L 4 KR 51/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 KR 38/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 51/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15. Januar 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte der Klägerin die Kosten der Operation des linken Auges in Höhe von 2.200,00 Euro zu erstatten hat.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung für die Implantation einer permanenten Kontaktlinse am linken Auge in Höhe von 2.200,00 Euro.

Die 1968 geborene Klägerin, von Beruf Feinmachanikerin, litt unter hochgradiger Myopie (rechtes Auge -11,0; linkes Auge -19,0 Dpt.). Sie beantragte am 12.07.2000 unter Vorlage eines augenärztlichen Attestes der Augenärztin Dr.R., die zugleich Belegärztin am Kreiskrankenhaus C. ist, wegen der Unverträglichkeit von Kontaktlinsen die Kostenübernahme für eine Excimer-Laser-Behandlung des rechten Auges und die Implantation einer permanenten Kontaktlinse im linken Auge; sie komme auch mit einer Brille nicht mehr zurecht. Der hierzu gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) befürwortete in der Stellungnahme vom 19.07.2000 die Verwendung von Spezialgläsern für Hochmyope, eine Unverträglichkeit der Versorgung mit Kontaktlinsen und Brillen bestehe nicht.

Daraufhin lehnte die Beklagte am 28.07.2000 die Kostenübernahme gegenüber der Klägerin telefonisch ab. Unter Vorlage eines neuen Attestes der Augenärztin Dr.R. legte die Klägerin am 04.08.2000 Widerspruch ein; Kontaktlinsen könnten nur bis zu einer Stärke von -10 Dpt. hergestellt werden, die Klägerin könne sich auch nicht mehr an hochgradig myope Brillengläser gewöhnen. Das von der Beklagten hierzu eingeholte sozialmedizinische Gutachten des MDK vom 28.08.2000 hielt auch bei fehlender Verträglichkeit von Kontaktlinsen die Gewöhnung an eine Brille nach einer kurzen Zeitspanne von etwa einem Vierteljahr für möglich.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 31.08.2000 den Antrag auf Kostenübernahme der Excimer-Laser-Behandlung des rechten Auges und der Implantation einer permanenten Kontaktlinse für das linke Auge wieder ab. Hiergegen legte die Klägerin unter Vorlage eines weiteren Attests der Augenärztin Dr.R. vom 05.04.2001 am 11.04.2001 Widerspruch ein. Die Klägerin trage derzeit Spezialgläser für Hochmyope; durch die Anisometropie von über 3 Dpt. komme sie auch mit diesen Gläsern nicht zu Recht. Der von der Beklagten wieder gehörte MDK äußerte in der Stellungnahme vom 21.05.2001, die Brille sei eine kompromißbehaftete Alternative, eine Vollkorrektur beidseits könne nicht realisiert werden. Das vorgeschlagene Verfahren falle unter die refraktiv-chirurgischen Techniken und habe keine wissenschaftliche Anerkennung erhalten. Außerdem liege die negative Beurteilung des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen vor. Mit dieser Begründung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.06.2001 die Kostenübernahme der beantragten Behandlungen beider Augen erneut ab.

Die Klägerin beantragte unter Übersendung eines weiteren Attestes der Augenärztin Dr.R. vom 20.12.2001 am 27.12.2001 wieder die Kostenübernahme der Implantation einer permanenten Kontaktlinse. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 07.01.2002 erneut ab. Es handle sich bei der vorgesehenen Maßnahme um ein Verfahren der refraktiven Augenchirurgie. Nach einem Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen dürften derartige Verfahren zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen nicht erbracht werden. Im Februar 2002 wurde bei der Klägerin die Excimer-Laser-Behandlung am rechten Auge durchgeführt. Gegen den Bescheid vom 07.01.2002 legte die Klägerin am 04.02.2002 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 22.02.2002 lehnte die Beklagte ein weiteres Mal den Antrag auf Kostenübernahme von Verfahren der refraktiven Augenchirurgie (Implantation einer permanenten Kontaktlinse sowie Excimer-Laser-Behandlung) ab. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerbevollmächtigte am 20.03.2002 Widerspruch ein und beantragte eine Untersuchung der Klägerin. Am 10.10.2002 wurde dann die Linsenoperation am linken Auge durchgeführt.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2002 den Widerspruch zurück. Die Kostenübernahme für Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, zu denen auch die Excimer-Laser-Behandlung sowie die Implantation einer permanenten Kontaktlinse zähle, habe der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen durch Aufnahme in die Anlage B der BUB-Richtlinien von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung könne auch eine im Einzelfall mehr oder weniger erfolgreiche, aber nicht anerkannte Behandlungsmethode keinen Leistungsanspruch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung auslösen.

Die Klägerin hat hiergegen am 22.11.2002 Klage beim Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben (S 2 KR 364/02). Sie hat unter Vorlage der genannten Atteste der Augenärztin Dr.R. geltend gemacht, die Umstellung auf eine Brille führe zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen und enormer Sehkraftverschlechterung, sie könne Spezialgläser für hochgradige Kurzsichtigkeit nicht tragen, da eine Anisometropie von über 3 Dpt. bestanden habe. Sie vertrage auch nicht Kontaktlinsen, mit denen sie zwar alles noch in der richtigen Größe erkennen könne, aber unter rezidivierenden Reizzuständen leide.

Das SG hat mit Beschluss vom 31.01.2003 das Verfahren auf Übernahme der Kosten der Implantation einer Kontaktlinse abgetrennt und unter dem Az.: S 14 KR 38/03 fortgeführt. (Es hat in dem anderen Verfahren bezüglich der Kostenübernahme der Excimer-Laser-Therapie mit Gerichtsbescheid vom 24.03.2003 die Klage abgewiesen (S 2 KR 364/02)).

Auf die nochmalige Anfrage der Beklagten, ob die Versorgung mit einer permanenten Kontaktlinse (ICL) Teil der refraktiven Augenchirurgie im Sinne der BUB-Richtlinien sei, hat der MDK in der Stellungnahme vom 11.05.2003 mitgeteilt, die negative Entscheidung des Bundesausschusses in Anlage B Nr.13 der BUB-Richtlinien beziehe sich nach einer Auskunft des Ausschusses ausschließlich auf die refraktiv-chirurgischen Eingriffe an der Hornhaut, bei der Implantation einer permanenten Kontaktlinse handle es sich demzufolge um ein außervertragliches Verfahren, das noch nicht vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beurteilt wurde. Eine refraktive Hornhautchirurgie links sei wegen des Ausmaßes der Fehlsichtigkeit nicht zum empfehlen, "in diesem Sinne wird die Implantation einer intraoccularen Linse vorgeschlagen".

Das SG hat ein augenfachärztliches Sachverständigengutachten von Prof.Dr.G. (Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der Universität R.) eingeholt. Der Sachverständige kommt im Gutachten vom 27.11.2003 zu dem Ergebnis, prinzipiell sei bei gelasertem rechten Auge mit jetzt bestehender Rechtsichtigkeit zur Korrektur des linken Auges eine implantierte Intraoccularlinse nicht notwendig, da das hohe Refraktionsdefizit zwischen beiden Augen auch durch eine Kontaktlinse am linken Auge behandelbar sei. Zur Vermeidung des Tragens von Kontaktlinsen sei die Einpflanzung einer permanenten Intraoccularlinse eine wirksame Maßnahme zur Behandlung der Anisometropie und Aniseikonie. Das Absaugen der normalen Augenlinse (in der Regel beim grauen Star bei älteren Patienten) mit anschließender Implantation einer Kunstlinse sei eine häufige Operation in der Medizin und in der Regel komplikationslos. Die Operation sei identisch mit der operativen Behandlung des grauen Stars, lediglich die Zielsetzung sei eine andere. Eine hohe Myopie könne mit entsprechend angepassten Brillengläsern behandelt werden, bei vorliegender höherer Anisometropie würden in der Regel Konktaktlinsen bevorzugt, da die Brille zu unterschiedlichen Bildgrößen (Aniseikonie) führe, die ggf. eine Doppelbildproblematik bedingen könnten. Eine Versorgung mit Kontaktlinsen verhindere eine solche Doppelbildproblematik. Ein refraktiver Eingriff wie in diesem Fall die Operation der Augenlinse auf dem linken Auge sei besonders abzuwägen, da die Augenlinse der Klägerin nicht krankhaft verändert gewesen sei.

Das SG hat mit Urteil vom 15.01.2004 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2002 verurteilt, die Kosten für die Implantation einer permanenten Kontaktlinse am linken Auge zu übernehmen bzw. die Klägerin von den Kosten freizustellen. Die Kammer sei zu der Auffassung gelangt, dass im vorliegenden Ausnahmefall ein Mangel des Leistungssystems der Krankenversicherung gegeben sei. Es handle sich um eine Methode, über die der Gemeinsame Bundesausschuss noch nicht entschieden habe. In einem derartigen Fall eines Systemmangels sei darauf abzustellen, ob sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. In dem Gutachten des Sachverständigen sei dargetan, dass sich die Operation zur Implantation einer Kunstlinse bisher als wirksames Mittel erwiesen habe, um den Grauen Star zu behandeln. Damit sei die Operation eine häufig angewandte Methode. Nach Auffassung der Kammer könne von einer Behandlungsmethode, die sich erst im Stadium der Forschung oder Erprobung befinde, nicht die Rede sei. Damit seien ausnahmsweise die Kosten für die Implantation einer Linse durch die Beklagte zu übernehmen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 25.02.2004. Selbst der gerichtliche Gutachter komme zu dem Ergebnis, dass der operative Eingriff nicht notwendig sei, auch wenn Kontaktlinsenunverträglichkeiten aufträten. Deren Vorkommen werde jedoch nicht bestritten. Darüberhinaus scheitere der Anspruch auch daran, dass das Verfahren nicht in den BUB-Richtlinien als Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung anerkannt worden sei. Hinweise für ein Systemversagen seien nicht ersichtlich.

Auf Anfrage des Senats hat die Klägerbevollmächtigte die "Gesamtrechnung für Privatleistung" vom 01.04.2004 übersandt. Unter dem Abschnitt Leistung enthält die Rechnung folgende Angaben: "RA Excimer-Laser-Behandlung 1.900,00 Euro, LA Clear-Lensektomie 2.200,00 Euro, Gesamtbetrag 4.100,00 Euro." Die Rechnung wurde durch die Zusammenstellung der Einzelleistungen nach der GOÄ ergänzt. Nach Angaben der Klägerbevollmächtigten hat die Klägerin den Betrag in monatlichen Raten bezahlt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15.01.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es bestehe eine ärztlich nachgewiesene Kontaktlinsenunverträglichkeit. Eine Brille sei bei der hohen Myopie und wegen der Doppelbildproblematik ungeeignet.

Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf deren Inhalt und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 Euro (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht zur Kostenerstattung verurteilt.

Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V), wonach eine Kostenerstattung davon abhängt, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Die Beklagte hat die Kostenübernahme für die Implantation zu Unrecht abgelehnt. Die Rechnung der Augenärztin Dr.R. vom 01.04.2004, die durch die Übersicht der Leistungen nach der GOÄ ergänzt wurde, ist erstattungsfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 23.07.1998, SozR 3-2500 § 13 Nr.17; BSG vom 28.03.2000, BSGE 86, 66) hat die Krankenkasse nicht nach § 13 Abs.3 SGB V für Kosten aufzukommen, die dem Versicherten für ärztliche Leistungen unter Mißachtung der Vorschriften der GOÄ in Rechnung gestellt werden (Fortführung von BSG vom 15.04.1997, BSGE 80, 181). Für die Kosten einer privatärztlichen Behandlung hat die Krankenkasse unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen des § 13 Abs.3 SGB V nur aufzukommen, wenn der Versicherte insoweit auf Auslagenersatz nach § 10 GOÄ in Anspruch genommen wird. Ein fälliger Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Patienten entsteht jedoch nicht ohne eine Honorarabrechnung auf der Grundlage der GOÄ. Denn § 1 Abs.1 GOÄ verpflichtet alle Ärzte vorbehaltlich eines anders lautenden Bundesgesetzes, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (§ 4 Abs.1 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Für Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis enthalten sind, darf nach § 6 Abs.2 GOÄ das Honorar einer gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses gefordert werden. Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird nach § 12 Abs.1 GOÄ die Vergütung fällig. Dies ist hier der Fall, da die auf Anfrage des Senats vorgelegte Gesamtrechnung nach den Vorschriften der GOÄ ergänzt worden ist.

Die zu Grunde liegende Operation des linken Auges (Clear-Lensektomie) ist eine Behandlungsmethode, die nicht unter die BUB-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Fassung vom 10.12.1999 (Bundesanzeiger 2000 Nr.56 S. 4602) Anlage B. Nr.13 fällt. Darin sind die Verfahren der refraktiven Augenchirurgie als Methoden aufgenommen worden, die gemäß § 135 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB V nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Denn der MDK hat in der zuletzt eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 11.5.2003 ausgeführt, der Bundesausschuss habe mitgeteilt, dass sich diese negative Entscheidung ausschließlich auf die refraktiven-chirurgischen Eingriffe an der Hornhaut beziehe. Die Implantation einer permanenten Kontaktlinse sei jedoch ein außervertragliches Verfahren, das noch nicht vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beurteilt worden sei.

Der Senat verkennt jedoch nicht, dass in diesem Fall das in § 135 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB V geregelte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für neue Behandlungsmethoden gleichwohl eingreift. Nach dieser gesetzlichen Regelung dürfen neue Untersuchungs-und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Eine derartige positive Empfehlung des Bundesausschusses im Zeitpunkt der Leistungserbringung liegt hier nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass im Einheitlichen Bewertungsmaßstab unter den Nrn.1351 f. BMÄ die Leistung der Operation des Grauen Stars mit Implantation einer intraocularen Linse geregelt ist. Nach dem Sachverständigengutachten liegt der Implantation einer permanenten Kontaktlinse zur Behandlung einer hochgradigen Myopie die gleiche Methoden zu Grunde wie bei der operativen Behandlung des Grauen Stars mittels Einsetzen einer intraocularen Linse. Auch wenn insoweit eine vergleichbare Operationstechnik angewandt wird, kann zwar daraus nicht geschlossen werden, dass es sich bei der streitigen Leistung nicht um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs.1 SGB V handelt. Denn das BSG hat in den Begriff der Behandlungsmethode auch die Zielsetzungen der Leistung mit aufgenommen. Dies ergibt sich z.B. aus dem Urteil vom 19.10.2004 (B 1 KR 27/02 R, SGb 2005, 163), wonach die Sperrwirkung des in § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V vorgeschriebenen Leistungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt "Methoden" erfasst, die als Maßnahmen definiert werden, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandt werden (Bezugnahme auf BSGE 82, 233; BSGE 88,51; BSG SozR 3-553 3 Nr.244 9). Es ist somit entscheidungserheblich, dass die im BMÄ geregelte Leistung der operativen Behandlung des Grauen Stars durch Einsetzen einer intraocularen Linse der Therapie einer anderen Krankheit dient als die hier streitige Leistung der Implantation einer permanenten Kontaktlinse im Falle einer hochgradigen Myopie.

Das BSG hat aber im Urteil vom 19.10.2004 (a.a.O.) den Einsatz einer Therapie außerhalb des vom SGB V vorgegebenen Leist-ungsrahmens in notstandsähnlichen Situationen zugelassen, wenn eine schwerwiegende (lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung behandelt werden soll, für die keine andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Damit hat das BSG eine gewisse Parallele zu dem Urteil vom 19.03.2002 gezogen, indem es um die Voraussetzungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen bei der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Medikaments gegangen ist (off-label-use), die aus ähnlichen Gründen auf außergewöhnliche Notfälle zu beschränken war (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr.8).

Der Senat geht im Anschluss an das Urteil des BSG vom 19.10.2004 davon aus, dass im vorliegenden Fall eine die Lebensqualität der Klägerin auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung vorgelegen hat, für die außer der streitigen Operation keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden hat. Denn nach den zahlreichen ärztlichen Bescheinigungen der Augenärztin Dr.R. und dem Sachverständigengutachten von Prof.Dr.G. hat bei der Klägerin vor der erfolgreich verlaufenen Operation eine hochgradige Myopie vorgelegen, die die Klägerin im Beruf und Privatleben stark beeinträchtigt hat. Die Therapie mit harten und weichen Kontaktlinsen war wegen der intermittierenden Rötung und Reizung der Augen, die von der Beklagten nicht bestritten wird, unzweckmäßig. Das gleiche gilt für die Versorgung mit entsprechend angepassten Brillengläsern, da nach dem Sachverständigengutachten bei der gegebenen deutlich unterschiedlichen Brechkraft beider Augen die Brille zu unterschiedlichen Bildgrößen führt, die gegebenenfalls eine Doppelbildproblematik bedingen können. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es sich bei der durchgeführten Operation, nämlich der Absaugung der normalen Augenlinse, wie bei der Operation des Grauen Stars bei älteren Patienten, mit anschließender Implantation einer Kunstlinse um eine häufige und in der Regel komplikationslose Operation der Augenmedizin handelt. Die Klägerin hat nach dem Sachverständigengutachten von der streitigen Operation profitiert, da sie nunmehr eine relativ gute Sehschärfe ohne Korrektur hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved