingliederungsmaßnahme abgebrochen, weswegen eine Sperrzeit verhängt worden ist.

Zwar handelt es sich hier nicht um den zweiten Abbruch einer Eingliederungsmaßnahme, es genügt jedoch, wenn zum zweiten Mal eine entsprechende Sperrzeit eingetreten ist.

Auf das Vorliegen einer besonderen Härte (§ 144 Abs 3 Nr 2b SGB III) ist nicht gesondert einzugehen. Eine weitere Verkürzung der Sperrzeit auf weniger als sechs Wochen kommt nämlich nicht in Betracht.

Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg auch zutreffend mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X aufgehoben, denn der Kläger wusste bzw. wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt (Bewilligung von Alhi) ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Er war nämlich über die Folgen der Ablehnung eines Beschäftigungsverhältnisses auf der Rückseite des Arbeitsangebotes durch die entsprechende Rechtsfolgenbelehrung ausreichend informiert worden. Ihm musste ohne weiteres einleuchten, dass er durch sein Verhalten das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Anhaltspunkte dafür, dass er persönlich nicht dazu in der Lage gewesen wäre, dies zu erkennen (subjektiver Sorgfaltsmaßstab) fehlen. Insbesondere ist der Kläger dazu in der Lage, die Folgen seines Verhaltens zu erkennen, denn anders lässt sich der erneute Anruf bei der Fa.M. sowie das nachfolgende Entschuldigungsschreiben und die weiteren Bewerbungen nicht begründen. Der Kläger besitzt auch die geistigen und sprachlichen Fähigkeiten, die Folgen seines Verhaltens zu erkennen und zu steuern. Er ist für fähig gehalten worden, zum Bürokaufmann umgeschult zu werden und will als solcher tätig werden.

Die Aufhebung der Bewilligung von Alhi ist allerdings für den 25.04.2003 zu Unrecht erfolgt. Die Sperrzeit läuft kraft Gesetzes bereits ab 14.03.2003 und endete somit am 24.04.2003. Für den 25.04.2003 ruhte somit der Anspruch auf Alhi nicht.

Offen gelassen werden kann, ob die Beklagte für den 14.04.2003 noch überzahlte Leistungen zurückfordern kann.

Bei der Aufhebungsentscheidung hinsichtlich der Zeit vom 15.03.2003 bis 24.04.2003 hat die Beklagte kein Ermessen auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III).

Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung der Bewilligung liegen vor. Eine Anhörung ist erfolgt.

Nach alledem ist das Urteil sowie die angegriffenen Bescheide insoweit aufzuheben, als die Bewilligung von Alhi auch für den 25.04.2003 aufgehoben wurde. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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